Kapitel 1: Eine neue Schule

~Traumsequenz~

Dunkelheit…Nebel wirbelte umher und tauchte die Welt in ihre Schatten. Wind pfiff durch die Bäume und gab ein schauderhaftes Heulen preis.

Sie standen still und unbeweglich wie Statuen im Gras und warteten. Schwarze Umhänge wehten im Wind. Gespenstige Stille umgab sie, durchbrochen von Schreien. Schreien einer Frau. Sie schrie markerschütternd und flehte um Gnade. Sie wusste, dass sie sterben musste.

Ein schrilles Lachen, verrückt und mit einem Hauch von Wahnsinn war das einzige Geräusch, das die peinvollen Schreie übertönte. Es war ein Lachen, das einem die Nackenhaare sträuben lässt.

Eine Stimme, kalt und nicht menschlich, sprach nur zwei Worte. Leise waren sie und doch waren sie das vielleicht schauderhafteste.

„Avada Kedavra."

Ein grüner Blitz erhellte die Nacht, enthüllte silberne Masken. Die Schreie verstummten augenblicklich und wichen einer todgeschwängerten Stille…

~Traumsequenz Ende~

„Ahhhhh!" Ich schnappe nach Luft und merke, dass ich kerzengerade im Bett sitze. „Es war nur ein Traum!", sagte ich zu mir selbst, obwohl ich wusste, dass ich mich damit nur selbst belüge. Ich strich durch meine schweißnassen Haare, die mir wie üblich als „lockiges Gestrüpp" vom Kopf absteht.

Mit einem Seufzen schlug ich meine Bettdecke zurück und verließ mit wackeligen Beinen das Bett. Während der paar Schritte zum Fenster fühlte ich die Kopfschmerzen, die jede meiner verfluchten Visionen begleiten wie ein unsichtbarer Schatten.

Diese Visionen habe ich schon mein ganzes Leben lang und sie sind mehr ein Fluch als ein Segen. Wer möchte denn schon gerne immer und überall Menschen gewaltsam zu Tode kommen sehen? Denn das sind sie: Todesvisionen. Je schrecklicher der Tod, desto schlimmer die anschließenden Kopfschmerzen.

Nachdenklich öffnete ich das Fenster und genoss die kalte Nachtluft, die mir um die Nase wehte.

Meine Gedanken kreisten um die Frau, deren Tod ich gesehen habe. Wer mochte sie sein und warum musste sie sterben? Das sind Fragen, die mir nie beantwortet werden. So ist es mit bei jeder.

Aber am Frustrierensten ist, dass ich nie ihre Gesichter sehe.

Doch ich kannte ihre Mörder. Todesser, erbarmungslos und brutal.

Schon komisch. Bis vor 6 jahren konnte ich, Phoebe Mackenzie, mit dem Begriff überhaupt nichts anfangen. Ich dachte an die Zeit damals zurück. Vor 6 Jahren, kurz bevor ich die Zauberschule Magiras im deutschen Harz besuchen sollte, eröffneten mir meine Adoptiveltern die ganze Wahrheit über mich, meine Herkunft und die magische Welt.

Man kann sich kaum vorstellen wie das war, wenn man es nicht selbst erlebt hat. Offenbart zu bekommen, dass man adoptiert wurde ist eine Sache. Ein Schock, um genau zu sein. Viel größer war jedoch das Entsetzen, als ich gesagt bekam, dass ich eine Hexe bin und aus einer reinblütigen Familie stamme.

Mit einem resignierenden Seufzen schloss ich das Fenster und schlich in mein Bett, um wenigstens noch ein bisschen zu schlafen, bevor ich ab morgen meine neue Schule besuche.

Mit diesem Gedanken fiel ich in einen traumlosen Schlaf.

„Phoebe! Aufstehen!". Missmutig öffnete ich meine Augen, um sie gleich darauf wieder zu schließen. „Mist", dachte ich und merkte, wie meine Kopfschmerzen der vergangenen Nacht mit voller Stärke zurückkamen.

Ein vorsichtiger Blick zur Uhr sagte mir, dass es bereits 9 Uhr war.

Schnell stand ich auf und zog mit eine Jeans und mein violettes T-Shirt an. Eine weiße Schleife im Haar vervollständigte mein Outfit. Die neue Schuluniform würde ich erst kurz vor der Ankunft in Hogwarts anziehen. Langsam spürte ich die Nervosität.

Punkt halb 11 erreichten meine Eltern und ich King's Cross in London. Jetzt nur noch zum Gleis! Nach einer herzlichen Verabschiedung seitens meines Vaters und einer eher tränenreichen seitens meiner Mutter schnappte ich mir meinen Koffer und den Käfig mit Abraxas, dem Kolkraben, den ich in Deutschland bekommen habe und machte mich auf die Suche nach dem richtigen Gleis.

„Schön!", dachte ich, „Und wo soll dieses ominöse Gleis 9 ¾ denn nun sein?" Ich blickte mich um und entdeckte eine größere Gruppe. Neben zwei älteren Leuten, offensichtlich die Eltern, liefen ein Junge und ein Mädchen. Allesamt haben sie Sommersprossen und rote Haare. Begleitet werden sie von einem großen Jungen mit schwarzen strubbeligen Haaren und eine junge Frau mit recht buschigen, braunen Haaren. Jeder von den jungen Leuten trug einen ähnlichen Koffer wie ich.

Unauffällig, mit schön viel Abstand, folgte ich ihnen bis zu einer Wand zwischen Gleis 9 und 10 und konnte gerade noch rechtzeitig sehen, wie sie in der Wand verschwanden. Moment mal! In einer Wand verschwinden geht doch gar nicht! „Natürlich, ein Illusion!", wurde mir klar und ich gab mir gedanklich einen Tritt in den Allerwertesten.

Entschlossen fasste ich meinen Koffer und den Käfig fester und trat durch das Tor…

tbc