Disclaimer: Mir gehört nichts hiervon. Harry Potter, alle Charaktere und Rechte sind Eigentum von J.K. Rowling und Warner Bros.
A/N: Nur das erste Kapitel wird aus Vernon Dursleys Perspektive erzählt, keine Sorge!
Der erste Tag
Mr. Dursley erlebte einen äußerst seltsamen Tag.
Das seltsame war nicht, dass es der erste Arbeitstag nach seiner Rückkehr war, dass ihn auf dem Weg zur Arbeit kein einziger dieser irren Motorradfahrer überholte, oder dass die Donuts in der Cafeteria ausnahmsweise einmal schmeckten. Auch nicht, dass seine Sekretärin tatsächlich pünktlich zur Arbeit gekommen war, nein, das seltsame war, dass niemand, nicht ein einziger Kollege, seine Abwesenheit bemerkt zu haben schien. Und das war wirklich erstaunlich, denn immerhin war er der Chef. Dennoch schien absolut niemand, nicht ein einziger Mitarbeiter bei Grunnings gemerkt zu haben, dass er fast ein ganzes Jahr lang nicht da gewesen war. Die Firma stand immer noch da, wo sie vorher gewesen war, die Lastwagen mit den neuen Bohrern verließen den Versand immer noch pünktlich und die Arbeiter sahen genauso müde und genervt aus wie immer, als er um fünf vor neun aus seinem Firmenwagen stieg. Niemand schenkte ihm mehr Beachtung als sonst. Und als Mr. Dusley in seinem Büro, das sich seit seiner Abreise im letzten Juli ebenfalls nicht verändert hatte (mal abgesehen davon, dass die Kalenderblätter täglich abgerissen worden waren), die Bücher prüfte, konnte er keine Unregelmäßigkeiten feststellen. Tatsächlich schien es der Firma blendend zu gehen, besser noch (sagte ein kleines leises Stimmchen in seinem Hinterkopf) als wenn er das letzte Jahr über zur Arbeit gekommen wäre, und das obwohl niemand eingestellt worden war, der seine Arbeit in seiner Abwesenheit erledigt hatte. Sogar sein Gehalt war weiter gezahlt worden.
Mr. Dursley war kein dummer Mann. Sicher, ganz sicher, hatte das mit diesen Leuten zu tun. Fast ein ganzes Jahr hatte er es mit diesem Verückten mit dem lila Zylinder und der Dicken mit der Quietschstimme unter einem Dach aushalten müssen, war gerade erst ihrer Gesellschaft (falls man das denn so nennen konnte) entkommen, nur um dann bei seiner Rückkehr feststellen zu müssen, dass sie ihm in seine Geschäfte gepfuscht hatten. Eigentlich sollte das ihn gar nicht so wirklich überraschen, er wusste schließlich, wie dreist diese Leute waren. Hatten sie nicht seinem Sohn einen Ringelschwanz verpasst, seine Schwester aufgeblasen und sein neu eingerichtetes Wohnzimmer verwüstet? Was scherte es diese Leute, dass sie kein Recht hatten, in ein gut laufendes Familienunternehmen einzugreifen, die schließlich das Rückgrat der englischen Wirtschaft bildeten? Was scherte es diese Leute, dass sein Sohn ein ganzes Jahr wertvoller Schulzeit verlor, das er jetzt nachholen musste (obwohl, wie das kleine Stimmchen in seinem Hinterkopf zögernd anmerkte, Dudleys Noten das ohnehin verlangt hatten)? Viel mehr als das verlorene Schuljahr ärgerte Mr. Dusley jedoch, dass Dudders' Boxkarriere durch ein Jahr verpasstes Training und Kämpfe sicherlich empfindlich gebremst worden war.
Und nicht nur in sein Leben und das seiner Familie schienen sie sich einzumischen, dachte er, während er in seiner Frühstückspause aus dem Fenster schaute (die Cafeteria hatte er verunsichert verlassen, nachdem ihn auch dort alle nur mit der üblichen Mischung aus Angst und Anbiederei behandelt hatten) und Schwärme von Eulen dabei zusah, wie sie kreuz und quer durch die Stadt flogen. Es war genau wie vor siebzehn Jahren, als dieser ganze Unfug angefangen hatte. Mr. Dursley schlürfte seinen Tee und blinzelte missmutig. Ja, genau wie vor siebzehn Jahren, als dieser Lord Waldimord zum ersten Mal verschwunden war. Diesmal sei er endgültig fort, hatte der Spinner mit dem Zylinder gequiekt, bevor er sie nach Hause gebracht hatte und mir nichts, dir nichts mit einem lauten Knall verschwunden war, der die neugierige Nachbarin aus Nummer sechs dazu veranlasst hatte, ihren Giraffenhals über ihre Hecke zu strecken um zu sehen, was nebenan vor sich ging. Aber Mr. Dursley war kein dummer Mann. Er hätte seinen Schnauzbart darauf verwettet (wenn er denn wetten würde, was er natürlich nicht tat, denn anständige Leute machten so etwas nicht), dass dieser ganze Unfug noch lange nicht ausgestanden war.
Er leerte die Tasse endgültig und stellte sie auf der Ecke seines Schreibtischs ab, dann bellte er seine Sekretärin an, die Tasse wegzuschaffen und dass er nicht gestört werden wollte. Er überlegte kurz, zu Hause anzurufen, aber entschied sich dann doch dagegen. Unnötig, Petunia noch weiter zu verstören, sie hatte diese ganze Sache nicht so gut weggesteckt wie er. So waren die Frauen eben, dachte Mr. Dursley, sie sah die Dinge nicht so klar wie er. Er machte sich wieder an die Arbeit, lockerte zuvor aber noch grunzend seine Krawatte, denn in den letzten Wochen war es zunehmend heißer gewohren, seit diese Demenzthoren, die seinen Sohn vor zwei Jahren fast umgebracht hätten, verschwunden waren. Die Idioten im Radio schoben das natürlich auf diese Klimaerwärmung, aber Mr. Dursley hatte schon immer gewusst, dass das nur wieder so eine Öko-Spinnerei war.
Vielleicht sollten sie besser wegziehen, überlegte er etwas später, als er über der Zeichnung eines neuen Bohrertyps brütete und sich an der Nase kratzte. Vielleicht sollten sie das Haus verkaufen, bei der momentanen Wirtschaftslage wäre das eine gute Idee, und irgendwo ganz neu anfangen. Da, wo diese Leute sie nicht aufspüren konnten. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn. Es hat keinen Zweck, sagte die kleine Stimme in seinem Hinterkopf, du hast schon mal versucht, vor diesen Leuten wegzulaufen, und wohin hat das geführt? Wenigstens waren sie den Jungen jetzt los. Mr. Dursley hatte keine Ahnung, wohin es ihn verschlagen hatte, hauptsache er war weg. Und wenn er verschwunden blieb, würden seine Leute ihn und seine Familie irgendann sicher auch in Ruhe lassen. Nein, was dachte er sich nur? Das Haus verkaufen? Das Haus, ihr Haus, in das sie gerade erst zurück-gekehrt waren? In dem sie jetzt endlich leben konnten, ohne die Gefahr, dass irgendwelche Abnormitäten auf der Türschwelle auftauchten? Er schnaubte. Wenigstens konnte er seine Geschäftspartner jetzt während des Sommers wieder zu sich nach Hause einladen, ohne dass der Spinner ihnen und ihren Frauen Torte in den Nacken klatschte. Beim Gedanken daran ballte er die Faust so heftig um seinen Bleistift, dass der mittendurchbrach. Er schaubte wütend auf und warf ihn quer durch den Raum in den Mülleimer. Nein, nie wieder fliegende Torten, losgelassene Riesenschlangen und aufgeblasene Familienmitglieder (gut, dass Martha sich daran nicht erinnern konnte!).
Den Rest des Nachmittags verbrachte er damit, zwei Lieferanten, drei Angestellte und einen Vertreter zur Schnecke zu machen, dann verließ er um fünf Uhr schon deutlich besser gelaunt sein Büro. Während er zu seinem Parkplatz ging, sah er sich vorsorglich kritisch um, aber anders, als vor siebzehn Jahren waren keine seltsam gekleideten Leute unterwegs. Auf der Heimfahrt fuhr er besonders vorsichtig, denn seit sein Auto wegen diesen Leuten im Nichts verschwunden und im nächsten Moment in den Midlands wieder aufgetaucht war, traute er dem Braten nicht mehr so recht.
Aber es brachte ihn sicher nach Hause, wo sein einst penibelst gepflegter Garten immer noch vor sich hin wucherte. Das war typisch für diese Leute, dachte Mr. Dursley, während er seinen Haustürschlüssel hervorkramte. Verschleppten gesetzestreue Bürger mir nichts, dir nichts, ins Blaue hinein und setzten sie dann einfach wieder ab, stellten komische Sachen mit den Leuten an, sodass ihre Abwesenheit nicht auffiel, und vergaßen dann, den Rasen zu mähen. Was die Nachbarn denken mussten! Aber was sollte man auch von jemandem erwarten, der nicht mal einen Führerschein hatte...- vor der Tür saß eine getigerte Katze und leckte sich die Pfote. Mr. Dursley blieb stehen, wo er war, neben der noch offenen Autotür, seinen schwarzen Aktenkoffer in der linken Hand, die rechte an der Autotür. Das Herz rutschte ihm in die Hose. Das konnte doch einfach nicht wahr sein. Nein, nein, das ging doch nun wirklich nicht. Die ganze Sache sollte doch vorbei sein, aus und vorbei, ojemine, was nun?
Er wusste nicht, wie lange er so stehen blieb, mit halb offenem Mund und heftigem Herzrasen, aber irgendwann wurde ihm bewusst, dass die Giraffe aus Nummer sechs sich die Nase an ihrer Wohnzimmerfensterscheibe platt drückte und ihn beobachtete. Er atmete einmal tief durch, knallte die Autotür zu und baute sich zu seiner ganzen Größe auf, dann ging er auf die getigerte Katze zu.
„Verschwinden Sie", presste er mühsam hervor, ohne den Mund zu weit zu öffnen, damit die Nachbarn nicht sehen konnten, dass er ernsthaft mit einer Katze redete. Seine Gesprächspartnerin hingegen hörte nicht auf, sich gelassen die rechte Vorderpfote zu lecken.
„Schhhhh!", zischte er laut und plötzlich zuckte die Katze zusammen und flitzte durch die Hecke davon. Mr. Dursley gab unwillkürlich ein erleichtertes Fiepen von sich, rammte den Schlüssel mit zitternden Fingern ins Schloss, drehte ihn und schloss die Tür hinter sich. Drinnen lehnte er sich mit zugekniffenen Augen schwer atmend dagegen, als fürchtete er, dass die Katze die Tür hinter ihm eintreten könnte. Ruhig, ruhig, sagte er sich, als nichts passierte. Es war nur eine normale Katze. Er zählte in Gedanken bis hundert, dann öffnete er die Augen. Alles war ruhig, der Flur sah so sauber und gepflegt aus wie immer, die Fußmatte war frisch ausgeklopft und aus dem Wohnzimmer hörte man den Fernseher und Dudleys Stimme.
Mr Dursley putzte sich die Schuhe ab, dann hängte er seinen Anzug an die Garderobe.
„Petunia, Liebling, ich bin wieder da!"
Um den Garten kümmere ich mich morgen Abend, dachte er er schwach und hängte die Krawatte um den Anzug. Jetzt war es dafür viel zu heiß. Und er musste sich dringend ein Schlückchen genehmigen, um den Schock zu verdauen, also ging er hinüber in die Küche und leerte ein Glas Scotch in einem einzigen Zug. Mr. Dursley atmete tief durch. Es ist vorbei, sagte er sich, während er nervös einzelne Haare aus seinem Bart zupfte, du musst dich beruhigen. Es ist vorbei. Das war eine normale Katze, diese ganze Geschichte liegt hinter uns. Er ging hinüber ins Wohnzimmer, um es sich neben Petunia und Dudley in seinem Lieblingssessel bequem zu machen, nur saß da schon jemand.
Der Junge.
Soo, das war das erste Kapitel - Meinungen? Ich bin dankbar für jede einzelne Review;)
