Papierkram: Sirius Black und Kingsley Shacklebolt (asexuelle Version) gehören J.K. Rowling. Das Slash-Add-On gehört mir, bzw. der Fanfic-Gemeinde, aber ich verdiene damit kein Geld.
Für die Akten: acht Kapitel. Diese Geschichte enthält Beschreibungen von Sex, die zahm genug sind, dass ich sie schwulen Freunden geben konnte, ohne in Verlegenheit zu geraten. Also in anderen Worten, fast keine.
Nein, ich habe keine Wette verloren. Ich habe ein Plotbunny niedergejagt und gegrillt.
Dank und Widmung für diese Geschichte gehen an Jean nin asar ahi smabell, Zauberfee1979, KitKat2006, Angel de la Luna und Mariacharly, weil sie mir erklärt haben, wie man Liebesgeschichten schreibt, sowie im Voraus schon mal an PadBlack. Die Erklärungen waren natürlich makellos; die Fehler habe ich alle höchstpersönlich gemacht.
Seid gnädig und großzügig mit euren Reviews, denn Slash ist für mich neu und ungewohnt. Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen. :-)
Flugträume
Kapitel 1: Der Zauberer
(1974 - 1995)
Kingsley Shacklebolt erfuhr mit neun, dass er ein Zauberer war.
Es geschah an einem heißen Julitag bei einem Fußballspiel. Mit neun war Kingsley größer als die meisten Zwölfjährigen und spielte im Tor, aber an diesem Tag war er nicht sehr gut und hatte schon zwei Tore zugelassen. Die Jungs aus dem anderen Team hatten ihn getriezt und einen doofen Neger genannt. Er war so frustriert, dass er am Liebsten geheult hätte. Er wollte unbedingt, dass seine Mannschaft gewann. Als der Ball wieder unhaltbar auf die linke Ecke zuschoss, sprang er in eine vollendete Parade und flog und flog höher, und der Ball fror in der Luft ein und wartete darauf, dass er ihn pflückte wie eine Pflaume. Sanft landete er dann auf der Torlinie.
Auf dem Platz kehrte absolute Stille ein. Alle versammelten Eltern und Spieler starrten ihn an. Seine Mutter schluchzte auf und zerrte ihn vom Platz. Sie rief seinen Vater an und redete aufgeregt in die Hörmuschel, bis er schließlich heimkam. Zwei Tage lang fragte Kingsley sich, was er falsch gemacht hatte, bis seine Eltern ihn ins Wohnzimmer riefen und ihm erklärten, dass nicht nur sein Vater ein Zauberer sei, sondern auch er, Kingsley zaubern lernen und in zwei Jahren einen Brief von der magischen Schule Hogwarts erhalten würde.
Kingsley fand das alles sehr verwirrend und irgendwie cool, aber er fand schade, dass sie ihn nicht mehr Fußball spielen ließen (in Hogwarts lernte er dann allerdings Quidditch kennen, und der Gram wurde alt und starb). Stattdessen blätterte er in Zauberbüchern und Tranklexika, und sein Vater schenkte ihm einen Kinderzauberstab.
„Papa", fragte er seinen Vater eines Abends nach dem Essen. „Warum hast du mir eigentlich nie gesagt, dass ich ein Zauberer bin?"
Sein Vater hatte geseufzt und älter ausgesehen als sonst. „Die Zaubererwelt ist nicht so sicher wie deine Welt, Junge", hatte er geantwortet. „Wir haben einen Krieg gegen einen Mann, der Muggel wie deine Mutter oder Kinder von Muggeln wie dich nicht mag. Ihr könnt euch dort nicht verteidigen."
Als Kingsley nach Hogwarts kam und die große, glitzernde magische Welt kennenlernte, setzte er sich daher mit kindlichem Ernst in die vorderste Reihe und lernte, wie man sich verteidigte. Er hielt es für vernünftig; seit er in Hogwarts war, hatte seine Mutter immerzu Angst um ihn. Er war ein Hufflepuff, der seinem Haus als fleißiger Schüler und fairer Treiber Ehre machte, und als er in die sechste Klasse kam, war der Krieg dann sowieso vorbei.
Kingsley hatte zu diesem Zeitpunkt allerdings schon zweierlei festgestellt: Erstens wollte er ein Auror sein, so wie sein Papa in der Strafpatrouille, nur besser. Zweitens hatte er allen Grund, sich in der Zaubererwelt in Acht zu nehmen, denn er war nicht nur ein Halbblut, sondern er war vor allem schwul.
An einem Sommermorgen 1993 herrschte Chaos, als Kingsley zur Arbeit kam. Memos flatterten aufgeregt umher, Auroren diskutierten hektisch in den Gängen, Scrimgeours Bürotür war feste verschlossen. Als Kingsley nach dem Grund für den Trubel fragte, zeigte man ihm wortlos die Zeitung, und die Schlagzeile teilte ihm in Großbuchstaben mit, dass Sirius Black aus dem Zauberergefängnis entkommen sei.
Kingsley hatte einen Moment lang auf das Foto geschaut, das ein eingefallenes, unbewegliches vampirisches Gesicht zeigte, dessen Augen sich nur manchmal hoben und den Leser gefährlich klar ansahen, ohne zu blinzeln. Als Kingsley ein Spieler im Hausteam wurde, war Black schon lange mit der Schule fertig, aber erinnerte sich daran, den geschmeidigen Gryffindor-Treiber in der Luft zaubern gesehen zu haben, und der Verbrecher auf dem Foto hätte gut ein völlig anderer Mann sein können.
Aber dann hatte sich die Bürotür geöffnet, Scrimgeour war herausgehumpelt und hatte ihn vor seinen Schreibtisch traktiert. Als Kingsley eintraf, war auch Amelia Bones da, die Leiterin der Abteilung für Magische Strafverfolgung, die Kingsley bisher noch nicht einmal beachtet hätte, hätte er mitten in der AMS einen Tango getanzt.
„Kingsley Shacklebolt", hatte Scrimgeour gesagt, als präsentiere er ein Möbelstück. „Einer unserer besten Ermittler, seit Moody in der Rente ist. Geben Sie ihm ein Haar und er sagt Ihnen, wer der Besitzer ist und was er als letztes gegessen hat. Er ist ein exzellenter Duellant. Sein Sabberfluch haut sogar Sie um, gnä' Frau. Und er ist absolut neutral. Halbblut. Keine Verbindungen zu irgendwelchen Reinblutfamilien."
Amelia Bones hatte ihm einen langen Blick durch ihr Monokel zugeworfen. „In welchem Jahr hat Ihr Training begonnen, junger Mann?"
„1983, Ma'am", hatte Kingsley wahrheitsgemäß geantwortet. „Ich war in der Ausbildungswelle nach dem Krieg."
„Sehr gut", hatte Miss Bones gesagt und Scrimgeour zugenickt.
Zum ersten und einzigen Mal in seinem Leben hatte sein Halbblutstatus Kingsley zu etwas qualifiziert.
Einen Monat später hatte Kingsley jedes Foto zusammengetragen, das je von Black aufgenommen worden war, jede Briefzeile, die noch von ihm erhalten war, jeden Statusreport, den er je als Auror eingereicht hatte. An der Wand seiner Bürozelle hingen Aufnahmen vom Tanz des Trauzeugen bei der Hochzeit der Potters, das überlegene Lächeln eines siegessicheren Siebtklässlers, die ausdruckslose Miene des ordentlichen Kinds auf dem Familienportrait, Pressefotos des jungen Auroren.
Ältere Auroren begannen die Bürozelle zu meiden.
Kingsley wusste alles über den Mann, was es zu wissen gab, aber er hatte keine Ahnung, wo er sich versteckte. Er suchte alte Freunde Blacks auf, die ihm die Tür vor der Nase zuschlugen und ihn nicht so gut gekannt haben wollten. Er ging nach Askaban und sprach mit den Lestranges, aber sie lachten ihm nur ins Gesicht, und wenn irgendwelche Todesser dem Mann irgendwann nahegestanden hatten, waren sie heute verrückt oder tot.
He, ich hab heute Nacht von Dir geträumt, hatte Black mit fünfzehn in einem Ferienbrief an Remus Lupin notiert, der in einem merkwürdigen Kontrast zu den sonst kurzen, kantigen Notizen in krakeliger Jungenschrift stand. Du warst der Wolf und es war Vollmond, aber Dein Fell war rot und gold, und Du warst ganz friedlich und hast Dich von mir kraulen lassen. James hat sein Wahrsagebuch rausgeholt und gesagt, dass das bedeutet, wir gewinnen den Quidditchpokal, aber ich glaube, dass es heißt, Du musst Dir nicht so viele Sorgen machen, wenn Du bei uns/in Hogwarts bist. Ich mach' mir aber doch Sorgen, wenn Du nicht in Hogwarts bist, ich kenn' Eure Hütte. Alles in Ordnung bei Euch?
Ausgerechnet an Halloween drang Black unbemerkt in Hogwarts ein und verwüstete das Portrait der alten Dame, aber Kingsley wusste genauso wenig, wie es ihm gelungen war, wie er nachvollziehen konnte, wie ihm von vorneherein die Flucht aus Askaban geglückt war. Er verdächtigte Lupin der Zurückhaltung wichtiger Informationen, aber wenn der Lehrer log, dann log er überzeugend.
Später im Jahr gelang es Black, in den Schlafsaal der Gryffindors einzudringen und einen Freund Harry Potters mit einem Messer zu bedrohen, aber Kingsley fand wiederum keine Hinweise auf seine Vorgehensweise, und Scrimgeour musste wilde Drohungen gegen den Zauberergamot ausstoßen, um Kingsley vor der Kritik zu schützen. Er nahm wortlos hin, als Rekrutin Tonks ihm für Recherche zugeteilt wurde, steckte Albus Dumbledores Sorge kommentarlos ein und kümmerte sich lieber um die Frage, warum Black sich immer noch keinen Zauberstab gestohlen hatte. Er war entweder verrückter, als Kingsley glaubte, oder mächtiger. Natürlich nahm man weitläufig an, dass der Mann verrückt sei, aber Kingsley war sich da nicht so sicher. Man brauchte einen klaren Kopf, um aus Askaban auszubrechen. Im Übrigen ging er vom Schlimmsten aus, und ein klarer Black war schlimmer als ein verwirrter.
Bin von daheim weg, für immer, und wohne bei James, melde eine schmuddelige Notiz an Peter Pettigrew von 1976. Mr. Potter hilft mir, eine Wohnung zu finden. Dann doppelt unterstrichen: Ich hoffe, ich leb' gerade lang genug, um bei ihrer Beerdigung dabei zu sein.
Nach dem Skandal zu Schuljahresende hatte Kingsley sich mit seinen Fragen bei Severus Snape unbeliebt gemacht, weitere scharfe Kritik vom Gamot eingeheimst, eine enge Freundschaft zu Aurorin Tonks geschlossen und im Prinzip kein Privatleben mehr übrig, weshalb sein Freund, der ein Muggel war und sowieso nicht gern verheimlicht wurde, ihn verließ. Während der Rest der Zentrale wegen des Trimagischen Turniers durch die Lande wuselte, sprach Kingsley erneut mit all den Zeugen, zerbrach sich den Kopf über die ungelösten Rätsel und kam zu einer Erkenntnis, die ihn tief erschütterte.
Er kam zu dieser Erkenntnis, weil Albus Dumbledores Kritik aus dem Gamot plötzlich nachließ und Remus Lupin plötzlich nicht nur mit ihm sprach, sondern auch überzeugt war, dass Black schon immer mal nach Chile wollte. Es war eine schreckliche Erkenntnis, eine Erkenntnis, die zu ungeheuerlich war, um überhaupt in Betracht gezogen zu werden. Aber Kingsley gab einen Gedankengang nicht auf, nur weil er ihm nicht gefiel. Außerdem, dachte er, als Mike seine Sachen bei ihm abholte, war es auch nicht die erste ungeheuerliche Erkenntnis seines Lebens.
Er versuchte mit Tonks zu sprechen, aber Tonks hatte gerade eine eigene Erkenntnis über ihrer beider Verhältnis zueinander hinter sich, und da Kingsley diese Erkenntnis nicht geteilt hatte, sprach Tonks gerade nur mit ihm, wenn sie unbedingt musste.
Also ging er zu Scrimgeour, der die Hände über dem Kopf zusammenschlug und ihm erklärte, dass er ihn zum Check nach St. Mungos schicken und ablösen lassen musste, wenn der Stress um den Fall Black ihm jetzt schon so zusetze.
Aber dann geschah das Drama um den armen Cedric Diggory, und Kingsley wurde endgültig klar, dass in der Zaubererwelt sehr viele Dinge vor sich gingen, die mal die eine und mal die andere Partei unter allen Umständen für sich behielt.
Er besuchte Albus Dumbledore zwei Tage nach Ferienbeginn in seinem Büro.
„Sie wissen es, ich weiß es", sagte er. „Sirius Black muss unschuldig sein."
Albus Dumbledore sah ihn lange und mit ernsten Augen an.
„Mr. Shacklebolt", sagte er schließlich. „Haben Sie jemals vom Orden des Phönix gehört?"
Sirius Black hinterließ den Eindruck eines Panthers, der hinter den Gitterstäben lauerte, die Muskeln unter dem glänzenden Fell spielen ließ und die Zuschauer mit gefährlichen, wachen Augen musterte. Alles an ihm wirkte dunkler, als es war, und zog den Blick auf sich, als sei Magie noch die geringste seiner Fähigkeiten, obwohl er sich nur vom Küchentisch im Grimmauldplatz erhob und Kingsleys Hand schüttelte.
Seinen Hand fühlte sich hart und schwielig an, und Kingsley dachte an zwölf Jahre Askaban, zwei Jahre Flucht. Er wusste alles über diesen Mann, außer den wichtigen Dingen.
„Ich leite die Ermittlung gegen Sie", sagte er. „Es ist mir eine Ehre."
„Oh, da bin ich sicher", erwiderte Black sardonisch und ein wenig wild. „Es ist ja keine schöne Sache, wenn man erkennt, dass man zwei Jahre lang seine Zeit verschwendet hat. Und dann für eine Regierung, die nichts taugt. Ich hoffe, Sie sind jetzt nicht allzu geknickt."
Sirius Black war eine merkwürdige Mischung des charmanten Jungen auf den Fotos, nur nicht mehr charmant, und des reglosen Verbrechers auf den Fahndungsbildern, nur nicht mehr reglos. Es war eine Mischung, die nicht weiter von dem pfeilgefährlichen, unberechenbaren Feind, dem anbetungswürdigen Märtyrerhelden entfernt sein könnte, zu dem er sich in Kingsleys Kopf entwickelt hatte.
Es war irgendwie enttäuschend.
Tbc...
