In guten wie in schlechten Tagen

„Halt, Yani, wo willst du denn mit meiner Bibo-Zuckerdose hin?" – „Papa, bitte, die ist…" – „Deine Mutter und ich haben uns dank ihr kennen gelernt – auf diesem Flohmarkt, damals, als ich gerade wieder nach Hamburg gekommen war. Wir haben uns fast darum gehauen, weil wir sie beide haben wollten. Wir haben sogar geheiratet, weil wir uns nicht einig werden konnten, bei wem sie denn jetzt bleiben soll. Ja, seither haben wir sie mehrmals kleben und flicken müssen, ganz besonders weil du, Yani, als Kind deine Hände nicht davon lassen konntest." – „Aber sie ist heute immer noch genauso geschmacklos wie damals. Papa, bitte, die kann einfach nicht auf dem Tisch stehen." – „Pf, du machst aber auch ein Theater darum. Ich meine, wir sind ja alle gespannt darauf, deine neueste große Liebe kennen zu lernen, aber meine Bibo-Zuckerdose deswegen vom Tisch zu verbannen?" – „Papa", seufzte Yani. „Tristan ist nicht irgendein Flirt. Ich glaube, er ist der Mann meines Lebens." – „Rokko, du hast unseren Sohn gehört", mischte sich nun auch die Mutter des Jungen ein. „Es ist der Mann fürs Leben und wenn unsere Zuckerdose ihn vertreibt, glaubst du unser Sohn pflegt uns dann, wenn wir mal alt und bettlägerig sind?", lachte die Frau ausgelassen. „Ach Conny", seufzte Rokko seiner Frau zulächelnd. „Du hältst unseren Sohn wirklich für so nachtragend, dass er uns mal nicht pflegt, nur weil wir die Liebe seines Lebens mit unserer Bibo-Zuckerdose vergrault haben? Naja, besser kein Risiko eingehen." Sehr zu Yannicks Erleichterung griff Rokko nach der Zuckerdose, die aussah wie das gelbe Federvieh aus der Sesamstraße und trug sie in die Küche. „Ich glaube,…", konnten Cornelia und Yannick Kowalski Rokko trotzdem sagen hören. „… in der Sammlung abgefahrener Geschmacklosigkeiten deiner Mutter befindet sich irgendwo noch eine Elvis-Kaffeekanne." – „Nein!", entfuhr es Yannick entsetzt. „Bitte, benehmt euch doch nur einmal wie normale Menschen, wie ganz normale Spießereltern, so wie andere Leute in eurem Alter, bitte", flehte er seine Mutter an. „Hast du das gehört, Rokko? Dein Sohn will, dass wir uns wie Spießer aufführen. Es ist dir wohl entgangen, Yannick,…", wandte Cornelia sich dann wieder an ihren Sohn. „… dass normale Spießereltern dich und deine Homosexualität zur Therapie geschickt hätten. Stattdessen bereiten wir hier aber alles für einen Nachmittag mit…" Cornelia verstellte die Stimme zu einem süßlichen Säuseln. „… Tristan… vor." Yannick sah seine Mutter nachdenklich an. „Hm…", brummte er. Eigentlich wollte er noch etwas hinzufügen, aber die Klingel hielt ihn davon ab. „Das muss Tristan sein", strahlte er mit einem Mal. „Die Bibo-Zuckerdose ist sicher in einem der Küchenschränke versteckt", versicherte Rokko ihm amüsiert. „Na los, geh schon. Mach auf, sonst denkt Tristan noch, es wäre niemand Zuhause und geht wieder." Grinsend sah das Ehepaar Kowalski seinem Sohn hinterher. „Na, bereit den nächsten potentiellen Schwiegersohn zu inspizieren?" – „Immer doch", lachte Conny.