Kapitel 1: Eine schlaflose Nacht
Harry schlief unruhig. Er wälzte sich in seinem Bett im Gryffindorturm und sah sich, wie so oft in den letzten Tagen im Schlaf nochmals auf dem Friedhof gefangen, den toten Cedric vor sich liegend und Voldemorts kalte Stimme hallte ihm in den Ohren: „Er hätte nicht sterben müssen. Er war nur im Weg, so wie deine Schlammblut-Mutter. Wärest du nicht gewesen, dann würde er noch leben." – dann schleuderte er Harry einen Crutiatus entgegen. Harry fühlte den unendlichen Schmerz und schrie. Noch im selben Augenblick veränderte sich die Szene und Sirius erschien vor dem schleiernen Bogen im Zaubereiministerium. Sein Lächeln verblasste gerade als Bellatrix's grüner Todesfluch ihn mitten in die Brust traf und er hinterrücks durch den Bogen fiel. Wieder erschien Voldemort: „ Er war so mutig sich mir in den Weg zu stellen und zahlte dafür. Deinetwegen. Jeder der dir nahe steht, wird sterben. Das war erst der Anfang. Du wirst alles verlieren! Du weißt, wie du sie alle retten kannst: Geh fort von ihnen und komm nie wieder zurück, dann werden sie verschont." Bilder erschienen vor seinem geistigen Auge: Ron, Hermine, Dumbledore, der Orden, Hogwarts. Und alles war tot.
„Neeein!", Harry schreckte aus dem Schlaf hoch. Nassgeschwitzt blickte er in Rons Gesicht, der gegenüber in seinem Bett saß, genauso kreidebleich, wie Harry selbst. Offenbar hatte er Harrys Albtraum mitbekommen – schon wieder.
„Alles OK?", fragte er vorsichtig. „Ja.", antwortete Harry etwas zu schnell. „Nur ein Traum." Ron starrte ihn ungläubig und besorgt an. Harry war sich selbst unsicher. Er vermutete sogar, dass es eher eine von Voldemort platzierte Vision war, aber davon sagte er nichts. Niemandem.
Harry mied Rons Blick und sagte: „Ich gehe nochmal ins Bad. Im Moment kann ich eh nicht schlafen. Warte nicht auf mich, ja? Schlaf ruhig weiter. Ich bin ok." Ron wusste, dass er keine Chance hatte jetzt eine Diskussion zu führen und nickte nur. Er nahm sich jedoch fest vor, Harry am nächsten Morgen noch einmal darauf anzusprechen, am besten gemeinsam mit Hermine. Harry brauchte Hilfe, so konnte es auf keinen Fall weitergehen.
Inzwischen war Harry aus seinem Bett gestiegen und ging die Treppe hinunter zum Gemeinschaftsraum und durch das Porträtloch in die dunklen Korridore von Hogwarts. Er hatte nicht vor ins Bad zu gehen. Er hatte noch nicht einmal vor heute Nacht zurückzukehren. Er wollte nur nachdenken und sich dann entscheiden, was zu tun war. Tränen stiegen ihm in die Augen und rannen ihm über die Wangen, als er an die toten Gesichter aus seinem Traum dachte. Alles war seine Schuld, egal was Dumbledore auch zu ihm gesagt hatte – am Ende waren die ganzen Morde nur geschehen mit dem Ziel, Harry zu treffen. Harry wusste, dass jeder in seiner Nähe in Gefahr war und er konnte es nicht länger zu lassen. Er könnte es einfach nicht ertragen noch mehr zu verlieren.
Zur selben Zeit gab es noch jemanden im Schloss mit einer unruhigen Nacht. Albus Dumbledore ging in seinem Büro auf und ab und grübelte darüber, wie er Harry helfen könnte. Er hatte Harry in den letzten Tagen sehr genau beobachtet und ihm waren die dunklen Ränder unter seinen Augen ebenso wenig entgangen, wie sein bleiches Gesicht und seine Zurückgezogenheit. Auch die anderen Lehrer, wie Professor McGonagall, hatten ihm davon berichtet und ihm besorgt mitgeteilt, wie teilnahmslos er auch im Unterricht geworden sei. Nicht, dass es ihn überraschte – er wusste sehr wohl, dass es viel Zeit brauchen würde, bis Harry den erneuten Verlust eines geliebten Menschen verkraften würde – aber es bereitete ihm größere Sorgen als er sich bereit war einzugestehen. Es schmerzte ihn sehr, Harry so zu sehen und nichts für ihn tun zu können. Nichts, was irgendwie wieder dieses bezaubernde Lächeln auf sein Gesicht malen und dem Jungen wieder ein Stück Lebensfreude schenken könnte. Dumbledore seufzte schwer bei diesem Gedanken und er fragte sich, ob er mit dem Wissen um die Prophezeiung Harrys letzten Funken kindliche Unschuld zerstört hatte. Wie gerne hätte er ihm das alles erspart und Harry etwas von seiner Bürde abgenommen, die nur er selbst tragen konnte, wenn das Ende kam.
Erschöpft resignierte Dumbledore angesichts seiner trüben Gedanken, die letztlich zu nichts führten und beschloss, sich in der Küche noch eine Tasse beruhigende Milch mit Honig zu nehmen, bevor er endlich schlafen gehen würde.
Doch es kam anders als erwartet: Auf halbem Wege hörte Dumbledore ein leises Schluchzen aus einem der Seitenkorridore. Zutiefst überrascht ging er sehr vorsichtig und bedacht dem Geräusch entgegen, nachdem er sein Zauberstablicht etwas gedimmt hatte. Als er um die Ecke einbog, erkannte er auf dem Boden kauernd eine kleine Gestalt, die noch weiter zusammenschreckte, als sie Dumbledore bemerkte. Als dieser näher kam und das Licht seines Zauberstabs das Gesicht des Schülers vor ihm beleuchtete, erkannte er mit Schrecken, dass der aufgelöste Mensch zu seinen Füßen niemand anderes war, als Harry Potter, der nun mit tränennassem Gesicht ängstlich zu ihm aufblickte, die Arme um die Knie geschlungen und den Rücken an die Wand gelehnt.
„Harry…", war alles, was er im ersten Moment herausbrachte. Er kniete sich vor Harry nieder und sah ihm lange in die grünen, nun so schrecklich leeren und ausdruckslosen Augen, bevor er behutsam fragte: „Was tust du denn hier? Was ist passiert, mein Junge?" Harry schwieg. Er hatte Dumbledore nicht kommen hören und schalt sich innerlich für seine Dummheit sich ausgerechnet von Dumbledore nachts im Flur weinend erwischen zu lassen. Hastig wollte er sich die Tränen aus dem Gesicht wischen, doch Dumbledore packte ihn am Arm und sagte nun drängender: „Was ist los, Harry? Warum weinst du?" In seinen Augen spiegelten sich tiefe Besorgnis und Mitleid, doch Harry wollte das nicht sehen.
„Warum? Warum ist das plötzlich so wichtig?", fragte Harry aufgebracht, der bei Dumbledores festem Griff Zorn in sich aufsteigen fühlte. Was kümmerte es ihn überhaupt, einen Mann, der ihn letztes Jahr nicht einmal angesehen hatte? Er hatte es nicht zugeben wollen, aber die Tatsache, dass Dumbledore ihn im ganzen Schuljahr ignoriert hatte, versetzte ihm immer noch einen schmerzhaften Stich, Voldemort hin oder her. „Das ganze letzte Schuljahr haben Sie mich überhaupt nicht beachtet und jetzt trauen Sie sich plötzlich wieder mich anzusehen, obwohl Voldemort jederzeit Besitz von mir ergreifen kann?"
Dumbledore, der mit einer derart heftigen Reaktion nicht gerechnet hatte, sagte nachsichtig: „ Wie ich dir bereits bei unserem letzten Gespräch gesagt habe, glaube ich nicht, dass Voldemort es noch einmal wagen wird, dich auf diese Weise zu benutzen. Außerdem habe ich begriffen, dass es ein Fehler war, Harry, und es tut mir wirklich leid." Leise fügte er hinzu: „Ich wollte dich nur schützen."
Dumbledore hatte darauf verzichtet, durch Legilimentik herauszufinden, was in Harry vorging oder was passiert war und so sah er nur die aufkommende Wut und gleichzeitig die unendliche Traurigkeit und den Schmerz in Harrys Augen. Er wollte das erschütterte Vertrauen durch solch einen Vorgriff nicht noch weiter beschädigen. Er wünschte sich, dass Harry es ihm freiwillig erzählen würde, wenn er bereit dazu war.
„Auf so einen Schutz kann ich verzichten, danke.", erwiderte Harry bitter und ehe Dumbledore es verhindern konnte, riss Harry sich abrupt los und rannte den Korridor entlang davon. „Harry! Bitte bleib stehen! Ich will dir helfen", rief Dumbledore ihm nach. Fast wäre er ihm gefolgt, aber er besann sich und blieb mitten in der Bewegung stehen. Nein. Harry brauchte Abstand und das musste er akzeptieren, so schwer es ihm auch fiel und so gerne er auch wissen wollte, was um Himmels Willen Harry so fertig machte, dass er des Nachts alleine durchs Schloss irrte und weinte. Ob es allein Sirius Tod war, der ihm den Schlaf raubte? Besorgt blickte er in die Richtung, in die Harry verschwunden war. Wenigstens, so dachte er, läuft er in Richtung Gryffindorturm. Sollte er auch einen leisen Zweifel verspürt haben, dass Harry nicht dorthin zurückkehren würde und er besser noch einmal nach ihm sehen sollte, so wischte er ihn schnell beiseite: Harry würde sich nicht in Gefahr bringen und Hogwarts war darüber hinaus sicher. Er selbst hatte in den letzten Tagen, nun da Voldemort offiziell zurückgekehrt war, die Sicherheitsvorkehrungen rund um das Schloss nochmals verstärkt und auf Schwachstellen überprüft.
Wie sehr er sich doch irrte. Leider wusste Dumbledore jedoch nichts von Harrys Träumen und ahnte somit auch nichts von der Gefahr, in die Harry sich freiwillig zu begeben bereit war...
So, erstes Kapitel wäre geschafft. Das ist meine erste Geschichte überhaupt, also bitte, seid nicht zu hart zu mir beim kommentieren, auch wenn natürlich ehrliche Kommis dringend erwünscht sind :)
Ich mag die Freundschaft zwischen Harry und Dumbledore total und habe deshalb einfach mal angefangen zu schreiben. Ehrlich gesagt habe ich nur eine grobe Ahnung davon, wohin die Geschichte führen wird (soviel wie ich in der Beschreibung schon verraten habe :D), also sie habe ich lieber mal als "T" kategorisiert, um mir mehr Spielraum zu lassen ;).
Bitte schreibt mir, was ihr von dem Kapitel haltet, bin schon gespannt. Dankeschön 3
LG MagicalWitch92
