Bones schmiegte sich an ihn. Booth konnte die Anspannung in ihrem Körper durch den dünnen Stoff ihres roten Kleides spüren. Nach der nächsten Drehung zog er sie noch stärker an sich als zuvor. Die Musik um sie war schnell. Sie tanzten perfekt zum Takt. Vor diesem Abend hätte Booth niemals vermutet, dass Bones so tanzen konnte.

Sie waren in einer Salsa-Bar. Es befanden sich mehrere Tanzpaare auf der Tanzfläche, doch Bones und Booth zogen die Augen vieler Gäste auf sich.

Bones' Haare wirbelten durch die Luft und das Klackern ihrer hohen Absätze wurde durch die Musik übertönt. Booth trug zur lockeren, schwarzen Stoffhose ein weißes, halb aufgeknöpftes, Hemd.

Bones legte ihre Hand auf seine Brust. Ein Bein schlang sie um das seine und presste sich eng an ihn. Sie spürte seine Hände über ihren Rücken gleiten und wie er mit einer Hand kurz unter den Stoff ihres knappen Kleides fuhr.

Die Berührung brannte auf ihrer Haut. Bones konnte nicht sagen, ob ihr vom Tanzen so heiß war oder wegen Booth, der sie schwungvoll über die Tanzfläche führte und sie nach jeder kurzen Trennung ihrer Körper noch enger an sich heranzog. Oder war es der Druck der auf ihr lastete?

Sie waren nicht zum Spaß hier. Ihr Besuch dieser Bar hatte nur ein Ziel. Eduardo Cascos. Bones und Booth sollten auffallen. Besonders Bones. Sie hatte Cascos an einem Tisch sitzen sehen, als sie mit Booth die Bar betreten hatte. Doch seitdem hatte sie nie wieder die Gelegenheit gehabt, nach ihm Ausschau zu halten.

Auch Booth schien Probleme zu haben sich auf die Observation zu konzentrieren. Bones' Tanzstil und dieses Kleid machten es ihm alles andere als leicht an seine Arbeit zu denken.

Cascos lehnte lässig an der Theke und sah jeder Frau hinterher, die an ihm vorbeilief. Seine schwarzen Haare waren zurück gegelt. Die Jacke seines Anzugs hing über dem Stuhl neben ihm. Das Hemd hatte er halb aufgeknöpft. Er hielt ein Wodkaglas in der Hand, das bereits halbleer war. Neben ihm stand ein übergewichtiger Mann in einem Anzug. Er war im Gegensatz zu Cascos nicht spanischer Abstammung, sondern schwarz. Mit grimmiger Miene ließ er seinen Blick durch das Lokal wandern. Immer auf der Suche nach etwaigen Störenfrieden.

Cascos sah hinüber zur Tanzfläche. Diese eine Frau war ihm schon vorher aufgefallen. Sie trug ein enges rotes Kleid, das ihre langen Beine betonte. Ihr Körper war perfekt. Zumindest für das was er gerne mit ihr tun würde. Das einzige was ihn störte, war der muskulöse Kerl, mit dem sie tanzte. Der sie überall anfasste und in dem Moment gerade dazu ansetze sie zu küssen. Angewidert wandte er sich ab.

Sein Bodyguard drehte sich zu ihm.

„Sie wünschen."

Cascos deutete auf die beiden auf der Tanzfläche. „Die Kleine."

Der Mann kniff die Augen zusammen und nickte.

Booth atmete wie nach einem Dauerlauf. Er strich mit der Hand an ihrem Bein nach oben. Es machte ihn wahnsinnig. Sie waren hier um zu arbeiten und das einzige woran er denken konnte war sie.

Als die Musik ein wenig langsamer wurde, schlang Bones die Arme um seinen Hals. Er legte die Hände auf ihre Hüfte. Eng aneinander geschmiegt tanzten sie weiter. Booth beugte den Kopf ein wenig nach vorne. Bones ergriff die Gelegenheit und küsste ihn. Es war eine sanfte kurze Berührung. Booth wollte den Kuss gerade intensivieren, als er sah wie ihm einer der FBI-Agenten in Zivil ein Zeichen gab.

Cascos hatte sie ihm Blick. Die anderen Agenten ihres Teams waren in der ganzen Bar verstreut. Erdgeschoss, Obergeschoss, an der Bar, auf der Tanzfläche. Bones bewegte sich immer noch rhythmisch und Booth passte sich ihr an. Sie lehnten mit der Stirn aneinander. Bones ließ ihre Hand an seiner Wange entlang gleiten.

„Er hat uns gesehen." flüsterte Booth heiser.

Bones sah ihm kurz in die Augen. Der Plan ging auf.

Eine Agentin die neben ihnen tanzte, stolperte. Das Zeichen. Während die Agentin ihren Schuh, den sie vermeintlich beinahe verloren hatte, wieder zurecht rückte, führte Booth Bones von der Tanzfläche. Sie wichen keinen Zentimeter voneinander, als sie sich an die Bar begaben.

Sie entdeckte Cascos am Ende der Theke, vermied es aber ihn genau anzusehen. Booth setzte sich auf einen der Barhocker. Bones setzte sich neben ihn und lehnte sich sofort wieder an ihn. Er konnte die Hände kaum von ihr lassen und strich ihr Bein entlang. Sie saß so, dass sie von Cascos gesehen werden konnte. Booth wandte sich ihr zu, wollte sie erneut küssen, als der Barkeeper sie unterbrach. Er drehte sich kaum zu ihm um, bestellte einen Scotch und einen Cocktail für Bones.

Als der Barkeeper sich mit einem Grinsen an die Arbeit machte, kam Booth ihr so nahe, dass er mit seinen Lippen über ihre strich, bis sie es nicht mehr aushielt und ihn küsste.

Der Kuss war intensiver als der vorherige. Booth hielt sie in den Armen und unterbrach nie den Körperkontakt zu ihr.

Ein weiterer Agent saß auf dem Hocker neben ihnen. Er lehnte sich ein wenig auf die Theke um die beiden zu beobachten. Auch wenn er zum Arbeiten hier war, ein wenig Spaß musste sein. Die beiden hatten ihn offensichtlich. Er hatte Cascos im Blick. Auch dieser war auf das Paar mehr als aufmerksam geworden.

Cascos beugte sich nach vorne. Er schwenkte das Glas in seiner Hand hin und her. Der bullige Mann neben ihm konnte ebenfalls nicht von den beiden wegsehen. Cascos kniff die Augen zusammen. Plötzlich lehnte er sich nach hinten und sprach mit seinem Untergebenen.

Mehrere Agenten beobachteten das Ganze. Der Agent an der Bar wurde unruhig, als der Bodyguard seine Stellung neben Cascos verließ und sich einen Weg durch die Menschen bahnte.

Booth sah wie der Agent an seinem Glas nippte. Etwas passierte. Er presste Bones noch stärker an sich.

„Was ist los?" flüsterte sie in sein Ohr.

Booth küsste ihren Hals. „Ich glaube es geht los."

Jetzt kamen ihm doch Bedenken. Die Aktion war geplant, es gab mindestens so viele FBI-Agenten wie Mitglieder von Cascos' Gang in der Bar, aber dennoch. Es kam ihm unglaublich leichtsinnig vor Bones da mit hineingezogen zu haben. Er hätte das jederzeit mit einer anderen FBI-Agentin tun können. Dann wäre Bones nicht in Gefahr.

„ Bist du sicher, dass du das tun willst?" fragte er sie und seufzte, als sie näher an ihn heran rückte und fast auf ihm saß.

„Ich bringe die Dinge zu Ende, die ich angefangen habe."

Booth sah ihr in die Augen. Entschlossenheit spiegelte sich darin wieder.

„Okay."

Als Booth wieder zu dem Agenten neben ihnen blickte, zündete sich dieser gerade eine Zigarette an. Er kam. In dem Moment zog ihn ein starker Arm von Bones weg.

„HEY", brummte der Bodyguard und zog Booth von seinem Stuhl. „Hör auf die Dame so zu begrabschen. Mr. Cascos sieht so was nicht gerne."

Booth hob abwehrend die Arme. „Sorry. Aber sehen Sie sie sich doch mal an!"

Er deutete auf Bones, die anzüglich an ihrem Cocktail nippte.

Der Bodyguard wandte sich ihr zu. „Du. Mitkommen. Mr. Cascos will mit dir tanzen."

Bones stellte das Glas zurück auf die Theke. Sie blickte kurz zu Booth. Das erste mal an diesem Abend sah er plötzlich Unsicherheit in ihrem Gesicht.

Sie stand auf und strich ihr Kleid glatt. Cascos kam direkt auf sie zu.

„Guten Abend.", sagte er und klang dabei genau so schmierig, wie er aussah. Er zog Bones am Arm zu sich. Mit einer Hand fuhr er ihren Rücken hinunter und kniff sie in den Hintern. Booth gab es einen Stich als er das sah.

„Lust auf einen Tanz?" das war mehr ein Befehl als eine Frage.

Booth stand auf um zu protestieren, doch der Bodyguard drängte sich zwischen ihn und Bones.

„Ganz ruhig Kumpel." Er drängte Booth auf seinen Sitz zurück und machte keinerlei Anstalten ihn wieder allein zu lassen.

Booth musste zusehen, wie Cascos Bones regelrecht auf die Tanzfläche zerrte. Lediglich das Wissen, dass mehrere Agenten in ihrer Nähe waren, beruhigte ihn ein wenig. Er hoffte nur inständig, dass Cascos das Mikrofon an Bones nicht bemerken würde. Sollte er dies doch tun, würde Booth ihn wahrscheinlich umbringen. Denn das Mikrofon befand sich in ihrem BH.

Cascos versuchte die Distanz zwischen ihm und Bones immer wieder aufzuheben, doch Bones entfernte sich geschickt ein Stück von ihm. Das Lied war recht schnell, so dass es kaum auffiel. Als das zweite Lied begann, öffnete sich die Tür der Bar und mehrere Männer in Anzügen betraten das Lokal. Der Bodyguard verließ seinen Posten neben Booth und trat auf die Männer zu. Booth beobachtete nervös, wie Cascos Bones immer näher kam.

Die Männer redeten kurz. Die Ankömmlinge schienen aufgebracht. Der Leibwächter wandte sich von ihnen ab und ging auf Cascos zu. Er unterbrach ihn beim Tanzen, flüsterte Cascos etwas zu, woraufhin dieser Bones losließ und die Tanzfläche schnell verließ.

Booth stand auf, ging zu Bones und nahm sie in den Arm.

„Alles okay?"

Bones lehnte sich gegen ihn.

„Ja, ich bin in Ordnung." , sie sah sich kurz nervös um. Cascos schien verschwunden zu sein.

Ein junger Mann mit blonden Haaren tippte Booth auf die Schulter.

„Sieht aus als wäre die Party vorbei.", rief er ihnen zu.

Booth nickte. Er hatte verstanden. Es war an der Zeit zu verschwinden. Mit der Hand auf Bones' Rücken ging er mit ihr in Richtung Ausgang. In ein wenig zeitlichem Abstand verließen auch die anderen Agenten die Bar.

Draußen liefen Bones und Booth um eine Ecke und nachdem Booth sichergestellt hatte, dass ihnen niemand folgte, in eine Querstraße. Dort parkte ein Jeep des FBI, wo bereits eine Handvoll Agenten auf sie warteten.

„Exzellente Aufnahme.", empfing sie einer der Agenten. Booth holte die Jacken aus dem Auto, ohne auf den Kollegen einzugehen. Er schlang sie Bones um die Schultern, die bereits angefangen hatte zu frieren.

„Gut. Dann hat es sich wenigstens gelohnt.", sagte sie ruhig. Doch Booth erkannte, dass etwas sie eingeschüchtert hatte.

Der Einsatzleiter trat auf Booth zu. „Gratuliere. Das war einmalig. Ganz ehrlich, wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen sie beide sind ein Paar."

Booth verzog das Gesicht zu einem schmerzvollen Grinsen. Das war genau das, was ihm an diesem Abend auch durch den Kopf gegangen war.

„Tja, man kann nicht alles haben, was?" scherzte er.

Der Wagen, der Bones und Booth wegbringen sollte, fuhr vor. Booth öffnete die Beifahrertür und ließ Bones einsteigen. Er schloss die Tür, winkte den Agenten kurz zum Abschied zu und stieg auf der anderen Seite ein. Man hörte bereits die ersten Regentropfen auf dem Dach des Autos.

Der Fahrer fuhr schnell los und raste bis sie das Viertel hinter sich gelassen hatten. Es war eine dreistündige Fahrt bis nach Washington.

Booth lehnte sich in seinem Sitz zurück. Der Vorderbereich des Jeeps war durch eine Scheibe abgetrennt, wie in einem Taxi. Er hörte Bones neben sich seufzen. Er drehte den Kopf zu ihr. Sie hatte die Jacke um sich geschlungen und dennoch zitterte sie. Booth schnallte sich ab und rückte in die Mitte. Bones wandte den Kopf zu ihm.

„Komm her." Er legte den Arm um sie und zog sie an sich. Sie war kalt, was bei dem knappen Kleid auch kein Wunder war. Booth war kurz überrascht, als sie den Kopf auf seine Schulter legte. Sie waren nicht mehr im Einsatz. Alles was sie jetzt tat, war nicht mehr beruflich.

Booth gab ihr einen Kuss auf die Stirn.

„Du warst heute unglaublich."

Bones sah zu ihm auf. „Ich habe mir vorher Dirty Dancing angesehen. Die Bewegungsformen in diesem Film waren sehr hilfreich."

Booth grinste. „Bones, das hast du auf keinen Fall aus einem Film gelernt."

Sie sah wieder nach vorne. Als sie nach ein paar Minuten immer noch nichts erwiderte, beugte Booth sich vor. Er vermutete fast schon, dass sie müde und einfach eingeschlafen war.

Doch sie war wach.

„Was hat er zu dir gesagt?"

Bones presste die Lippen aufeinander. „Das was er wohl zu jedem seiner Opfer gesagt hat."

Booth umarmte sie fester.

„Können wir morgen darüber reden?" fragte Bones und erwiderte die Umarmung.

„Okay." Booth sprach leise und strich ihr mit einer Hand über den Kopf.

Es war eine lange Fahrt, doch keiner der beiden konnte in dieser Zeit schlafen.