Zusammenfassung: Ron wird mit seiner Vergangenheit konfrontiert und muß sich entscheiden. Doch wird er auch die Konsequenzen ertragen können?
Hinweis: SLASH Wenn ihr nicht wisst, was das ist oder es nicht mögt - dann weg hier!
Disclaimer: Alle Personen etc. aus dem HP-Universum gehören JKR - mir leider nur die künstlerische Freiheit schnüff
(Obwohl ich - wenn ich könnte - Draco für immer ans Bett fesseln würde ggg)
Ich werde mich bemühen, jede Verwendung anderer Literatur (orig oder ff) entsprechend zu kennzeichnen. Sollte mir allerdings mal etwas durch die Lappen gehen, wäre ich für einen Hinweis dankbar, damit ich dies dann nachholen kann.
Ein riesen Dankeschön möchte ich an dieser Stelle an meine Beta-Leserin Visiongirl76 für ihre tolle Unterstützung loswerden.
Wenn Dich die Vergangenheit einholt...
Kapitel 1 - Zweifel
Es war ein trüber Herbsttag und der Regen prasselte gegen die Scheiben. Im Haus von Ron Weasley in einem kleinen Ort außerhalb von London pfiff der Wind durch die Räume. Ein Feuer prasselte im Kamin des Wohnzimmers und gab dem Raum eine gemütliche Atmosphäre. Im Ledersessel vor dem Kamin saß Ron und starrte gedankenverloren in die Flammen.
Der Platz vor dem Kamin war schon immer sein Lieblingsplatz gewesen. Schon damals in Hogwarts liebte er das beruhigende Geräusch der Flammen, das leise Knistern des verbrennenden Holzes und die wechselnden Farben des Feuers. Hier konnte er immer entspannen und seine Gedanken ordnen.
Gerade an solchen Tagen wie diesem, an denen die Sonnenstrahlen nicht ihren Weg durch die Wolkendecke fanden und der Sturm den Regen gegen die Fenster peitschte, tat Ron nichts lieber, als es sich an seinem Lieblingsplatz gemütlich zu machen. Es war die perfekte Gelegenheit, nichts zu tun.
In letzter Zeit saß er oft in seinem Sessel. Der Herbst hatte immer diese Wirkung auf ihn. Häufig las er ein Buch, nur um sich ein wenig abzulenken. Doch meistens nahm er die geschriebenen Worte gar nicht richtig wahr. Seine Gedanken wanderten immer wieder ab.
'Ich sollte wirklich nicht so viel grübeln. Es hat doch alles keinen Zweck. Ich finde sowieso keine Lösung.'
Plötzlich ging die Tür zur Diele auf und Ron's Verlobte Hermine Granger kam ins Zimmer. Sie ging zu ihm hinüber und sagte "Schatz, ich geh jetzt." Sie setzte sich auf die Armlehne seines Sessels.
Ron schreckte auf und sah sie an. "Was?"
"Ich sagte: Ich geh jetzt. Du weißt doch, dass ich übers Wochenende zu meinen Eltern wollte." Hermine sah etwas säuerlich aus, was wahrscheinlich daran lag, dass Ron sich nicht dazu hatte überreden lassen, mit zu kommen.
Ron dachte an die Diskussion, die er mit ihr vor ein paar Tagen geführt hatte. Er hatte versucht, ihr zu erklären, dass er dieses Wochenende vor seiner Abreise zum Entspannen brauchte. Und da kam ihm ein Familientreffen reichlich ungelegen. Hermine war ziemlich außer sich. Sie war der Überzeugung, dass gerade seine Abreise ein guter Grund wäre, dass sie das Wochenende zusammen verbrachten. Ron stimmte dem im Großen und Ganzen auch zu, wollte aber nicht unbedingt seine Freizeit mit mehr Leuten als unbedingt notwendig verbringen. Er hatte ihr vorgeschlagen, das Wochenende zusammen zu Hause zu verbringen. Hermine könne ja ein Wochenende später zu ihren Eltern fahren.
Das war zuviel. Hermine hatte angefangen zu schreien und zu schimpfen. Er wüsste ja wohl ganz genau, dass an diesem Wochenende der 30. Hochzeitstag ihrer Eltern wäre. Und so weiter und so fort. Das Ende der ganzen Geschichte war, dass Hermine sich in ihr Arbeitszimmer verzog und Ron wutentbrannt aus dem Haus stürmte und die nächste Kneipe aufsuchte. Dementsprechend war die Stimmung in den letzten Tagen sehr gereizt und beide hatten nur die nötigsten Worte miteinander gewechselt. Weder Ron noch Hermine waren gut im Nachgeben.
"RON! Hörst Du mir überhaupt zu?" Ihre Stimme riss Ron wieder aus seinem Gedanken. Er sah Hermine etwas verstört an. "Ich meine nur, falls Du doch noch vorbeikommen willst..."
"Ich glaube nicht. Ich muss noch einiges für Montag vorbereiten. Amüsier Dich gut und grüße Deine Eltern von mir." erwiderte Ron leicht abwesend. Hermines Gesichtsausdruck verdunkelte sich wieder.
"Bis übermorgen Abend" sagte sie ziemlich kühl und gab ihm einen schnellen Kuss auf die Wange. Dann war sie auch schon appariert.
Ron seufzte. Er konnte dieses freie Wochenende gut gebrauchen. Im Moment lief es zwischen ihm und Hermine nicht so gut. Sie waren jetzt seit vier Jahren zusammen. Doch irgendwie war zur Zeit die Luft aus ihrer Beziehung.
Ron dachte an die Zeit kurz nach ihrem Abschluss zurück. Harry, Hermine und er hatten alle Jobs beim Ministerium bekommen.
Harry hatte eine Ausbildung als Auror begonnen, die er vor kurzem abgeschlossen hatte. Wenn es sein Arbeitspensum erlaubte, spielte er manchmal Quidditch für die Tutshill Tornados in der englischen Liga. Somit war er viel unterwegs und hatte kaum noch Zeit für einen gemütlichen Abend mit seinen Freunden.
Ron dachte gerne an Harry. Er war mittlerweile mit seiner Schwester Ginny verheiratet und wurde bald Vater. Ron lächelte. Er freute sich darauf, Onkel zu werden. Harry und Ginny hatten ihn und Hermine gefragt, ob sie nicht Taufpaten werden wollen, aber sie hatten beide abgelehnt, da sie noch nicht dazu bereit waren, solch eine Verantwortung zu übernehmen. Sie mussten beide erst mal ihr eigenes Leben in den Griff bekommen.
Hermine... Sie hatte nach ihrem Abschluss die Qual der Wahl gehabt. Das Ministerium hatte ihr einen Job als Auror angeboten, den sie aber sofort ausschlug. Als Alternative hatte man ihr eine Stelle in der Forschungsabteilung für Zaubersprüche angeboten.
Aber da gab es ja noch das Angebot aus Hogwarts. Nachdem Albus Dumbledore Zaubereiminister geworden war, hatte Minerva McGonagall die Nachfolge als Schulleiterin angetreten. Und somit wurde die Stelle als Lehrer für Verwandlungen frei. Hermine hatte also die besten Aussichten gehabt.
Doch sie hatte sich letztendlich für die Forschung entschieden. Sie war schon immer eine Lernratte gewesen und so konnte sie in ihrem Element bleiben. Und sie war gut in ihrem Beruf - sehr gut. Mittlerweile wurde sie so mit Arbeit zugehäuft, dass sie immer seltener Zeit zu Hause verbrachte. Allerdings reizte sie mittlerweile das Angebot aus Hogwarts immer mehr - sie suchte eben ständig nach neuen Herausforderungen. Und Professor McGonagall hatte immer noch keinen würdigen Nachfolger gefunden. Entweder entpuppten sich die Lehrkräfte als nicht genügend qualifiziert oder sie verließen die Schule aus anderen Gründen wieder.
Ron musste schmunzeln. Irgendwie schien es, als gebe es immer eine Stelle in Hogwarts, die verflucht zu sein schien. Endlich hatte man einen permanenten Lehrer für "Verteidigung gegen die dunklen Künste" gefunden, schon hatte man Probleme mit einer anderen Position. Anscheinend änderte sich nie wirklich etwas.
Ron atmete tief durch. Er dachte gerne an die Zeit in Hogwarts zurück. Obwohl sie viel erlebt hatten und so manches davon nicht gerade erfreulich gewesen war, waren es doch schöne Jahre gewesen - Jahre voller Freundschaft. Doch jetzt, wo sie alle mitten im Krieg standen, war nicht mehr viel davon übrig geblieben. Wie hatten die Jahre sie doch alle verändert.
Auch er war in letzter Zeit viel außer Haus. Er hatte einen Job in der Abteilung für magisches Transportwesen und da bald die nächste Quidditch-Weltmeisterschaft in Rumänien anstand, musste er viel ins Ausland und Vorbereitungen treffen. Ab Montag würde er für einige Wochen wieder nach Rumänien reisen um die letzten Vorkehrungen zu überwachen.
Aber es gab noch einen anderen Grund für seine Anwesenheit bei der Weltmeisterschaft. Neben seinem Job im Ministerium arbeitete er als strategischer Berater für den Orden des Phönix. Seine Fähigkeiten hatten ihnen schon oft geholfen, Anschläge auf das Ministerium zu vermeiden oder geplante Angriffe auf die Struktur der Todesser erfolgreich durchzuführen. Er war zu einem wichtigen Bindeglied zwischen dem Orden und der Abteilung für Magische Strafverfolgung geworden.
Aber auch die internationale Zusammenarbeit war ein wichtiges Aufgabengebiet für Ron. Man hatte ein internationales Konsortium für die Sicherheit der Quidditch-Weltmeisterschaft gegründet, dem Ron angehörte. Die Sicherheit während der Meisterschaft lag sozusagen in seinen Händen. Auroren sollten überall positioniert sein und besonders die kritischen Punkte, wie z.B. die Räumlichkeiten der Mannschaften und der Ministerien, bewachen. Ron hatte man die Planung der Transportwege übertragen. Hier für Sicherheit zu sorgen und schon rechtzeitig potentielle Attentäter abzufangen war eine Aufgabe, die zeigte, wie sehr man ihm vertraute.
Wenn er es zugab, war er froh über die Abwechslung, denn normalerweise hatte er eher einen ruhigen Schreibtisch-Job. In der letzten Jahren hatte sich relativ wenig bezüglich der Beförderung von Zauberern geändert und die Arbeit war ein bisschen langweilig - für Ron's Geschmack. Auch die Arbeit für den Orden war weniger geworden. Der Krieg schien eine Ruhepause eingelegt zu haben, was in Ron's Augen ziemlich gefährlich war, da man nie wissen konnte, wann der nächste Anschlag bevorstand und sich die Leute zu schnell in Sicherheit wiegten.
Aber Ron hatte keine Lust, sich den Kopf über seinen Job zu zerbrechen. Seine privaten Probleme gaben ihm momentan genug zu denken. Er fragte sich mittlerweile, ob seine Beziehung mit Hermine überhaupt noch einen Sinn ergab oder ob sie nicht einfach aus reiner Gewohnheit noch zusammen waren. Schon seit etwas längerer Zeit sahen sie sich nur noch gelegentlich, gingen ihre eigenen Wege. Und wenn sie einmal mehr Zeit miteinander verbrachten, so endete dies meistens mit einem Streit und noch mehr Frustration.
Er wünschte sich oft, jemanden zu haben, mit dem er reden konnte - auch über solch persönliche Dinge. Seitdem er mit Hermine zusammen war, konnte er nicht mehr so offen wie früher mit ihr über alles reden. Sie nahm immer alles gleich so persönlich, was es ja in gewissem Sinne auch war. Oft betrachte sie die Dinge jedoch gar nicht mehr objektiv und fühlte sich sofort angegriffen.
Und Harry war ja kaum noch zu erreichen. Wenn sie sich mal sahen, war es auf einem Ordenstreffen oder wenn es irgendwas mit dem Ministerium zu tun hatte. Private Gespräche kamen so gut wie gar nicht in Gang. Außerdem hatte Harry manchmal sehr seltsame Ansichten. Seine Beziehung zu seiner Schwester Ginny hatte ihn ziemlich verändert. Jede freie Minute verbrachte er zu Hause - was ja auch gut war, angesichts der Tatsache, das Ginny bald ihr Kind zu Welt bringen würde. Aber für seine Freunde gab es kaum noch Platz in seinem Leben.
Die Gedanken an Harry und Ginny brachten Ron auf eine Idee. Mit seiner Schwester konnte er eigentlich immer offen reden. Sie hörte ihm zu, redete aufrichtig mit ihm und hatte oftmals die richtigen Worte parat. Sie verurteilte ihn nicht und versuchte immer, eher ein Freund als eine Schwester zu sein. Und dafür war er ihr mehr als dankbar.
Bei ihr fühlte er sich immer zu Hause. Vor allem, nachdem die Familie ein wenig auseinander gebrochen war. Jeder ging seinen eigenen Weg und die sonst so häufigen Familientreffen beliefen sich nur noch auf die Feiertage oder besondere Anlässe. Nur zu Ginny hatte Ron noch eine permanente Verbindung.
'Hmmm..... Vielleicht sollte ich mich wirklich mal wieder mit ihr treffen.'
Immer noch in Gedanken versunken suchte er nach der Schale mit dem Flohpulver.
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Das Licht des Vollmonds ließ das fahle Gesicht noch blasser erscheinen. Eine schwarz gekleidete Gestalt saß unter einem Baum an einem großen See in der Nähe von einem kleinen Ort irgendwo in den schottischen Highlands. Silberne Haarsträhnen wurden von einer leichten Brise erfasst und verbargen den Blick auf die stahlgrauen Augen.
Draco Malfoy streifte schon seit Tagen durch die schottischen Highlands. Tagsüber wagte er nicht zu fliegen, da es hier kaum Schutz durch Wälder gab. Somit versuchte er bei Einbruch der Dämmerung, die etwas weiteren Strecken schneller auf seinem Besen hinter sich zu bringen. Allerdings durfte er nicht zu schnell sein, damit er keinen wichtigen Hinweis übersah.
Er war auf der Suche...
Doch nun war die Nacht hereingebrochen und er wusste, dass es sinnlos war, jetzt weiterzugehen. Zu viele Gefahren lauerten in der Dunkelheit. Außerdem würde er jetzt mit Sicherheit irgendetwas übersehen. Also hatte er hier sein Lager aufgeschlagen. Er hatte am See eine unbewohnte Höhle gefunden, die groß genug war, ihm Schutz zu bieten. Durch einen Schutzbann konnte ihn dort nichts und niemand aufspüren - hier war er sicher.
Aber die Nacht war zu klar, um sie in der Höhle zu verbringen. Das Funkeln der Sterne hatte seine eigene besondere Wirkung auf Draco. Deshalb hatte er sich dazu entschlossen, einige Zeit nach draußen zu gehen und über seine weiteren Schritte nachzudenken.
Bis jetzt hatte er noch keinen Anhaltspunkt gefunden und fing langsam an zu zweifeln, ob die Hinweise in den alten Büchern seines Vaters ihn überhaupt zum Ziel führen würden...
'...dem schwarzen Diamanten...'
Skeptisch dachte er an die letzten Monate zurück...
Durch Lucius und die Todesser hatte Draco Zugang zu vielen seltenen und oftmals illegalen Dingen, wie z.B. auch verbotenen Büchern. Während seinen Vorbereitungen zu einem erneuten Angriff auf das Ministerium - er war seit seinem Abschluss in Hogwarts "inoffizielles" Mitglied der Voldemort-Anhänger - war er auf einen Hinweis auf eine starke Machtquelle gestoßen.
Er erzählte jedoch niemandem davon und forschte im Geheimen weiter. Letzten Endes fand er heraus, dass diese Machtquelle in Form eines schwarzen Diamanten dem Besitzer sehr nützliche Fähigkeiten vermachen konnte, die Beherrschung der Naturgewalten. Zudem sollte er seinen Besitzer durch die Vereinigung eben dieser Kräfte in sich schützen, eine eigene Schutzaura umgab denjenigen, der den Diamanten beherrschen würde.
Aber dies war nicht so einfach, denn man konnte den Stein nicht benutzen, ohne ihn vorher zu aktivieren und ihn auf eine oder mehreren Personen zu fixieren. Trotz allem musste er jedoch den Diamanten erst einmal finden. Und das stellte sich als schwieriger heraus, als anfangs angenommen.
Er hatte in einem alten Buch ("Vergessene Legenden der Kelten") eine Art Karte gefunden, die ihn zu weiteren Hinweisen führen sollte.
'Das ganze entwickelt sich zu einer verdammten Schnitzeljagd. Ich hoffe nur, dass ich nicht ewig hier umherirren muss.'
Draco hatte nicht vor, den Diamanten zu Voldemort oder seinem Vater zu bringen. Er verabscheute den Dunklen Lord und dessen Größenwahn und seinem Vater wünschte er schon seit Jahren den Tod. Allerdings hatte er es für klüger befunden, ihnen vorerst nicht den Rücken zu kehren - reiner Selbsterhaltungstrieb. Das Dunkle Mal hatte er jedoch nicht erhalten. Er hatte vorgegeben, somit ein nützlicher Spion bei der Gegenseite sein zu können. Ohne das Mal könne man ihm nichts anhängen. Voldemort hatte diese Ausrede ohne weiteres geschluckt - zumal Draco schon vorher des Öfteren seine "Loyalität" bewiesen hatte.
Nein - er wollte den Diamanten für sich. Er fühlte sich zu keiner Seite hingezogen - weder zu Voldemort noch zu dessen Gegnern. Er war nur auf sein eigenes Wohl bedacht. Er mochte das Gefühl, Macht zu haben. Das Gefühl, sie einsetzen zu können, beflügelte ihn aufs Höchste. Somit konnte er sein Leben endlich so gestalten, wie er wollte - ohne auf auch nur irgendwen Rücksicht nehmen zu müssen.
Draco spielte mit dem silbernen Schlangenanhänger seiner Kette und lies seine Gedanken weiter in die Vergangenheit schweifen. In die Zeit, in der er noch nicht mit der Realität des Krieges konfrontiert war.
Hogwarts hatte ihm immer ein Zuhause geboten. Hier konnte er er selbst sein, weit ab von den Unterdrückungen durch seinen Vater. Die Sommerferien hingegen waren für ihn immer eine Qual gewesen. Der Druck seines Vaters wuchs mit jedem Jahr. Nichts konnte er ihm recht machen und das lies Lucius ihn auch spüren. Manchmal träumte Draco von den Folterungen durch seinen Vater, nicht unbedingt physische, die konnte er aushalten. Die psychischen Spielchen Lucius' hatten ihm mehr zu schaffen gemacht und ihn letztendlich gebrochen. Recht früh in seiner Kindheit hatte Draco nachgegeben und die Richtung seines Vaters eingeschlagen. Noch heute, lange nachdem er sich von ihm befreit hatte und seinen eigenen Weg ging, sinnte er jedoch auf Rache für das, was er ihm angetan hatte. Und seine Zeit würde kommen...
Doch Hogwarts war anders gewesen. Hier hatte er das gefunden, was ihm seine Eltern nicht geben konnten - oder in Narzissa's Fall nicht geben durften. Ein Heim, eine Familie. Das Gefühl, etwas wert zu sein. Hier gab es alles, was er auf Malfoy Manor nicht bekam - Geborgenheit, Freundschaft, Liebe...
Das alles war jedoch schlagartig vorbei, nachdem er seinen Abschluss gemacht hatte. Natürlich hatte sein Vater erwartet, dass er in seine Fußstapfen treten würde. Umso schlimmer war sein Wutausbruch gewesen, als er erfuhr, dass Draco nicht beabsichtigte, seine vorgesehene Position in den Reihen der Todesser anzutreten. Sein Arbeitszimmer glich hinterher einem Schlachtfeld. Als ihn Lucius schließlich zu Voldemort brachte, verblüffte es Draco umso mehr, dass der Dunkle Lord seine Argumente wesentlich besser zur Kenntnis nahm als sein eigener Vater.
Draco hatte Voldemort vorgeschlagen, als Spion bei der Gegenseite zu arbeiten. Er hatte ihm verschiedene Argumente vorgetragen, warum es besser wäre, das Dunkle Mal nicht zu erhalten. Doch das wichtigste war in seinen Augen, dass es einfach glaubwürdiger war, egal wie gut man das Mal verstecken oder verschwinden lassen konnte. Er kannte viele Mitglieder vom Orden des Phönix und im Ministerium und wusste, dass die meisten Tarnungen nichts nützen würden. Überraschenderweise stimmte ihm der Dunkle Lord zu und akzeptierte seinen Vorschlag. Oh, er konnte sich noch gut an den Gesichtsausdruck seines Vaters erinnern. Die Wut sprang ihm förmlich aus den Augen. Wäre nicht Voldemort höchstpersönlich mit Draco einverstanden gewesen, hätte Lucius ihn wahrscheinlich mit so vielen Flüchen belegt, daß sich Draco hinterher den Tod herbeigesehnt hätte.
Und so hatte Draco seine Tätigkeit als Spion aufgenommen. Severus Snape hatte ihn in den Orden eingeführt. Severus und Draco wussten jeweils von der Spion-Tätigkeit des anderen und somit hielt sich der Krieg die Waage. Sie verrieten sich nicht gegenseitig, sondern respektierten sich, vermieden jedoch wohlweißlich, zu viel Kontakt zueinander zu haben.
Draco hatte einige Male überlegt, als Doppel-Spion zu arbeiten, doch hatte sich immer wieder dagegen entschieden. So sehr er auch Voldemort verachtete, seine Gefühle gegenüber Albus Dumbledore waren nicht viel besser. Es schien ihm, als wäre er der Einzige, der verstanden hatte, daß beide Seiten des Krieges ihr Für und Wider hatten.
Draco atmete tief die klare Nachtluft ein.
'Dies ist nicht der richtige Zeitpunkt, um über den Krieg nachzudenken.'
Er schloss die Augen und versuchte, diese unangenehmen Gedanken zu verscheuchen. Er brauchte einen klaren Kopf, wenn er bei seiner Suche erfolgreich sein wollte. Er durfte sich nicht ablenken lassen und musste ständig auf der Hut sein. Jetzt durfte ihm kein Fehler passieren.
Für ein paar Minuten saß Draco mit geschlossenen Augen an den Baumstamm gelehnt und versuchte, einfach an nichts zu denken. Für einen kurzen Moment gelang ihm das auch. Doch dann waren da auf einmal diese blauen Augen - so blau wie der Ozean tief ist mit einem Funkeln, das selbst die Sterne verblassen lässt.
'Ob er jemals... Nein, bestimmt nicht... Jetzt wo sich alles geändert hatte.'
Draco öffnete die Augen und schüttelte seinen Kopf, um das Bild loszuwerden. Zu einer anderen Zeit wären ihm solche Gedanken mehr als recht - doch hier war weder die richtige Zeit noch der richtige Ort.
'Zu viele Erinnerungen für eine Nacht...'
DAS war das letzte was er jetzt gebrauchen konnte - Gefühle. Vielleicht würde er sich auf dieses Terrain wagen, wenn er den Diamanten gefunden hatte, wenn alles vorbei war.
Vielleicht...
Anmerkungen: So, das war's fürs erste. Ich hoffe es hat Euch gefallen. Eure Meinung ist mir wichtig - also her damit.
