„Und was gedenken sie jetzt zu tun, Sir? Die Mienen dort sind vollständig erschlossen und es gibt Unmengen von Trinium, das uns quasi am Silberteller serviert wird. Bei allem nötigen Respekt General, das sollte die kleine Reise doch wert sein?" Sam´s Stimme klang mehr als entnervt als sie ihren Vorgesetzten mit fragenden Augen ansah, Arme kämpferisch in die Hüften gestemmt, ein weiteres deutliches Signal ihrer seit Tagen andauernden gereizten Stimmung, oder waren es gar Wochen, mutmaßte er kurz. Jack lehnte sich zurück und ließ sich unzeremoniell in die Lehne seines Lederstuhls fallen, um dann seine Arme im Nacken zu verschränken und voller Inbrunst die Frau vor sich zu betrachten.
Ein mehr als ungutes Gefühl machte sich in Jack´s Magengegend breit und ein seit Tagen unter der Oberfläche schwelender Verdacht schob sich wieder in den Vordergrund. Wäre es möglich? Oh Gott, bloß nicht! Selbst ein Raumschiff voller Goa´uld und eine Horde aufgebrachter Jaffa wären ihm jetzt lieber als das! Könnte es tatsächlich sein?
Jack´s Augen weiteten sich als er sie von oben bis unten musterte, um dann auf Höhe ihres Bauchnabels zum stehen zum kommen. Ist es möglich, dass der verdammte Cop es geschafft hatte, ihr ein Kind anzuhängen? Sie würde das SGC verlassen und … und was? Heile Familie spielen mit diesem idiotischen Stalker? Er kannte die Stimmungsschwankungen, die seltsamen Essensgelüste und das unberechenbare Verhalten einer Schwangeren nur allzu gut. Mag sein, es war einige Jahre her, na ja zugegebenermaßen ein paar mehr, aber trotz seiner vermehrten beruflichen Abwesenheit während Sara´s Schwangerschaft mit Charlie konnte er sich noch immer sehr gut an die nächtlichen Ausflüge zum Supermarkt erinnern, um ihren Marshmallow Bedarf zu decken oder die abendlichen Heulkrämpfe die Gott sei dank meistens in wirklich beachtlichem Versöhnungssex endeten.
All seine inneren Organe verkrampften sich schmerzhaft beim bloßen Gedanken and jenes Szenario. Er kniff seine Augen zusammen und schüttelte seinen Kopf um das Bild einer kugeligen Carter, dem Haus mit Garten, weißem Zaun und zugehörigem Hund schleunigst wieder loszuwerden, während sie ihn weiter anstarrte. Konzentrieren Jack, konzentrieren. Über was hatte sie gerade gesprochen?
„Sir? Haben Sie mir zugehört?" Doch Daniel sprang wie immer ein um Jack zu retten und unterbrach damit die sich vor ihm anbahnende Tragödie, wohl wissend dass Jack in Gedanken wieder überall gewesen sein mußte, nur nicht beim Thema, so dass jener Fakt kombiniert mit Sam´s momentan leichter Reizbarkeit nur allzu schnell zum kollegialen Supergau hätte führen konnte.
„Naja Jack, nach allem was ich sagen kann, würde ich ihnen geben, was sie verlangen. Ich weiß, dass das nicht exakt deinen Vorstellungen von Spaß entspricht, aber mal ganz ehrlich? Ich bin es wirklich leid, mich mit ihr herumzuschlagen. Der Job ist anstrengend und ist mit der Zeit ermüdend. Ich bin k.o., Jack."
„Yupp Danny Boy, wenn du mit Job meinst, uns allen täglich den letzten Nerv zu rauben, dann verstehe ich durchaus, dass du jetzt k.o. bist. Nur fürs Protokoll, wir sind es im Übrigen auch."
„Haha Jack, sehr witzig, wirklich", zischte Daniel zurück und rümpfte seine Nase, was unweigerlich zum gewünschten Effekt führte und ein verschmitztes, wenn auch verhaltenes Lächeln auf die Lippen seines Colonel´s zauberte. Jepp, Mission accomplished. Jack war zufrieden, zumindest für den Augenblick. Zugegeben, es war nicht das bezaubernde tausend Watt Carter Lächeln, das seinen Tag erhellen konnte, wie sonst kein anderes, aber es war ein Anfang.
„Ich stimme Daniel Jackson zu", warf Teal´c ein. „Ich kann nicht sehen, dass unser jetziges Vorgehen alsbald von Erfolg gekrönt sein dürfte. Ich glaube ebenfalls dass es das Beste wäre, wenn du uns begleiten würdest, O`Neill", fuhr der Jaffa trocken fort und warf seinem begierigen jungen Archäologen Freund dabei einen ermutigenden Blick zu.
„Okay, okay! Die wollen den Boss? Dann sollen sie ihn kriegen! Morgen früh um 0700 Besprechung und um punkt 0830 im Torraum. Carter, ich erwarte Sie und den Rest von SG 1 ausgerüstet und ausgeschlafen am Tor. Daniel, sorg dafür, dass diese eigenbrötlerische Keltenfürstin von unsrer morgigen Ankunft erfährt. Wir werden SG 13 mitnehmen zur Sicherung des Tores auf P4… na ja du weißt schon." Er wedelte mit den Fingern und fügte mürrisch hinzu: „Sieht aus als muss ich Colonel Dixon informieren, dass sein kleiner Trip nach Vegas, noch etwas warten muss. Seine Ehefrau wird mich dafür sicher lieben!"
Wer weiß wofür es gut war, dachte er . Vielleicht sollte das seine Chance sein, um Carter´s seltsamen Verhalten auf den Grund zu gehen und um hoffentlich seine Befürchtungen als bloße Einbildung ein für alle Mal aus dem Weg zu räumen. Letzten Endes, musste er zugeben, war es eine Möglichkeit mal wieder seinem verhassten überquellenden Schreibtisch für ein paar Tage zu entkommen. Aber um die Sache perfekt zu machen, bot es ihm nach langer Zeit endlich wieder die Gelegenheit die Luft des großen weiten Universums zu schnuppern. Ah piece of cake, dachte sich Jack und betrachtete sein altes Team mit einem verschmitzten Lächeln.
„Wegtreten!" murmelte er schließlich in seinen nichtvorhandenen Drei-Tage Bart und schubste den Ledersessel mit Schwung nach hinten, um der Sache schnellstmöglich ein Ende zu bereiten. Die Aussicht auf das kühle Bier in seinem Kühlschrank und den lang ersehnten Simpson Marathon im TV schienen ihm plötzlich Flügel zu verleihen und das Ziel, sein Sofa schnellstmöglich zu erreichen, gab einen unerwarteten Auftrieb.
Jack schnappte sich die Unterlagen, die wild verstreut am Konferenztisch lagen, während Daniel und Teal´c hastig den Ausgang suchten, um ohne großes Aufheben in Richtung Kontrollraum zu verschwinden.
„Sir?" Eine weiche weibliche Stimme stoppte ihn abrupt und ließ ihn noch vor der Tür seines Büros zum absoluten Stillsand kommen. Oh Gott nein, bloß kein Geständnis vor Feierabend, war alles, was er dachte, als er sich auf seine Unterlippe biss und sich seine Augen nur all zu gern vor der Wahrheit verschließen wollten.
„Carter?" Er drehte sich zu ihr und grinste sie an in der Hoffnung, dass ihr dies den Wind aus ihren Segeln nehmen würde und sie sich entschließen würde auch endlich den Heimweg anzutreten, aber Carter wäre nicht Carter, wenn sie einfach akzeptieren würde, dass die Basis durchaus einmal eine Nacht ohne ihr Superhirn auskommen konnte.
„Hätten Sie einen Augenblick Zeit für mich, Sir oder…". Sie gestikulierte mit der Hand in Richtung Ausgang. "…oder haben Sie es eilig?"
Gott wo hatte diese Frau gelernt, mit nur einem einzigen Augenaufschlag selbst den härtesten Mann zum schmelzen zu bringen?
„Aber sicher doch Carter, wollen Sie…?" Fragte Jack mit einem nun gequälten Lächeln im Gesicht und wedelte seine Blätter in Richtung Büro. Sie betrat selbiges in ungewohnt zurückhaltender Art, fast so als müsse sie ihm einen bevor stehenden Computervirus beichten, der das gesamte Tor für Tage lahm legen würde und für den sie noch keine passenden Gegenmaßnahmen parat hatte.
Er schloss die Tür hinter sich, geistig schon den Fluchtplan erörternd und lehnte sich gewohnt lässig gegen seinen Schreibtisch.
„Was kann ich für Sie tun, Carter? Ist die blaue Götterspeise in der Cafeteria ausgegangen oder hat McKay eine Stippvisite im SGC angekündigt?"
Ein sachtes Lächeln huschte über ihre Lippen und sie wusste nur zu gut, dass es wieder einer seiner zweifelhaften Versuche war, die Stimmung zu lockern und ein Lachen in ihr Gesicht zu zaubern. Sie liebte es, wenn er das tat und dennoch barg es jedes Mal das Risiko denselben unbehaglichen Zustand hervorzurufen, den es sooft zwischen beiden gab. Unausgesprochene Dinge und eine seltsame Spannung gepaart mit gegenseitiger Anziehung, die seit Jahren in der Luft lag, waren letzten Endes der Grund dafür, dass sie versucht hatte, soviel emotionalen Abstand wie nur irgend möglich zwischen sich selbst und ihren kommandierenden Offizier zu bringen. Egal wie sehr sie sich bestimmte Dinge auch wünschte, wusste sie doch sehr genau, dass es dafür einfach keine Zukunft gab und die Tatsche, dass sie Pete in ihr Leben gelassen hatte, half zumindest ansatzweise sich einen Hauch von Normalität und Glück vorzugaukeln.
„Keines von beidem Sir, wobei letzteres bei mir tatsächlich starkes Unbehagen verursachen würde", antwortete sie mit scherzhafter Stimme, die aber im selben Augenblick jeden Humor verlieren sollte. „Ich wollte sie eigentlich um ein paar Tage Urlaub bitten, wenn die Verhandlungen auf P4X-756 abgeschlossen sind."
Seine Augen weiteten sich und seine rechte Augenbraue schien förmlich unter seinem Haaransatz zu verschwinden.
„Lieutenant Colonel Samantha Carter bittet mich um Urlaub? Sie sind nicht irgendwie krank Carter? Ich beginne so langsam mir ernsthaft Sorgen zu machen!"
„Sir, bitte!" Ihr Ton ermahnte ihn, sie doch einmal ernst zu nehmen, wenn auch nur für einen Moment und eine kugelige Carter tanzte urplötzlich wieder Tango vor seinem geistigen Auge. Verdammt, doch schwanger?
„Sir… Pete, nun ja, er will das ich seine Familie endlich kennen lerne und mit ihm nach Denver fahre und ich dachte, ich könnte dafür vielleicht ein paar Tage frei haben?"
Gott im Himmel, wenn man den Steinhaufen hätte fallen hören können,
der ihm in diesem Augenblick von der Seele gefallen war, hätte man wohl eine Erdbebenwarnung für ganz Colorado Springs herausgeben müssen und Jack´s Gesicht bekam urplötzlich die Farbe zurück, die ihm noch ein paar Momente zuvor so schnell von seinen Wangen gewichen war. Okay Jack beruhigen, nicht schwanger, N*I*C*H*T schwanger!
„Oh Carter, wenn es sonst nichts ist. Ich werde mich ganz sicher nicht zwischen Sie und ihre Schwiegermutter in Spe stellen."
Er grinste nun wieder übers ganze Gesicht und selbst ihr konnte seine urplötzlich zurückgekehrte Unbeschwertheit kaum entgangen sein. Das Spiel war wieder offen und sie vielleicht doch noch nicht ganz verloren für ihn.
„Sie haben sich ein paar Tage frei weiß Gott mehr als verdient, das wissen sie genau. Siler wird den Laden schon schmeißen. Und für heut, gehen Sie nach hause Carter, sofort! Falls ich sie dennoch in einer halben Stunde in ihrem Labor vorfinde, werde ich sie höchstpersönlich vor die Tür setzen."
„Keine Sorge Sir, das hatte ich vor, aber um ehrlich zu sein, Daniel und ich hatten uns gedacht wir vier könnten heut mal wieder zusammensitzen, Pizza bestellen und gemeinsam ein Bier trinken, so wie in alten SG 1 Zeiten. Sie wählen den Film General, was meinen Sie?"
„Oh, nun ja…ähm…", stammelte er und presste seine Lippen zusammen.
„Umm, prinzipiell gern, allerdings…na ja… es gäbe da diesen Simpsons Marathon heut Abend und sie wissen ja…."
„Sir, ich denke Simpsons sind sicher in Ordnung für uns. Um 20 Uhr bei mir? Daniel und Teal´c bestellen die Pizza und Bier steht schon in meinem Kühlschrank parat."
„Wie könnte ich da noch nein sagen, Carter? Ich werde da sein, aber kein Thunfisch auf der Pizza, verstanden", mahnte er lächelnd.
„Das weiß ich doch", erwiderte sie und schenkte ihm endlich das tausend Watt Carter Lächeln, das sie ihm nun seit Tagen verwehrt hatte.
„Bis später, Sir."
„Ja Carter bis später!"
Jupp, die Aussicht auf einen Abend mit Samantha Carter, ausgelassener Bierstimmung und den Simpson´s, und ja, es war genau diese Reihenfolge, ließ Jack´s Herz merklich höher schlagen und mit leichtem Schwung im Schritt verließ er sein Büro, um Colonel Dixon zu finden. Vermutlich würde dessen Freude über den Grund seines bevorstehenden Besuches wohl eher weniger groß sein.
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„Sam, du hast gesagt, wir würden uns einen Film ansehen! Wie um Himmels Willen konntest du ihm bloß versprechen, dass wir uns die Simpsons mit ihm ansehen werden?"
Daniel´s Entsetzen war wohl in gleichem Maße aufgesetzt wie total ehrlich. Sie wusste genau, dass ihm letzten Endes jedes Mittel recht gewesen wäre, um wieder einmal einen gemeinsamen Teamabend zustande zu bringen und das gleiche galt für sie. Pete hatte glücklicherweise abgesagt, nachdem er ursprünglich an diesem Abend kommen wollte. Doch nachdem ihm offenbar ein höchst prekärer Mordfall einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte, war Sam nur noch glücklich über die Möglichkeit den Abend mit ihren besten Freunden verbringen zu können. Moment Mal Sam, dachte sie grübelnd, müsste ich nicht eigentlich enttäuscht sein, meinen Verlobten nicht sehen zu können? In letzter Zeit wurde Pete´s ständige Anwesenheit und das Befassen mit ihrer eigenen Hochzeit immer öfter zum Problem für sie und die Tatsache, dass ihr Dinge völlig gleichgültig waren, die jeder anderen zukünftigen Braut auf der Seele brannten, bereiteten ihr Zunehmens Kopfzerbrechen. Sollte sie nicht himmelhoch jauchzend mit Hochzeitsvorbereitungen beschäftig sein und enthusiastisch von ihrem Bräutigam, den Blumen, der Torte und dem Hochzeitskleid schwärmen? Ein Kleid, im Übrigen, von dem sie noch immer keinen blassen Schimmer hatte, was sie sich wirklich vorstellte. Dies alles war ein Thema, das ihrer Meinung nach einfach völlig überbewertet wurde. Der Bau eines Nahquadah Reaktors bedeutete mehr Spaß für sie, als sich mit aufgedrehten Brautjungfern über die Farbe der passenden Schuhe zu echauffieren. Gott, was stimmte nicht mit ihr? Alles was sie wollte war ein Stück Normalität, ein Stück gewöhnliches Leben und am Ende schien es genau das zu sein was ihr Angst machte.
Das Klingeln an der Tür riss sie aus ihren Gedanken. „Ich geh schon Sam, das ist sicher Jack", hörte sie Daniel rufen und sie lehnte sich an ihre Arbeitsplatte, nahm einen Schluck aus ihrer Kaffeetasse und starrte aus dem Fenster. Die Nachbarjungs hatten offenbar gerade beschlossen, dass nun endlich der lang ersehnte Basketballkorb den Weg an die Hauswand finden müsse, und so beobachtete sie wie Mr. Adams mehr Löcher als notwenig in die Hauswand bohrte, offenbar heillos überfordert mit der ihm anvertrauten Aufgabe. Sam konnte Ms. Adams sehen, die aufgeregt in den Hinterhof gelaufen kam, um dann wild mit ihren Armen zu gestikulieren und Sam hätte alles darum gegeben, auch nur ein einziges der Worte zu hören, die ihre Nachbarin in jenem Moment zu ihrem Gatten sagte. Das Bild war göttlich. Doch ihr Amüsement über die nachbarliche Auseinandersetzung wurde jäh durch das Öffnen der Küchentür unterbrochen.
„Carter? … Carter, was zum Teufel tun sie da?"
„Ehm Sir, nichts! Jedenfalls nichts Wichtiges", versicherte sie ihm und drehte sich zu ihm, um sogleich mit einem Paar fragender brauner Augen konfrontiert zu werden.
„Vielleicht sollte ich mal checken, welches physikalische Phänomen sich wohl in ihrem Hinterhof abspielen könnte, das Sie so ans Fenster fesselt, dass sie mich nicht einmal haben kommen hören."
Er lief ihr entgegen und starrte kurz nach draußen, um sie dann mit großen Augen anzusehen, Augen die plötzlich nur noch wenige Zentimenter von den ihren entfernt waren, nah genug um sich darin zu verlieren, wie es sie es schon sooft getan hatte. Der Geruch seine Aftershaves vermischte sich mit dem seines Atems, der sich wie ein Schleier über ihren Verstand legte und sie jenseits jeglicher Handlungsfähigkeit erstarren ließ. Ihr Herz pochte schlagartig und schien plötzlich einen Marathon und sein Leben zu laufen. Sie konnte das Erröten ihrer Wangen förmlich mit jeder sich ändernden Farbnuance spüren. Er war so nah, das sein Atem die dünnen Strähnen ihres Haares, die plötzlich den Weg über ihre Stirn gefunden hatten, wieder nach hinten blies.
„Das Fenster zum Hof, Carter?" hauchte er ihr fragend entgegen.
Aber sie starrte ihn nur weiter an bis sie endlich ihre Stimme wieder gefunden hatte.
„Ähm ja Sir, ich meine nein, Sir. Hier wird höchstens die Hauswand ermordet mit viel zu vielen Löchern oder gegebenenfalls der Ehemann, wenn ich Ms. Adams so anschaue", erklärte sie leicht belustigt, noch immer seinen betörenden maskulinen Geruch aufsaugend, der ihre Sinne benebelte und jederzeit in der Lage zu sein schien, ihren Verstand in Null Komma nichts auszuschalten. Er war ihr so verdammt nah, gefährlich nah, eine Nähe, die sie gewöhnlich zu vermeiden versuchte. Ihr Herzschlag beruhigte sich in keiner Weise und die Art, wie seine Augen über ihr Gesicht glitten und ihre Lippen fixierten ließen sie nun vollständig die Kontrolle verlieren und die Tasse, die bis dahin fest in ihrer Hand haftete, glitt aus ihren Fingern . Mit einem lauten Knall traf diese auf die Küchenplatte und zersprang in mehrere Teile, sodass der restliche Kaffee zielgenau auf Jack´s T-Shirt und Hose landete.
„Oh mein Gott Sir, es tut mir leid", rief sie entsetzt und ging einen Schritt zurück, um das volle Ausmaß ihrer Ungeschicktheit zu inspizieren. Von weitem nahm sie die Türklingel wahr und vermutete die Ankunft der bestellten Pizzas, also blieb ihre Konzentration darauf beschränkt, ihr Malheur, das unverkennbar auf der Bekleidung ihres kommandierenden Offiziers zu erkennen war, zu beseitigen.
„Es tut mir leid Sir wirklich, sie müssen das ausziehen, sofort. Ich werd es gleich in die Waschmaschine werfen. Ich hab oben noch Kleidung von Dad, da ist sicher was dabei, dass ihnen passen müsste."
Ohne auch nur einen Augenblick darüber nachzudenken, was sie da eigentlich tat, griff sie nach Jacks T-Shirt und schob es über seinen Kopf.
„Wow Carter, langsam, was tun sie denn da? Sie wissen schon, dass ich mir den Moment, in dem sie mich einmal ausziehen würden irgendwie anders vorgestellt hatte…", scherzte er und ein fast teuflisches Grinsen zierte sein Gesicht, als sich ihre Wangen weiter rasch erröteten und er hätte schwören können, dass selbst das Feuer im Kamin seiner Hütte nicht heißer hätte brennen können.
Aber Jack wusste genau, dass er sie noch nicht da hatte, wo er sie hatte haben wollen und so trieb er das Spiel, das grad begann ihm zu gefallen, noch etwas weiter.
„Aber immer langsam mit den jungen Pferden, okay? Ich bin schließlich keine 20 mehr, die Hose sollten wir etwas langsamer angehen!"
Oh, oh Jack, das war zuviel, erkannte er, als sich ihr zuvor noch verstörter Gesichtsausdruck langsam zu verdunkeln schien und sich ihre Stirn in tiefe Falten legte. Jetzt nur nicht aus der Ruhe bringen lassen, Jack.
„Carter, das war ein Scherz!" Er versuchte die aufkommende explosive Stimmung zu verdrängen, öffnete ohne weiter nachzudenken den Reißverschluss seiner Jeans und streifte sie hastig von seinen Hüften.
„Na schön Sir", begann sie und Jack erkannte sofort, dass sein jämmerlicher Versuch sie wieder milde zu stimmen anscheinend kläglich versagt hatte. „Was soll das? Selbst mein Neffe im Teenageralter weiß offenbar besser, wie man mit einer Frau umzugehen hat als sie. Vielleicht habe ich mir den Augenblick, in dem ich sie halbnackt vor mir stehen habe auch etwas anders vorgestellt?"
Ja, das saß. Wann hatte sie eigentlich gelernt derart schlagfertig auf seine oft mehr als dummen Sprüche zu reagieren, fragte sich Jack nun eindringlich. Er hielt ihr die Hose entgegen und ruderte so gut es ging zurück.
„Sorry Carter, ehrlich es tut mir leid, das war unprofessionell und kindisch. Ich wünschte wirklich, ich könnte eine weiße Flagge hissen anstatt meiner Jeans."
„Wirklich?", fragte sie höhnisch, nahm ihm die Hose ab und warf sie gemeinsam mit dem T-Shirt in die nächste Ecke. Es kostete sie nur einen kleinen Schritt und sie stand wieder direkt vor ihm, ihr Atem streifte sein Ohr und ließ ihn tief einatmen als ihre Hand sich flach auf seiner Brust platzierte.
Sie wusste selbst nicht, was sie da tat und welcher Teufel auf ihrer Schulter saß, als sie ihm sanft ins Ohr säuselte. „Echte Männer reden nicht nur, sie handeln auch…SIR!"
„Wirklich?" Sagte er und wiederholte ihre Frage in dem selbem provokanten Ton wie dem ihren zuvor, als er ohne Umschweife nach ihrer Hüfte griff und sie unvermittelt mit Nachdruck an sich zog. Seine Augen fielen hungrig auf ihre Lippen, die immer näher kamen.
Für einen kurzen Augenblick herrschte absolute Totenstille zwischen beiden, die selbst den Fall einer Stecknadel zur Explosion einer Bombe erhob, bis plötzlich die Küchentür mit einem lauten Knall aufsprang und zwei völlig verdutzte Männer mit fassungslosem Gesichtsausdruck zum Vorschein brachte, die das Paar am Küchenfenster voller Entsetzen musterten.
„Pete?" Sam´s verwirrte Stimme hallte im Raum und sie riss sich los von Jacks festem Griff, der bis dato keine Anstalten gemacht hatte, den Colonel loszulassen. Als ihm aber sein unbekleideter Zustand wieder ins Bewusstsein rückte, zog er seine Hände augenblicklich zurück.
„Sam? Jack? Was zum Teufel tut ihr da?" Daniel´s fragender Blick bohrte sich durch seine zwei besten Freunde wie ein Pfeil durch seine Beute und selbst Jack, der nie einen dummen Kommentar ausließ, schienen urplötzlich die Worte zu fehlen. Nur mit Unterhosen und Socken bekleidet stand er da und wartete auf das, was zweifelsohne unvermeidbar war. Was war nur passiert, dass sie beide soweit gehen ließ sich zu benehmen wie pubertierende Teenager? Das letzte was Jack dann wahrnahm war ein überaus verärgerter Cop, der wutschnaubend auf ihn zustürmte und dessen rechte Faust geradewegs auf seinem Kinn landete, um ihn dann mehrere Schritte nach hinten taumeln zu lassen.
„Pete, nein!" Sam griff nach dem Oberarm ihres Verlobten und zog ihn mit aller Kraft zurück, als dieser noch einmal auszuholen versuchte. Doch Sam war schneller, schleuderte ihren eifersüchtigen Freund zurück und pinnte ihn bewegungsunfähig gegen die Arbeitsplatte ihrer Küche.
„Nicht Pete, bitte, er ist mein Vorgesetzter!" Sam´s flehende Stimme ließ den jüngeren Mann kurzzeitig aufhorchen, der gerade versuchte sich vom Druck seiner Verlobten zu lösen, doch Sam hatte keinesfalls vor, ihn loszulassen. Ihr war durchaus klar, dass es nicht Jack war, den sie vor Pete beschützen musste, als vielmehr Pete, wohl wissend, zu was der Mann fähig war, mit dem sie fast acht Jahre lang Seite an Seite gekämpft hatte.
„So? Das schien ihn aber nicht davon abgehalten zu haben, sich an meine Frau ranzumachen. Ich hab schon immer geahnt, dass unser ehrenwerter General wesentlich mehr von dir will als nur Kameradschaft. Wie lang geht das schon, hm?"
Pete erhob erneut drohend seine Faust, als Jack sich vom seinem Schock erholt hatte und wieder fest mit beiden Füßen am Boden stand. Es kostete ihn wesentlich mehr als nur ein wenig Körperbeherrschung, um den ungestümen Heißsporn vor ihm nicht windelweich zu prügeln und als ob Daniel Jacks Gedanken hätte lesen können, und womöglich konnte er das nach all dem, was beide schon miteinander erlebt hatten, legte er seine Hand flehend auf Jack´s Brust und sah seinen Freund mit beschwichtigenden Augen an.
„Jack, tu´s nicht, bitte. Sam zuliebe." Jack kniff seine Lippen zusammen und atmete tief ein. Nur sein jahrelanges Training und die Achtung vor Sam hielten ihn noch davon ab, etwas zu tun, das er womöglich später bereuen würde.
„Ich will dass sie sich von meiner Verlobten fernhalten oder ich sehe mich gezwungen, ihren Vorgesetzten mal die Augen zu öffnen über den ach so geschätzten General O`Neill oder glauben sie ich weiß nichts von euren Air Force Regeln? Ich mach sie fertig O`Neill, das schwöre ich, wenn sie…"
„Pete, Herrgott noch mal! Wir gehen jetzt ins Schlafzimmer und reden und du wirst dich beruhigen. Es ist nichts passiert, rein gar nichts. Und es wird verdammt noch mal auch nie irgendetwas passieren. Du hast keinen Grund dich so aufzuregen. Er ist nur mein Vorgesetzter und sonst nichts, hast du verstanden?"
Ihr Finger bohrte sich hart in Pete´s Schulter und sie blickte ihn scharf an.
Jack war sich sicher, dass Carter wusste, wie sie ihren Verlobten wieder besänftigen konnte und dass sie alles tun musste, was notwendig war, um das zu erreichen, aber ihre Worte bohrten sich blutig in seine Seele und hinterließen ein tiefes Loch, dass mit nichts, aber auch gar nichts wieder zu füllen war. All die jahrelangen Versuche, sie sich aus seinem Herz zu schneiden, um genau das zu verhindern, was nun ein paar einzelne Worte ohne Umschweife anzurichten vermochten, erschienen ihm nun sinnloser denn je. Wie dumm war er gewesen, auch nur einen Moment lang zu glauben, zu hoffen, dass sie jemals mehr als nur Freundschaft oder Respekt für ihn hätte empfinden können.
`Er ist nur mein Vorgesetzter und sonst nichts.´
Niemals hätte Jack geglaubt, dass Worte mehr verletzen könnten als der Schuss einer Stabwaffe, aber Sam´s Worte brannten sich in ihn wie ein bösartiges Krebsgeschwür und zerstörten jegliche verbliebe Hoffnung, dass da jemals mehr zwischen beiden sein könnte als dieses oberflächliche Geplänkel.
„Machen sie sich keine Mühe Carter, ICH werde gehen."
Sam´s Blick schweifte sofort zurück zu Jack und sie wusste nur all zu genau, was jetzt in ihm vorging. Seine Augen verrieten ihn sofort, konnte sie ihn doch meist lesen wie ein offenes Buch nach all den Jahren des aufeinander Verlassens und sie bereute inständig jedes einzelne Wort, das soeben ihre Lippen verlassen hatte. Er war soviel mehr als nur ihr Vorgesetzter. Sie wusste, dass sie ihn zutiefst verletzt hatte und warum? Weil beide offenkundig absolut unfähig waren wie zivilisierte Menschen miteinander umzugehen, wenn es darum ging, die jahrelang unterdrückten Gefühle für einander mit Anstand dem jeweils andren gegenüber zu handhaben.
„Sir", flüsterte sie schwermütig als sie sich zwang nicht zu ihm zu laufen und ihre Arme um seinen Hals zu werfen.
„Ist schon okay Carter! Es ist besser so." Daniel löste seine Hand von Jack´s Brust und wartete bis sein Freund Hose und T-Shirt aufgehoben hatte. „Ich werde kurz ins Badezimmer verschwinden, Carter. Ich hoffe das ist okay", sagte er leise bevor er seinen Blick nochmals auf den Mann richtete, der ihm die letzte Hoffnung auf ein gemeinsames Glück mit Sam genommen hatte.
„Wenn Sie es wagen sollten, Carter´s Ruf zu schaden mit ihren wilden Anschuldigungen, werde ich ihnen jede Rippe einzeln brechen Shanahan. Ich hoffe wir haben uns da verstanden!"
„Halten Sie sich einfach nur fern von Sam und es gibt nichts zu befürchten, O`Neill. Ich werde nur sie ans Messer liefern, keine Sorge. Auch wenn es vielleicht ohnehin besser wäre, wenn Sam endlich aus ihrem Dunstkreis und dem dieses verdammten Berges verschwinden würde…."
Doch bevor er auch nur ein Wort mehr sagen konnte gruben sich Sam´s wütende Augen in ihren Verlobten und Jack wusste nur zu gut, dass er Sam´s wunden Punkt getroffen hatte. Für nichts und Niemanden würde diese Frau jemals ihre Karriere oder die Air Force aufgeben. Zu viele Jahre harte Arbeit musste sie dafür investieren, jeden Tag wieder und wieder beweisen zu müssen, dass ihre Leistung genauso viel wert war, wie die all ihrer männlichen Kollegen. Dies war nicht einfach irgendein ein Job für sie, sondern ihre Berufung und beileibe, sie war fantastisch und dieser Dummkopf konnte ihr Potential nicht mal im Ansatz erkennen, geschweige denn welche Ehre ihm zu teil wurde, überhaupt dieselbe Luft einatmen zu dürfen wie sie.
„Was redest du da Pete?"
„Ich rede davon, was du dir jeden Tag damit antust, wenn du für diese Leute dein Leben riskierst. Ich rede davon, dass ich dich heiraten will, eine Familie mit dir möchte und ich es leid bin, jeden Tag hier zu sitzen und zu hoffen, dass du es lebend nach Hause schaffst. Ich wünschte wirklich du könntest endlich sehen, dass es uns ohne diesen verdammten Job besser ginge. Sam, dir steht alles offen, warum zum Teufel muss es das sein? Ich brauche nicht sie stahlharte Karrieresoldatin Colonel Carter, ich will die Frau Sam Carter! Siehst du denn nicht Sam, was dieser verdammte Job aus dir macht, was diese Leute aus dir machen?"
Sam befreite sich aufgebracht von seiner Hand, die ihre Schulter hielt.
„Diese Leute, wie du sie nennst, sind meine Familie Pete! Hörst du dir eigentlich zu? Ich höre jedenfalls nur ich, ich, ich! Ich werde diese Diskussion nicht noch einmal führen und schon gar nicht jetzt und hier."
Sam war am Ende ihrer Geduld. Sie hatte wirklich gehofft, Pete käme mit der Herausforderung klar, die ein Leben an ihrer Seite von ihm abverlangte, aber in letzter Zeit begann sie mehr und mehr an ihrem Entschluss zu zweifeln, das Projekt „normales Leben" tatsächlich bis zum Schluss durchzuziehen. Sie wollte sosehr geliebt werden, sosehr gehalten werden, wenn sie abends nach Hause kam, dass ihr nicht in den Sinn gekommen war, was sie alles aufgeben musste, um das zu erreichen.
Pete konnte die Frustration deutlich spüren, die von ihr ausging, das Feuer in ihren Augen brannte und er beschloss, dass dies weder der richtige Zeitpunkt noch die richtige Gesellschaft für derlei Gespräche war. O`Neill war eine Gefahr für seine Beziehung, eine unbekannte Komponente, die er nicht einschätzen konnte, aber sein Einfluss auf Sam war groß und das gefiel ihm ganz und gar nicht. Die Frau, die er heiraten wollte, war mehr als er sich jemals zu träumen gewagt hatte, bildhübsch, charmant, humorvoll, überaus intelligent, viel mehr als ihm so manches mal zuträglich erschien und er konnte O`Neill´s Wunsch, sie für sich haben zu beanspruchen durchaus verstehen. Gott, welcher Mann wollte das nicht, aber eher würde die Hölle zufrieren, bevor er das zulassen würde.
Jack fühlte sich bestätigt in seinen schlimmsten Vermutungen während er den Disput seines 2IC mit ihrem zukünftigen Gatten verfolgte. Mag sein, dass er sie als Frau verloren hatte, vielleicht auch als Freundin, aber er würde nicht zulassen, dass dieses kleine Wiesel ihr ihren Traum, ihre Karriere zerstörte, nicht, wenn er es verhindern konnte.
Da Daniel seine Aufmerksamkeit nun auf Sam und Pete zu konzentrieren schien, zog er sich fast unbemerkt zurück und verschanzte sich in Sam´s Badezimmer. Er schlüpfte in seine Hose und zog sein T-Shirt über, beides noch immer bedeckt mit größeren Kaffeeflecken, die ihn bitter an die Szene erinnerten, die schließlich erst zu jenem Eklat geführt hatten. Dumm, O`Neill, einfach nur dumm, haderte er mit sich selbst. Was hast du dir dabei gedacht? Er sah kurz in den Spiegel und stellte mit Erleichterung fest, dass die Schlagkraft des jüngeren Mannes offenbar schwer zu wünschen übrig ließ, behielt aber doch im Auge zuhause vorsichtshalber einen Eisbeutel auf sein nur leicht schmerzendes Kinn zu legen.
Als er die Badezimmertür öffnete, wartete bereits ein bekanntes Gesicht auf ihn und er schreckte kurz auf, fing sich aber sofort wieder.
„Woah Teal´c, willst du dass ich an einem Herzinfarkt sterbe? Jetzt haben es die Goa´uld noch nicht geschafft, mich zu Fall zu bringen und nun willst du das erledigen?"
„O`Neill, geht es dir gut? Daniel Jackson hat mir von deiner Auseinandersetzung mit Detective Shanahan berichtet. Kann ich dir irgendwie behilflich sein?"
„Beim Anziehen T.? Schätze das hab ich schon allein geschafft, aber danke mein Freund", erwiderte Jack und klopfte dem stämmigen Jaffa auf die Schulter. "Mir geht's gut. Aber da ich vermute, wir würden hier im Moment ohnehin nur stören, schlage ich vor wir verschieben den Abend auf andermal. Soll ich dich mit zur Basis mitnehmen Teal´c?"
Der Jaffa nickte nur kurz und neigte seinen Kopf zur Seite, eine Geste die Jack im Laufe der Jahre immer mehr zu schätzen gelernt hatte.
„In der Tat O`Neill, das wäre überaus freundlich von dir. Daniel Jackson möchte auf seinem Weg nach Hause noch etwas erledigen und wollte sich von Colonel Carter verabschieden. Er befindet sich sicher bereits im Wohnzimmer mit Detective Shanahan. Samantha Carters Verlobter wirkte nicht unbedingt glücklich, als ich den Raum verlassen habe."
Jack zog die Autoschlüssel aus seiner Hosentasche und drückte sie ihm in die Hand, doch der Gesichtsausdruck seines langjährigen Freundes gefiel dem Jaffa ganz und gar nicht.
„Kannst du schon mal vorgehen T.? Ich hab da noch etwas zu erledigen?"
„Ist das zum jetzigen Zeitpunkt weise, O`Neill?"
„Ich schätze nicht Buddy, aber ich fürchte, es muss sein!"
Jack´s ernster Ton beunruhigte den ansonsten so besonnenen Jaffa und er hatte wirklich kein gutes Gefühl dabei, ihn noch einmal zu Colonel Carter gehen zu lassen, aber ihm war durchaus bewusst, dass man ihn kaum von etwas abhalten konnte, wenn sein Entschluss bereits gefasst war. O`Neill´s Ehrvorstellungen verlangten dies, etwas dass er durchaus nachvollziehen konnte.
Verhalten öffnete er die Tür zu Küche und war überrascht, sie dort wieder allein vorzufinden. Sie stand noch immer am Fenster in Gedanken versunken, ihre Arme fest verschlungen um ihren Brustkorb, das sie fast wirken ließ wie eine wunderschöne griechische Statue. Er betrachtete sie einen Moment lang, unzufrieden mit sich selbst und dem was er verursacht hatte. Mit dem Rücken zu ihm starrte sie weiter reglos in den Garten, die Sonne verschwand langsam hinter dem Haus der Nachbarn und warf einen langen Schatten auf ihre Silhouette. Sein Blick streifte über ihren schlanken geschmeidigen Körper, ihre makellose Haut, ihre schmale Taille und nein O`Neill, denk gar nicht erst dran, appellierte er an sich.
Sie hatte an Gewicht verloren, schon wieder und erst jetzt fiel es ihm auf. Ihre kurzen blonden Haare kräuselten sich um ihren Hals und legten die zarten Hautpartien ihres Nackens frei, als sich ihr Kopf nach vorn neigte und sich erschöpft in ihren Händen vergrub. Sie war angeschlagen, soviel stand fest. Die Auseinandersetzung hatte sie unverkennbar mitgenommen und sein schlechtes Gewissen hämmerte in ihm wie ein Vorschlaghammer auf einen alten Nagel. Sie wirkte zuvor schon länger abgekämpft und müde, etwas worüber er sich dringend mit Dr. Brightman unterhalten sollte, merkte er an. Die Bürden eines eigenen Kommandos hatten in den letzten Wochen zweifelsohne ihre Spuren hinterlassen, auch bei Miss Kick-ass Soldier höchstpersönlich.
Er zwang sich selbst aus seiner Starre zu erwachen, um zu ihr zu gehen und musste dem unnachgiebigen Drang widerstehen sie nicht sofort in seine Arme zu schließen und sein Gesicht in die samtweiche Haut ihres Nackens zu vergraben. Stattdessen legte er behutsam seine Hand auf ihre Schulter. Sam zuckte zusammen und drehte sich zu ihm. „Pete, ich…, begann sie, doch ihr Worte verstummten auf ihren Lippen, als sie sah, dass es nicht der Mann war, den sie erwartet hatte.
„General", hauchte sie ihm überrascht entgegen, mehr angedeutet als gesprochen, ihre Augen rot geschwollen, als sie mit ihrem Handrücken versuchte die letzten Beweise ihrer Schwäche von ihren Augen zu wischen. Sie hatte geweint. Etwas mit dem er so gar nicht umgehen konnte. Carter weinte niemals, es sei denn…. Der furchtbare Abend nach Dr. Fraiser´s Tod spülte sich gänzlich unerwünscht zurück in sein Gedächtnis, ein schwarzer Tag für Carter, Cassie, das SGC und die gesamte Air Force. Eine der besten Soldatinnen, deren Bekanntschaft er jemals die Ehre hatte zu machen, starb an jenem Tag und mit ihr ein Teil von Carter´s enthusiastischer Unbeschwertheit. Er konnte die nackte Angst in ihren Augen noch immer sehen, als sie ihn in seinem Quartier aufgesucht hatte an jedem unheilvollen Tag. Es war die Angst um ihn nach seiner Schusswunde und den bangen Minuten und Stunden, die sie um sein Leben gefürchtet hatte. Es war eine Angst die in ihm Mitleid hervorrief, aber auch eine ungeahnte Hoffnung aufkeimen ließ, dass ihre Gefühle für ihn vielleicht doch tiefer gingen als nur bloße Freundschaft und dass irgendwann die Zeit kommen würde, diese Gefühle endlich aus dem dunklen Raum zu holen, in dem sie sie vor Jahren zurückgelassen hatten. Dennoch wusste er nur allzu genau, dass es nichts an der Ausweglosigkeit ihrer beider Situation geändert hätte. Sie war Offizierin unter seinem Kommando. Punkt, Ende, Schluss!
„Carter! Ich…." Seine Finger rieben krampfhaft an seiner Stirn. „Es tut mir wirklich leid, was da vorhin passiert ist…. Ich…!"
„Nein Sir, es tut MIR leid", unterbrach sie ihn. „Pete hätte sie niemals schlagen dürfen!"
„Carter, verdammt noch mal! Hören sie endlich auf, sich dauernd zu entschuldigen für Dinge an denen sie keine Schuld trifft und schon gar nicht für das, was Shanahan getan hat. Davon abgesehen war ich derjenige, der sich benommen hat wie dummer Junge und uns erst in diese unmögliche Lage gebracht hat."
„Bei allem Respekt Sir, aber ich glaube, dass ich daran mindestens genauso viel Schuld trage."
„Nah Carter, ich will es nicht hören…", doch sie unterbrach ihn erneut.
„Gott Sir, alles, was ich wollte, war ein Stück Normalität. Eine normale Beziehung, Jemanden zu dem man heimkommen kann! Was kann so falsch daran sein? Was zum Teufel ist nicht in Ordnung mit mir?"
Ihre Stimme verstummte und Jack konnte deutlich sehen, wie sie sich bemühte die wieder aufkommenden Tränen zu unterdrücken und alles fühlte sich an wie eine bittere Wiederholung dessen, was er noch wenige Sekunden zuvor zu verdrängen versucht hatte.
Er bedeckte ihre Wange sanft mit seiner Hand und sein Daumen strich vorsichtig die einsame Träne weg, die ihrem Auge entwichen war.
„Sie wissen hoffentlich, dass normal nur ein andres Wort für langweilig ist?" Er lächelte sie an.
„Und wenn eines auf sie nicht zutrifft, dann ganz bestimmt das." Sein Zeigefinger legte sich sanft unter ihr Kinn und hob es, bis er in ihre funkelnden blauen Augen sehen konnte, die schönsten Augen der Welt, zumindest was ihn betraf.
„Ich hab Pete weggeschickt!" Für einen Moment herrschte Stille. „Ich kann ihn heut Abend einfach nicht mehr ertragen. Im Grunde hab ich immer gewusst, wie er über meinen Job denkt. Vielleicht habe ich die Wahrheit einfach nur zu lang verdrängt."
Ihr leises Schluchzen brach ihm das Herz und sie so unerwartet verletzlich zu sehen überwältigte die Vernunft, die ihm eigentlich laut und unmissverständlich zurief, jetzt besser zu gehen. Aber er tat das einzige, was er sich geschworen hatte, nicht zu tun. Doch egal, was auch immer er für sie empfand und wie sehr er damit zu kämpfen hatte, sich im Griff zu halten, sie waren Freunde und als Freund würde er für sie da sein, was auch immer da käme.
Er zog sie ohne weiter über das für und wider nachzudenken in seine Arme, presste ihren Kopf an seine Schulter und strich sanft mit seinen Fingerkuppen über ihr weiches Haar, das warm golden im Abendlicht schimmerte.
„Shht Carter, ist schon gut", flüsterte er und küsste ihr Haar.
"Niemand ist fehlerfrei, nicht einmal sie. Vielleicht sollten sie das endlich akzeptieren. Das Leben ist nicht perfekt und nicht alles funktioniert so reibungslos wie ihre heiß geliebten Alien Spielzeuge."
Ihre Lippen hoben sich vorsichtig und ein kleines Lächeln formierte sich auf ihren Lippen. Das Schluchzen verstummte langsam und er drückte sie noch ein wenig näher an sich, um sein Gesicht in ihrem Nacken zu vergraben und sich im betörenden Duft ihrer Haut zu verlieren. Erleichtert stellte er fest, dass dies scheinbar immer die gewünschte Wirkung bei ihr zeigte, als ihre Arme seinen Rumpf umfassten und sich fest um ihn schlangen, als hinge ihr Leben von ihm ab.
„Danke Sir", murmelte sie leise in sein T-Shirt, das mittlerweile nicht nur Kaffeeflecken beherbergte, sondern nun auch noch ziemlich nass war von den Spuren ihres kleinen Zusammenbruchs.
„Hmm Carter, ich denke, nun wäre ernsthaft der Zeitpunkt, dieses T-Shirt loszuwerden, also wenn sie vielleicht…ähm doch so nett sein könnten…."
„Sorry Sir, natürlich!"
„Ich werde ihnen sofort was von Dad´s Sachen bringen." Sie zog hastig ihre Arme zurück und Jack bereute sofort, dass er sie veranlasst hatte, sich von ihm zu lösen. Er vermisste ihre Nähe augenblicklich, vermisste den Duft ihrer Haare und die Wärme ihres Körpers, aber er musste sie gehen lassen, so wie er sie schon immer hatte gehen lassen müssen, wenn er nichts lieber getan hätte als sie für den Rest seines Lebens im Arm zu halten.
Sie verschwand im Flur und er beschloss nach seinen Freunden zu suchen, die er kurz darauf wie erwartet im Wohnzimmer vorfand, allerdings nicht im Aufbruch, sondern ausgelassen essend und trinkend.
„Uhm Jack", rief Daniel, als er seinen besten Freund ins Zimmer schlendern sah. "Pete ist wieder weg und Teal´c und ich haben kurzerhand beschlossen, zu bleiben. Es wäre eine Schande die Pizza verderben zu lassen." Daniel warf sein charmantestes Lächeln auf und reckte ihm ein Stück davon entgegen.
„Hm? Ich schwöre, kein Thunfisch!"
„Jupp, ich schätze, die hat jetzt Kühlschranktemperatur, oder?"
„Alles hat seinen Preis, Jack."
„Ja, wie könnte ich das leugnen…!"
-
Trotz aller Anfangsschwierigkeiten, schien der restliche Abend dank Pete´s promptem Verschwinden nun doch noch eine angenehm entspannende Wendung zu nehmen. Daniel hatte sich selbst zwingen müssen keine Fragen zu stellen über die mehr als kompromittierende Stellung in der er und Pete seine beiden besten Freunde vorgefunden hatte, doch es war deutlich genug, dass er jedwede weiter Störung dieses Abends schon allein damit verhindern wollte, dass er sich provokativ zwischen Sam und Jack auf´s Sofa gequetscht hatte, um von dort aus Gamekeeper spielen zu können. Teal´c beobachtete das seltsame Schauspiel aus sicherer Entfernung, nachdem er es sich in Sam´s altem Sessel bequem gemacht hatte und seine Beine auf dem dazugehörigen Hocker schwang.
Zu seiner vollen Zufriedenheit stellte Daniel fest, dass diese Strategie mehr als aufzugehen schien. Man saß gemütlich am Sofa und sah sich die nach Daniel´s Meinung einfach nur überflüssigen Simpson´s Folgen in Dauerschleife an, während Teal´c am andren Ende des Couchtisches nach all dem fortwährenden Gähnen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schon an schweren Kieferkrämpfe leiden musste. Einzig und allein sein ständiges Kauen beim Verzehr einer Jumbopackung Popcorn schien dies noch zu verhindern und brachte einen willkommenen Kontrast zu Bart, Marge und dem Rest der Zeichentrickfamilie.
Er riskierte einen vorsichtigen Blick neben sich und vernahm die mehr oder weniger unschuldigen Blicke, die sich Sam und Jack von Zeit zu Zeit zuwarfen, wenn beide annahmen Daniel war gerade anderweitig beschäftigt. Wie einfältig, dachte sich der junge Archäologe kurz, drehte sich zu Jack und prämierte ihn mit einem flüchtigen, aber prägnant warnenden Gesichtsausdruck.
Nichts wäre Daniel lieber gewesen, als zwei der drei wichtigsten Menschen in seinem Leben endlich so glücklich zu sehen, wie sie es längst schon verdient hatten, aber er kannte Sam in und auswendig und solange sie an der Beziehung zu Pete und diesem unsäglichen Wunsch nach Normalität festhielt wie an einer verlorenen Boye im Ozean, war das, was beide verband ohne Zweifel zum scheitern verurteilt. Sie war noch nicht bereit, doch er hoffte inständig, dass sie rechtzeitig erkennen würde, dass Pete nur ein trauriger Ersatz war für das, was sie sich selbst schon all die Jahre verweigerte. Im Job war Risiko Sam´s zweiter Vornahme, aber privat war sie ein Feigling. Beide hatten Angst, Jack vor der Zurückweisung und dem Schaden, dem er ihrer viel versprechenden Karriere unbestreitbar damit hätte zufügen können und Sam vor Veränderung, Verletzung und letzten Endes um das das, was aus ihnen allen werden würde, wenn, ja wenn sie diesen Gefühlen denn nachgeben würde. Die Kombination aus beidem schien so unüberwindbar wie ein Goa´uld Kraftfeld, eines das beide nun schon solang voneinander trennte, fast so als seien sie vor Jahren dort hängen geblieben auf den verschiedenen Seiten des Energiefeldes von Apophis´s neuem Mutterschiff. Daniel konnte nur hoffen, dass es beide eines Tages schaffen würden diese Angst zu überwinden, um endlich ihren Herzen zu folgen und ihre Prioritäten da zu setzen, wo sie wirklich hingehörten.
Einzig und allein das Piepen von Sam´s Handy störte die fast schon beklemmende Ruhe und Daniel lehnte sich etwas nach rechts, um einen Blick über ihre Schulter zu riskieren.
Pete, wer sonst, stellte er mürrisch fest.
`Es tut mir leid Darling, bitte lass uns darüber reden, ich will dich nicht verlieren, ruf mich an, ich liebe dich Pete.´
Daniel wusste genau, dass sie sein Spionieren bemerkt hatte, aber es schien ihr völlig egal zu sein. Wen hätte sich auch jetzt noch täuschen können? Pete hatte keine Zweifel daran gelassen, dass er sie am liebsten irgendwo in einem hübschen kleinen Büro mit akkurat gespitzten Bleistiften und einem Kaktus an der Ecke hätte sehen wollen, aber vor allem weit, weit weg von Jack. Doch wenn er Sam auch nur ansatzweise so lieben würde, wie sein älterer Freund es zweifelsohne tat, hätte er gewusst, dass Sam in solch einem Leben verkümmern würde wie eine Blume in der Wüste.
`Ich kann und will darüber heut nicht mehr reden, bitte versteh mich Pete. Ich hab morgen eine wichtige Mission vor mir. Ich bin in 2 Tagen wieder da, bitte lass uns dann reden, okay?´
Daniel sah sie zögern, ihre Lippen pressten sich auf einander und sie schien mit sich selbst zu kämpfen. Er kannte diese Mimik genau, war sie doch dabei, etwas zu tun, das sie nicht wirklich tun wollte, es letztendlich aber dennoch tat.
`Ich liebe dich auch Pete,
Sam.´
Ihre Finger stoppten über der Tastatur und plötzlich verstand Daniel ihr Zögern. Es war eine Lüge und sie wusste es. Gott Sam, warum tust du dir das an? Er wünschte sich nichts mehr, als das sie endlich aufwachte und sich das nahm, was sie tatsächlich wollte. Daniel legte seine Hand auf die ihre und drückte sie sanft. Ein kurzes Lächeln huschte über ihr Gesicht, als sie ihn ansah, still um Erlaubnis bittend. Er nickte nur und legte seinen Arm um ihre Hüfte, zog sie an sich bis ihr Kopf an seiner Schulter ruhte. Sie entspannte sich spürbar in den Armen ihres besten Freundes bis ihr ruhiger regelmäßiger Atem ihm bestätigte, dass sie eingeschlafen war.
„Ich werde bei ihr bleiben Jack", versicherte Daniel wenig später. "Ich werd sie ins Bett bringen, sonst kann sie sich morgen früh nicht mehr rühren, wenn ich sie hier liegen lasse."
Jack war froh, dass sie nicht allein war und Daniel würde mit Sicherheit dafür sorgen, dass es ihr gut ginge. Jack und Teal´c brachen kurz nach Mitternacht auf und Jack beschloss ebenfalls in der Basis zu übernachten. Er war todmüde und seine Augen brannten, sodass die Aussicht auf eine Fahrt nach Hause ihm an jenem Abend nicht mehr besonders reizvoll erschien und so ließ er sich entkräftet auf das Bett in seinem persönlichen Quartier fallen und schloss seine Augen.
