Jinai: Machen wir weiter damit, Kanda und Jinai zu foltern ... äh, pardon, zusammenzubringen :D

Raffael: Der Versprecher war jetzt aber nicht ernst gemeint, oder?

Jinai: Nein, natürlich nicht o.o Ich foltere nicht o.o Ich äh ... teste die Grenzen ihrer Belastbarkeit *unverschämt grins*

Raffael: Und meiner, Jinai. Und meiner.

Jinai: Auch du musst einiges abkönnen, immerhin bist du mein Helferlein.

Raffael: Dein Schani trifft's wohl eher.

Jinai: Das habe ich jetzt nicht gehört.

Raffael: Das habe ich auch nicht gesagt.

Psychomantium: Afrika hat mir einfach gefallen :D Da waren sie noch nicht und es fasziniert mich und hach *-* Daraus kann man so viel machen. Ich meine, es ist ja nicht gerade um die Ecke und wenn was schiefgeht, sind sie ganz auf sich gestellt und da kann alles mögliche passieren und ... man merkt, dass ich wieder nur gemeingefährlichen Blödsinn im Kopf hab, oder? Zum Thema Jeremys und Jinais Innocence schweige ich mich aus. Ich hab mit Jeremy noch mehr vor, so viel kann ich aber versprechen. Der arme Junge kommt mir nicht so leicht davon. Zu Jinais und Kandas Verteidigung kann ich nur sagen ... es war nicht MEINE Idee! xDD Und schweigen wir über das Level 4. Wie gesagt, Afrika ist nicht gerade um die Ecke und sie wären nie rechtzeitig wieder da, also: Wenn das Level 4 überhaupt eine Rolle in meiner Geschichte spielt, dann nur eine winzig kleine Statistenrolle. Ich mag das Vieh einfach nicht -.- Und Lavi kann Allen helfen, Kanda kriegt Screentime bei mir xD Diiieee haben ihren Plot, ich habe meinen und in dem kommen außer Jinai und Kanda jetzt erst mal keine anderen Exorzisten vor :P Ich hab mit den beiden eh schon alle Hände voll zu tun.

lysslass: Lysslass, du bestürzt mich o.o Also, du ehrst mich auch gleichzeitig, aber hauptsächlich bestürzt du mich, weil du tatsächlich alles nochmal lesen willst xD Da kann ich nicht einmal mehr behaupten, dass ich sie nicht foltern würde - nachdem du alles zweimal gelesen hast, weißt du es sowieso besser xD Vielleicht kann ich ja Jeremy für eine Weile bei dir in Pflege geben? :3 Da hat er's sicher gut und warm und kuschelig und da erholt er sich gleich viel schneller. *herzchen nehm und jeremy damit bekleb*

sternenhagel: Deinem Verzweiflungsschrei entnehme ich, dass du mit seiner Entscheidung auch nicht einverstanden bist :D Du nicht, Psychomantium nicht, Lysslass nicht - irgendwas hab ich falsch gemacht xD Es war vielleicht ein wenig unspektakulär, aber nur, weil du nicht weißt, was ich für diese Geschichte geplant hab, mwahahahahahaaaaaa! Du wirst den Tag noch verfluchen, an dem Kanda alleine aufgebrochen ist, mehr als jeden anderen Ende-eines-Kapitels-Tag *fies lach* Also überleg dir nach dem Ende dieses Kapitels noch einmal, ob du Kanda wirklich verhauen willst ... er macht mit mir schon genug mit.

Yunaria: Für Jeremys Innocence hab ich was ganz besonders geplant und teilweise hab ich es ja schon in mindestens zwei Kapiteln verraten ... aaaber vorerst kommt er nicht vor. Die Lösung des Rätsels lässt also noch ein wenig auf sich warten. Jetzt lege ich erst einmal Kanda und Jinai Steine in den Weg. *in der zwischenzeit schon mal steine sammel*

Rated: T

Disclaimer: Alles geht an die wunderbare Katsura Hoshino, die uns Kanda wiedergegeben hat *-* Und Breathe into me ist ein Song der Band Red, den ihr euch unbedingt einmal anhören solltet. Weil Jinai ihn nicht umsonst als Titelsong für diese FF ausgesucht hat.


1. Afrika!

„Habe ich das eben richtig verstanden? Personenschutz?"

Komui rückte seine Brille zurecht.

„Was soll das heißen? Seit wann sind wir für den Schutz von Zivilisten verantwortlich? Ich bin Exorzist und kein Leibwächter!"

Kanda klappte die Mappe zu, die Komui ihm gegeben hatte. Das Foto des Mannes verschwand unter dem grauen Einband. Unter der Mission, die Komui ihm zugeteilt hatte, hatte er sich etwas deutlich anderes vorgestellt. Seine Aufgabe war es, Akuma zu töten, und nicht, größenwahnsinnige Forscher auf irgendwelchen Expeditionen zu begleiten und auf sie aufzupassen, damit sie in einem Stück wieder zuhause ankamen. Bei allem nicht gerade in Massen vorhandenen Respekt, den er für Komui hatte, das konnte doch nicht sein Ernst sein!

„Colonel Flatters wurde zwar mit der Erkundung der Strecke beauftragt, aber die Eisenbahnlinie, die dort gebaut werden soll, führt durch gefährliches Gebiet", erklärte Komui geduldig. „Wir bekommen von dort Akumameldungen in solcher Höhe, dass wir ihn und seine Leute unmöglich ungeschützt da durchmarschieren lassen können. Und wir sprechen hier immerhin über eine Expedition, die knapp zweitausendfünfhundert Meilen zurücklegen soll."

„Warum hindern wir ihn dann nicht einfach daran, das Gebiet zu durchqueren?", gab Kanda unwillig zurück.

„Weil wir dafür bezahlt werden, ihn zu beschützen", entgegnete Komui. „Und zwar sehr gut." Eine gehobene Augenbraue aus der Richtung des Exorzisten zwang ihn dazu, weiter auszuholen: „Der Vatikan allein kann nicht für alles aufkommen. Unsere finanziellen Mittel werden knapp und die Entlohnung für diese Mission würde uns ein Polster verschaffen, mit dessen Hilfe wir die nächste Zeit überbrücken können. Sieh es so: Zur Abwechslung wirst du einmal für deine Arbeit bezahlt. Du vernichtest alle Akuma, die euch in die Quere kommen, sorgst dafür, dass Colonel Flatters sicher in Zinder ankommt, und danach kehrst du zurück."

Kanda war immer noch nicht sonderlich begeistert von der Aussicht, einen Zivilisten beschützen zu müssen. Natürlich war auch das seine Aufgabe, aber normalerweise handelte es sich dabei um Leute, die zur falschen Zeit am falschen Ort waren, einem Akuma in die Quere kamen und rasch in Sicherheit gebracht werden sollten, um danach nie wiedergesehen zu werden. Das Hauptaugenmerk eines Exorzisten lag normalerweise auf den Akuma, nicht auf den Menschen.

Komui nahm sein Schweigen als Zustimmung. Er fuhr fort damit, ihm die Einzelheiten der Mission zu erklären, aber Kanda hörte nicht richtig zu. Es stand sowieso alles in der Mappe, die er bekommen hatte, und er würde viel Zeit haben, sich die Details selbst durchzulesen, bis er in Ouargla angekommen war. Von dort sollte die Expedition unter der Leitung von Colonel Flatters aufbrechen, mit mehr als neunzig Expeditionsteilnehmern und über dreihundert Kamelen. Laut Komui war die erste Expedition von Ouargla nach Timassinin ohne größere Probleme verlaufen und die Gruppe war nicht belästigt worden. Warum also jetzt dieser Aufstand um eine weitere Expedition?

„Warum sollte diese Expedition gefährlicher sein als seine letzte?", unterbrach Kanda Komuis weitschweifige Ausführungen abrupt.

Der verzog missbilligend das Gesicht. „Das habe ich dir doch gerade eben erst erklärt. Wenn du mir zuhören würdest, wüsstest du das." Aber da seine Belehrungsversuche bei dem Japaner auf taube Ohren stießen, erklärte er es ihm eben noch einmal. „Wir bekommen die meisten Akumameldungen von Leuten, die an der Nord- und Westküste von Afrika stationiert sind; Tunesien, Marokko, Algerien, Lybien und so weiter. Das sind nicht unbedingt Ordensmitglieder, aber Priester, auf deren Aussagen wir uns verlassen können. Sie wissen vielleicht nicht, was wir tun, aber wer wir sind, wissen sie, und dass sie uns bestimmte Vorkommnisse zu melden haben, auch. Seit Flatters vor ein paar Monaten von seiner ersten Expedition zurückgekehrt ist, häufen sich die Sichtungen von Akuma in der Sahara, ohne dass es einen ersichtlichen Grund dafür gibt."

„Warum sind dann noch keine Finder vor Ort, die eben das herausfinden?"

„Darf ich dich noch einmal auf den erwähnten Geldmangel hinweisen? Wir haben nicht die Mittel, die Finder dort zu versorgen, wir können uns ja kaum um die kümmern, die bereits an anderen Orten im Einsatz sind. Ich weiß, dass ihr Exorzisten euch normalerweise keine Gedanken darum macht, aber ich muss es tun."

„Kurz gesagt, wir können es uns nicht leisten", fasste Kanda es zusammen.

„Muss ich dir erst vorrechnen, wie viel ein einzelner Finder kostet, der, wie du weißt, nicht in der Lage ist, Akuma zu bekämpfen?"

Der Exorzist schüttelte knapp den Kopf. Er wusste selbst, dass der Orden eine Menge Geld sparte, wenn er nur einen Exorzisten schickte anstelle von fünf Findern.

„Also schicken wir dich, damit du Colonel Flatters begleitest, einen Finder, damit er dich begleitet, und weil wir es uns gerade noch leisten können, ihn zu entbehren, damit ihr beiden herausfindet, woher plötzlich all diese Akuma kommen. Außerdem haben wir es zur Bedingung gemacht, dass unsere Auftraggeber für eure Verpflegung aufkommen." Komui war offensichtlich stolz auf sein Verhandlungsgeschick, Kanda befiel dabei eher ein mulmiges Gefühl.

„Wie lange soll diese Expedition denn dauern?", hakte er darum nach.

„Oh, nur ein paar Monate", erwiderte der Chinese rasch. Zu rasch. „Vom Tschad-See aus bringt ihr Flatters nach Zinder und dann kehrt ihr zurück. So ist es vereinbart."

„Das ist eine ausgesprochen lange Mission", meinte Kanda misstrauisch.

„Darum zahlen wir auch nicht für eure Verpflegung", antwortete Komui stählern. Das beklemmende Gefühl fiel von Kanda ab; es war wohl nur ein Missverständnis gewesen. Er hatte geglaubt, dass mehr dahintersteckte als nur die Dauer dieser Mission.

Dass es so lange dauern würde, damit hatte Kanda natürlich nicht gerechnet, aber ablehnen konnte er nicht, nicht ohne einen triftigen Grund. Und seine Beziehung würde Komui nicht gelten lassen, denn der wusste nicht einmal, dass Jinai sehr wohl mitzukommen gedachte, wohingegen Kanda bei dem Gedanken nicht ganz wohl in seiner Haut war. Ihm stand noch deutlich ihr Gesichtsausdruck vor Augen, als er ihr von den Experimenten erzählt hatte. Obwohl er eine sehr stark geschönte Version der wahren Geschichte erzählt und nicht berichtet hatte, was es bedeutete, sich mit einem Innocence verbinden zu müssen, das einen nicht als Kompatiblen akzeptieren wollte. Nun, Jinai hatte ihn um Zeit gebeten und die würde er ihr geben.

Nachdem Komui ihm noch eine vage Schätzung gegeben hatte, wie lange die Reparatur von Mugen noch dauern würde, und ihm mitgeteilt hatte, dass der Finder, der ihn begleiten sollte, bereits informiert war, konnte Kanda gehen. Die Expeditionsgruppe würde in jedem Fall auf sie warten, das hatte man Komui versichert und der wiederum hatte Kanda das versichert.

Jetzt blieb dem Japaner eigentlich nur noch, auf den Beginn der Mission zu warten. Ohne etwas zu tun, mit dem er die verbleibende Zeit füllen konnte, trat er den Rückweg zu seinem Zimmer sehr langsam an. Er verspürte ein leichtes Hungergefühl, aber das konnte noch warten. Bevor er zu Komui gegangen war, hatte er gesehen, dass Lavi und Jinai im Speisesaal gewesen waren und er wollte die beiden nicht stören.

Mit seinem Geständnis kam Kanda sich seltsam fern von allem vor. Er hatte nie jemandem davon erzählt, warum auch, aber jetzt, wo Jinai es wusste, fing er wieder an, das Gefühl nachzuempfinden, das er in der erste Zeit nach dem Ende der Experimente gehabt hatte. Als er neun Jahre alt gewesen war und alles verloren hatte, was für ihn irgendeine Bedeutung gehabt hatte, als er gefunden und in den Orden aufgenommen worden war, nicht als Teil eines Experiments, sondern als vollwertiger Exorzist.

Irgendwie war er immer anders gewesen und hatte sich nicht als Teil des Ganzen betrachtet. Er war ein Außenstehender, kein richtiger Mensch, gehörte irgendwie dazu und doch wieder nicht. Instinktiv hatte er Abstand zu den anderen gesucht und jetzt ging das wieder von vorne los. Die Leute, denen er auf dem Gang begegnete – keinem von ihnen fühlte er sich in irgendeiner Weise verbunden oder gar ähnlich. Er war eben nicht so wie sie. Er war eben ein Außenseiter.

Ein paar Monate in der Sahara würden ihm gut tun, entschied Kanda. Danach würde er die Dinge vielleicht wieder im rechten Licht sehen und das Gefühl würde verblassen. Mit ein wenig Glück war dann auch Jinai nicht mehr wütend, weil er sie zurückgelassen hatte, und nicht mehr befremdet, weil er kein richtiger Mensch war, sondern froh, dass er wieder da war.

Du bist doch bloß verletzt, weil sie so reagiert hat. Was hast du erwartet, dass sie Freudensprünge macht, weil du aus der Retorte kommst?

Ja, ich bin verletzt. Und? Habe ich kein Anrecht darauf?

Doch, hast du, aber du musst doch auch ihre Sicht der Dinge verstehen.

Das tue ich ebenfalls. Und sie hat alle Zeit der Welt, um sich an den Gedanken zu gewöhnen.

Die ungewöhnliche Einsicht und Empathie des Exorzisten beeindruckte die Stimme seines Unterbewusstseins offenbar, aber nicht genug, um sich nicht nach einiger Zeit wieder zu Wort zu melden.

Du gibst ihr nicht Zeit. Das kannst du vielleicht dir weismachen, aber nicht mir.

Hast du nicht mal gesagt, du wärst ich?

Du weißt, wie ich das meine. Du rennst weg, weil du Angst davor hast, dass sie sich gegen dich entscheiden könnte.

Ich habe eine Mission, die ich antreten muss.

Und du hast über ihren Kopf hinweg entschieden, dass sie nicht mitkommen darf.

Meinst du, sie will mich monatelang um sich haben, jetzt wo sie weiß, was ich bin?

Meinst du, es fällt ihr leichter, sich an den Gedanken zu gewöhnen, wenn du nicht da bist?

Ich habe meine Entscheidung getroffen. Hättest du dich mal eingemischt, bevor ich zu Komui gegangen bin.

Hättest du dann auf mich gehört?

Nein.

Arschloch.

Man muss eins sein, um eins erkennen zu können.

Beleidigt schwieg sein Unterbewusstsein ihn an und Kanda hatte wieder seine Ruhe. Alles, was es ihm gerade vorgeworfen hatte, hatte er bereits gewusst. Dieselben Fragen hatte er sich bereits gestellt. Sie hatten nur nichts an seiner Entscheidung geändert, denn obwohl er das alles wusste, konnte er einfach nicht aus seiner Haut.

Seine Vorstellung vom schlimmstmöglichen Ende dieser Angelegenheit war, dass Jinai mitten in der Wüste entschied, dass sie es nicht ertragen würde, und sie noch wochenlang unterwegs sein würden, ohne einander aus dem Weg gehen zu können. Wenn es so kommen würde, wäre es wirklich besser, wenn Jinai im Hauptquartier bleiben würde.

Kanda hatte sein Zimmer erreicht und öffnete die Tür. Es war leer, kalt und dunkel. Kein Unterschied zu jeder anderen Zeit, aber diesmal kam es ihm trostlos vor. Es wurde automatisch mit Leben erfüllt, wann immer Jinai da war, aber das fiel ihm auch erst jetzt auf, wo er vor der Möglichkeit stand, dass das nie wieder der Fall sein würde.

Müde schloss er die Tür hinter sich und setzte sich auf das kalte Bett. Er war sicher, dass Jinai ihm aus dem Weg gehen würde, zumindest die nächsten Tage. Mit ein wenig Glück würde sie Komui nicht nach der Mission fragen und Kanda konnte abreisen, bevor sie entdeckte, dass sie gar nicht mehr für die Mission eingeplant war.

Und hinter uns die Sintflut, dachte sein Unterbewusstsein mürrisch.

Kanda war zu müde, um sich darüber zu ärgern, dass er diese lästige Stimme nicht einfach abstellen konnte. Er würde abreisen und dabei blieb es – das wusste auch die Stimme in seinem Kopf.

Am nächsten Tag klopfte es gegen Abend schließlich an seiner Tür.

oOo

„Habe ich das eben richtig verstanden? Könnten Sie das noch einmal wiederholen?", bat Jinai mit ruhiger Stimme zwei Tage später.

Komui fand sich binnen zwei Tagen zweimal mit derselben Frage konfrontiert und hob eine Augenbraue. „Ich sagte, die Mission hat schon gestern begonnen."

Eigentlich war Jinai gekommen, um die Details über die Mission von Komui zu erfahren, nachdem das gerade kein Gesprächsthema zwischen ihr und Kanda war, so wie alles andere. Jetzt dämmerte ihr, dass mehr zwischen ihr und Kanda stand als nur Schweigen. Inzwischen vielleicht ein paar hundert Kilometer. „Und wieso erfahre ich erst jetzt davon? Ich habe doch gesagt, dass ich teilnehmen werde."

„Kanda sagte, du wärst nicht in der Verfassung für eine Mission. Ich dachte, ihr wärt euch einig darüber, dass du hierbleibst."

„Hat er Ihnen das erzählt?"

„Also …" Komui rief sich das Gespräch in Erinnerung. „Als ich ihn fragte, ob du Bescheid wüsstest, sagte er Ja." Damit war er allerdings noch nicht aus dem Schneider, das konnte er sich an zwei Fingern ausrechnen.

„Und Ihnen kam nicht in den Sinn, mich zu fragen, ob das stimmt?", fragte Jinai zuckersüß. Sie war wütend, das erkannte er schon an ihrem Tonfall. Und ihn würde ihre Wut genauso treffen wie Kanda, wenn sie den Exorzisten in die Finger bekam.

„Wieso sollte ich seinem Wort misstrauen?", gab Komui zurück und rückte seine Brille zurecht. Er sah, dass Jinai zu einer Erwiderung ansetzte und dann völlig überraschend den Mund zuklappte. Erwartet hätte er eine Schimpftirade, aber der Exorzistin schienen die Worte zu fehlen.

„Wo ist er jetzt?", fragte sie schließlich deutlich gedämpfter.

„Wenn ich schätzen müsste, bei Gibraltar", erwiderte Komui verblüfft. „Dort setzen sie nach Afrika über und reisen dann nach Ouargla." Komui zögerte einen Moment. „Wieso?", hakte er misstrauisch nach und als er den entschlossenen Zug um ihren Mund sah, dämmerte es ihm. „Nein! Nein, Jinai, das verbiete ich! Du bleibst hier!"

„Ich habe doch gesagt, dass ich mitkomme", empörte sich Jinai. „Nur weil Kanda mich außen vor gelassen hat, heißt das nicht, dass das nicht immer noch gilt."

„Du warst von Anfang an nicht für diese Mission eingeplant", entgegnete Komui bestimmt, „sondern nur Kanda, und zwar er alleine. Dass du eigenmächtig durchsetzen wolltest-"

„'Durchsetzen wolltest'? Ich sagte, ich will mit, und du hast eingewilligt!"

„Dass du eigenmächtig durchgesetzt hast, dich für diese Mission einzuteilen, gibt dir nicht das Recht, dich auf eigene Faust aufzumachen und nach Gibraltar zu reisen, nur um ihm nachzulaufen!"

Jinai stand nach diesen Worten von Komui wie vom Biltzschlag getroffen da und rührte sich nicht. Sie sah den Chinesen nur an, in ihrem Gesicht eine Mischung aus Entsetzen und Verblüffung. Er wurde selten laut und wenn, dann musste es ernst sein.

„Warum willst du mich unbedingt hier behalten?", brachte sie schließlich mit einiger Mühe über die fast tauben Lippen.

Komui seufzte tief. „Jinai, ich will dich nicht hier behalten. Ich könnte dich zu jeder anderen Mission einteilen, aber nicht zu dieser. Sie hat bereits begonnen. Du wirst Kanda nicht wegen irgendwelcher persönlichen Differenzen nachreisen, nur um das zu klären. Und nein, es interessiert mich nicht, worum es geht. Und damit ist die Diskussion beendet."

Jinai presste die Lippen aufeinander; Komui kannte diesen Gesichtsausdruck inzwischen. Er bedeutete, dass sie gänzlich anderer Meinung war, sich aber jede Erwiderung verkniff. Wie es aussah, beugte sie sich, wenn auch nur widerwillig. Sie war eben doch ein vernünftiges Mädchen und der Logik seiner Worte konnte sie sich nicht widersetzen. Es ging nicht, dass Exorzisten sich nicht an die Anweisungen hielten, die sie von ihm bekamen, sondern sich aus persönlichem Interesse darüber hinwegsetzten und einfach mal eben so das Hauptquartier verließen, um sich zu streiten.

„Hast du verstanden?", fragte er ernst nach.

„Ja", presste Jinai widerwillig hervor.

„Gut." Komui atmete erleichtert auf, versteckt allerdings. „Wir werden dir bald eine neue Mission zuteilen. Bis dahin solltest du dafür sorgen, so rasch wie möglich wieder einsatzfähig zu sein. … Es wird dich auf andere Gedanken bringen", fügte er wenig tröstlich hinzu.

„Ja, ja", erwiderte Jinai dumpf. Sie war da anderer Meinung, aber das konnte sich Komui vermutlich denken. Zuerst hatte sie noch gehofft, er würde ein Einsehen haben, doch dem war nicht so. Und jetzt war Kanda hunderte Kilometer weit entfernt und bald auf einem anderen Kontinent und sie saß hier fest. Mit ein wenig Glück würde sie noch dazu eine Mission zugeteilt bekommen, die sie noch weiter weg von Kanda führte. Grönland oder Südamerika oder so.

Sie verließ Komuis Büro mit einem weiteren Zettel in der Hand, wie sie ihn schon seit Tagen bekam. Seit sie aus dem Krankenflügel entlassen worden war, erhielt sie jeden Tag ein kleines Blatt Papier, mit dem sie sich bei den Ärzten melden sollte. Tat sie es nicht, würde man sie holen kommen, hatte die Oberschwester gedroht, aber da Jinai noch keinen Tag geschwänzt hatte, konnte das auch eine einfache leere Drohung gewesen sein. Es ging sowieso nur darum, ihre Rückenmuskulatur und ihre Flügel zu überprüfen und sie dann zu einer weiteren Einheit Muskelaufbautraining zu schicken.

Vier Tage waren vergangen seit Jeremys Erzählung im Krankenzimmer. Vier Tage war sie jeden Tag brav zurückgelatscht und hatte sich untersuchen lassen, hatte gehorsam das Training absolviert, das ihr verordnet worden war, und hatte nachts nur die Hälfte der Zeit geschlafen, die sie eigentlich schlafen sollte, während sie die andere Hälfte der Zeit gegrübelt hatte, was sie sagen sollte, wenn sie Kanda endlich gegenübertrat.

Und jetzt hatte sie zu lange gegrübelt und zu lange gezögert und Kanda war weg. Meilenweit weg.

Er war einfach abgehauen, hatte Komui belogen und sie zurückgelassen. Sie hatte ihm gesagt, wenn er das noch einmal tun würde, würde er das bereuen. Wieso hatte er das gemacht? Sie hatte doch mit ihm reden wollen.

Das kann er ja nicht riechen.

Aber das hätte er sich denken können.

Klar, mit der Direktverbindung zwischen deinem Gehirn und seinem weiß er immer, was du denkst, und kann dementsprechend handeln. DU hast gesagt, er soll dir Zeit lassen, darüber nachzudenken.

Jinai gab ein verächtliches Geräusch von sich – selbstredend nur gedanklich. Sie hasste es, wenn ihr Unterbewusstsein Recht hatte. Seit wann bist du mein Gewissen?

Bin ich nicht, ich bin der klügere Teil von dir, der einsieht, dass du den Schlamassel selbst verursacht hast. Mit deinem Zögern.

Und was mache ich jetzt?

Dich selbst in den Hintern treten?

oOo

Zur gleichen Zeit an der Südspitze der iberischen Halbinsel – Gibraltar, Rosia Bay

Das britische Überseegebiet unter der Souveränität des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland hatte wesentlich wärmeres Wetter vorzuweisen als das Königreich, unter dessen Herrschaft es stand, entschied Kanda. Die Winde vom Atlantik brachten kühle Luft über die Meerenge, aber ganz im Süden des europäischen Kontinents war es trotzdem um mindestens zehn Grad Celsius wärmer als in England. Eines hatten England und Gibraltar aber gemeinsam: Zu dieser Jahreszeit regnete es in beiden Ländern. Der März war einer der regenreichsten Monate in Gibraltar.

Täglich verkehrten bis zu dreihundert Schiffe, Fähren und Boote auf der Straße von Gibraltar zwischen dem Hafen von Gibraltar und anderen Städten an der afrikanischen Nordküste. Das ihre würde bald ablegen und morgen Früh würden sie in Tanger sein. Da die Amtssprache dieses Teils der iberischen Halbinsel Englisch war, hatte der Finder, der ihn begleitete, sehr rasch nach ihrer Ankunft die nächste Fähre organisieren können, auch wenn das letzte Passagierboot eigentlich schon ausgelaufen war. Dank dem Ordenszeichen und dem Vorschuss, den sie für diese Mission bekommen hatten, hatte sich jemand finden lassen, der bereit gewesen war, sie bei Nacht überzusetzen. Offiziell befand es sich noch im Hafen und als Fischerboot durfte es die gibraltarischen Hoheitsgewässer nicht verlassen, darum hatten sie vereinbart, dass das Boot zu einem nächtlichen Fischausflug den Hafen verlassen und sie dann ein Stück weiter im Süden aufnehmen würde. Tanger war nicht Mostaganem, wohin sie eigentlich wollten, aber besser als nichts. Was ihnen jetzt noch blieb, war das Warten auf das Eintreffen des Bootes.

Sie hatten abgemacht, sich in der Rosia-Bucht zu treffen, unterhalb der alten Festung, gerade weit genug entfernt vom Hafen, aber leicht zu finden, selbst für Leute, die sich hier nicht auskannten. Da das Gebiet zum Süden hin immer gebirgiger und unzugänglicher wurde, bestand keine Gefahr, dass man sie sehen könnte, und wenn – niemand würde sich etwas dabei denken.

Kanda und der Finder hatten sich an einer Stelle der Klippen untergestellt, an der sie vom Meer aus leicht zu sehen waren und Schutz vor dem Regen fanden. Keiner sprach auch nur ein Wort, während sie warteten, obwohl Kanda spürte, wie Kie ihn ab und zu musterte. Er selbst starrte stur in den Regen hinaus, der die spanische Küste im Westen, die man von hier aus eigentlich sehen sollte, vor ihnen verbarg. Nur der Übergang zwischen Meer und Himmel war gerade noch so zu erkennen.

Warum man ihm ausgerechnet Kie mitgegeben hatte, wusste wohl nur Komui. Es war Kie gewesen, der ihm in Edo so suspekt vorgekommen war und den er auf der Arche selbst immer wieder gemustert hatte, wenn dieser es nicht mitbekam. Der Chinese hatte äußerst viel Zeit mit Jinai verbracht und der letzte Moment, bevor Kie die Arche betreten hatte, hatte ihn irgendwie beunruhigt. Auf die gleiche Weise, wie Aaron ihn beunruhigt hatte, und dann wieder doch nicht.

Aaron hatte er schlicht und einfach nicht gemocht und bei ihm hatte er das Gefühl gehabt, dass man ihm nicht trauen konnte. Kie hingegen … Kie war harmlos in seiner Freundlichkeit. Er war sogar nett zu ihm, Kanda, und das war keine einfache Leistung. Der Chinese schien trotz der Aussicht, dass sie die nächsten Monate in der Wüste verbringen würden, wo es laut Komui vor Akuma nur so wimmelte, vor ungetrübter guter Laune nur so zu strotzen. Das würde es für die meisten Menschen schwieriger machen, einen Grund zu finden, ihn nicht zu mögen, aber zum Glück brauchte Kanda keinen Grund. Er mochte ihn einfach nicht.

Und Jinai hatte damit überhaupt nichts zu tun.

Kanda war sich sowieso nicht sicher, ob er es sich nur eingebildet hatte oder nicht, aber egal, ob seine Wahrnehmung ihn in Edo getäuscht hatte oder nicht: Kie gehörte zu den Menschen, die ihm mit ihrer Freundlichkeit ganz schnell die Laune verderben konnten. Wenn der Finder nicht gerade ihn beobachtete, nahm er nämlich ihren Unterstand unter die Lupe oder stupste mit der Stiefelspitze die Krabbe an, die er entdeckt hatte und die daraufhin sofort angriffslustig mit den Scheren schnappte.

Zum Glück musste der Japaner sich nicht lange mit derlei Gesellschaft aufhalten – wobei er die Krabbe dem Chinesen vorgezogen hätte – da sich schließlich nach ein paar weiteren Minuten das Fischerboot aus der Hafeneinfahrt zu ihrer Rechten schob und in dem Regen verschwand, der alles hinter den steinernen Wellenbrechern des Hafens unkenntlich machte. Gleich darauf tauchte es weiter südlich wieder auf, schälte sich aus dem Regen und steuerte auf die Rosia-Bucht zu und damit auch auf sie.

Die Bucht war nicht gerade idyllisch, zumindest wenn man nach einem Badeort suchte, und erst recht nicht im Regen. Die Klippen zu beiden Seiten des Hafens waren steil und rutschig und nicht geeignet dafür, hier anzulegen, aber der Fischer hatte zum Glück daran gedacht, ein Seil mitzunehmen. Sobald er nahe genug herangekommen war, so nahe, wie er konnte, ohne von der Strömung gegen die Klippen geworfen zu werden, band er einen Stein um ein Ende des Seils und schleuderte es hinüber. Gemeinsam machten die beiden Passagiere das Seil an den Felsen fest, sodass es ihr Gewicht tragen konnte, und dann ließ Kanda Kie den Vortritt dabei, sich über die Wellen und die Gischt am Seil entlang zum Boot zu hangeln.

Als Kandas Füße schließlich auch das Deck des kleinen Kahns berührten, wandte sich Kie dem Kapitän zu, um ihm zu helfen, das Seil vom Boot zu lösen. Im selben Moment stöhnte das Boot auf wie ein alter Mann und die Planken unter ihren Füßen brachen nicht einfach entzwei, sie zersplitterten.


Raffael: Wie es aussieht, gehörst du nicht zu den lernfähigen Lebensformen.

Jinai: Und was macht dich da so sicher?

Raffael: DASS DU IMMER NOCH SO VIELE CHLIFFHANGER SCHREIBST?

Jinai: Schrei doch nicht so, ich bin ja nicht taub. Und außerdem muss ich die Spannung aufrecht erhalten, das ist meine Pflicht als Schreiberling. Sonst will das ja keiner mehr lesen, wenn man sich nicht auf die Auflösung im nächsten Kapitel freuen kann. Das kommt übrigens wieder sonntags, as usual. Und vermutlich wieder mit den lästigen Os mittendrin, weil es mich die Parts nicht mit meinen geliebten Sternen unterteilen lässt -.-

Raffael: Ich hab Kopfweh ;_;

Jinai: Was schreist du auch so. Komm her, du arm Ding. *kuschel*

Raffael: *seufz* Bleibt ihr gewogen.