From Friends and Lovers – The Series ... Story 2
Dangerous Dreams
by Fu-Dragon
Summary: Teil 2 der FFaL-Series. Eine neue Designerdroge scheint die Runde zu machen. Die Menschen sterben alle im Schockzustand. Auch Cara beginnt sich äußerst seltsam zu verhalten. Doch wer oder was steckt dahinter?
Charaktere: Peter, Kermit, Caine, 101. Revier, OC Cara
Warnung: Erwachsenenszenen, Gewalt
oooooooooo
"Wow, ich kann es kaum glauben, es ist tatsächlich geschafft."
Cara sah sich mit offensichtlichem Stolz in dem Raum um. Ihr ehemals weißes Shirt war übersät mit Flecken und auch der Rest ihres Körpers sah nicht mehr wie aus dem Ei gepellt aus. Einzelne Haarsträhnen lösten sich aus ihrem Zopf und kringelten sich um ihr erhitztes Gesicht. Hände und Arme zierten unter der Schmutzschicht diverse blaue Flecken, doch das störte sie nicht.
Ihr Blick schweifte durch den gesamten Raum. Ein Lächeln glitt über ihr Gesicht. Sie konnte kaum glauben, wie schnell die letzten drei Monate vergangen waren. Kein Wunder bei dem, was sie in dieser Zeit erlebt hatte.
Ihr ehemals ruhiges und zurückgezogenes Leben hatte sich total verändert und dies alles nur durch eine Mail, die irrtümlich an sie geschickt worden war. Der Mann, für den die Nachricht bestimmt gewesen war, Kermit Griffin, hatte sie anfänglich sogar für eine Verbrecherin gehalten. Es stellte sich heraus, dass die Sing Wah, eine Verbrecherorganisation, hinter dem Buch von Shambhala her gewesen waren. Und ausgerechnet dieses Buch, inklusive Schlüssel, hatte sich in ihrem Besitz befunden.
Cara und Peter waren von den Sing Wah gekidnappt worden, was in ihr nicht gerade schöne Erinnerungen wach rief. Doch zum Glück waren sie von Kermit und Caine gerettet worden.
Dieses Erlebnis hatte einen einschneidenden Eindruck in ihrem Leben hinterlassen. Nicht nur wegen der Entführung, sondern weil das Ganze auch das Leben ihres Mentors, Derek Singer, gekostet hatte. Es tat Cara noch immer sehr weh, wenn sie daran dachte, dass dieser liebenswerte Mensch sinnlos getötet worden war.
Mr. Singer hatte sie als Alleinerbin eingesetzt und Cara hatte schwer mit sich gekämpft, weil sie nicht wusste, wie sie mit dem Erbe umgehen sollte. Ein Teil in ihr hatte danach geschrieen, einfach alles zu verkaufen und weiter zu ziehen, sich wieder zu verstecken, doch Peter war es irgendwie gelungen, sie vom Gegenteil zu überzeugen. So hatte sie beschlossen, Mr. Singers Laden in seinem Sinne weiter zu führen. Allerdings hatte sie das Antiquariat in eine Buchhandlung umgewandelt. Damit kannte sie sich besser aus und sie war sich sicher, dass Mr. Singer dem zustimmen würde, da er damals selbst schon mit dem Gedanken gespielt hatte.
Genau hier stand sie nun, ein paar Tage vor der Wiedereröffnung, inmitten ihrer Buchhandlung. Prüfend glitt ihr Blick durch den Raum. Die hintere Wand war herausgerissen, um den Verkaufsraum zu vergrößern. Den zusätzlichen Platz, den sie dadurch bekam, nutzte Cara dazu, um eine kleine Lesecke einzurichten. Sogar für eine Spielecke für die ganz Kleinen reichte es. Die Ecke lag etwas abgegrenzt vom eigentlichen Verkaufsraum und hob sich in bunten, hellen Farben vom Rest ab.
Der eigentliche Verkaufsraum war ganz in beige gehalten. Um die einheitliche Farbe etwas aufzulockern, hingen bunte Fantasiebilder von Drachen, Einhörnern und fremden Welten an der Wand, die den Betrachter, sofern er es wollte, ins Träumen bringen konnte. Die vielen Regale waren so geschickt angebracht, dass sie sich wie selbstverständlich in das bunte Szenario der Bilder einschmiegten. Mit Absicht waren die Regale nicht zu hoch gezogen, so dass alles sehr viel gemütlicher wirkte. Auch zwischen den großzügig angeordneten Regalen standen Tische und Stühle, an denen sich die Besucher unterhalten oder schmökern konnten. Wenn man ehrlich war, machte die Buchhandlung eher den Eindruck einer gemütlichen Bibliothek, doch das war genau das, was sich Cara wünschte. Dies sollte nicht nur ein reines Geschäft sein, sondern auch ein Treffpunkt für Jung und Alt. Natürlich vorausgesetzt, dass ihr Plan aufging und die Anwohner ihn auch annahmen.
Seufzend ließ sich Cara auf eine rote Couch sinken, die sie in eine Ecke gestellt hatte. Endlich war die Arbeit getan, zumindest das Putzen und der Ausbau. Morgen musste sie nur noch die Bücher in die Regale räumen und Kermit hatte ihr versprochen das Computersystem zu installieren. Damit war dann das Gröbste erledigt.
Nachdem nun die meiste Arbeit getan war, merkte sie erst wie schwer sich ihre Beine anfühlten. Sie konnte sich nicht überwinden, den Putzeimer weg zu räumen und beschloss einfach, ein paar Minuten auf der Couch sitzen zu bleiben und sich zu entspannen.
Ein Klopfen an der Türe lies sie die Augen verdrehen. Mit einem unterdrückten Stöhnen kam sie auf die Beine und schlurfte Richtung Eingang. Ein freudiges Lächeln erhellte ihr Gesicht, als sie den Besucher erblickte. Sie öffnete schnell die Türe. Peter trat, beladen mit einem großen Karton, in den Raum.
"Hi Cara, na wie geht's?", begrüßte er sie.
"Super, ich bin fertig."
Erstaunen machte sich in Peters Gesichtszügen breit. "Was jetzt schon? Mann, du musst geackert haben wie ein Pferd." Er grinste breit. "Man sieht es auch, der Raum sieht super aus. Du hast hervorragende Arbeit geleistet, aber wenn ich dich so anschaue..." Peter beendete den Satz nicht, er betrachtete sie nur von oben bis unten.
Cara errötete leicht, als ihr bewusst wurde, wie schmuddelig sie aussehen musste und wechselte schnell das Thema, bevor Peter sie weiter ärgern konnte.
"Was hast du denn in deiner Schachtel? Es duftet verführerisch."
"Ich dachte, ich bring uns eine Pizza mit. So wie ich dich kenne, hast du sicher den ganzen Tag nur geschuftet und nichts gegessen."
Cara senkte schuldbewusst den Blick. "Ich wollte eben fertig werden, aber nun da du es erwähnst: Ich habe tatsächlich einen Riesenhunger."
Peters Grinsen wurde noch breiter. "Worauf warten wir dann noch? Du gehst duschen und ich wärme inzwischen die Pizza auf. Kalt schmeckt sie mir nicht so besonders."
Cara warf ihm einen koketten Blick zu. "Peter, mein Lebensretter, was würde ich nur ohne dich tun?"
"Verzweifeln", lautete die kurze, aber prägnante Antwort, in der mehr Wahrheit steckte, als die junge Frau zugeben wollte.
Cara, die nicht wusste was sie darauf erwidern sollte, gab Peter einen spielerischen Schubs in Richtung Hinterzimmer. Er stolperte theatralisch einen Schritt nach vorne und folgte ihr dann. Einträchtig liefen sie nebeneinander die Treppen in den zweiten Stock hoch. Hier hatte Cara eine kleine Wohnung eingerichtet, nur für den Fall, dass sie einmal zu müde sein sollte, um nach Hause zu fahren. Peter ging geradewegs in die winzige Küche, um die Pizza in den Ofen zu schieben, und Cara beeilte sich unter die Dusche zu kommen.
Knappe zehn Minuten später kam sie in einem frischen buntbedrucktem Shirt und knappen Shorts zurück, die noch feuchten Haare hingen ihr offen über die Schultern.
Peter hatte es sich mit geschlossenen Augen auf der Couch gemütlich gemacht. Clumsy, ihr Kätzchen, das ihr Kermit geschenkt hatte, nachdem ihr Kater Benny ebenfalls von den Sing Wah umgebracht worden war, hatte es sich in Peters Schoß gemütlich gemacht.
Cara musste lächeln als sie die beiden so liegen sah. Peter wirkte so friedvoll und ruhig wie er so dalag, dabei wusste sie, dass er tief in seinem Inneren mit vielen Problemen zu kämpfen hatte.
In den letzten drei Monaten hatte sich eine tiefe Freundschaft zwischen ihnen entwickelt. Cara konnte nicht sagen wieso und warum, es war einfach passiert. Sie vertraute ihm vollkommen, etwas das sehr selten bei ihr war. Vielleicht lag es an dem Erlebnis in den Händen der Sing Wah, doch daran glaubte sie nicht so ganz. Eher wohl, weil sie seinen Schmerz, den er in sich trug, gut verstehen konnte, auch wenn er nicht darüber redete. Mit Caine, Peters Vater, verstand sie sich mittlerweile ebenfalls ganz gut, obwohl sie ihm am Anfang ziemlich skeptisch gegenüber gestanden hatte.
Cara hatte Peter geholfen, das Appartement im zweiten Stock im Hause seines Vaters auszubauen, nachdem Caine von seiner Reise nach Frankreich zurückgekehrt war. Dabei hatte sie eine Menge neuer Leute kennen gelernt. Die meisten waren Freunde vom Revier. Kermit kannte sie schon, dann gab es noch Skalany, Jody, T.J., Blake, Broderick, Chief Strenlich, Peters Schwestern Kelly und Caroline und sogar den Captain. Alle hatten Peter geholfen, das Appartement einzurichten, so dass es schneller als erwartet fertig geworden war.
Cara hatte die Zeit sehr genossen, es hatte sie von all den Ereignissen abgelenkt, mit denen sie noch immer Probleme hatte. Zugeben würde sie das allerdings nie. Nicht einmal gegenüber Peter oder Kermit. Einzig Caine schien zu ahnen, was in ihr vorging, denn er hatte sie schon mehrmals darauf angesprochen, ob sie nicht an seinem Unterricht teilnehmen wollte, was sie bis jetzt dankend abgelehnt hatte.
Nachdem Peters Appartement eingerichtet war, hatten sie begonnen, das ehemalige Antiquariat umzubauen. Cara hatte lange gebraucht, um sich dazu zu entschließen, doch nun war sie froh, es getan zu haben. Sie konnte stolz sein auf das, was sie bis jetzt geleistet hatten. Nun, da das ehemalige Antiquariat nicht mehr so aussah wie früher, konnte sie sich auch damit abfinden, jeden Tag in dem Geschäft zu stehen. Sie war sich sicher, hätte sie das Geschäft in seinem ursprünglichen Zustand gelassen, hätte sie das nicht gekonnt. Zu sehr schmerzte es sie, dass ihr Mentor Mr. Singer nicht mehr lebte. Sie war noch nicht einmal in der Lage gewesen das Appartement, das Mr. Singer bewohnt hatte, aufzulösen. So bezahlte sie weiterhin die Miete und hoffte, dass sie irgendwann die Kraft hatte, es zu betreten.
Cara verzog das Gesicht und schob schnell die unangenehmen Gedanken zur Seite. Sie ging sie in die Küche und holte die Pizza aus dem Ofen. Aus dem kleinen Küchenschrank holte sie Teller und Besteck.
Von dem Lärm aufgeschreckt, erwachte Peter mit einem Ruck. Clumsy warf er dabei fast von seinem Schoß. Das Kätzchen miaute leise und schaute ihn, wie es schien, strafend an.
"Oh, oh, da bin ich doch glatt auf deiner Couch eingeschlafen", meinte Peter und kraulte den Fellball entschuldigend hinter den Ohren.
Cara lächelte ihn an. "Hattest wohl einen harten Tag, was?"
Peter seufzte schwer, stand auf und nahm ihr die Teller ab, die er auf den Glastisch stellte.
"So kann man es sagen. Paps hat mich tüchtig in Kräuterkunde heran genommen und dann haben wir den restlichen Tag miteinander verbracht, uns in Kung Fu zu üben und die Patienten zu behandeln. Glaube mir, ich hatte keinen Moment Ruhe dazwischen. Wie Paps das immer schafft ist mit rätselhaft. Neben ihm komme ich mir ständig wie ein kleiner Schuljunge vor."
"Och, du armer, kleiner Peter du. Du tust mir ja so leid", neckte sie ihn mit einem breiten Grinsen. "Da siehst du eben, dass ein Brandmal noch lange keinen Priester abgibt. Du weißt: Man lernt nie aus."
Peter verdrehte die Augen. "Oh Mann, hör bloß auf. Du hörst dich langsam schon wie mein Vater an", beschwerte er sich.
Cara zog gekonnt die Augenbraue in die Höhe, eine perfekte Imitation von Caine, und setzte sich neben ihn.
"Jeder so, wie er es verdient, mein lieber Peter. Nach allem was du mir so erzählst, frage ich mich, wie du das alles geschafft hast, während dein Vater weg war."
"Da hatte ich Lo Si, der sich um die Patienten gekümmert hat. Ich weiß ja, dass ich in der Richtung noch einiges zu lernen habe."
"Apropos Lo Si. Weißt du schon, wann er wieder zurück kommt? Ich habe so viel von ihm gehört, dass ich ihn gerne kennen lernen möchte."
"Keine Ahnung. Lo Si scheint es bei seinen Verwandten gut zu gefallen. Er scheint noch keine Anstalten zu machen, zurückkommen zu wollen. Allerdings, du weißt wie es ist, plötzlich sind sie wieder da."
Cara ahnte, dass Peter bei diesen Worten an seinen Vater dachte, der damals, als es wirklich brenzlig wurde, wie aus dem Nichts aufgetaucht war und sie gerettet hatte. Peinlich berührt, dass sie dieses Thema wieder aufgeworfen hatte, streckte sie die Hand aus und griff nach einem Stück Pizza.
Sie hörte wie Peter neben ihr scharf die Luft einzog. Im nächsten Moment umschloss er ihr Handgelenk und drehte sie zu sich. Er ergriff auch ihren anderen Arm und schaute ihn sich an. Sanft strich er über die zahlreichen Schnitte und blaue Flecke.
"Wer hat dir das angetan?", erkundigte er sich mit düster zusammen gezogenen Augenbrauen.
Cara blickte ihn erstaunt an, im ersten Moment war ihr nicht klar auf was er hinaus wollte, dann kam die Erleuchtung. "Das war ich, Peter", meinte sie.
Fragend blickte er sie an. "Du? Ich wusste bis jetzt nicht, dass du einen Hang zur Selbstverstümmelung hast. Damit solltest du dringend Hilfe suchen."
Cara verdrehte entnervt die Augen, manchmal saß Peter auf der Leitung. Vor allem, wenn er in seinen 'ich beschütze meine Lieben', Modus fiel.
"Das habe ich sicher nicht, mein lieber, schwerfälliger Peter. Heute Nachtmittag sind die restlichen Bücherkisten angekommen, da habe ich wohl nicht immer aufgepasst. Außerdem sind das nur ein paar Kratzer, die verheilen schnell."
"Und du hast die schweren Bücherkisten ganz alleine herein geschleppt? Ich wünschte wirklich, du wärst ein wenig vernünftiger. Du hättest mich anrufen können, dann hätte ich dir geholfen. Die Teile sind viel zu schwer für dich."
"Ich hatte doch Hilfe. Zwei Kinder aus der Nachbarschaft sind zufällig vorbei gekommen und haben mir spontan geholfen. Außerdem hast du mir selbst erzählt, dass du heute sehr beschäftigt warst", verteidigte sie sich.
"Lass mich raten, liebste Cara. Das waren sicherlich Lucy und Linda, die beiden vierjährigen Zwillinge von Mrs. Sung. Du hast ihnen, da sie helfen wollten, zwei drei Bücher in die Hand gedrückt und den Rest selbst ins Haus geschafft", erwiderte er prompt.
Cara senkte den Kopf. Sie spürte wie heiße Röte in ihre Wangen stieg. Peter hatte den berühmten Nagel auf den Kopf getroffen. Sie saß da wie das personifizierte schlechte Gewissen.
"Dachte ich es mir doch", meinte der junge Shaolin grimmig. "Hast du dich sonst noch irgendwo verletzt? Gezerrte Muskeln, verrenkte Wirbel?"
Peter begann ihre Schultern und den Nacken abzutasten. Cara schnappte empört nach Luft.
"Hey, was soll das? Lass gefälligst deine Hände bei dir! Ich bin kein Kind mehr, Peter Caine und kann sehr wohl alleine beurteilen, ob mir etwas weh tut oder nicht!", rief sie aus.
Instinktiv hielt sie seine Handgelenke fest und zog sich ein wenig zurück. Peter ließ langsam die Hände sinken und starrte sie an.
"Ach? Dann benimm dich erstens nicht wie ein Kind und zweitens hast du eben zugegeben, dass du Schmerzen hast!"
"Nun mach bloß aus einer Mücke keinen Elefanten. Wenn ich sage es geht mir gut, dann geht es mir auch gut, verdammt noch mal. Warum bist du nur immer so herrisch und besitzergreifend?", explodierte nun Cara und sprang auf die Beine.
Wie ein Racheengel, mit in die Hüften gestemmten Händen, stand sie vor ihm und fixierte ihn mit einem lodernden Blick. Peter fuhr sich frustriert durch die Haare und atmete tief ein. Sie hatte ja recht, er hatte mal wieder eindeutig überreagiert. Sein Beschützinstinkt war nun mal sehr ausgeprägt.
"Schau mal, Cara, lass uns bitte nicht streiten. Es tut mir leid, okay?"
Sein Blick wirkte wie der eines traurigen kleinen Jungen und er verfehlte seine Wirkung auf Cara mal wieder nicht. So schnell, wie sie in die Luft ging, so schnell beruhigte sie sich auch wieder.
Schräg lächelnd nahm sie neben Peter Platz und meinte: "Okay, kein Streit. Schon gar nicht aus so einem blödsinnigen Grund. Tut mir leid, dass ich so in die Luft gegangen bin. Wir sind heute wohl beide ziemlich gestresst."
Peter erwiderte erleichtert ihr Grinsen und reichte ihr ein Stück Pizza. "Na komm, essen wir. Wird Zeit, dass wir beide etwas in den Magen bekommen, bevor die Pizza wieder kalt ist."
Eine halbe Stunde später, nachdem sie gegessen hatten, das Geschirr gespült war und Peter, trotz Caras Protest, ihre Arme behandelt hatte, saßen sie einträchtig dicht aneinander geschmiegt auf der Couch. Cara kuschelte sich an seine Schulter und Peter hatte den Arm um sie gelegt. Beide genossen das Gefühl der Nähe und ließen sich in ihren Gedanken treiben. Allerdings gelang es Cara immer weniger, ein Gähnen zu unterdrücken und auch Peter fielen immer wieder die Augen zu.
Schließlich meinte Cara: "So gemütlich das auch gerade ist, aber ich denke, ich werde jetzt nach Hause fahren. Ich bin hundemüde."
Peter hob ihr Kinn an und schaute ihr in die Augen. Er sah deutlich, dass sie mehr als nur müde war.
"Auf keinen Fall fährst du nach Hause. Du bleibst entweder hier, oder kommst mit zu mir. Du kannst ja kaum noch die Augen offen halten."
Cara rückte ein Stück von ihm weg und streckte sich wie eine Katze. "Also, so fit bin ich schon noch, dass ich die paar Minuten nach Hause fahren kann", entgegnete sie.
"Sorry, Süße, aber das lasse ich nicht zu. Am Ende schläfst du hinter dem Steuer ein und baust einen Unfall."
Cara verdrehte die Augen. "Hängst du schon wieder den großen Beschützer heraus oder wie? Ich bin erwachsen, falls es dir entgangen sein sollte."
Peter erhob sich und starrte von oben herab auf sie herunter. "Tut mir leid, Cara, aber in der Sache gehe ich keinen Kompromiss ein. Ich war lange genug Cop, um zu bemerken wie weit ein Mensch noch gehen kann oder nicht."
Cara sah ihm an, dass er es absolut Ernst meinte. Stur wie sie war, wollte sie aber nicht zugeben, dass er recht hatte und legte sich schnell einen Plan zurecht.
"Gut, okay du hast gewonnen", stellte sie ein wenig zu beiläufig fest. "Ich werde hier bleiben." *Bis du gegangen bist*, fügte sie in Gedanken hinzu.
Peter, der sie noch immer unauffällig beobachtete, stellte schnell fest, dass sie nicht die Absicht hatte hier zu bleiben. Das sagte ihm schon alleine die Art, wie sie es vermied, ihn direkt anzublicken.
"Cara, habe ich dir schon gesagt, dass ich es hasse, angelogen zu werden? Da kann ich wirklich böse werden und ich sage dir, du bist noch nicht zu alt, um von mir übers Knie gelegt zu werden", erwiderte er in einem Tonfall, der deutlich machte, dass er genau das meinte, was er sagte.
Cara schaute ihn mit aufgeklappter Kinnlade an. "Bitte was?"
"Du hast mich schon verstanden. Versuche nicht, mich hinters Licht zu führen lautet die Botschaft."
"Ich habe dich nicht angelogen", wehrte sie sich.
"Aber du hast mir auch nicht die ganze Wahrheit gesagt, das kommt einer Lüge gleich. Oder stimmt etwa nicht, was ich sage? Hast du es wirklich nötig, einen Freund hinters Licht zu führen?"
Der letzte Teil seines Satzes klang sehr traurig, so dass sich bei Cara sofort Gewissenbisse meldeten. Sie merkte, dass sie ihn damit verletzt hatte.
Cara ließ den Kopf hängen und erwiderte leise: "Tut mir leid, Peter. Stimmt, ich habe nicht die ganze Wahrheit gesagt, aber ich wollte dich damit sicher nicht verletzen."
Peter nahm ihr Gesicht in beide Hände und schaute ihr tief in die Augen. Diesmal wich sie seinem Blick nicht aus.
"Cara, ich verlange wirklich nicht viel von einer Freundschaft, aber eines der wichtigsten Dinge für mich sind Ehrlichkeit und Vertrauen. Ob du nun einen Teil der Wahrheit verschweigst oder nicht, das Ergebnis bleibt dasselbe und du hast das heute schon zum zweiten Mal gemacht. Ohne Ehrlichkeit kann auch kein Vertrauen existieren. Bitte, tu mir den Gefallen und tue mir so etwas nie wieder an. Du verletzt mich damit wirklich sehr, weil ich dich sehr gerne habe und ich um dich besorgt bin", sprach er eindringlich auf sie ein.
Sein ganzer Schmerz und Qual lagen in seinen haselnussbraunen Augen, es war gut versteckt, aber Cara bemerkte es dennoch. Sie wusste, dass er mehr als einmal im Leben von Menschen, denen er vertraut hatte, belogen und betrogen worden war. Teile seiner Lebensgeschichte fielen ihr wieder ein und ihr war sofort klar, woher das kam. Sie kam sich vor wie ein Schwein, weil sie es diesmal war, die ihn so verletzt hatte bzw. die unangenehme Erinnerungen in ihm geweckt hatte. Eine einzelne Träne lief ihr über die Wange. Peter wischte sie sanft mit dem Daumen ab.
"Es tut mir wirklich sehr, sehr leid Peter. Ich...ich...nach dem Tod meiner Eltern wollte ich, wie du weißt, meine Ruhe haben. Ich fing an die Menschen, die sich mir näherten anzulügen. Ich nahm zum Beispiel eine Einladung zur Geburtstagsfeier an und bin nie erschienen und solche Sachen. Wahrscheinlich ist mir das schon so in Fleisch und Blut übergegangen, dass ich mir gar nichts mehr dabei denke. Aber das Letzte, was ich auf dieser Welt will, ist, jemanden, den ich sehr gerne habe zu verletzen, doch genau das habe ich gerade getan. Ich verspreche dir, ich werde dich nie wieder wissentlich anlügen. Verzeih mir bitte."
Im nächsten Moment lag sie in seinen Armen. Peter drückte sie so eng an sich, dass ihr fast die Luft weg blieb. Cara konnte das Zittern in ihrem Körper nicht unterdrücken, als ihr plötzlich bewusst wurde, wie schnell eine Freundschaft auch wieder beendet sein könnte, wenn sie so weiter gemacht hätte. Ihre größte Angst war es, die Menschen zu verlieren, die ihr nahe standen. Sie hatte Jahre gebraucht, um überhaupt wieder jemanden an sich heran zu lassen und innerhalb von drei Monaten hatten es gleich drei Menschen geschafft ihr so nahe zu kommen. Peter, Kermit und Caine. Der Gedanke auch nur einen der Drei zu verlieren war schrecklich. Zumal Peter derjenige war, der ihr von allen am nächsten stand.
Sie ahnte nicht, dass ihre Gedanken im Moment wie ein offenes Buch vor Peter lagen. Durch die enge Umarmung bekam er jeden einzelnen Gedanken von ihr so deutlich mit, als hätte sie laut geredet. "Schon gut", flüsterte er ihr ins Ohr.
Der junge Shaolin hielt sie weiter fest, schloss die Augen und versuchte, ihr von seiner Ruhe etwas abzugeben. Wie schon so oft wunderte es ihn, wie empfänglich sie für seine Ströme war. Er wartete geduldig bis ihr Zittern aufgehört hatte, bevor er sie aus seinen Armen entließ.
Zärtlich strich er ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht und meinte leise, da er spürte, dass sie nicht alleine sein wollte: "Zeit für dich ins Bett zu gehen, Kleines. Hast du was dagegen, wenn ich heute Nacht auch hier bleibe? Ich fürchte, ich bin ebenfalls zu müde, um noch Auto zu fahren. Ich kann ja auf dem Boden schlafen."
Cara nagte nachdenklich an ihrer Unterlippe. Man konnte ihr ansehen, wie sie mit sich kämpfte, schließlich meinte sie: "Unsinn, das brauchst du nicht. Das Sofa ist ausziehbar und groß genug für uns beide. Solange du versprichst anständig zu sein."
Peter war froh, dass Cara einen Anflug von Humor zeigte. Theatralisch hob er die Hände hoch und erwiderte in absolut unschuldigem Ton: "Ich bin doch immer anständig."
"Ja, ja, aber nur wenn du schläfst", murmelte Cara.
Peter zog sie an sich und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn. "Und genau das habe ich vor, holde Maid", bemerkte er grinsend.
Cara grinste nun ebenfalls und streckte sich. "Gut, dann ziehst du jetzt die Couch aus und ich hole die Bettwäsche, die ich gestern zum Glück mitgebracht habe."
Knappe fünf Minuten später war alles erledigt. Peter hatte sich bis auf seine Boxershorts ausgezogen, um es gemütlicher zu haben. Cara blieb so wie sie war. Sie schlüpfte an das eine Ende der Couch. Peter legte sich neben sie, ohne, dass er sie berührte und zog die Decke über sie beide hinauf. Cara löschte das Licht.
"Gute Nacht Peter."
"Gute Nacht, Cara, träum was schönes."
"Du auch."
Dann wurde es still.
Anfang Traumsequenz
Schatten mit rotglühenden, todbringenden Augen, die sich aus den dunklen Ecken lösen. Dichter Nebel wabert über den Boden, verschluckt alle Geräusche. seltsame Kreaturen kommen immer näher...mit Klauen bestückte Hände kriechen aus dem Nebel hervor, versuchen sie zu packen und in den aus Feuer bestehenden Abgrund zu reißen...heißer Atem wie aus der Hölle, der gegen ihr Gesicht streicht und ein höhnisches Gelächter...die Schattenwesen kommen immer näher...eine Klaue bohrt sich wie ein glühendes Messer in ihre Schulter...sie schreit vor Schmerz...immer mehr Klauen, die sich in ihre Haut bohren...der Schmerz wird unerträglich...die scharfen Krallen reißen ihr die Haut in Fetzen vom Körper...immer dichter wird der Kreis der Schattenwesen, nimmt ihr die Luft zum atmen...der Abgrund erweitert sich...ein monströser, abstoßend hässlicher Kopf taucht aus der Tiefe des Feuermeeres auf...ein riesiges Maul öffnet sich...Zähne scharf wie Dolche blitzen trotz der Dunkelheit auf...Flammen jagen aus dem weit aufgerissenen Rachen... sie schreit und schreit...
Ende Traumsequenz
"Cara, Cara! Um Himmels willen wach auf!"
Eine tiefe, besorgte Stimme drang durch die Dunkelheit. Hände hielten ihre Schultern umfasst und schüttelten sie. Jemand schrie. Sie schrie.
"Wach auf... Sofort!"
Die Stimme duldete keinen Widerspruch, durchbrach die Barriere, welche sie im Griff hielt. Mit einem letzten Schrei kam Cara zu sich und setzte sich kerzengerade auf, die Hände vors Gesicht geschlagen.
"Bitte nicht, nein, bitte nicht", wimmerte sie in den Nachwehen des Alptraums.
Eine Stimme flüsterte dicht an ihrem Ohr: "Scht, schon gut, du hast geträumt. Ich bin hier, es kann dir nichts passieren."
Starke Arme schlossen sich um sie und zogen ihren zitternden Körper in eine beschützende Umarmung. Jemand wiegte sie wie ein kleines Kind hin und her, strich in stetigem Rhythmus über ihre Haare und ihren Rücken. Beruhigende Worte wurden ihr zugemurmelt.
Es dauerte lange, bis Cara dem schrecklichen Alptraum soweit entrinnen konnte, dass sie die Umgebung und den Mann, der sie in den Armen hielt, wahr nahm und auch das Denken wieder einsetzte. Sie war nicht länger in diesem schrecklichen Szenario gefangen, sondern befand sich in ihrer Zweitwohnung und der Mann, der sie so beschützend in den Armen hielt war Peter.
Unangenehm berührt machte sie Anstalten sich aus Peters Armen zu befreien, welcher sie auch sofort los ließ. Haselnussbraune Augen ruhten besorgt auf ihrem Gesicht, beobachteten jede Bewegung von ihr.
Cara sagte das erste, was ihr einfiel, um seinem sezierenden Blick zu entkommen: "Sorry, ich muss ganz dringend ins Bad."
So schnell sie konnte kletterte sie über Peter, der keinerlei Anstalten machte, seine langen Beine zur Seite zu drehen und flüchtete sich regelrecht ins Badezimmer. Mit zitternden Knien lehnte sie sich gegen die geschlossene Badezimmertüre und drückte ihren Kopf gegen die kühlen Kacheln. Ein paar Mal tief durchzuatmen half ihr, ihre Beherrschung wieder zu erlangen. Ihr war klar, dass sie sich nicht allzu lange hier aufhalten konnte, ohne dass Peter nach ihr schaute. Daher ging sie schnell zum Waschbecken und ließ sich kaltes Wasser sowohl über die Handgelenke, als auch über das Gesicht laufen. Sie strich sich die feuchten Locken aus dem Gesicht und trocknete sich mit dem Handtuch ab.
Mit einem letzten tiefen Atemzug öffnete sie die Türe und machte sich auf den Weg ins Wohnzimmer, dabei kam sie sich vor, als ob sie den Gang zum Schafott antreten würde. Sie ahnte, dass Peter nachhaken würde und sie hatte ihm versprochen ihm immer nur die Wahrheit zu erzählen.
Cara irrte sich nicht. Peter saß auf der Couchkante, die Decke über seine nackten Beine gezogen. Der Blick, den er ihr zuwarf war unergründlich, zumindest für sie. Leise seufzend fügte sie sich in ihr Schicksal und nahm neben ihm Platz. Sie konnte ihm nicht in die Augen schauen, starrte nur auf ihre Hände, die ihr plötzlich wahnsinnig interessant erschienen.
Ihr Verhalten sagte ihm schon alles, was er wissen musste. Er kannte die Anzeichen nur zu genau, denn er wurde selbst von Alpträumen geplagt, die ihn oft nächtelang nicht schlafen ließen.
"Wir sollten reden", eröffnete er leise.
Cara gab ihm keine Erwiderung, plötzlich schämte sie sich sehr.
Peter sprach weiter: "Ich nehme an, es was nicht dein erster Alptraum?"
Cara nickte nur. Sie konnte gar nicht mehr zählen, wie oft sie dieser Alptraum heimgeholt hatte. Allerdings war er seltener geworden und da sie ihn schon seit mehreren Tagen nicht mehr geträumt hatte, hatte sie angenommen es würde heute Nacht auch nicht passieren.
"Willst du mir erzählen, was du geträumt hast?" Seine Stimme drückte nichts anderes als Sorge aus.
Wiederum schüttelte sie den Kopf. Peter überbrückte den Abstand zwischen ihnen, saß nun direkt neben Cara, die zusammen zuckte, als sein Schenkel den ihren berührte. Im Moment meinte er in einen Spiegel zu schauen. Genauso hatte er sich als Teenager auch benommen, als er von Alpträumen geweckt wurde und Paul mit ihm darüber reden wollte.
"Na komm schon, schau mich wenigstens an, wenn ich mit dir rede. Ich bin einer von den guten Jungs, schon vergessen?"
Cara hob im Zeitlupentempo den Kopf. Sie wagte es nicht, sich seinem milde geäußerten Befehl zu widersetzen. Peter kannte die Qual, den Horror und den Schmerz gut, der ihm nun entgegen strahlte.
"Seit wann hast du diese Alpträume und wie oft kommen sie vor?"
Ihre Augen nahmen einen bittenden Ausdruck an. "Peter, ich bin wirklich sehr müde", gab sie lahm zurück.
"Willst du wieder einschlafen und denselben Alptraum haben?", erkundigte er sich nun hart.
Cara zuckte zusammen, als ob er sie geschlagen hätte, daran hatte sie nicht gedacht. Normalerweise schlief sie auch nicht mehr, wenn so ein Alptraum sie heimsuchte, aber das war die erste Ausrede, die ihr eingefallen war. Mit einem leisen Seufzen ergab sie sich in ihr Schicksal. Sie merkte Peter deutlich an, dass er keine Ruhe geben würde, bevor er nicht seine Antworten erhalten hatte.
"Seit drei Monaten", erwiderte sie leise. So leise, dass er sie kaum verstand.
Peter zog scharf die Luft ein. Das war exakt der Zeitraum, der vergangen war, seit sie von den Sing Wah gekidnappt worden war.
"Und was träumst du?" erkundigte er sich heiser.
Sie fing erneut zu zittern an. "Peter, bitte entschuldige, aber darüber will ich nicht reden. Außerdem kann ich mich hinterher nur meist ziemlich bruchstückhaft an alles erinnern."
"Ist es immer derselbe Traum?"
"Ja, er ist immer gleich."
"Und wie oft hast du ihn geträumt?"
Cara zog die Knie an und umschlang sie mit ihren Armen. Ihr Kinn legte sie auf ihre Knie, sie konnte ihn nicht länger anschauen.
Es brach alles wie eine Welle aus ihr heraus: "Am Anfang, die ersten Tage nach der Entführung ging es mir noch gut, doch dann fing es an. Die ersten paar Male als es passierte, erwachte ich schreiend und fand mich meist auf dem Fußboden meines Zimmers wieder. Ich konnte mich nicht an die Träume erinnern, war nur so total verängstigt, dass an Schlaf gar nicht mehr zu denken war. Zuerst kamen sie fast in einem bestimmten Rhythmus. Alle drei Tage konnte ich davon ausgehen, dass ich einen hatte, doch dann wurde es mit der Zeit weniger..."
"Und wie oft ist es jetzt?"
"So einmal die Woche, damit kann ich leben."
"Und du kannst dich noch immer nicht erinnern?"
"Doch, das sagte ich vorhin schon. Allerdings nie an den ganzen Traum, immer nur an Bruchstücke, aber wenn ich die alle zusammen füge, dann habe ich sicherlich den gesamten Traum."
"Erzählst du ihn mir?"
Cara schaute hoch, soviel Terror lag in ihren Augen, dass es Peter schon fast leid tat, ihr schon wieder die Frage gestellt zu haben.
"Peter, bitte versteh, ich kann ihn dir jetzt nicht erzählen. Vielleicht später irgendwann, aber nicht jetzt."
Peter konnte nicht anders und legte tröstend den Arm um ihre Schultern. Er freute sich, dass sie diesmal nicht zurück zuckte.
"Schon gut, Cara, ich will dich nicht dazu zwingen. Wir haben auch später noch jede Menge Zeit, um darüber zu reden", erwiderte er leise.
Cara nickte zustimmend. "Wenn die Erinnerung nicht mehr so frisch ist, dann werde ich ihn dir erzählen, okay?"
"Einverstanden. Aber etwas an der ganzen Sache macht mich ziemlich traurig Cara."
Überrascht schaute sie ihn an. "Und das wäre?"
"Dass du mir nicht soviel vertraut hast und schon früher zu mir gekommen bist. Warum hast du mir nichts gesagt, Cara? Du weißt, dass ich dir helfen kann."
Seine Worte, vor allem mit diesem traurigen Unterton in der Stimme, trafen Cara vollkommen unvorbereitet und schon wieder spürte sie, wie Tränen in ihre Augen stiegen.
"Peter, das hat nichts mit Vertrauen zu tun. Als ich damals bei euch war, habe ich gemerkt, dass du mit allem auch ziemlich beschäftigt warst und ich wollte dich nicht noch zusätzlich mit meinen Problemen belasten. Außerdem wollte ich bei dir keine unangenehmen Erinnerungen wecken, und ich hatte das Gefühl, dass ich genau das tun würde und heute wohl auch getan habe. Du weißt, das Letzte was ich will, ist dir in irgend einer Art und Weise Schmerz zuzufügen, darum habe ich nichts gesagt. Ich war der Meinung, auch alleine damit zurecht kommen zu können."
Peter konnte nur den Kopf schütteln. Ihre Aussage erwärmte sein Herz auf der einen Seite, auf der anderen Seite ärgerte er sich, dass sie sich ihm nicht früher anvertraut hatte. Peter zog sie noch ein wenig näher und küsste sie auf die Stirn.
Das Kinn auf ihren Kopf gestützt schalt er sanft: "Das ist das dümmste und zugleich liebste, was ich seit langem gehört habe, Kleines. Du musst wirklich noch viel über Freundschaft lernen, meine Süße. Bitte merke dir ein für allemal: Du kannst jederzeit auch dann zu mir kommen, wenn es dir schlecht geht. Ich bin kein 'Gute Laune'-Freund, sondern ich bin auch für dich da, wenn du Probleme hast. Freude kannst du mit jedem teilen, aber ein wahrer Freund ist, wer auch die schlechten Zeiten mit dir durchsteht und dazu bin ich jederzeit bereit, du kleines Dummerchen du."
Cara ließ beschämt den Kopf hängen. "Es tut mir leid", wisperte sie.
Peter verdrehte die Augen. Er schob sie ein wenig weg von sich, ergriff ihre Hände und bat sie, ihm in die Augen zu sehen. Dann sprach er eindringlich: "Cara, ich will, dass du mir jetzt ganz genau zuhörst. Erstens: Du musst dich niemals und bei niemandem für etwas entschuldigen, was du für dich als eine Entscheidung getroffen hast, egal wie dumm oder intelligent sie ist.
"Zweitens und da bitte ich dich gut darüber nachzudenken: Das was bei den Sing Wah geschehen ist, ist schwer zu verkraften. Vor allem für ein zierliches, kleines Ding wie dich, das von dem, was dort geschah, keinerlei Ahnung hat. Gut, ich gebe zu, ich habe auch nicht alles genau verstanden was da abgelaufen ist, aber ich habe schon Dinge erlebt, die du mir wahrscheinlich nie glauben würdest. Deshalb komme ich mit diesen Dingen auch wesentlich besser zurecht als du.
"Ich will dir jetzt einen Vorschlag machen: Ich will dir helfen, diesen Alpträumen bei zu kommen und ich kann es auch! Aber das geht nur, wenn du freiwillig meine Hilfe annimmst und nicht dauernd im Hinterkopf hast, dass du mich mit etwas verletzen könntest. Ich würde dir vorschlagen, dass du der Bitte meines Vaters, mit uns zu trainieren, nachkommst. Ich kann dir neben Kung Fu z.B. auch Meditation beibringen und noch einiges mehr. Du wirst sehen, je mehr Einsicht du in diese Dinge hast, desto besser wirst du auch verstehen. Was sagst du zu meinem Vorschlag...ähem...ich meine, du kannst es dir natürlich in Ruhe überlegen, ob du meine Hilfe und die meines Vaters annimmst oder nicht. Ein Wort genügt."
Eine lange Pause entstand, während Peter einfach nur ihre Hände hielt und ihrem forschenden Blick stand hielt. Er konnte förmlich sehen, wie es in ihr arbeitete.
"Meinst du, ich habe überhaupt Talent dazu das alles zu lernen?", kam die unerwartete Frage.
Peter schenkte ihr sein charmantestes Lächeln. "Wenn nicht du, wer dann? Du bist so sensibel, scharfsinnig und feinfühlig, dass ich denke du wirst keine Probleme haben, alles zu begreifen und zu erlernen. Außerdem kennst du dich ja schon bestens mit kryptischen Phrasen aus. Vielleicht gelingt es dir ja sogar mal, meinen Vater auszutricksen, aber gib mir vorher Bescheid, damit ich an diesem Triumph auch teilhaben kann."
Peters Worte brachten Cara zum Kichern, das sich zu einem Lachen steigerte. Froh über ihre Entscheidung stimmte er mit ein. Das Lachen reinigte die Luft, nahm dem Raum die Spannung, die die ganze Zeit fühlbar gewesen war.
Nach wenigen Augenblicken wurde sie wieder ernst und flüsterte: "Bitte hilf mir Peter."
Es waren die Worte auf die der junge Shaolin schon die ganze Zeit gewartet hatte. Anstelle einer Antwort breitete er die Arme aus und sie flog förmlich in seine Umarmung. Eine Weile hielt er sie nur fest, bis er merkte, dass auch der letzte Rest Anspannung ihren Körper verlassen hatte, dann meinte er: "So und wir fangen jetzt gleich mit der ersten Lektion an."
Sie befreite sich aus seiner Umarmung und schaute zu ihm hoch. "Und die wäre?"
"Wir gehen wieder schlafen, damit wir morgen fit sind."
Angst überzogen ihre Gesichtszüge. "Das ist kein guter Vorschlag, Peter, ich will... kann nicht wieder schlafen." Ihr ganzer Körper versteifte sich.
Peter blickte sie eindringlich an. "Vertraust du mir, Cara?"
Sie zögerte keine Sekunde. "Ja, natürlich."
"Dann vertrau mir auch damit. Ich verspreche dir, dass dich heute Abend kein weiterer Alptraum heimsuchen wird und nun ab ins Bett, mir wird nämlich langsam kalt."
Ohne Widerrede kletterte Cara zurück an ihren Platz. Peter legte sich mit einem Seufzen zurück. Er drehte sich so, dass er sie anschauen konnte.
"Möchtest du nicht zu mir rutschen?", fragte er.
Caras Augen wurden groß. Sie konnte sich gar nicht mehr daran erinnern, wann sie das letzte Mal geschlafen hatte und ein Mann sie dabei in den Armen hielt. Die Verlockung war groß, zumal sie Peter vertraute und wusste, dass er keine Hintergedanken dabei hatte. Sie nickte langsam.
"Na dann komm her, Lektion Nummer eins beginnt."
Cara wurde nun doch etwas misstrauisch. Etwas zögerlich überbrückte sie den Abstand und ließ sich von Peter an seine Schulter ziehen. Er wartete geduldig, bis sie eine bequeme Position gefunden hatte.
"Okay, und nun will ich, dass du dich nicht erschreckst, wenn ich mit meiner Hand unter dein T-Shirt greife. Ich tue das nur, damit du in Ruhe schlafen kannst. Es jetzt zu erklären, wieso und warum würde zu weit führen. Und dann möchte ich, dass du deine Augen schließt und versuchst, dich so gut es geht zu entspannen. Ich verspreche dir, es wird dir heute Nacht absolut nichts mehr geschehen."
Cara nickte an seiner Brust und erwiderte unsicher. "Ich werde mein Bestes geben."
Peter lachte leise, als er diese Erwiderung hörte und versetzte neckend: "Weniger erwarte ich von meiner Lieblingsschülerin auch nicht."
Als Peter die Hand unter ihr T-Shirt schob, zuckte sie zusammen. "Uh, du hast aber kalte Hände", beschwerte sie sich.
"Die werden gleich warm, keine Sorge", gab er zurück.
Er legte seine Hand zwischen ihre Schulterblätter, direkt dahin wo ihr Rückgrat lag und zog sie noch ein wenig näher an sich. Cara meinte einen Stromschlag bekommen zu haben, so heftig war ihre Reaktion auf seine Berührung. Innerhalb von einer Sekunde breitete sich eine Gänsehaut auf ihrem Rücken aus.
"Pscht, es ist alles in Ordnung, schließ nun deine Augen und atme tief ein und aus, damit entspannst du am besten.", wisperte Peter beruhigend.
Cara tat wie ihr geheißen wurde. Es dauerte nicht lange und sie spürte wie sich eine wohlige Wärme, ausgehend von Peters Hand auf ihrem Rücken in ihrem Körper ausbreitete, die sie immer mehr entspannen lies. Bald fielen ihr ohne ihr zutun die Augen zu und sie driftete in den bitter benötigten Schlaf.
Kaum bemerkte Peter ihre tiefen Atemzüge, da erlaubte er sich ebenfalls seine Augen zu schließen, in der Gewissheit, dass Cara zumindest heute von ihren Alpträumen verschont bleiben würde.
Teil 2
Früh am nächsten Morgen parkte Kermit seine Corvair vor Caras Laden. Ihr Wagen stand schon vor der Türe, deshalb nahm er an, dass sie schon bei der Arbeit war. Da er heute frei hatte, hatte er ihr mitgeteilt er würde so gegen Acht Uhr erscheinen und jetzt war es schon fast halb Neun. Er lächelte leicht. Auch Ex-Söldner konnten mal verschlafen.
Kermit stieg aus und schlenderte zur Türe. Dort stellte er fest, dass in dem Laden noch kein Licht brannte. Achselzuckend klopfte er einmal zur Vorsicht. Alles blieb ruhig. Ihm fiel ein, dass sie ihm gesagt hatte, dass sie ihn eventuell nicht hören würde, wenn sie im oberen Stock beschäftigt sei, daher benutzte er den Schlüssel, den sie ihm gegeben hatte.
Kermit schloss auf und trat in den dunklen Raum. Da genügend Licht durch die Fenster schien fiel es ihm, trotz seiner obligatorischen Sonnenbrille, nicht schwer sich zu orientieren. Ohne einen Laut zu verursachen stieg er die Treppe in den zweiten Stock hinauf. Anstandshalber rief er auf halber Höhe: "Cara, ich bin da."
Keine Antwort. Kermit dachte sich nichts dabei, sie hatte gestern am Telefon etwas von Frühstück erwähnt. Wahrscheinlich war sie beim Bäcker und holte Brötchen.
Wenn er ehrlich war, freute er sich darauf, den Tag mit Cara verbringen zu können. Sie war eine der wenigen Frauen, die sich von ihm nicht einschüchtern ließen, selbst wenn er schlechte Laune hatte. Zugegeben, am Anfang hatte sie auch Angst vor ihm gehabt, wie fast alle Menschen. Er brauchte nur den richtigen Blick aufzusetzen und sie flüchteten. Doch nachdem sie einige Dinge zwischen ihnen ausgearbeitet hatten, hatte Cara ihn schlicht so akzeptiert wie er war. Mittlerweile machte sie sich sogar einen Spaß daraus ihn zu necken, wenn er versuchte sie einzuschüchtern.
Das einschneidendste Erlebnis war das gewesen, als er ihr das kleine Kätzchen Clumsy geschenkt hatte. An jenem Abend war etwas zwischen ihn passiert, was er nicht in Worte fassen konnte, doch es hatte ihre Freundschaft besiegelt. In ihrer Gegenwart konnte er sich einfach so geben wie er war und das genoss er ungemein. In seinem Leben gab es nur wenige Menschen, bei denen er sich so wohl fühlte wie bei ihr und wusste, dass er nichts vorspielen musste.
Da es noch nicht nach Kaffee roch, beschloss er schnell einen aufzubrühen. Bis dahin würde Cara sicherlich auch wieder zurück sein. Ein leises Maunzen begrüßte ihn auf der mittleren Treppenstufe. Kermit lächelte und bückte sich, um das kleine Fellbündel hochzuheben. Kermit kraulte die Katze am Kinn, was sie mit einem für ihren kleinen Körper ziemlich lautem Schnurren belohnte.
"Na Clumsy, wo ist denn deine Besitzerin?", fragte er lächelnd.
Das Kätzchen blickte ihn mit seinen großen blauen Augen an, leckte ihm einmal kurz über die Hand und sprang dann auf den Boden herunter. Mit hoch erhobenem Schwanz lief sie vor ihm her und drehte sich einmal nach ihm um, als wolle sie sicher sein, dass er ihr folgte.
Kermit schüttelte leicht verwundert den Kopf. Cara hatte recht, wenn sie meinte, die Katze würde jedes ihrer Worte verstehen. Zumindest schien es so zu sein. *Nein*, rief sich Kermit zur Raison und verdrängte den Gedanken schnell. Sicher hatte das kleine Ding nur Hunger und wollte, dass er ihr in die Küche folgte, um ihr eine Dose Katzenfutter zu öffnen.
Der Detective betrat das Wohnzimmer und hielt mitten in der Bewegung inne. Das Bild, das sich ihm dort bot traf ihn vollkommen unerwartet. Auf der ausgezogenen Couch lagen Cara und Peter, in, wie es ihm schien, enger Umarmung. Die Decke war bis zu ihren Hüften herunter gerutscht und eines von Peters nackten Beinen lugte unter der Decke hervor. Cara lag mit dem Oberkörper auf Peters ebenfalls nackter Brust. Ihr Shirt war in die Höhe gerutscht und entblößte ihren verführerischen Rücken, um den Peter beide Arme geschlungen hatte.
Kermit schluckte schwer, damit hatte er nun wirklich nicht gerechnet. Ein lange nicht mehr gekanntes Gefühl machte sich in seinem Körper breit, er konnte es kaum glauben. Es war Eifersucht. Kermit musste sich sehr zurückhalten, um nicht einfach zur Couch zu marschieren und Peter von Cara weg zu zerren. Ein wildes Feuer glomm in seinen Augen, das zum Glück wegen der Sonnenbrille nicht sichtbar war. Sicher war für ihn in diesem Moment nur eines: Er wollte Cara von Peter weg haben und das so schnell als möglich, bevor er doch noch seine Beherrschung verlor.
Er beschloss, es auf die harte Tour zu machen. Immerhin hatte er dann die Genugtuung zu sehen, wie die Beiden reagieren würden, wenn man sie auf frischer Tat ertappte. Mit wenigen Schritten überbrückte er die Entfernung zur Couch und rüttelte Peter nicht gerade sanft an der Schulter.
"Hey, ihr zwei, wollt ihr nicht endlich auch aufstehen, der Tag hat schon lange angefangen", sagte er laut.
Peter murmelte etwas, was er nicht verstand, versuchte automatisch die schüttelnde Hand abzuwehren, so wie man eine lästige Mücke abwehrte und öffnete verschlafen die Augen.
"Morgen Kermit, was machst du denn hier?", lautete seine wenig charmante Begrüßung.
"Ich sollte wohl eher DICH fragen was DU hier auf der Couch machst", entgegnete Kermit noch eine Nuance lauter als vorher.
Peter, inzwischen vollkommen wach, grinste von einem Ohr zum anderen. *Das kann lustig werden*, dachte er neckisch, als er einen kurzen Schimmer von Kermits Gefühlen spürte. Mit voller Absicht strich er Cara zart über den Rücken und erwiderte äußerlich vollkommen ruhig. "Schlafen."
Durch Peters Bewegung und die Stimmen erwachte auch Cara. Verwirrt hob sie den Kopf, weil sie im ersten Moment nicht einschätzen konnte was hier vor sich ging. Sie schaute direkt in Peters Augen, der sie mit einem "Guten Morgen, meine Süße", begrüßte, dann wanderte ihr Blick weiter zu einem Paar Füße, die neben der Couch sichtbar waren.
Sie entdeckte Kermit, der in voller Lebensgröße und nicht der besten Laune vor ihnen stand. "Oh, nein", stöhnte sie und vergrub ihr Gesicht an Peters Hals. Das war mit Abstand eine der peinlichsten Situationen in der sie sich jemals befunden hatte. Wie sollte sie Kermit das nur erklären?
Peter genoss die Situation mit allen Sinnen. Er freute sich diebisch, Kermit auch mal eins auswischen zu können. Jedenfalls tat er rein gar nichts, um alles ins richtige Licht zu rücken. Ganz im Gegenteil sogar. Er zog Cara zu sich hoch und gab ihr einen Gutemorgenkuss auf die Wange, bevor er nur sehr langsam seine Arme von ihr nahm.
Cara wollte am liebsten im Erdboden versinken. Ihr Gehirn arbeitete fieberhaft, wie sie einigermaßen elegant aus dieser Lage heraus kommen konnte, doch ihr fiel keine einzige Lösung ein. Sie tat das, was sie am besten konnte. Sie flüchtete sich, etwas undefinierbares vor sich hin murmelnd, ins Bad, nachdem sie wenig elegant über Peter geklettert war, der noch immer keine Anstalten machte, sich aus dem Bett zu bewegen.
Als die junge Frau eine Viertelstunde später frisch geduscht und umgezogen aus dem Bad kam, saßen beide Männer mit einer Tasse Kaffee in der Hand am Wohnzimmertisch und unterhielten sich leise. Peter mit einem breiten Grinsen und Kermit mit einer Miene, die nichts gutes verhieß. Es fiel nicht schwer zu erkennen, dass das Gespräch nicht unbedingt freundschaftlicher Natur war, allerdings wunderte sich Cara was Peter damit bezweckte, wenn er sich wie ihr Liebhaber aufführte. Er rechnete wohl damit, dass sie im Moment nicht den Mut hatte die gesamte Situation aufzuklären und leider hatte er recht damit.
Cara seufzte erleichtert da Peter zumindest wieder angezogen und sich die beiden bis jetzt nicht an den Kragen gegangen waren. Sie ging in die Miniküche und holte sich eine Tasse Kaffee, zögerte die unvermeidbare Konfrontation noch um ein paar Sekunden hinaus. Dann kehrte sie zu den beiden Männern zurück und setzte sich auf den Boden, um nicht neben ihnen auf der Couch sitzen zu müssen.
Kermits Augen entging weder die Verfärbung an Caras Armen, noch die diversen Schnitte und Kratzer. Sein gesamter Körper spannte sich an und sein Blick verdüsterte sich. Die Augenbrauen unheilverkündend zusammen gezogen, knurrte er: "Peter, wenn du das gewesen bist, der das mit ihr angestellt hat, dann kannst du dich auf etwas gefasst machen. Egal wie heiß eure Nacht gewesen sein muss, das ist kein Grund, eine wehrlose Frau zu verletzen!"
Cara blickte erstaunt von ihrer Kaffeetasse auf. Es dauerte einen Moment bis ihr bewusst wurde, was Kermit damit andeutete bzw. auf was er sich bezog. Peter saß nur auf dem Sofa und hatte den Mund vor Staunen offen. Man sah ihm deutlich an, wie sehr ihn diese Aussage von Kermit verletzte. Als ob er jemals in der Lage wäre, so etwas zu tun. Er konnte es nicht fassen, dass Kermit es vollkommen Ernst meinte.
Cara, der das alles plötzlich zu viel wurde, explodierte regelrecht. "Wie kannst du so etwas nur denken, Kermit Griffin! Peter würde mir nie etwas tun, dazu ist er gar nicht fähig. Und außerdem, es hat hier weder eine heiße Liebesnacht gegeben, noch sonst irgend etwas und wenn du es genau wissen willst: Ich habe mich verletzt, als ich die Bücherkisten geschleppt habe. Du solltest dich wirklich schämen, dass du das deinem besten Freund auch nur im entferntesten zutraust!"
Bevor auch nur einer der beiden nun vollkommen perplexen Männer reagieren konnte, sprang sie auf, stellte ihre Tasse mit einem lauten Krach auf den Tisch, stampfte mit dem Fuß auf und rannte zornig die Treppe hinunter. Clumsy, die das alles für ein neues Spiel hielt, wetzte ihrer Herrin hinterher und maunzte fröhlich.
Die beiden zurück gebliebenen Männer tauschten einen schuldbewussten Blick aus. Peter fühlte sich schuldig, weil er Kermit in dem Glauben gelassen hatte, sie hätten hier eine Liebesnacht verbracht und Kermit fühlte sich schuldig, weil er ohne nachzudenken gesprochen hatte. Kermit war schon in dem Moment als die Worte seinen Mund verlassen hatten bewusst, dass Peter so etwas nie tun würde. Dennoch hatte sein Ärger die Oberhand über das Ganze gewonnen und er hatte dementsprechend reagiert.
Der Schuss von den beiden war jedenfalls gründlich nach hinten losgegangen. Sie kamen sich vor wie zwei Schulkinder, die eben vor den Direktor zitiert worden waren. Kermit ergriff als erster das Wort.
"Hör mal Peter, es tut mir..."
Peter unterbrach ihn mitten im Satz. "Schon gut Kermit, mir tut es auch leid. Ich hätte dich nicht so provozieren sollen."
"Und ich hätte meinen Mund halten können. Peter, ich weiß, dass du das nie tun würdest, ich weiß nicht was da über mich gekommen ist."
Peter erhob sich vom Sofa. "Ich sagte, es ist in Ordnung, Kermit. Wir haben uns beide nicht astrein verhalten. Wenn du es so sehen willst, dann sind wir quitt."
Er streckte Kermit die Hand in versöhnlicher Geste entgegen. Dieser ergriff sie und schüttelte sie, froh dass ihre Freundschaft unter seiner unqualifizierten Bemerkung nicht gelitten hatte. Plötzlich fing er an leise zu lachen. Peter blickte ihn irritiert an.
"Ich wusste bis jetzt gar nicht, dass die Kleine so ein Temperament hat. Das war vielleicht ein Abgang von ihr", erklärte er.
Peter stimmte in sein leises Lachen mit ein, dann meinte er mit einem fast boshaften Funkeln in den Augen: "Da stimmte ich dir zu. Allerdings muss ICH mich nicht mit ihrer Stimmung herumschlagen, da wünsche ich dir viel Spaß mit dem lodernden Vulkan. Ich für meinen Teil verabschiede mich jetzt."
Mit diesen Worten eilte Peter schon zur Türe hinaus und winkte Kermit noch einmal voller Schadenfreude zu, bevor er aus seinem Blickfeld verschwand.
Kermit konnte nur den Kopf schütteln. Peter war eben Peter, am Besten gönnte er ihm diesen kleinen Sieg. Er rückte seine Sonnenbrille gerade, atmete tief ein und stieß die Luft langsam durch seine Nase wieder heraus. Peter hatte recht, er war derjenige, der ihr heute gegenüber treten musste, immerhin hatte er ihr versprochen das Computersystem zu installieren und was er versprach, das hielt er auch. Allerdings hoffte er, dass Cara ihn nicht auf das eben Erlebte ansprechen würde, denn er hatte keine Ahnung, was er darauf erwidern sollte. Die Wahrheit konnte er schlecht sagen. Fast wiederstrebend machte er sich auf den Weg zur Treppe und lief die wenigen Stufen in den Verkaufsraum hinab.
Mittlerweile war der Raum hell erleuchtet. Kermit erspähte Cara in einer Ecke, wo sie damit beschäftigt war, Bücher in ein Regal zu räumen. Jede ihrer Bewegungen drückte den Ärger aus, den sie noch empfand. Ihm selbst gönnte sie keinen Blick.
Kermit zuckte die Achseln und beschloss, Cara fürs erste in Ruhe zu lassen, in der leisen Hoffnung sie würde sich von selbst wieder beruhigen. Da der Computer schon auf der Ladentheke stand, begab er sich dahin und begann die vielen Kabel fachgerecht anzuschließen.
oooooooooo
Draußen vor der Türe stand Peter gegen seinen Wagen gelegt und war damit beschäftigt, sich zu beruhigen. Er atmete tief ein und aus, versuchte in seine Mitte zu gelangen. Kermits Worte hatten ihn härter getroffen als er zugeben wollte. Ja, klar, er hatte ihm verziehen. Er wusste, dass seine Entschuldigung ehrlich gemeint war, aber ein kleiner Stich blieb doch zurück.
Er fragte sich allen Ernstes, ob seine Freunde ihn wirklich so sahen. Der Playboy und Aufreißertyp, der nicht davor zurück schreckte, auch mal Gewalt anzuwenden. Wenn es nach seiner Reputation ging, die er auf dem Revier hatte, dann konnte man es beim oberflächlichen Lesen vielleicht sogar annehmen. Während seiner Dienstzeit hatte er viele Menschen hinter Gitter gebracht und er war auch mehr als einmal gezwungen gewesen, seine Waffe zu gebrauchen. Ganz zu schweigen von den vielen Kämpfen in die er involviert gewesen war. Außerdem war er auch schon einmal vom Dienst suspendiert worden.
Dazu kamen noch seine diversen Frauengeschichten. Keine hatte es lange mit ihm ausgehalten, oder er mit ihr. Immer waren all seine Beziehungen in die Brüche gegangen. Die einzigen beiden Frauen, die er ehrlich geliebt hatte, waren ermordet worden. Nicht gerade stolz auf sich, musste er zugeben, dass seine weiteren Affären egal ob Kelly oder Jordan oder wie sie alle hießen rein oberflächlicher Natur gewesen waren. Irgendwann war ihm jede von ihnen überdrüssig geworden und er hatte sie abserviert. Zwar meist ziemlich sanft, aber die Tatsache blieb, dass sie ihn allesamt irgendwann schlicht und ergreifend gelangweilt hatten.
Wenn er das alles in seiner Gesamtheit betrachtete, dann musste er wohl oder übel zugeben, dass der Kommentar Kermits nicht von ungefähr gekommen war. Vielleicht war es tatsächlich so und er hatte es vor sich selbst nur nicht zugeben wollen.
Das Hupen eines Wagens riss ihn aus der Versunkenheit. Seufzend fuhr er sich durch die Haare und stieg in den Stealth, fest entschlossen zuerst eine ganze Weile zu meditieren, wenn er nach Hause kam. Vielleicht konnte er so mehr Klarheit in seine Gedanken bekommen, die noch immer wirr herumwirbelten.
oooooooooo
Gegen Mittag hatte Kermit den Computer komplett eingerichtet, inklusive eines Internetanschlusses und diverser Programme, die sie benötigte, sowie auch einer professionellen Firewall, die sie vor Angriffen aus dem Internet schützen würde.
Während der gesamten Zeit hatten sie kein Wort miteinander gewechselt. Cara hatte stur ihre Bücher eingeräumt und nicht ein einziges Mal zu ihm herüber geschaut. Durch ihre Wut, die wie er annahm, noch immer in ihr schwelte, war sie ziemlich weit gekommen. Wenn er das richtig sah, hatte sie gut ein Viertel der Regale aufgefüllt.
Kermit beschloss es wäre an der Zeit, dass sie wieder Vernunft annahm. Außerdem hatte er inzwischen einen gewaltigen Hunger. Vollkommen geräuschlos näherte er sich ihr.
"Was hältst du von einem Mittagessen?", erkundigte er sich, direkt hinter ihr stehend.
Cara, die gerade mehrere Bücher in der Hand hielt, um sie einzusortieren, sprang vor Schreck zur Seite und ließ die Bücher fallen. Eine Hand griff an ihr Herz.
"Jesus Kermit, tu das nie wieder. Du hast mich gerade zu Tode erschreckt."
Kermit bückte sich und hob ruhig die Bücher auf. Aus der Hocke blickte er zu ihr hoch.
"Entschuldige, Cara, ich wollte dich nicht erschrecken. Ich war der Meinung du hättest mich gesehen. Also, was hältst du von einem schönen Mittagessen, ich zahle, und hinterher zeige ich dir, wie du mit den Programmen umgehen musst. Ich bin nämlich fertig mit dem Einrichten."
Cara, nahm Kermit die Bücher aus der Hand und stopfte sie ins Regal, bevor sie antwortete: "Du kannst ruhig zum Essen gehen, Kermit. Ich habe keinen Hunger und außerdem will ich hier fertig werden."
Kermit nahm ihr die Bücher aus der Hand, die sie gerade aus der Kiste geholt hatte und stellte sie zur Seite. Er legte einen Finger unter ihr Kinn, damit sie ihn ansehen musste.
"Noch immer sauer auf mich?", erkundigte er sich leise.
Cara konnte seinem Blick nicht stand halten. "Nein, ja, vielleicht ein wenig, das war wirklich eine harte Sache, die du da oben abgezogen hast, Kermit. Du hast Peter damit sehr weh getan", schloss sie lahm.
Kermit ließ ihr Kinn los. "Cara, ich habe mich bei Peter schon entschuldigt. Es ist alles in Ordnung zwischen uns, und ich entschuldige mich auch bei dir. Es ist mir einfach so heraus gerutscht, ich habe nicht nachgedacht."
"Bei mir musst du dich nicht entschuldigen, Kermit. Es hat mir nur leid getan, dass du so wenig Vertrauen in Peter hast", entgegnete sie.
"Cara, ich würde Peter ohne nachzudenken mein Leben anvertrauen. Du kannst vieles sagen, aber das nicht und das weißt du auch."
Cara zuckte nur die Schultern. Sie konnte klar die unausgesprochene Frage aufgrund Kermits Körperhaltung erkennen. Er wollte wissen, warum Peter die Nacht bei ihr verbracht hatte. Da sie ihm das nicht mitteilen wollte, entschloss sie sich dem Gespräch ein Ende zu bereiten.
"Ich fürchte hier zu reden bringt uns auch nicht weiter, wir drehen uns nur im Kreis. Nun geh schon Mittagessen, ich bin hier, wenn du zurück kommst."
Kermit schnaubte ungeduldig, ebenso klangen auch seine Worte. "Ich wette, gestern hast du auch nichts Richtiges gegessen. Du kannst nicht immer nur arbeiten, Cara, du musst auch was essen. Ich gehe hier nicht ohne dich heraus, damit das klar ist."
Wiederum zuckte die junge Frau die Schultern. "Tja, dann wirst du wohl auch hier bleiben, ich für meinen Teil, habe nicht die Absicht den Laden zu verlassen", gab sie entschlossen zurück, seinen Tonfall gar nicht mögend.
Überraschenderweise gab Kermit nach. "Okay, einverstanden. Ich werde uns etwas vom Pizzaservice kommen lassen, dann kannst du weiter arbeiten."
Mit diesen Worten ließ er Cara alleine, die überrascht war, so leicht gewonnen zu haben. Als ob er ihre Gedanken erraten hatte, drehte er sich noch einmal zu ihr um.
"Und denke nicht, dass du immer so leicht deinen Kopf bei mir durchsetzen kannst, junge Dame."
"Sind wir vielleicht liiert oder so was, dass du meinst, mich herumkommandieren zu können, Kermit Griffin?" murmelte sie so leise vor sich hin, dass er sie nicht hören konnte.
oooooooooo
Eine halbe Stunde später klopfte es an der Türe. Der Pizzaservice brachte das Essen vorbei. Kermit hatte Lasagne und Salat bestellt. Er gab dem Lieferjungen ein Trinkgeld und stellte die Schachteln auf den kleinen Tisch in der Ecke. Anschließend stieg er die Treppen hinauf, um Geschirr, Gläser und etwas zu Trinken zu holen.
Innerlich musste er ein wenig lächeln, als ihm bewusst wurde wie selbstverständlich er sich in Caras Zweitwohnung bewegte. Man konnte fast meinen, er würde hier wohnen, so war er mit den Sachen hier vertraut. Ein leichter Schauer lief ihm über den Rücken. Was dachte er denn da? Schnell schob er den Gedanken zu Seite, über sich selbst den Kopf schüttelnd, und beeilte sich herunter zu kommen.
Nachdem er die Lasagne auf den Tellern verteilt und die Gläser vollgeschenkt hatte, rief er nach Cara, die noch immer arbeitete. Zu seiner Überraschung kam sie tatsächlich zu ihm. Der Duft der Speisen war ihr in die Nase gestiegen und ihr Magen hatte ihr unmissverständlich mitgeteilt, dass sie doch Hunger hatte.
Das Essen verlief ziemlich ruhig. Kermit bemerkte, dass Cara in Gedanken meilenweit weg war und wollte sie nicht stören. Außerdem hatte er selbst genug Stoff zum Nachdenken. Er hätte zu gerne gewusst, warum Peter mit Cara die Nacht verbracht hatte. In seinen Augen hatte dieses Schlafarrangement nicht zufällig ausgesehen und er war fest entschlossen den passenden Zeitpunkt abzuwarten, um sich danach zu erkundigen.
Das Läuten seines Handys riss ihn aus der Versunkenheit. Um den Anruf in Ruhe entgegen zu nehmen, stand er auf und schlenderte zu den Regalen. Cara warf Kermit nur einen kurzen Blick hinterher und machte sich daran, die Teller zusammen zu räumen, um sie nach Oben zu bringen und zu spülen.
Plötzlich weiteten sich ihre Augen ungläubig. Innerhalb eines Sekundenbruchteils veränderte sich der gesamte Laden vor ihren Augen. Sie blinzelte... das Bild blieb.
Atemlos beobachtete sie, wie die Theke vor ihr, auf der Kermits Computer stand, sich in die Theke verwandelte wie sie gewesen war, als Mr. Singer noch den Laden führte. Dann sah sie, wie er aus dem kleinen Hinterzimmer trat. Der Schrei blieb ihr in der Kehle stecken, sie hatte keine Ahnung, ob sie wach war oder träumte.
Mr. Singer schien sie direkt anzuschauen und ihr zuzulächeln. Dann wandte er den Blick ab, öffnete eines der Bücher und begann darin zu lesen, so wie er es immer getan hatte.
"Cara, alles in Ordnung mit dir?"
Eine große Hand legte sich auf ihre Schulter und drückte sie leicht. Das unwirkliche Bild verschwand vor ihren Augen. Die andere Stimme hörte sie nur aus weiter Ferne.
"Cara? So abwesend kann doch Niemand sein."
Mit einem Ruck kehrte sie in die Wirklichkeit zurück. Ihr Kopf ruckte nach oben, ihr Blick bohrte sich in Kermits Brillengläser, froh darüber nicht mehr mit dem anderen Bild konfrontiert zu sein.
"Was?", erkundigte sie sich mit bebender Stimme.
Kermit blickte besorgt auf sie herunter. Sie gefiel ihm im Moment ganz und gar nicht, ihr Gesicht war totenbleich und ihre Hände zitterten.
"Geht es dir gut? Du siehst aus, als hättest du eben einen Geist gesehen", meinte er.
Der Detective spürte, wie sie unter seiner Hand zusammenzuckte. Er konnte nicht ahnen, wie direkt er ins Schwarze getroffen hatte.
"Wie? Nein, nein alles in Ordnung", wiegelte sie ab, sich wohl bewusst, dass sie ihn anlog. Aber sie konnte ihm einfach nicht sagen was sie gerade erlebt hatte, denn sie war sicher er würde sie dann für verrückt halten. Sie war sich selbst ja nicht einmal sicher, ob sie das tatsächlich gesehen hatte, oder ob ihr ihre Fantasie einen Streich gespielt hatte, immerhin hatte sie Mr. Singer sehr gemocht und war über seinen Tod noch nicht hinweg. Um dem beunruhigenden, sezierenden Blick von Kermit zu entkommen, schnappte sie sich das Geschirr vom Tisch und stand auf.
"Ich spüle kurz das Geschirr, bin gleich wieder hier", meinte sie und verschwand hastig in Richtung Treppe.
Kermit sah ihr nachdenklich hinterher. Ihm war klar, dass sie im Moment vor ihm flüchtete. Er fragte sich nur weshalb. Was hatte sie in den wenigen Minuten so durcheinander gebracht, in denen er dieses Telefongespräch führte? Er hatte nichts ungewöhnliches ausmachen können.
Kopfschüttelnd trat er an den Computer. Vielleicht würde sie irgendwann den Mut aufbringen und ihm sagen, was sie so aufgeregt hatte. Er kannte Cara gut genug, um zu wissen, dass sie ihm nichts sagen würde, bevor sie nicht selbst dazu bereit war. In der Richtung war sie genau so stur wie er oder Peter.
Es dauerte fast zwanzig Minuten, bevor sie die Treppen hinunter kam. Kermit beobachtete sie unauffällig. Die Farbe war in ihr Gesicht zurück gekehrt, sie machte einen absolut normalen Eindruck. Nichts deutete mehr auf die erschreckte junge Frau von vor wenigen Minuten zurück.
"Kann ich dir nun erklären, wie das Computersystem arbeitet?", erkundigte er sich.
Sie lächelte ihn an. "Aber sicher, ich kann dich ja schlecht jedes Mal anrufen, wenn ich ein Buch bestellen muss, oder eine Rechnung ausdrucke. Das würde deinem Captain sicher nicht gefallen."
Kermit grinste zurück. "Ganz sicher nicht. Na dann komm mal rüber zu mir."
Cara trat zu ihm und setzte sich auf den Stuhl, den er ihr anbot. Kermit stellte sich hinter sie und begann, ihr das Programm und die Benutzung zu erklären. Cara hatte sich einen Block und Bleistift hingelegt und machte sich dazu Notizen. Zwar hatte sie selbst schon einen Computer besessen, bevor er von den Sing Wah entwendet worden war, aber als kompetenten User konnte man sie wahrlich nicht bezeichnen. Daher freute sie sich sehr, dass Kermit ihr alles bis ins Detail erklärte.
Nachdem Kermit seine Erläuterungen beendet hatte, ließ er sie ein paar Übungen machen, um sicher zu gehen, dass sie alles verstanden hatte. Cara war mit Feuereifer bei der Sache. Sie stellte fest, dass ihr der Umgang mit dem Computer Spaß machte, besonders da sie merkte, dass sie Kermits Erläuterungen tatsächlich verinnerlicht hatte.
Um besser sehen zu können, beugte sich Kermit weiter vor. Er legte ihr dabei seine Hände auf die Schultern, um sich in Balance zu halten. Im Unterbewusstsein nahm er die Steifheit ihres Nackens wahr und begann, ihn mit kreisenden Bewegungen seiner Daumen sanft zu massieren.
Cara konnte in letzter Sekunde ein behagliches Seufzen unterdrücken. Es fühlte sich so gut an, wie er die angespannten Muskeln massierte. Ein Seitenblick auf Kermit teilte ihr mit, dass er das vollkommen unbewusst machte, daher schluckte sie eine Bemerkung, die ihr auf der Zunge lag, hinunter.
Allerdings brachte sie die ungewohnte Geste seitens Kermit ziemlich durcheinander. Er war nicht unbedingt der Umarm- und Knuddeltyp. In der Richtung war er das genaue Gegenteil von Peter, der es sehr mochte mit jemanden zu kuscheln. Um genau zu sein war es sehr selten, dass Kermit von sich aus körperlichen Kontakt zu einem anderen Menschen suchte. Obwohl sie sich inzwischen über drei Monate kannten, hatte er sie erst ein einziges Mal umarmt. Das war gewesen, als er ihr Clumsy geschenkt hatte und selbst da war sie diejenige gewesen, die die Initiative ergriffen hatte. Ihr Nacken begann an der Stelle zu prickeln, an der er sie berührte. Im Stillen verglich sie die Berührung von ihm mit den Berührungen von Peter.
Wenn sie mit Peter kuschelte, mittlerweile eines ihrer Hobbys, dann hatte das immer einen absolut unschuldigen Touch. Sie fühlte sich beschützt, getröstet und geborgen, konnte sich bei ihm total entspannen und damit hatte es sich auch schon.
Aber hier...Kermits unbewusste Geste ging ihr durch Mark und Bein. Ihr gesamtes Denken schien sich nur auf diesen bestimmten Punkt zu konzentrieren, an dem seine Hände auf ihren Schultern lagen. Es war vollkommen different zu dem, was sie bei Peter spürte, sie fühlte sich...ja wie?...sie suchte nach dem richtigen Wort...erregt und bis ins Innerste aufgewühlt. Eine andere Beschreibung fiel ihr dazu nicht ein. Sie schluckte hart, als ihr ihre Gedanken vollkommen ins Bewusstsein drangen und machte prompt einen Fehler bei der Eingabe.
"Halt, das ist falsch", kommentierte Kermit hinter ihr.
Er beugte sich über sie, seine breite Brust drückte sich gegen ihren im Moment mehr als empfindlichen Rücken. Nur mit viel Beherrschung konnte sie den angenehmen Schauer unterdrücken, der ihr Rückgrat entlang lief.
Sein Atem strich sanft über ihre Wange, einer Liebkosung gleich, als er mit seiner rauen, warmen, tiefen Stimme erklärte: "Wenn du das so machst, dann bekommst du eine Fehlermeldung. Du darfst die beiden Felder nicht verwechseln. Schau, so ist es richtig."
Er lehnte sich noch dichter an sie, griff mit der rechten Hand um sie herum, um das Keyboard zu erreichen und tippte die richtigen Eingaben ein. Dann trat er einen kleinen Schritt zurück und nahm nun auch die linke Hand von ihrer Schulter.
Cara konnte es keinen Moment länger aushalten. Sie nutzte den Augenblick und rutschte vom Stuhl, um seiner beunruhigenden Ausstrahlung zu entkommen, bevor sie noch etwas dummes tat, wie sich ihm in die Arme zu werfen. Kermit warf ihr einen überraschten Blick zu, als sie plötzlich einen guten Meter von ihm entfernt stand.
"Okay, Schluss für heute, Kermit. Ich bekomme nichts mehr in meinen Kopf. Der Bildschirm verschwimmt schon vor meinen Augen", sagte sie, darauf hoffend, dass ihre Stimme nicht so zitterte wie ihre Knie.
Kermit zuckte ergeben die Schulter. Er schien nichts von dem bemerkt zu haben, was in ihr vorging.
"Deine Entscheidung. Ich bin es gewohnt, Stunden vor dem Bildschirm zu sitzen. Ich sollte wohl daran denken, dass das nicht jeder tut, immerhin sind wir schon", er blickte auf seine Uhr, "über drei Stunden damit beschäftigt."
Cara schaute auf ihre Uhr und stellte überrascht fest, dass er recht hatte. Die Zeit war ihr gar nicht so lange vorgekommen, höchstens wie eine oder zwei Stunden.
"Wie schnell doch die Zeit vergehen kann", erwiderte sie leise, nicht sicher, was sie sonst sagen sollte.
Kermit schob seine Brille nach oben. "Tja, dann wäre meine Arbeit hier wohl für heute erledigt. Du kannst dich später ja noch ein wenig mit den Programmen beschäftigen, damit du eine Routine in der Bedienung bekommst. Wenn du magst kann ich morgen nach meiner Schicht vorbei kommen und wir stürzen uns noch einmal in die Materie, nur um sicher zu gehen, dass du alles verstanden hast."
Seine Worte machten Cara deutlich, dass er gehen wollte. Alles in ihr schrie *nein, bitte bleib hier*, doch sie wusste nicht, wie sie das deutlich machen konnte, ohne dass er Verdacht schöpfte, daher meinte sie nur lahm: "Okay, tu das, falls du Zeit hast. Ich will dich auch nicht über Gebühr beanspruchen. Nachher beschwerst du dich noch, dass du plötzlich zwei Arbeitsstellen hast."
Kermit schenkte ihr sein breitestes Wolfsgrinsen. "Hey, das ist doch hier keine Arbeit für mich, sondern nur reines Vergnügen mit meiner liebsten Freundin."
Cara spürte, wie ihr die Röte in die Wange stieg. Was hatte dieser Mann nur an sich, dass er sie so durcheinander bringen konnte? Mit Müh und Not brachte sie ein Lächeln zustande, das echt wirkte.
"Na, wenn das so ist, dann sage ich einfach nur vielen Dank für die Einweisung."
"Nichts zu danken. Bis morgen dann, lässt du mich hinaus?"
Sie nickte und begleitete den Computerexperten bis zur Ladentüre, die sie aufschloss. Völlig überraschend beugte Kermit sich vor und küsste sie auf die Wange. Zum Glück sah er ihren erstaunten Gesichtsausdruck nicht. Die Hand auf die Stelle gelegt, wo seine Lippen sie berührt hatten, starrte sie ihm hinterher wie er aus dem Laden ging, in die Corvair stieg und vom Parkplatz brauste. Noch lange stand sie da, unfähig sich zu rühren, meinte noch immer seine Lippen auf ihrer Wange zu spüren.
Clumsy, die sich die Schnürsenkel ihrer Schuhe als Spielzeug heraus gesucht hatte und nun mit ihren Krallen daran riss, brachte Cara in die Wirklichkeit zurück. Der Hauch eines Lächelns spielte um ihre Lippen, als sie sich bückte, die leicht widerstrebende Katze hochhob, ihre Ohren kraulte und sie an sich drückte.
"Na komm meine Kleine, Zeit dass wir auch nach Hause gehen."
TEIL 3
Peter saß mit untergeschlagenen Beinen mitten im Meditationsraum seines Vaters. Mehrere Kerzen warfen ihren Schatten an die Wand, der Duft von Weihrauch und anderen Kräutern hing in der Luft.
Zum x-ten Mal an diesem Abend, versuchte Peter in eine meditative Phase zu gelangen. Etwas mit dem er normalerweise keinerlei Probleme mehr hatte, doch heute schien es ihm einfach nicht gelingen zu wollen. Zu viele Gedanken schwirrten ihm durch den Kopf und zudem hatte er seit einigen Stunden ein sehr schlechtes Gefühl in der Magengegend, das er sich nicht erklären konnte. Er spürte nur, dass dieses Gefühl ihn auch am Rande betraf, daher war er ihm so wichtig, es näher zu erforschen. Doch dafür musste er es schaffen, sich auf sich selbst zu konzentrieren. Im Moment ergab dies für ihn einen wahren Teufelskreis, den er nicht durchbrechen konnte.
Caine betrat leise den Meditationsraum. Halb im Schatten verborgen, beobachtete er die vergeblichen Versuche seines Sohnes zu meditieren. Er spürte die innere Zerrissenheit Peters. Wenn er nicht einmal realisierte, dass er sich mit seinem eigenen Vater in einem Raum aufhielt, konnte das nichts Gutes bedeuten. Er löste sich aus dem Schatten.
"Hallo mein Sohn", sagte er sanft.
Peter zuckte dennoch erschreckt zusammen. "Paps, was machst du denn hier? Entschuldige, dumme Frage, ist ja dein Appartement. Wie lange bist du schon da? Was hast du alles mitbekommen?"
Die Fragen prasselten wie üblich in einem wahren Feuerwerk aus Peters Mund, ein deutliches Zeichen, dass er aufgeregt war.
"Lange genug, um zu erkennen, dass du durcheinander bist. Willst du reden?"
Peter fuhr sich in altbekannter Geste durch die Haare und zuckte die Schultern.
"Ach Paps, was soll ich sagen? Ich habe einfach nur ein schlechtes Gefühl über etwas und ich komme nicht dahinter, was es ist", teilte ihm der junge Mann mit.
Caine merkte, dass Peter ihm nur die halbe Wahrheit erzählte, doch er beließ es dabei.
"Peter, du musst deine Gedanken frei machen von jedem Denken, nur so kannst du in eine meditative Phase gelangen."
Peter sprang auf die Füße, plötzlich voller Ärger. "Ja, ja, Paps, das weiß ich. Doch kannst du mir auch sagen wie ich das machen soll, wenn mir soviel im Kopf herum geht?", stieß er hervor.
"Schließe die Augen, atme tief ein und aus und leere deine Gedanken", gab Caine zurück.
"Wenn das nur so einfach wäre. Hast du noch mehr so guter Ratschläge für mich?", schnappte er ärgerlich.
Caine antwortete nur mit einem Schulterzucken. Er wollte seinem Sohn gerne helfen, doch solange dieser nicht bereit war, seine Hilfe anzunehmen, konnte er nichts tun.
"Na toll", fauchte Peter. "Mehr als ein Schulterzucken ist dir dein Sohn heute wohl nicht wert."
Er wandte sich zum Gehen. Caines Stimme hielt ihn einen Moment zurück.
"Wohin gehst du, Peter?"
"Weg, einfach nur weg von all dem hier."
Peter machte eine weitausholende Geste mit der Hand, die den gesamten Raum und auch seinen Vater einschloss. Bevor dieser noch etwas erwidern konnte war Peter verschwunden.
Caine schüttelte nur den Kopf und starrte lange auf den Fleck, wo vor wenigen Sekunden noch Peter gestanden hatte. Er hörte die durchdrehenden Reifen, als Peter aus dem Parkplatz fuhr und blieb in Gedanken versunken stehen.
Ganz vorsichtig schlüpfte er in die gedankliche Verbindung, die er mit seinem Sohn teilte, doch alles was ihm entgegen kam, waren Ärger und Wut und eine große Unsicherheit. Um alles andere hatte Peter eine Barriere errichtet, die er nicht durchdringen konnte.
Er fragte sich, was da passiert war, was seinen Sohn dermaßen aus der Bahn werfen konnte. Er wusste nur, dass Peter heute Nacht nicht nach Hause gekommen war. Er hatte ihm durch ihre spezielle Gedankenverbindung mitgeteilt, dass er die Nacht bei Cara verbrachte und zu diesem Zeitpunkt schien es ihm noch gut gegangen zu sein. Was also war passiert?
Caine entschloss sich dazu, Cara morgen zu besuchen. Vielleicht konnte sie ihm einen Hinweis darauf geben, warum sein Sohn so ärgerlich war.
oooooooooo
Peter fuhr ziellos durch die Gegend. Inzwischen hatte es angefangen zu regnen, doch das bemerkte er gar nicht. Er war viel zu sehr mit seinen Gedanken beschäftigt, die nach wie vor nur um ein Thema kreisten.
Sahen ihn seine Freunde tatsächlich als gewalttätigen, aufbrausenden Supermacho, den es nicht kümmerte, wie er andere behandelte und wem er Schaden zufügte?
Die Werbereklame einer Nachtbar kam in sein Blickfeld. Spontan machte Peter eine Kehrtwende und stellte den Stealth auf einen Parkplatz vor der Bar ab. Der Laden war genauso gut wie jeder andere, um seinen Kummer zu ertränken. Wenn seine Freunde schon dachten, er würde sich so benehmen, dann konnte er das auch tun. Irgendwie hatte sich dieser absurde Gedanke schon so fest in sein Gehirn gesetzt, dass er es mittlerweile schon als Realität ansah.
Die Hände in die Hosentasche geschoben betrat Peter die Bar. Schummriges Licht begrüßte ihn. Er brauchte nicht lange, um zu erkennen, dass er in einer dieser zwielichtigen Bars geraten war, die er sonst mied wie die Pest. Das gesamte Interieur machte einen ziemlich schäbigen Eindruck auf ihn. Einige Tische waren besetzt mit Männern, die gierig auf die Tanzfläche schauten, wo eine, das musste er zugeben, dunkelhäutige Schönheit dabei war, sich nach und nach zu entblättern.
Er zuckte nur die Schultern. *Warum auch nicht?*, sagte er zu sich selbst. *Du kannst dir hier genauso gut die Birne zusaufen wie woanders.* Immerhin war er hier sicher nicht zufällig einem seiner Exkollegen zu begegnen.
Er nahm an einem Tisch nahe der Tanzfläche Platz, bestellte den ersten Whiskey und flirtete ein wenig mit der Kellnerin.
oooooooooo
Anhaltendes Klingeln riss Cara aus dem Tiefschlaf. Sie schaute auf die Uhr. Fast drei Uhr in der Früh.
*Welcher Idiot kommt Nachts um diese Zeit hierher?*, dachte sie grimmig.
Sie brauchte einen Augenblick, um sich zurecht zu finden. Mühsam schwang sie die Beine aus dem Bett, zog sich ihren Morgenmantel über ihr Schlafshirt und taumelte die Treppe hinunter. Nachdem sie durch ihren Spion geschaut, den Kermit ihr eingebaut hatte, war sie hellwach. Mit einem Ruck riss sie die Türe auf.
"Peter, was machst du denn hier? Ist etwas passiert? Komm herein", rief Cara erschrocken aus, während sie ihr Gegenüber musterte.
Der Shaolin machte einen vollkommen verstörten Eindruck auf sie. Seine völlig zerzausten Haare klebten durch den Regen an seinem Kopf, sein Shirt hing ihm halb aus der mit diversen Schmutzflecken bedeckten Hose und er hatte ein ziemlich dümmliches Grinsen auf den Lippen, das ihr im ersten Schock gar nicht auffiel.
"Hallo Täubchen", säuselte Peter und schob sich schwankend an ihr vorbei.
"Puh", Cara wedelte mit der Hand vor ihrer Nase herum. "Mensch Junge, du bist ja total betrunken und stinkst zehn Kilometer gegen den Wind nach Alkohol."
"Aber Mäuschen, wie kannst du nur so etwas sagen? Ich bin völlig nüchtern", lallte Peter und schlang tapsig seine Arme um Cara.
"Ja ganz klar, du bist vollkommen nüchtern, logisch", gab Cara trocken zurück.
Gleichzeitig versuchte sich aus Peters, im Moment gar nicht angenehmer, Umarmung zu befreien und ihn in Richtung Sofa zu schieben. Sie schaffte es gerade noch, mit ihm bis zur Couch zu kommen, bevor er das Gleichgewicht verlor und mit einem lauten Plumps auf das Sitzmöbel krachte.
Cara schüttelte den Kopf. "Oh Mann, was hast du nun wieder angestellt? Sag bloß, du bist in dem Zustand auch noch Auto gefahren?", wollte sie leicht ärgerlich wissen.
Peter grinste sie schief an und versuchte erneut nach ihr zu greifen. "Hey, kann sich ein Mann nicht einmal amüsieren, ohne dass gleich jeder Sauer wird? Komm her zu mir, Baby und gib deinem Süßen einen Begrüßungskuss", lallte er.
Cara wich seiner Hand elegant aus und wandte sich Richtung Küche. "Ich bin gleich wieder da, und du bleibst schön brav sitzen, hast du das verstanden?", sagte sie in ihrem besten Oberlehrerton.
Peter salutierte flapsig und erwiderte: "Jawohl Chef, zu Befehl Chef."
Cara konnte nur den Kopf schütteln. Peter hatte eindeutig mehr als nur einen über den Durst getrunken.
Knapp fünf Minuten später kam sie mit einem dampfenden Becher starken Kaffees aus der Küche zurück. Sie erblickte Peter, der nun auf dem Boden saß und es geschafft hatte in den wenigen Minuten, ihr Wohnzimmer in ein halbes Chaos zu verwandeln. Sowohl die Kissen, als auch ihre Zeitschriften, die noch kurz zuvor ordentlich auf dem Wohnzimmertisch gelegen hatten, lagen alle auf dem Boden verstreut. Er hatte einzelne Seiten heraus gerissen, zu Kugeln geformt und sie im gesamten Raum verteilt.
"Hey, wo issssie Katze, will mir ihr ssspielen", lallte er.
Cara verdrehte die Augen. "Clumsy schläft oben in meinem Zimmer. Dich kann man keine fünf Minuten alleine lassen, komm hoch."
"Nein, will mit Kazzze spielen", entgegnete Peter stur und schob seine Unterlippe schmollend nach vorne.
Cara stellte den Kaffee vorsichtig auf den Tisch und bückte sich, um Peter vom Boden hoch zu helfen. Er schlug ihr einfach die Hand weg, als sie nach ihm greifen wollte.
*Na toll, ist er nun 5 Jahre alt, oder über 30?* fragte sich Cara im Stillen. Ihr war klar, dass sie hier mit rationalem Verstand nicht weiter kam.
"Okay Peter, du kommst jetzt vom Boden hoch, setzt dich auf das Sofa, trinkst deinen Kaffee und wenn du das brav gemacht hast, hole ich Clumsy zur Belohnung, einverstanden?", sprach sie zu ihm, wie mit einem kleinen Kind.
Ein strahlendes Lächeln erhellte Peters schmollende Gesichtszüge. "Einverssssanden", stimmte er zu.
Diesmal ergriff Peter ihre Hände und ließ sich von ihr auf die Beine ziehen. Er schwankte stark und brachte Cara fast zum Fallen, als er sich plötzlich mit seinem gesamten Gewicht auf ihre Schultern lehnte.
"Uh, ganz langsam, Peter. Noch einen Schritt nach links und wir sind da", keuchte Cara.
Plötzlich wurde Peter kalkweiß im Gesicht und stöhnte. "Oh, isss mir schlecht."
"Oh nein, nicht auch das noch", sandte Cara ein Stoßgebet an den Himmel.
Das Letzte, was sie heute noch gebrauchen konnte, war Erbrochenes auf ihrem schönen weißen Teppich. So schnell sie konnte, schleifte sie Peter ins Bad. Mit Ach und Krach schafften sie es gerade noch bis zur Toilette, bevor Peter seinen Mageninhalt entleerte. Cara drehte sich fast selber der Magen um, den Geruch hatte sie noch nie ausstehen können.
Sie schaffte es, ihren Ekel zu überwinden, feuchtete unter dem Wasserhahn einen Waschlappen an und wartete ungeduldig, bis Peter mit seiner Orgie über der Toilette fertig war. Anschließend drückte sie die Toilettenspülung, wischte ihm das Gesicht mit dem Waschlappen ab, was er sich ohne Gegenwehr gefallen ließ, und half ihm wieder auf die Beine.
Widerspruchslos ließ er sich von Cara ins Wohnzimmer führen und auf das Sofa setzen. Cara drückte ihm erneut die Kaffeetasse in die Hand und beobachtete ihn mit Argusaugen.
"Hier trink das, vielleicht wirst du dann wieder ein wenig nüchterner", meinte sie.
Peter stellte die Kaffeetasse unangetastet auf den Tisch zurück. Verschwunden war seine Fröhlichkeit, die er vorhin noch an den Tag gelegt hatte. Plötzlich standen ihm Tränen in den Augen.
"Oh Cara, ich bin so ein Versager", seufzte er leise. Dann fing er wie ein kleines Kind an zu weinen.
Cara war vollkommen unvorbereitet auf diesen schnellen Stimmungswechsel. Ihn so zu sehen tat ihr im Herzen weh und es wühlte sie zutiefst auf. Nach einer kleinen Schrecksekunde setzte sie sich neben ihn und nahm ihn in die Arme.
"Schon gut Peter, es ist alles in Ordnung", tröstete sie und strich ihm über die Haare.
"Nichts ist gut, g...gar n...nichts ist g...gut", stotterte Peter zwischen zwei Schluchzern.
"Was ist passiert?", fragte sie sanft.
"N...nichts, ich bin nur ein V…V...Versager", stammelte Peter.
Caras Gedanken wirbelten wild durcheinander. Sie fuhr fort, ihn fast abwesend weiterhin zu trösten und dachte nach. Ihr war klar, dass sie in seinem Zustand keine vernünftige Antwort von ihm bekommen würde. Was hatte seine seltsame Bemerkung zu bedeuten? Wie kam Peter darauf, dass er ein Versager war? Was war passiert? Warum tauchte er mitten in der Nacht sturzbetrunken vor ihrer Türe auf?
Es dauerte eine Weile bis Cara bemerkte, dass Peter an ihrer Schulter immer schwerer wurde und das Schluchzen aufgehört hatte. "Peter?", fragte sie.
Keine Antwort. Er war an ihrer Schulter eingeschlafen.
Cara ließ Peter vorsichtig auf das Sofa zurücksinken. Sie schnappte sich eines der Kissen vom Boden und legte es ihm unter den Kopf. Dann erhob sie sich, legte auch seine Füße auf die Couch, holte eine Decke und breitete sie über ihn aus.
Nachdenklich blickte sie auf ihn herunter. Peter schlief tief und fest. Sie war sich sicher, dass ihn so schnell auch nichts mehr aufwecken würde. Morgen früh würde er jedenfalls einen Kater haben, der sich gewaschen hatte. Sie hoffte, dass er sich bis zum Morgen zumindest soweit erholt hatte, dass er mit ihr reden konnte. Ohne Grund betrank sich niemand dermaßen und sie machte sich ziemlich Sorgen was da passiert war. Leider konnte sie Caine nicht anrufen, da dieser kein Telefon besaß. Daher musste sie wohl oder übel bis morgen früh warten, bevor sie mehr erfahren konnte. Außerdem war sie hundemüde.
Vorsichtshalber stellte sie eine leere Schüssel dicht an die Couch, falls Peter wider erwarten doch aufwachen und ihm schlecht werden sollte. Zwei Aspirin und ein Glas Wasser folgten, ein kleiner Helfer gegen den Kater. Mit einem letzten traurigen Blick auf die schlafende Gestalt beugte sie sich über Peter, strich ihm sanft eine verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht und löschte das Licht bis auf eine kleine Lampe in der Ecke, bevor sie die Treppen hinauf in ihr Schlafzimmer ging. Die Türe ließ sie halb offen stehen, falls Peter in den verbleibenden Stunden, die sie noch schlafen konnte, etwas brauchte. Dann fiel sie vollkommen erschöpft in ihre Kissen.
oooooooooo
Clumsy weckte Cara, indem sie mit ihren kleinen Pfoten auf ihr herumhüpfte und ihr in das Ohr maunzte. Die junge Frau öffnete verschlafen die Augen. Ein leichtes Lächeln glitt über ihre Lippen, als sie nach der Katze griff und ihr die Ohren kraulte.
"Guten Morgen, meine Süße, bist wohl hungrig was?", murmelte sie.
Das kleine Kätzchen miaute zustimmend und rieb ihren Kopf an ihrem Kinn. Kurz darauf fielen Cara die Ereignisse der Nacht wieder ein. Mit einem Ruck setzte sie sich im Bett auf. Ihr Blick fiel auf die Uhr, es war fast Mittag.
"Oh Mist", fluchte Cara und strampelte sich aus dem Bett. Sie nahm sich gerade mal Zeit, ihren Bademantel überzustreifen, bevor sie die Treppe hinunter hetzte, Clumsy ihr dicht auf den Füßen.
Das Wohnzimmer war menschenleer. Nur die sauber zusammengelegte Decke und die Papierknäuel, die in der neben dem Sofa stehenden Schüssel lagen, zeugten davon, dass sie die Vorkommnisse der Nacht nicht geträumt hatte. So wie es schien, hatte Peter das Wohnzimmer aufgeräumt, bevor er sie ohne ein Wort verlassen hatte. Daraus schloss sie, dass es ihm heute Morgen besser ging, doch das änderte nichts an den Sorgen, die sie sich um ihn machte.
Etwas musste geschehen sein und sie war fest entschlossen, es heraus zu finden. In aller Eile ging sie in die Küche und öffnete für die hungrige Katze eine Dose Futter. Nebenher schnappte sie sich ihr Telefon und wählte Peters Nummer. Gleich nach dem ersten Klingeln ging der Anrufbeantworter an, was für sie bedeutete, dass Peter das Handy mit Absicht ausgeschaltet hatte. Sie wusste nicht was mehr überwog, ihre Sorge, oder die aufkeimende Wut.
Sie schmiss das Telefon in die Ecke und zog sich in aller Eile an. Duschen wollte sie in ihrer Buchhandlung, sie war eh schon viel zu spät dran. Als sie zurück in die Küche kam, war Clumsy mit ihrem Frühstück fertig. Bedauernd schaute Cara auf den Kühlschrank, doch sie hatte einfach keine Zeit zum Frühstücken. Sie hob die kleine Katze auf die Arme und ging zu ihrem Wagen.
In regelmäßigen Abständen von fünf Minuten, versuchte sie Peter über ihr Handy zu erreichen. Immer wieder sprang nur der Anrufbeantworter an. Leider hatte sie auch keine Zeit im Appartement seines Vaters vorbei zu fahren, da sie gleich einen Termin mit einem Vertreter hatte.
Schließlich entschloss sie sich wütend dazu auf Peters Anrufbeantworter zu reden. Zum letzen Mal wählte sie die Nummer und sprach: "Hey Peter, ich bin es, Cara. Hör mal, so was kannst du mit mir nicht machen. Du tauchst nachts sturzbetrunken vor meiner Türe auf und am nächsten Morgen bist du wieder verschwunden, ohne auch nur einen Ton zu sagen. Ich dachte bis jetzt eigentlich wir sind Freunde und können über alles reden, doch das scheint ziemlich einseitig zu sein. Du kannst dir nicht vorstellen, dass ich mir genau jetzt große Sorgen um dich mache, oder? Und ich sage dir noch etwas Peter: wenn du dich bis heute Abend nicht gemeldet hast, dann setze ich Kermit auf dich an und der wird dich finden, das schwöre ich dir. Bitte, Peter, melde dich bei mir, ich mache mir wirklich ziemliche Sorgen um dich!"
Der letzte Satz hatte selbst in Caras Ohren ziemlich traurig und flehend geklungen, im Gegensatz zum Beginn, als ihre Wut eindeutig die Oberhand gehabt hatte. Ab jetzt konnte sie nur bangen und hoffen.
Das Auto des Vertreters stand schon vor ihrer Ladentüre, als sie den Motor abstellte. Sie seufzte innerlich, holte tief Luft und ergab sich in ihr Schicksal. Das Gespräch mit dem Vertreter würde hoffentlich nicht schief gehen und sie hoffte, zumindest so lange ihre Gedanken beisammen zu halten. Mit einem geschäftsmäßigen Lächeln stieg sie aus dem Wagen und streckte dem Vertreter die Hand hin.
Knapp eine Stunde später war sie heilfroh, dass der Vertreter wieder weg war. Zumindest konnte sie einen kleinen Erfolg verbuchen. Sie hatte den Liefervertrag zu ihren Gunsten abschließen können, auch wenn ihr bei dem Geplapper des Mannes bald die Ohren abgefallen waren. Erleichtert ließ sie sich auf das Sofa in ihrer oberen Wohnung fallen. Clumsy sprang auf ihren Schoß und sie streichelte sie abwesend.
Ihre Gedanken irrten wieder zu Peter. Warum meldete er sich nicht? So langsam wurde sie immer unruhiger. Sie beschloss, Arbeit sei die beste Medizin, aber zuvor wollte sie die Dusche nachholen, die sie heute Morgen hatte ausfallen lassen müssen.
Eine Viertelstunde später ging sie in ihren Laden herunter und machte da weiter, wo sie am Vorabend aufgehört hatte. Dennoch konnte sie nicht verhindern, dass ihre Gedanken nach wie vor um Peter kreisten.
Zu ihrem eigenen Erstaunen kam sie ganz gut voran. Langsam aber sicher wurden die Regale immer voller. Der Laden nahm immer mehr Form an. Ein Geräusch ließ Cara auf dem Absatz herum fahren. Trotz ihrer miesen Laune musste sie doch über das, was sie da sah, lachen.
Clumsy machte ihrem Namen mal wieder alle Ehre. Sie war auf die Theke geklettert, wo noch Caras Aufzeichnungen von gestern herum lagen. Dabei war sie wohl auf den Blättern ins Rutschen gekommen und war mit sämtlichen Notizen auf den Boden gepurzelt. Da lag sie nun auf dem Rücken, versuchte sich aus den Papieren zu kämpfen und maunzte beleidigt.
Cara ging lachend zu Clumsy und befreite sie aus ihrer Notlage. Die Katze warf ihr nur einen eingeschnappten Blick zu und trollte sich von dannen. Die junge Frau schüttelte den Kopf. Mit Clumsy wurde es wahrlich nicht langweilig, dem Kätzchen fiel alles mögliche und unmögliche ein, um Unsinn anzurichten. Sie bückte sich, um die Papiere aufzuheben. Plötzlich überfiel sie wieder dieses komische Gefühl, das sie gestern schon gehabt hatte, als ihr Mr. Singer erschienen war.
Sie drehte sich langsam herum und schrie. Direkt vor ihr hatte sich ein tiefer Abgrund gebildet, der ins Bodenlose zu führen schien. Aus diesem Abgrund kam eine Hand hervor, die sich an den Rand krallte. Mit vor Entsetzen aufgerissenen Augen wich Cara bis an die Wand zurück. Sie zitterte am ganzen Leib und konnte sich nicht mehr bewegen.
Der Hand folgten ein Kopf und ein Rumpf. Wiederum war es Mr. Singer, der sich aus dem Abgrund hervor zog, doch er wirkte seltsam verzerrt. Mit steifen Schritten kam er auf sie zu, streckte dabei die Hand nach ihr aus.
Cara schrie erneut. Zu mehr war sie nicht in der Lage. Mr. Singer kam immer näher, sie erkannte zutiefst erschreckt, dass sein Gesicht, je näher er kam, immer mehr einer verzerrten Maske glich. Entsetzt schloss sie die Augen, gleich würde die Gestalt sie berühren. Sie konnte nur noch beten.
Irgendwann, im hintersten Winkel ihres Denkens, der noch funktionierte, bemerkte sie, dass es ziemlich lange dauerte, bis die Gestalt sie berührte. Sie müsste inzwischen längst bei ihr angekommen sein. Sie nahm ihren ganzen Mut, den sie noch aufbringen konnte, zusammen und öffnete die Augen einen spaltbreit.
Die Gestalt und der Abgrund waren weg. Absolut nichts deutete mehr darauf hin, dass hier gerade etwas für sie sehr schreckliches geschehen war.
Caras Knie gaben nach. Wie ein Schluck Wasser, glitt sie an der Wand hinunter. Sie verbarg ihren Kopf zwischen den Knien und verschränkte die Hände über dem Kopf. Trockene Schluchzer schüttelten ihren Körper.
Etwas stupste gegen ihren Knöchel. Sie schrie erneut auf, dann registrierte sie, dass es sich bei diesem Etwas um Clumsy handelte. Sie nahm die Katze hoch und drückte sie eng an sich, schluchzte in das weiche Fell der Kleinen. Das Kätzchen spürte, dass es seiner Herrin nicht gut ging und versuchte ihr Bestes sie zu trösten, indem sie ihr mit ihrer winzigen Zunge über den Hals leckte und leise schnurrte.
Die Nähe des kleinen Wesens half Cara, ihren Schock zu überwinden. Irgendwann saß sie nur noch blass da, kraulte das Kätzchen am Bauch und starrte auf den Fleck, an dem sich vorhin der Abgrund befunden hatte. Immer wieder gingen ihr dieselben Fragen durch den Kopf. Hatte sie sich das nur eingebildet, oder war das tatsächlich geschehen? Vor allen Dingen, zum zweiten Mal innerhalb von zwei Tage. Konnte es sein, dass hier nicht alles mit rechten Dingen zuging? War der Geist Mr. Singers so stark, dass er selbst im Tod nicht ruhen konnte? Oder was war hier los? Verlor sie am Ende noch den Verstand? Was geschah hier nur? Sie hatte keinerlei Erklärung.
Widerstrebend erhob sich Cara mit noch leicht zitternden Beinen und schritt vorsichtig an die Stelle, an der sich der Abgrund befunden hatte. Vor ihr lag nur der Teppichboden. Kein Loch mehr, kein gar nichts. Sie konnte es einfach nicht verstehen. Was sollte sie jetzt nur tun? Sie bezweifelte stark, dass ihr irgendjemand diese Geschichte glauben würde, so abstrakt war das alles.
Ein Klopfen an der Türe ließ sie einige Zeit später zusammen schrecken. Sie hatte wieder begonnen die Bücher einzuräumen, und war so in Gedanken versunken gewesen, dass sie alles um sich herum vergessen hatte.
Sie schaute zur Türe. Caine stand dort und wartete geduldig, bis er herein gelassen wurde. Cara eilte zur Türe und öffnete sie, ließ Caine in den Raum treten. Sofort fiel ihr Peter wieder ein. Sie betrachtete Caine genauer, wie auch er sie studierte und meinte den Hauch von Besorgnis in seinen Zügen erkennen zu können.
"Hallo Caine", sagte Cara leise und verbeugte sich vor ihm zur Begrüßung.
"Cara", erwiderte Caine und verbeugte sich ebenfalls, sie keine Sekunde aus den Augen lassend. "Du bist durcheinander", stelle er fest.
Cara seufzte tief. Sie war nicht gewillt, ihm die Vorkommnisse der letzten Stunde zu berichten, so deutete sie nur einladend auf das Sofa und erwiderte: "Ja, ich mache mir Sorgen um Peter, hast du ihn heute schon gesehen?"
"Nein, das habe ich nicht. Deswegen bin ich hier. Weißt du, was mit Peter los ist? Er war gestern Abend sehr wütend, als er den Dojo verließ."
Cara erbleichte. Sie hatte gehofft, dass Caine etwas von ihm gehört hatte und diese Hoffnung wurde nun zerschlagen.
"Ich habe keine Ahnung, Caine. Peter tauchte gestern Nacht vor meiner Haustüre völlig betrunken auf. Heute morgen, als ich aufwachte, war er schon wieder weg und ich kann ihn seitdem nirgends erreichen."
Caine zögerte einen Moment mit der nächsten Frage. "Cara, ich weiß dass Peter auch die vorhergehende Nacht bei dir verbracht hat. Willst du mir erzählen, was sich abgespielt hat? Vielleicht finden wir dann einen Hinweis. Peter hat sich im Moment dermaßen abgeschottet, dass ich ihn nicht erreichen kann."
Cara holte tief Luft, versuchte abzuwägen, wie viel sie Caine, sich selbst betreffend, verraten sollte. Schließlich entschloss sie sich dazu, ihm zumindest in dieser Hinsicht die Wahrheit mitzuteilen. Einen Shambhala Meister konnte man eh nicht anlügen, Caine würde das sofort bemerken.
"Peter ist bei mir geblieben, weil ich Probleme mit einem Alptraum hatte", erwiderte sie leise.
Caine legte ihr die Hand an die Wange und schaute ihr tief in die Augen. "Willst du mir erzählen, was dich so erschreckt hat?"
Cara wich zurück. "Nein!" rief sie aus.
Caine akzeptierte ihren Rückzug und fragte weiter. "Was ist dann geschehen, wie war Peters Verhalten?"
"Absolut normal. Auch als er gegangen ist, fiel mir nichts auf."
"Irgend etwas muss geschehen sein, Cara. Versuche dich zu erinnern und teile mir alles mit, an das du dich erinnern kannst."
Cara schloss für einen Moment die Augen und fing dann an alles zu erzählen. Nachdem sie geendet hatte herrschte einige Minuten lang Schweigen. Caine schaute Cara so intensiv an, dass sie es nicht mehr aushalten konnte und den Blick abwandte.
"Mein Sohn ist sehr durcheinander, das ist das Einzige, was ich im Moment von ihm wahr nehmen kann. Nach dem was du mir erzählt hast, gibt es nur zwei Möglichkeiten. Entweder hat er, nachdem er dich verlassen hat, etwas erlebt, was ihn in diese Lage brachte, oder es war Kermits Aussage, die ihn so getroffen hat."
Cara schüttelte den Kopf. "Das zweite kann ich mir nicht vorstellen, Kermit hat mir gesagt, dass zwischen den beiden alles in Ordnung ist und dass er sich bei Peter entschuldigt hat. Wie ich schon sagte, er schien völlig normal zu sein, als er mein Geschäft verließ und gestern Nacht war er zu betrunken, um zu reden."
Caine seufzte leise, die Sorge um seinen Sohn war ihm deutlich anzumerken.
"Dann werde ich mich jetzt auf die Suche nach meinem Sohn machen und wir beide reden später weiter."
Cara senkte den Blick, sie wusste auf was sich die letzten Worte bezogen, daher ging sie gar nicht näher darauf ein.
"Hast du das Gefühl er ist in Gefahr?"
"Nein, das nicht. Er ist nur sehr durcheinander und verletzt."
Cara war deutlich erleichtert. "Wenigstens etwas. Bitte gib mir gleich Bescheid, wenn du ihn gefunden hast. Ich mache mir ziemliche Sorgen um ihn."
Caine legte Cara die Hand an die Wange, brachte sie dazu, ihm in die Augen zu schauen.
"Das werde ich tun. Und du..." sein Blick wurde intensiver. "Wirst morgen bei mir vorbei kommen. Ich werde dir einen Tee zubereiten, der dich Nachts schlafen lässt."
"Ich weiß nicht, ob ich Zeit dazu habe. Ich habe hier sehr viel zu tun", erwiderte sie.
"Cara!" Caines Ton machte deutlich, dass er keinerlei Widerspruch duldete.
Sie wusste wann sie besiegt war. "Ja Meister Caine", erwiderte sie leise.
Die junge Frau erhob sich und verbeugte sich respektvoll vor Caine, der die Geste ebenfalls erwiderte und dann aus dem Laden eilte. Cara schaute ihm noch eine ganze Weile hinterher, bevor sie mit einem leisen Seufzen ihre Arbeit erneut aufnahm.
