Disclaimer. Hiermit erkläre ich feierlich, dass ich keinerlei Rechte an den
wunderbaren Werken des verehrten Herrn Tolkien besitze, obwohl sie seit
vielen Jahren meine Fantsie beflügeln.
Genug der Förmlichkeit: Lanjana is back und zieht schon mal ängstlich den Kopf ein. Ich fürchte böse Bemerkungen über eine von mir nicht beendete FF. ("Scherben") Trotzdem habe ich beschlossen, eine neue zu beginnen. Nachdem ich auf allen einschlägigen Seiten gesucht und nichts gefunden habe, was meinen Vorstellungen nahe kommt, sah ich mich fast dazu gezwungen. Ich hoffe, sie findet eure Zustimmung und jemand rafft sich dazu auf, ein review zu hinterlassen.
Ich bin mir nicht sicher, was ich von Mary Sues halte und was meine Geschichte damit gemeinsam hat...Wenn es darum geht, dass eine Person aus unserer Welt nach Mittelerde gelangt, trifft es zu. Aber meine "Heldin" wird sich bestimmt nicht besonders tapfer schlagen, oder mit unglaublichen Fähigkeiten auftrumpfen können. (Mal im Ernst: Wer von uns verweichlichten Zivilisationsmenschen würde in Mittelerde ohne Hilfe länger als ein, zwei Tage überleben?)
Wie immer, habe ich mir vorgenommen, das ganze schnell durch zu ziehen. Wie immer werde ich wahrscheinlich daran scheitern.
Kurze Inhaltsinfo: Die gesamte Gemeinschaft wird einen Auftritt bekommen. Ebenso wie Lothlórien, Ithilien, Gondor(Städtereise nach Minas Tirith gefällig? Schade, dass man die nirgends buchen kann) und einige Orks, Wölfe usw. Viel Spaß!
Im Schatten des Baumes
1.Verstaubt
Lilith zögerte, als ihr Blick auf die Spinne fiel. Fett, haarig und widerwärtig hockte sie inmitten ihres Netztes und starrte die junge Frau aus zahlreichen Augen an. Hätte Lilith es nicht besser gewusst - sie hätte geschworen, dass ihr Feindseeligkeit von dem fast handtellergroßen Geschöpf entgegenschlug. Eigentlich fürchtete sie sich nicht vor den achtbeinigen Krabbeltieren. Solange sie nicht zu groß waren und ihr nicht zu nahe kamen. Dieses Exemplar jedoch versperrte ihr genau den Weg und zeichnete sich nicht eben durch Winzigkeit aus. Entschlossen starrte sie zurück. Sie würde sich nicht so einfach einschüchtern lassen. Lächerlich, wenn diese hässliche Kreatur sie daran hindern würde, den Dachboden weiter zu erforschen.
Jedes Ekelgefühl tapfer unterdrückend, packte sie den Besen fester, den sie extra für solche Zwecke mitgebracht hatte. Mit einem halbherzigen Kampfschrei, der eher ängstlich klang, durchtrennte sie das Netz und schleuderte den ungebetenen Gast in eine dunkle Ecke. Bang sah sie sich um, halb fürchtend, die Spinne wutentbrannt auf sich zuspringen zu sehen. Nichts rührte sich. Erleichtert ließ sie den Besen sinken und atmete erst einmal tief durch. Staub und der dumpfe Geruch nach Moder stiegen ihr in die Nase, füllte ihre Lungen und reizte sie zum Husten. Trotzdem fühlte sie sich fast beschwingt. Sie fand, sie habe sich tapfer geschlagen.
Mit neuem Entdeckerdrang betrat sie den letzten Teil des Dachbodens. Dem Dreck und den Spinnweben nach zu schließen, war sie die erste Person seit einem halben Jahrhundert, die sich so weit vorwagte. Deutlich zeichnete sich ihre Fußspur im zentimeterhohen Staub ab. Ihrer Tante zufolge würde sie hier nur altes, unnützes Gerümpel vorfinden. Doch genau das konnte Lilith sich nicht vorstellen. Zum einen hatte sie eine Leidenschaft für Dinge, an denen die Vergangenheit haftete und zum anderen, waren es die Besitztümer ihrer Urgroßmutter. Seit über fünfzig Jahren lagerten sie auf dem Dachboden und niemand hatte seitdem Interesse darauf verspürt, sie aus der Nähe zu betrachten. Bis heute...
Durch eine einzelne verkrustete Dachluke fiel nur spärliches Licht, so dass Lilith lediglich schemenhafte Umrisse und tiefe Schatten erkennen konnte. Gut, dass sie daran gedacht hatte, eine Taschenlampe mit zu nehmen. In ihrem blassgelben Lichtkegel wagte sie sich weiter vor. Sie erwartete nicht, wirklich kostbare Gegenstände zu finden. Alles, was sich irgendwie zu Geld machen ließ, war schon vor Jahrzehnten verhökert worden. Doch Lilith hoffte insgeheim, vielleicht etwas zu entdecken, das den gierigen Blicken ihrer Tante entgangen war...Vor allem ein paar alte Bücher wünschte sie sich...
Bereits nach einer halben Stunde war sie von oben bis unten mit Dreck bedeckt und dem Erstickungstod nahe. Fetzen von Spinnweben hingen in ihrem dunklen Zopf. Ständig wirbelten Wolken aus feinen Staub auf, dessen winzige Partikel sich hartnäckig einen Weg in ihre Lungen bahnten. Trotz der Anstrengung, Kisten und sperrige Möbelstücke beiseite zu schieben, umzustapeln und zu öffnen, waren ihre Finger klamm vor Kälte. Auf dem Dachboden hab es keine Heizung und der Dezemberfrost biss sich unerbittlich durch das betagte Ziegeldach. Da nütze selbst ihre Schichtkleidung, aus T- Shirt, Bluse und dickem Pullover nichts. In ihrer Forscherbegeisterung hatte sie sich wie zu einer Expedition gerüstet. Mit Feuerzeug, Stahlkappenschuhen und einer derben Hose mit vielen Taschen war sie gestartet. Jetzt ließ sie sich erschöpft zu Boden sinken.
Erneut wurde sie von einem Hustenkrampf geschüttelt. Keuchend rang sie danach um Atem, verspürte jedoch immer noch ein grässliches Kitzeln in der Kehle. So langsam fragte sie sich, ob sie nicht vielleicht aufgeben sollte. Bisher hatte sie nichts gefunden, außer ein paar vermoderten Kleidungsstücken, einer Schachtel vergilbter Postkarten und einem zerbrochenen Lampenschirm. Die kleinen Schränke und Kommoden mochten unter ihrer Patina aus Dreck vielleicht wirklich hübsch aussehen, dennoch machte sich immer mehr Enttäuschung in Lilith breit. Es schien nicht so, als würde sie etwas entdecken, das den Aufstieg und den todesmutigen Kampf gegen die Spinne lohnte. Im Geiste konnte sie vor sich schon das hämische Gesicht ihrer Tante sehen, wenn sie so verzagt und unverrichteter Dinge zurückkehrte. Bei dieser Vorstellung verspürte sie heissen Zorn. Sie konnte die rechthaberische Art ihrer Tante so wie so nicht leiden. Diese Genugtuung wollte sie ihr nicht gönnen.
Mit einem heftigen Schlag gegen den neben ihr stehenden Schrank machte sie ihrer Frustration Luft. Schon im nächsten Augenblick stellte sich heraus, dass dies ein folgenschwerer Fehler gewesen war. Eine dichte Staubwolke regnete auf Lilith herab. Irgend etwas über ihrem Kopf kam ins rutschen und schlug polternd auf den Holzdielen auf. Dabei verfehlte es ihren Fuß nur um Haaresbreite. Lilith hatte die Augen voller Staub, deswegen konnte sie nicht erkennen, um was es sich handelte. Der Aufprall hatte jedoch nach etwas ziemlich schwerem geklungen.
Nachdem sich die Luft beruhigt und Lilith sich ein wenig von ihrem Schrecken erholt hatte, nahm sie das Ding näher in Augenschein. Es war eine recht große Kassette aus dunklem Holz, bedeckt mit einer dicken Kruste, welche die Jahrzehnte auf ihr hinterlassen hatten. Sie wirkte recht massiv und Lilith wurde es richtig mulmig zumute, wenn sie daran dachte, wie knapp der Gegenstand an ihr vorbei gesaust war. Nicht auszudenken, was hätte passieren können, wenn er sie getroffen hätte.
Vorsichtig wischte sie mit dem Ärmel über den Deckel der Schatulle. Zu ihrer Überraschung kamen silberne Zeichen aus einem matt schimmernden Material darauf zum Vorschein. Neugierig leuchtete sie mit ihrer Taschenlampe und betrachtete sie eingehend. Sie erkannte eindeutig Runen, die sich Reihe um Reihe am äußeren Rand der Kassette entlang zogen. Altenglische Runen, wenn sie sich nicht täuschte.Nein, sie war sich ganz sicher. Zu irgend etwas musste ein Literaturgeschichtsstudium ja schließlich gut sein. Aufgeregt begann sie zu lesen, musste jedoch zu ihrer Enttäuschung feststellen, dass dort Worte in einer ihr unbekannten Sprache standen.
Also wandte sie ihre Aufmerksamkeit dem Inhalt der Schatulle zu. Das zierliche Schloss aus fein getriebenem Silber hatte durch den Sturz einen Sprung davon getragen, so dass der Deckel sich ohne Anstrengung öffnen ließ. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals, als sie ihn langsam hochklappte um im matten Schein der Taschenlampe einen Blick ins Innere zu werfen. Sie war sich inzwischen sicher, etwas entdeckt zu haben, von dessen Existenz ihre Tante keine Ahnung hatte. Es wirkte zu kostbar, als dass sie es achtlos hätte verstauben lassen. Nur - was genau hatte sie da eigentlich entdeckt?
Tief verborgen im Schatten lag ein Buch in dem Kästchen. Der Einband schien aus dunklem Leder gefertigt zu sein und ein einzelnes geschwungenes Schriftzeichen schimmerte auf, als sie den Lichtkegel darauf richtete. Kein Staubkorn hatte sich in all den Jahrzehnten darauf abgelagert. Daneben lag ein unscheinbares irdenes Fläschchen verschlossenen mit Korken und Wachs. Es besaß einen schlanken Hals, einen bauchigen Körper und wies keinerlei Kennzeichnung auf.
Liliths Finger zitterten, als sie sie nach dem Buch ausstreckte. Sie hatte das Gefühl, auf etwas unerhört geheimnisvolles gestoßen zu sein. Das Schriftstück erwies sich als ziemlich dick und schwer. Der Einband fühlte sich glatt und weich an. Kurz wunderte Lilith sich, warum er keine von Alter, Kälte oder Trockenheit verursachten Risse aufwies. Es roch sogar noch schwach nach Leder. Sie schlug die erste Seite auf. Auch hier entdeckte sie keinerlei Spuren von den Jahren, die das Buch hier oben gelagert hatte. Keine Spur von Gilb zeigte sich auf dem dicken elfenbeinfarbenen Papier. Sie betrachtete die ersten paar Seiten genauer, dann blätterte sie aufgeregt den ganzen Folianten durch. Überall bot sich ihr das gleiche Bild. Kunstvoll geschwungene Zeichen aus schwarzer Tinte, die keiner Schrift ähnelten, die sie jemals gesehen hatte. Wie war ihre Urgroßmutter an einen derart seltsamen Gegenstand gekommen? Fasziniert versank sie im Anblick ihres mysteriösen Fundes und wünschte sich nichts sehnlicher, als sein Geheimnis ergründen zu können.
Sie schlug gerade die letzte Seite um, da flatterte etwas aus dem Buch heraus zu Boden. Überrascht hob Lilith ein einzelnes gefaltetes Blatt auf. Es war dicht beschrieben und an einigen Stellen war die Schrift verwischt, als sei Wasser darauf getropft. Dennoch war sie größtenteils klar und verständlich. "3.Februar 1920"stand in der rechten oberen Ecke. Lilith stockte der Atem. Sie hielt nichts anderes in Händen, als einen über achzig Jahre alten Brief ihrer Urgroßmutter!
"Sollte irgend jemand diese Zeilen lesen, so ist mein Vorhaben gescheitert, den Schmerz zu verbergen. Einschließen für alle Zeit wollte ich ihn, bis niemand mehr lebt, der sich an mich erinnert. Den Schlüssel habe ich lange weggeworfen. Das Buch ist ein Unterpfand aus Tagen, die mir jetzt schon allzu fern erscheinen. Vergessen will ich das Sonnenlicht auf den Fluten des großen Stromes und den Mond über den weißen Türmen. Vergessen, was ich einst freudig fand und schmerzvoll wieder verlor. Wer du auch sein magst, lasse dich nicht versuchen, die Flasche zu öffnen. Verflucht sei das Gebräu, das ihre Rundung füllt. Die letzten Tropfen eines ehemals reichen Vorrats sind es, doch wage ich nicht einmal mehr, an ihnen zu riechen. Zu traurig sind die Erinnerungen an den Duft von Wacholder und Zypressen im Gartenlande. Zu bitter selbst die leise Ahnung von vergangenen Sommern."
Verwirrt ließ Lilith das Blatt sinken. Sie konnte sich keinen Reim auf die Worte machen, die sie soeben gelesen hatte. Nichts in diesem Brief schien einen Sinn zu ergeben. Sie rechnete nach und stellte fest, dass ihre Urgroßmutter nur wenige Jahre älter als sie heute gewesen war, als sie diese Zeilen zu Papier gerbracht hatte. Verständlich oder nicht, eine furchtbare Niedergeschlagenheit trat deutlich aus ihnen hervor. Ein Schmerz, der zu tief saß, um ihn offen zeigen zu können. Mit einem Mal verspürte sie Mitleid mit ihrer Vorfahrin, die sie nie kennen gelernt hatte. Was war ihr nur schreckliches zugestoßen, dass sie es am liebsten aus ihrem Gedächtnis gelöscht hätte?
Ihre Finger strichen sanft über den wunderbar weichen Einband des Buches. "Ein Unterpfand aus fernen Tagen."murmelte sie nachdenklich. "Es sieht nagelneu aus." Unwillkürlich glitt ihr Blick zu dem kleinen Tongefäß. Ein Trank, den ihre Urgroßmutter verfluchte? Offensichtlich hatte sie bei dieser Wortwahl nicht mit der bemerkenswerten Neugier ihrer Urenkelin gerechnet. Lilith griff in die Kassette und holte das Fläschchen heraus. Auch aus der Nähe betrachtet, ließ sich keine Beschriftung entdecken. Allein in das gelbe Wachs mit dem der Korken versiegelt war, war ein Abdruck gegraben. Er zeigte einen Baum mit geschwungenen Ästen und einen Bogen von kleinen Sternen darüber. Beinahe tat es Lilith leid, das Siegel zu erbrechen und den Korken aus dem Flaschenhals zu ziehen. Doch sie konnte sich einfach nicht zurückhalten. Sie musste wissen, vor was ihre Vorfahrin sie hatte warnen wollen.
Ein wundersamer Duft entströmte dem irdenen Gefäß. Er drang trotz des ganzen Staubes rein und unverdorben in ihre Nase. Es roch nach Sommer und blühenden Sträuchern. Nach plätschernden Bächen, goldenem Licht und reifen Beeren. So verheißungsvoll erschien er ihr, dass sie nicht umhin konnte, sich zu fragen, wie der Trank wohl schmecken würde. Sie wusste selbst, dass es mehr als unvernünftig war, von etwas zu kosten, das so lange Zeit auf einem Dachboden gelagert hatte und von dem sie nicht vorhersagen konnte, aus was es bestand. Jeder vernünftig denkende Mensch würde darüber verächtlich den Kopf schütteln. Deswegen fasste sie den Entschluss, die Flasche wieder zu verschließen. Aber bevor sie auch nur die Finger mit dem Korken bewegen konnte, merkte sie, dass sie die Öffnung an die Lippen gesetzt hatte. Die Verlockung war einfach zu stark. Sie sagte sich, dass sie ja schließlich nur flüchtig die Lippen zu benetzen brauchte um eine Ahnung von dem Geschmack zu bekommen. Falls die Flüssigkeit giftig sein sollte, würde ihr das bestimmt noch nicht schaden. Doch kaum hatte der erste Tropfen ihre Lippen berührt, als sie den Mund öffnete und einen großen Schluck trank.
Sofort füllte der Hauch von Wäldern und Blüten sie bis in die Fingerspitzen. So intensiv prickelte die seltsame Empfindung durch ihren Körper, dass sie das Gefühl hatte, davon bersten zu müssen. Es war herrlicher und zugleich fürchterlicher als alles, was sie bisher erlebt hatte. Taumelnd versuchte sie auf zu stehen, doch ihre Beine zitterten zu stark, so dass sie kraftlos gegen den Schrank prallte. Das Tongefäß entglitt ihrem bebenden Griff. Das Klirren, mit dem es auf dem Holzboden zersprang war das letzte, was Lilith wahrnahm, bevor sich eine Decke aus Schwärze über ihr Bewusstsein legte.
**************************************************************************** ******
Oh je, jetzt ist die Vorgeschichte doch länger geworden, als ich beabsichtigt hatte.... Na egal!
Noch ein kleiner Tipp: Mir ist leider kein besserer Titel für diese FF eingefallen. Bestimmt habt ihr inzwischen gemerkt, dass damit der weisse Baum gemeint ist, was einiges verraten könnte...
Bis dann...
Genug der Förmlichkeit: Lanjana is back und zieht schon mal ängstlich den Kopf ein. Ich fürchte böse Bemerkungen über eine von mir nicht beendete FF. ("Scherben") Trotzdem habe ich beschlossen, eine neue zu beginnen. Nachdem ich auf allen einschlägigen Seiten gesucht und nichts gefunden habe, was meinen Vorstellungen nahe kommt, sah ich mich fast dazu gezwungen. Ich hoffe, sie findet eure Zustimmung und jemand rafft sich dazu auf, ein review zu hinterlassen.
Ich bin mir nicht sicher, was ich von Mary Sues halte und was meine Geschichte damit gemeinsam hat...Wenn es darum geht, dass eine Person aus unserer Welt nach Mittelerde gelangt, trifft es zu. Aber meine "Heldin" wird sich bestimmt nicht besonders tapfer schlagen, oder mit unglaublichen Fähigkeiten auftrumpfen können. (Mal im Ernst: Wer von uns verweichlichten Zivilisationsmenschen würde in Mittelerde ohne Hilfe länger als ein, zwei Tage überleben?)
Wie immer, habe ich mir vorgenommen, das ganze schnell durch zu ziehen. Wie immer werde ich wahrscheinlich daran scheitern.
Kurze Inhaltsinfo: Die gesamte Gemeinschaft wird einen Auftritt bekommen. Ebenso wie Lothlórien, Ithilien, Gondor(Städtereise nach Minas Tirith gefällig? Schade, dass man die nirgends buchen kann) und einige Orks, Wölfe usw. Viel Spaß!
Im Schatten des Baumes
1.Verstaubt
Lilith zögerte, als ihr Blick auf die Spinne fiel. Fett, haarig und widerwärtig hockte sie inmitten ihres Netztes und starrte die junge Frau aus zahlreichen Augen an. Hätte Lilith es nicht besser gewusst - sie hätte geschworen, dass ihr Feindseeligkeit von dem fast handtellergroßen Geschöpf entgegenschlug. Eigentlich fürchtete sie sich nicht vor den achtbeinigen Krabbeltieren. Solange sie nicht zu groß waren und ihr nicht zu nahe kamen. Dieses Exemplar jedoch versperrte ihr genau den Weg und zeichnete sich nicht eben durch Winzigkeit aus. Entschlossen starrte sie zurück. Sie würde sich nicht so einfach einschüchtern lassen. Lächerlich, wenn diese hässliche Kreatur sie daran hindern würde, den Dachboden weiter zu erforschen.
Jedes Ekelgefühl tapfer unterdrückend, packte sie den Besen fester, den sie extra für solche Zwecke mitgebracht hatte. Mit einem halbherzigen Kampfschrei, der eher ängstlich klang, durchtrennte sie das Netz und schleuderte den ungebetenen Gast in eine dunkle Ecke. Bang sah sie sich um, halb fürchtend, die Spinne wutentbrannt auf sich zuspringen zu sehen. Nichts rührte sich. Erleichtert ließ sie den Besen sinken und atmete erst einmal tief durch. Staub und der dumpfe Geruch nach Moder stiegen ihr in die Nase, füllte ihre Lungen und reizte sie zum Husten. Trotzdem fühlte sie sich fast beschwingt. Sie fand, sie habe sich tapfer geschlagen.
Mit neuem Entdeckerdrang betrat sie den letzten Teil des Dachbodens. Dem Dreck und den Spinnweben nach zu schließen, war sie die erste Person seit einem halben Jahrhundert, die sich so weit vorwagte. Deutlich zeichnete sich ihre Fußspur im zentimeterhohen Staub ab. Ihrer Tante zufolge würde sie hier nur altes, unnützes Gerümpel vorfinden. Doch genau das konnte Lilith sich nicht vorstellen. Zum einen hatte sie eine Leidenschaft für Dinge, an denen die Vergangenheit haftete und zum anderen, waren es die Besitztümer ihrer Urgroßmutter. Seit über fünfzig Jahren lagerten sie auf dem Dachboden und niemand hatte seitdem Interesse darauf verspürt, sie aus der Nähe zu betrachten. Bis heute...
Durch eine einzelne verkrustete Dachluke fiel nur spärliches Licht, so dass Lilith lediglich schemenhafte Umrisse und tiefe Schatten erkennen konnte. Gut, dass sie daran gedacht hatte, eine Taschenlampe mit zu nehmen. In ihrem blassgelben Lichtkegel wagte sie sich weiter vor. Sie erwartete nicht, wirklich kostbare Gegenstände zu finden. Alles, was sich irgendwie zu Geld machen ließ, war schon vor Jahrzehnten verhökert worden. Doch Lilith hoffte insgeheim, vielleicht etwas zu entdecken, das den gierigen Blicken ihrer Tante entgangen war...Vor allem ein paar alte Bücher wünschte sie sich...
Bereits nach einer halben Stunde war sie von oben bis unten mit Dreck bedeckt und dem Erstickungstod nahe. Fetzen von Spinnweben hingen in ihrem dunklen Zopf. Ständig wirbelten Wolken aus feinen Staub auf, dessen winzige Partikel sich hartnäckig einen Weg in ihre Lungen bahnten. Trotz der Anstrengung, Kisten und sperrige Möbelstücke beiseite zu schieben, umzustapeln und zu öffnen, waren ihre Finger klamm vor Kälte. Auf dem Dachboden hab es keine Heizung und der Dezemberfrost biss sich unerbittlich durch das betagte Ziegeldach. Da nütze selbst ihre Schichtkleidung, aus T- Shirt, Bluse und dickem Pullover nichts. In ihrer Forscherbegeisterung hatte sie sich wie zu einer Expedition gerüstet. Mit Feuerzeug, Stahlkappenschuhen und einer derben Hose mit vielen Taschen war sie gestartet. Jetzt ließ sie sich erschöpft zu Boden sinken.
Erneut wurde sie von einem Hustenkrampf geschüttelt. Keuchend rang sie danach um Atem, verspürte jedoch immer noch ein grässliches Kitzeln in der Kehle. So langsam fragte sie sich, ob sie nicht vielleicht aufgeben sollte. Bisher hatte sie nichts gefunden, außer ein paar vermoderten Kleidungsstücken, einer Schachtel vergilbter Postkarten und einem zerbrochenen Lampenschirm. Die kleinen Schränke und Kommoden mochten unter ihrer Patina aus Dreck vielleicht wirklich hübsch aussehen, dennoch machte sich immer mehr Enttäuschung in Lilith breit. Es schien nicht so, als würde sie etwas entdecken, das den Aufstieg und den todesmutigen Kampf gegen die Spinne lohnte. Im Geiste konnte sie vor sich schon das hämische Gesicht ihrer Tante sehen, wenn sie so verzagt und unverrichteter Dinge zurückkehrte. Bei dieser Vorstellung verspürte sie heissen Zorn. Sie konnte die rechthaberische Art ihrer Tante so wie so nicht leiden. Diese Genugtuung wollte sie ihr nicht gönnen.
Mit einem heftigen Schlag gegen den neben ihr stehenden Schrank machte sie ihrer Frustration Luft. Schon im nächsten Augenblick stellte sich heraus, dass dies ein folgenschwerer Fehler gewesen war. Eine dichte Staubwolke regnete auf Lilith herab. Irgend etwas über ihrem Kopf kam ins rutschen und schlug polternd auf den Holzdielen auf. Dabei verfehlte es ihren Fuß nur um Haaresbreite. Lilith hatte die Augen voller Staub, deswegen konnte sie nicht erkennen, um was es sich handelte. Der Aufprall hatte jedoch nach etwas ziemlich schwerem geklungen.
Nachdem sich die Luft beruhigt und Lilith sich ein wenig von ihrem Schrecken erholt hatte, nahm sie das Ding näher in Augenschein. Es war eine recht große Kassette aus dunklem Holz, bedeckt mit einer dicken Kruste, welche die Jahrzehnte auf ihr hinterlassen hatten. Sie wirkte recht massiv und Lilith wurde es richtig mulmig zumute, wenn sie daran dachte, wie knapp der Gegenstand an ihr vorbei gesaust war. Nicht auszudenken, was hätte passieren können, wenn er sie getroffen hätte.
Vorsichtig wischte sie mit dem Ärmel über den Deckel der Schatulle. Zu ihrer Überraschung kamen silberne Zeichen aus einem matt schimmernden Material darauf zum Vorschein. Neugierig leuchtete sie mit ihrer Taschenlampe und betrachtete sie eingehend. Sie erkannte eindeutig Runen, die sich Reihe um Reihe am äußeren Rand der Kassette entlang zogen. Altenglische Runen, wenn sie sich nicht täuschte.Nein, sie war sich ganz sicher. Zu irgend etwas musste ein Literaturgeschichtsstudium ja schließlich gut sein. Aufgeregt begann sie zu lesen, musste jedoch zu ihrer Enttäuschung feststellen, dass dort Worte in einer ihr unbekannten Sprache standen.
Also wandte sie ihre Aufmerksamkeit dem Inhalt der Schatulle zu. Das zierliche Schloss aus fein getriebenem Silber hatte durch den Sturz einen Sprung davon getragen, so dass der Deckel sich ohne Anstrengung öffnen ließ. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals, als sie ihn langsam hochklappte um im matten Schein der Taschenlampe einen Blick ins Innere zu werfen. Sie war sich inzwischen sicher, etwas entdeckt zu haben, von dessen Existenz ihre Tante keine Ahnung hatte. Es wirkte zu kostbar, als dass sie es achtlos hätte verstauben lassen. Nur - was genau hatte sie da eigentlich entdeckt?
Tief verborgen im Schatten lag ein Buch in dem Kästchen. Der Einband schien aus dunklem Leder gefertigt zu sein und ein einzelnes geschwungenes Schriftzeichen schimmerte auf, als sie den Lichtkegel darauf richtete. Kein Staubkorn hatte sich in all den Jahrzehnten darauf abgelagert. Daneben lag ein unscheinbares irdenes Fläschchen verschlossenen mit Korken und Wachs. Es besaß einen schlanken Hals, einen bauchigen Körper und wies keinerlei Kennzeichnung auf.
Liliths Finger zitterten, als sie sie nach dem Buch ausstreckte. Sie hatte das Gefühl, auf etwas unerhört geheimnisvolles gestoßen zu sein. Das Schriftstück erwies sich als ziemlich dick und schwer. Der Einband fühlte sich glatt und weich an. Kurz wunderte Lilith sich, warum er keine von Alter, Kälte oder Trockenheit verursachten Risse aufwies. Es roch sogar noch schwach nach Leder. Sie schlug die erste Seite auf. Auch hier entdeckte sie keinerlei Spuren von den Jahren, die das Buch hier oben gelagert hatte. Keine Spur von Gilb zeigte sich auf dem dicken elfenbeinfarbenen Papier. Sie betrachtete die ersten paar Seiten genauer, dann blätterte sie aufgeregt den ganzen Folianten durch. Überall bot sich ihr das gleiche Bild. Kunstvoll geschwungene Zeichen aus schwarzer Tinte, die keiner Schrift ähnelten, die sie jemals gesehen hatte. Wie war ihre Urgroßmutter an einen derart seltsamen Gegenstand gekommen? Fasziniert versank sie im Anblick ihres mysteriösen Fundes und wünschte sich nichts sehnlicher, als sein Geheimnis ergründen zu können.
Sie schlug gerade die letzte Seite um, da flatterte etwas aus dem Buch heraus zu Boden. Überrascht hob Lilith ein einzelnes gefaltetes Blatt auf. Es war dicht beschrieben und an einigen Stellen war die Schrift verwischt, als sei Wasser darauf getropft. Dennoch war sie größtenteils klar und verständlich. "3.Februar 1920"stand in der rechten oberen Ecke. Lilith stockte der Atem. Sie hielt nichts anderes in Händen, als einen über achzig Jahre alten Brief ihrer Urgroßmutter!
"Sollte irgend jemand diese Zeilen lesen, so ist mein Vorhaben gescheitert, den Schmerz zu verbergen. Einschließen für alle Zeit wollte ich ihn, bis niemand mehr lebt, der sich an mich erinnert. Den Schlüssel habe ich lange weggeworfen. Das Buch ist ein Unterpfand aus Tagen, die mir jetzt schon allzu fern erscheinen. Vergessen will ich das Sonnenlicht auf den Fluten des großen Stromes und den Mond über den weißen Türmen. Vergessen, was ich einst freudig fand und schmerzvoll wieder verlor. Wer du auch sein magst, lasse dich nicht versuchen, die Flasche zu öffnen. Verflucht sei das Gebräu, das ihre Rundung füllt. Die letzten Tropfen eines ehemals reichen Vorrats sind es, doch wage ich nicht einmal mehr, an ihnen zu riechen. Zu traurig sind die Erinnerungen an den Duft von Wacholder und Zypressen im Gartenlande. Zu bitter selbst die leise Ahnung von vergangenen Sommern."
Verwirrt ließ Lilith das Blatt sinken. Sie konnte sich keinen Reim auf die Worte machen, die sie soeben gelesen hatte. Nichts in diesem Brief schien einen Sinn zu ergeben. Sie rechnete nach und stellte fest, dass ihre Urgroßmutter nur wenige Jahre älter als sie heute gewesen war, als sie diese Zeilen zu Papier gerbracht hatte. Verständlich oder nicht, eine furchtbare Niedergeschlagenheit trat deutlich aus ihnen hervor. Ein Schmerz, der zu tief saß, um ihn offen zeigen zu können. Mit einem Mal verspürte sie Mitleid mit ihrer Vorfahrin, die sie nie kennen gelernt hatte. Was war ihr nur schreckliches zugestoßen, dass sie es am liebsten aus ihrem Gedächtnis gelöscht hätte?
Ihre Finger strichen sanft über den wunderbar weichen Einband des Buches. "Ein Unterpfand aus fernen Tagen."murmelte sie nachdenklich. "Es sieht nagelneu aus." Unwillkürlich glitt ihr Blick zu dem kleinen Tongefäß. Ein Trank, den ihre Urgroßmutter verfluchte? Offensichtlich hatte sie bei dieser Wortwahl nicht mit der bemerkenswerten Neugier ihrer Urenkelin gerechnet. Lilith griff in die Kassette und holte das Fläschchen heraus. Auch aus der Nähe betrachtet, ließ sich keine Beschriftung entdecken. Allein in das gelbe Wachs mit dem der Korken versiegelt war, war ein Abdruck gegraben. Er zeigte einen Baum mit geschwungenen Ästen und einen Bogen von kleinen Sternen darüber. Beinahe tat es Lilith leid, das Siegel zu erbrechen und den Korken aus dem Flaschenhals zu ziehen. Doch sie konnte sich einfach nicht zurückhalten. Sie musste wissen, vor was ihre Vorfahrin sie hatte warnen wollen.
Ein wundersamer Duft entströmte dem irdenen Gefäß. Er drang trotz des ganzen Staubes rein und unverdorben in ihre Nase. Es roch nach Sommer und blühenden Sträuchern. Nach plätschernden Bächen, goldenem Licht und reifen Beeren. So verheißungsvoll erschien er ihr, dass sie nicht umhin konnte, sich zu fragen, wie der Trank wohl schmecken würde. Sie wusste selbst, dass es mehr als unvernünftig war, von etwas zu kosten, das so lange Zeit auf einem Dachboden gelagert hatte und von dem sie nicht vorhersagen konnte, aus was es bestand. Jeder vernünftig denkende Mensch würde darüber verächtlich den Kopf schütteln. Deswegen fasste sie den Entschluss, die Flasche wieder zu verschließen. Aber bevor sie auch nur die Finger mit dem Korken bewegen konnte, merkte sie, dass sie die Öffnung an die Lippen gesetzt hatte. Die Verlockung war einfach zu stark. Sie sagte sich, dass sie ja schließlich nur flüchtig die Lippen zu benetzen brauchte um eine Ahnung von dem Geschmack zu bekommen. Falls die Flüssigkeit giftig sein sollte, würde ihr das bestimmt noch nicht schaden. Doch kaum hatte der erste Tropfen ihre Lippen berührt, als sie den Mund öffnete und einen großen Schluck trank.
Sofort füllte der Hauch von Wäldern und Blüten sie bis in die Fingerspitzen. So intensiv prickelte die seltsame Empfindung durch ihren Körper, dass sie das Gefühl hatte, davon bersten zu müssen. Es war herrlicher und zugleich fürchterlicher als alles, was sie bisher erlebt hatte. Taumelnd versuchte sie auf zu stehen, doch ihre Beine zitterten zu stark, so dass sie kraftlos gegen den Schrank prallte. Das Tongefäß entglitt ihrem bebenden Griff. Das Klirren, mit dem es auf dem Holzboden zersprang war das letzte, was Lilith wahrnahm, bevor sich eine Decke aus Schwärze über ihr Bewusstsein legte.
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Oh je, jetzt ist die Vorgeschichte doch länger geworden, als ich beabsichtigt hatte.... Na egal!
Noch ein kleiner Tipp: Mir ist leider kein besserer Titel für diese FF eingefallen. Bestimmt habt ihr inzwischen gemerkt, dass damit der weisse Baum gemeint ist, was einiges verraten könnte...
Bis dann...
