Titel: Gotta hold on…
Teil der Serie: Iron's Mystery - Teil 1
Autor: Lja11
Fandom: Avengers - Movies
Disclaimer: Die Original-Charaktere, Bilder, Zeichen etc. aus den Serien/Filmen gehören rechtlich ihren Machern, Darstellern und Erfindern. Eine Urheberrechtsverletzung ist nicht vorgesehen. Ich mache kein Geld hiermit. Nur ein wenig Spaß am Schreiben.
Wörter ca.: 6900
Zeit: Post Civil-War, Post CA-Civil-War
Genre: AU, Freundschaft, Schmerz/Trost,
Charaktere: Tony Stark, Steve Rogers, James „Bucky" Barnes, Pepper Potts, OCs, OC Miss Sophie, OC Dr. Peterson
Beziehungen: keine
Inhalt: Wie in Zeitlupe sah Tony zurück nach oben, als Steve Rogers ein letztes Mal ausholte und den Schild in den ARC-Reaktor stoß…eine Erinnerung, die Tony noch lange Zeit verfolgen würde. Nach Sibirien, nach dem Krankenhaus, nach der Presse und den Reaktionen seiner Freunde, fasst er eine Idee…und Tony wäre nicht Tony, wenn er es sich so einfach ausreden lassen würde. Von niemanden! Nicht einmal von Pepper und Rhodey.
Gotta hold on…
Der Helm flog zur Seite, als der Schild ihn am Kopf getroffen hatte. Wie in Zeitlupe sah Tony zurück nach oben, sah wie Steve Rogers ein letztes Mal ausholte, und den Schild schlussendlich in den ARC-Reaktor stoß.
Das Licht flackerte und der Druck gegen seine Brust enorm.
Erstarrt blickte er in die weiten blauen Augen des Mannes, den er einst als Teammitglied, als Freund bezeichnet hatte. Jenem Mann, den er in den Kampf folgte, den er von der Luft aus beschützte, dem er einst so vertraut hatte.
Doch hier und jetzt zählte das nicht mehr. Er zählte wohl schon länger nicht mehr, egal wie sehr Tony es auch versucht hatte. Nicht nach Sokovia, Ultron und den Maximoff Zwillingen, nicht nach dem Abkommen der Vereinten Nationen, in dem 117 Nationen nach mehr Kontrolle, Verantwortung und Aufsicht von Superhelden verlangten.
Oder dem Wintersoldaten.
Oder der Explosion in Bukarest.
Oder nach dem Auseinanderbrechen des Teams.
Oder dem Flughafen in Leipzig.
Oder dem Gefängnis unter der Meeresoberfläche und Thaddeus Ross, der Macht und Egoismus und Arroganz so gut vereinte, dass es Tony einen Schauer über den Rücken laufen ließ, bevor er sich zusammenriss und dem eiskalten Mann entgegentreten musste.
Erst recht nicht nach Helmut Zemo, der sie alle wie Marionetten am Seile tanzen ließ.
Er spielte mit ihren Emotionen, ihren Gedanken und dem wachsenden Misstrauen, spielte sie gegeneinander auf und hetzte sie am Ende aufeinander. Und alles lief wie geplant für ihn.
Zemo sehnte sich danach die Avengers zu zerstören und wie könnte es besser enden, als mit dem Kampf gegeneinander. Hier und jetzt, mit dem Schild in den Anzug gerammt, jenem Schild, den Howard Stark vor Jahrzehnten gemacht hatte.
Das Knirschen und Brechen des Metalls war laut genug gewesen, das Rauschen in seinen Ohren zu übertönen, als Tony weiter zu Boden gedrückt würde. Er konnte nur zusehen, wie Steve erschöpft zur Seite fiel.
Die Momente, so kurz und unwirklich, schienen viel zu lang zu dauern, als Tony ungläubig und gebrochen aufsah. Seine Augen brannten, sein Puls raste, und doch hielt der Schock ihn gefangen und unfähig sich zu verteidigen.
Er sah wie sich Rogers wieder aufrappelte und den Schild aus dem Metall rauszog. Als Rogers Barnes vom Boden aufhalf und mit dem Rücken zu Tony gewandt die Hydra-Basis verlassen wollte. Hier wusste Tony, dass dies ein Ende war, was keiner je vergessen noch ungeschehen machen konnte. Mit einer Kraft, die er selbst kaum glauben konnte, stieß sich Tony zur Seite und leicht vom Boden auf. Jeder Muskel schien zu protestieren, das Gewicht des Anzugs schien so viel mehr als sonst zu wirken, doch Tony stemmte sich hoch und lehnte sich auf einen Arm.
„Der Schild gehört dir nicht. Du verdienst ihn nicht. Mein Vater hat diesen Schild gemacht." zwang sich Tony zu sagen, bevor seine raue Stimme brach.
Tony sah, wie sich Rogers Schultern kurz versteiften, bevor der Schild aus seinen Händen fiel, und er und Barnes langsam verschwanden.
Tony wagte es nicht wegzusehen, bis sie aus seiner Sicht verschwanden und er die Tür in der Stille der Basis zufallen hörte. Erst dann fiel er unter dem Gewicht des Anzugs nach hinten.
Müde sah er zur Decke.
Sekundenlang?
Minutenlang?
Es war so still um ihn herum...
Still, kalt und einsam…
Als Tony aufwachte, war es dunkel um ihn herum.
Er konnte sich nicht bewegen, er fühlte sich schwer und steif an.
Wie lange lag er schon hier?
Das Licht des ARC-Reaktors war erloschen. Kein Strom bedeutete, dass er keine Hilfe rufen konnte. FRIDAY müsste es noch gelungen sein, seine Koordinaten zu erkennen, bevor der Kontakt abbrach, richtig?
Also war Hilfe bereits auf dem Weg und Tony musste nur noch ein wenig länger aushalten?
Vielleicht…
Seine Augen brannten und Tränen liefen ihm über die Wangen. Er war allein in einer verlassenen Basis in Sibirien, umgeben von Kälte, Dunkelheit und dem Flüstern des Windes.
Und er hatte keine Kraft mehr, konnte sich nicht befreien noch irgendwie aufwärmen.
Trotz der Gefahr, konnte er seine Augen nicht länger offenhalten. Die Kälte umhüllte ihn wie eine eisige Decke, zog ihn weiter in die Tiefe, und Tony konnte nicht anders, als sich fallen zu lassen. Er wusste, dass es keine gute Idee war, dass er wachbleiben sollte. Doch er war so müde. Für einen kurzen Moment ausruhen…
Mr. Stark?" riss eine Stimme ihn aus seinem Schlaf heraus.
Tony stöhnte leise auf.
„„….kalt…er ist …hey…. Zeit aufzuwachen." drängelte ihn jemand sanft aber bestimmt.
Tony grummelte innerlich.
Konnte er nicht einmal fünf Minuten für sich selbst haben ohne dass jeder gleich was von ihm wollte?
Er war sich ziemlich sicher, dass er keinen 'wichtigen' Termin vergessen hatte, also warum musste ihn Pepper gerade jetzt wecken?
Und warum war es so verdammt kalt?
„Mr. Stark?"
Tiefe Stimme, dachte Tony langsam registrierend, aber das ergab keinen Sinn.
Es sei denn, dass das ganz und gar nicht Pepper war.
Was machte ein Fremder in seinem Zimmer?
Wie war er hier reingekommen und warum hatte FRIDAY ihn nicht gewarnt?
Was sie gehackt wurden?
War…
Sein Atem stockte.
Nein, oh bitte nicht, flehte Tony innerlich, als seine Erinnerung zurückkehrte.
Es war kein Alptraum gewesen.
Der Kampf, der Schmerz, die Kälte.
Er war in Sibirien!
Und wieder hörte er die Stimme neben sich, hörte die Geräusche, die ineinander zu verschwimmen begannen.
Zu müde, zu geschwächt, seine Augenlider fühlten sich wie Gewichte an, die ihn im Dunklen gefangen hielten.
„Wie sieht es aus?" fragte eine andere Stimme.
Ein Ziehen und Zerren an den Seiten ließ ihn schmerzhaft zusammenzucken, bevor ihm klar wurde, was es wirklich bedeutete.
Jemand hantierte am Anzug herum.
Panik riss ihn von einem Moment in den anderen, er fühlte sich, als würde er. Sein Magen zog sich zusammen, der Druck in seiner Brust nahm zu, das Gewicht der Rüstung schien noch schwerer zu werden als es ohnehin schon war.
Oh Gott, bitte lass ihn sich nicht übergeben.
Nach allem, was geschehen war, wollte er wenigstens etwas Würde für sich behalten.
„Wir müssen..." dachte Tony zu hören.
Konnte es sich um Hydra handeln, die ihn jetzt gefunden haben, nachdem ihn der ach so gerechte Superheld hier so pathetisch zurückgelassen hatte?
Oder hatte Thaddeus Ross seine Schergen auf ihn gehetzt und saß irgendwo hysterisch lachend wie ein Schurke, der gerade einen Schritt näher an der Weltherrschaft gekommen war?
Oder waren sie von FRIDAY geschickt wurden?
Oh, bitte, lass es das letzte sein, flehte er, als er gegen die steigende Panik ankämpfte.
Und mit einer Kraft, die er kaum für möglich hielt, riss er seine Augen auf.
Hände legten sich auf seine Wangen als ein Gesicht sich wieder in sein Blickfeld schob.
Tony sah in dunkle, blaue Augen, die ihn ruhig und auffordernd ansahen und wenn Tony richtig sah, ein Militärarzt. Sein Arm trug eine Binde.
Britisch, nicht Amerikanisch oder Russisch.
„Und wir werden jetzt gemeinsam atmen. Ein und aus."
Langsam registrierte Tony, was der Mann von ihm wollte, und folgte den Anweisungen, egal wie schmerzhaft und beklemmend es war.
Ein und Aus.
Ein und Aus.
Ein und Aus.
Was sollte er auch sonst tun, gefangen wie eine Sardine in der Dose, verletzt und kurz vor abdanken, dachte Tony hysterisch.
„Und noch einmal. Ein und aus. So ist es gut."
Tony wollte eine Augenbraue heben, etwas Sarkastisches erwidern, denn nichts war gut.
Dann nickte der Doktor den Männern an der Seite zu.
„Wir müssen den Anzug öffnen um zu sehen, wie wir helfen können. Okay? Gibt es eine Notöffnung, einen Hebel? Mr. Stark?"
Tony wimmerte kurz auf, bevor er sich durchrang zu sprechen. Sein Hals fühlte sich wie Sandpapier an.
„Hüfte, Seite, drehen Notschalter." krächzte Tony stockend und kaum verständlich, doch es schien als würde man ihn verstehen, und er sah Hände seine Seite abtasten.
Plötzlich ertönte ein Klicken, die Männer bewegten die Rüstung und das Gewicht auf seiner Brust lies endlich nach.
Er konnte sich wieder bewegen.
Er konnte…
Es war zu viel für Tony.
Es schien, als würde der Schmerz sich vervielfachen und das letzte, was Tony hörte, waren hastige Befehle und Anweisungen, bevor ihm schwarz vor Augen wurde.
Wenigstens war er nicht mehr allein in der Kälte Sibiriens…
„Tony." sprach eine Stimme eindringlich, doch Tony reagierte nicht, konnte seinen Blick nicht von der Szene abwenden, die vor so vielen Jahren geschehen war.
„Howard?" rief die Stimme seiner Mutter verzweifelt, die verletzt im Auto saß.
Oh Gott, nicht meine Mama, bitte nicht. Bitte nicht, flehte Tony innerlich.
Sein Blick war auf den kleinen Monitor vor sich gerichtet, der die letzten Minuten seiner Eltern in einer kalten Dezembernacht vor mehr als zwei Jahrzehnten zeigte. Wie das Auto aufprallte und der Motor Feuer fing. Tony musste zuhören, wie sein Vater um Hilfe flehte. Zusehen, wie der Wintersoldat Howard Stark vom Boden hochzog und ihm mehrmals hart ins Gesicht schlug. Die leeren Augen seines Vaters starrten ins Nichts, als Barnes ihn dann zurück zum Auto zerrte und ihn vor dem Steuer platzierte, sodass es aussah, als wäre Howard beim Aufprall hart aufgeschlagen. Und immer wieder hörte er die Stimme seiner Mutter, flehend, verzweifelt und verletzt. Ohne Mitleid, ohne Zögern oder Erbarmen, ging der Soldat auf die andere Seite und reichte ins Innere ohne die Frau selbst anzusehen. Tony hörte seine Mutter sterben, hörte, wie sie langsam erstickte, und zerbrach innerlich als er sich zwang nicht fortzusehen. Das Ende des Videos war das Rauschen, nachdem die Kamera zerschossen wurde. Ein Rauschen, dass in seinen Ohren raste, und ihn sich ruckartig zur Seite drehen ließ.
Und jetzt stand er hier mit dem Mörder seiner Eltern, der nur ein paar Schritte entfernt stand.
„Tony!" sprach Steve eindringlich, beschwörend zugleich, und es war der Ton, der Tony innehalten ließ. Ein Ton, der weder geschockt noch überrascht klang. Ein Ton, der Tony das Blut in den Adern gefrieren ließ und ihn wie ein Dolch ins Herz traf, als er erkannte, was das bedeuten musste.
„Hast du es gewusst?" verlangte Tony zu wissen.
„Nein, nicht das er es war." antwortete Steve zögerlich.
Doch Tony hörte die Lüge allzu deutlich.
„Hör auf mich zu verarschen, Rogers! Hast du es gewusst?" presste Tony hervor.
„Ja."
Tony zuckte zusammen und trat zurück. Er starrte auf den Mann vor ihm. Sah, wie Rogers angespannt auf eine Reaktion von ihm wartete. Doch Tony konnte nichts sagen, konnte nicht begreifen, dass ein einzelnes Wort, ein so einfaches dazu, ihn so hart treffen konnte. Tony drehte sich weg von ihm, sah zurück auf den Monitor, und nichts war mehr wie es war.
Er stoß Captain America zur Seite und griff den Mann an, der seine Eltern ermordet hatte.
Kampf…
Chaos…
Schmerz…
So viel Schmerz.
Und dann kam es, wie es kommen musste.
Er kämpfte gegen den Mann, der einst sein Teammitglied war.
Es endete mit Steve über ihm, dem Helm zerbrochen und dem Schild auf ihn einschlagend. Immer und immer wieder traf der Schild den ARC-Reaktor und immer und immer wieder holte Captain America erneut aus. Und Tony konnte nicht wegsehen, als der Schild ihn mit Schwung traf und dieses Mal feststeckte. Er hörte das Brechen und Knacken, spürte wie der Druck auf seiner Brust zunahm, wie der Schmerz reißend durch ihn schoss und ihm den Atem nahm.
Und Tony schrie…
… und wachte schweißgebadet auf.
Er saß in seinem Bett, in einem privaten Krankenzimmer in London, in dem er sich seit sechs Wochen nach seiner Rettung aus Sibirien befand. Sein Puls raste und seine Hände zitterten. Sein Kopf schmerzte und sein Magen fühlte sich an, als wäre er gerade Achterbahn gefahren. Schwer atmend lehnte er sich zurück und versuchte sich zu beruhigen. Er wusste, dass die Krankenschwester jeden Moment hineinkommen würde. Seitdem er hier war, verfolgte ihn diese Erinnerung bis in seine Träume hinein. Das war eigentlich nichts Neues für ihn. Nicht nach all dem, was er vor Jahren in Afghanistan erlebt hatte oder was in der Zeit mit Iron Man und den Avengers danach gekommen war.
Doch dieses Mal war es schmerzhafter, trauriger, persönlicher als je zuvor. Hier ging es nicht um ihn oder seine Freunde oder Unschuldige und Fremde. Hier ging es um seine Mutter. Jene, die er von allen am meisten vermisste, und die er sich wünschte, wenn alles um ihn herum zu zerbrechen drohte. Ihre Umarmung, ihr Lächeln, ihre sanfte Stimme, die ihn in den Schlaf singen konnte oder ihm Mut machte, wenn er nicht weiterwusste. In seinen Träumen hörte er sie sterben, hörte sie um Hilfe flehen, bis sie schließlich nach ihm selbst rufen würde. Doch Tony konnte sich nicht rühren und ihre Stimme würde immer leiser und verzweifelter klingen, bis er sie nicht mehr hören konnte. Dann würde die Erinnerung an den Kampf kommen. Doch es endete nicht damit, dass er allein mit dem Schild am Boden zurückblieb und nach Stunden in der Kälte gerettet werden würde. Nein, in seinen Träumen gab es dieses eine Ende. Wie der Schild, den sein Vater angefertigt hatte, durch die Hände seines Kindheitshelden, ihn mehr und mehr verletzten bis Tony nicht mehr konnte, bis er schreiend aufgab.
Tony saß in Gedanken versunken, als sich seine Tür leise öffnete, und eine ältere Krankenschwester mit zusammengebunden dunklen Haar und warmherzigen Augen hereinkam.
Erst das Seufzen von Schwester Sophie ließ Tony schüchtern Aufsehen. Seine Augen waren gerötet und seine Nase unangenehm verstopft. Seinen Wangen fühlten sich zu warm an und er hatte die Hände im Schoß verschränkt, als er auf seinem Bett saß.
Während Tony in der ersten Zeit gegen die Lungenentzündung ankämpfte, nahm er seine Umgebung nicht wirklich war. Erst später bemerkte er die erhöhte Security, die Pepper mit sich gebracht hatte, und wie Doktoren und Schwestern überaus freundlich, flirtend, nervös oder zu neugierig auf ihn reagierten. Tony hatte nicht die Kraft viel Charme und Witz spielen zu lassen, so war er meist ruhig und zurückhaltend. Was wiederum viel Gerede brachte, nicht nur warum er die Verletzungen hatte, sondern sich so oder so verhielt. Schwester Sophie war eine der wenigen, die sich nicht verstellte und ihn wie jeden anderen behandelte.
Und es war keine Überraschung, dass eine solche Persönlichkeit lange geheim gehalten werden konnte. Die Presse konnte wie Bluthunde reagieren, wenn sie eine vielversprechende Story witterten, und Tony Stark stand schon immer im Fokus der Medien. Bevor es jedoch zu einem Ansturm von neugierigen Reportern vor der Zimmertür kommen konnte, stürmte auch schon Pepper Potts mit Stark-Industries-Security wie eine Bärenmutter gegen die Massen von neugierigen Leuten an. Und als Pepper ihm dann auch noch das Versprechen abgenommen hatte, erst zu heilen bevor er die Welt wieder in Angriff nahm, stimmte er ihr leise zu. Sie würde ihre Zeit zwischen dem SI-Büro im Herzen Londons, der Presse und der Zeit mit Tony aufteilen. Doch als erstes war sie hier im Krankenhaus für ihn. Sobald sie es erlaubt war, saß sie an seiner Seite, als er zwischen unruhigen Schlaf und schmerzhaften Wachsein gegen die Lungenentzündung und das Fieber kämpfte. Sie hörte sich die Erklärungen der Ärzte an, informierte sich intensiv über die höchstwahrscheinlich für ihn langwierige Heilung, und behielt die Medien mit ihrem PR-Team im Auge. Erst nach Tagen gelang es Tony sich besser auf seine Umgebung zu konzentrieren und Pepper nutzte ihre wohl einzige Chance mit ihm.
Tony sah ihre Überraschung aber auch Erleichterung, dass er ihr das versprochen hatte. So oft hatte er stur und voreilig Krankenhäuser auf eigene Verantwortung verlassen, doch dieses Mal schien alles so anders zu sein. Mit einem seufzen und sanften Nicken, hatte er ihr zugestimmt, bevor er wieder eingeschlafen war.
Pepper erklärte ihm erst später, dass kurz nach seiner Einlieferung es jemanden gelungen war, ein Foto von Tony zu schießen, wie er schlafend an Geräte angeschlossen war, und an die Medien weiterzugeben. Keine Frage, dieser „Beweis" war nicht mehr einzudämmen. Nach dem eisigen Blick von Pepper zu urteilen, konnte er die „arme" Seele nur noch bedauern. Dennoch hatte Pepper entschieden sich entschieden mit einer Pressekonferenz zu warten, während sie und Stark Industries kurze Erklärungen abgaben. Es war ein Spiel auf Zeit. Tony wusste, dass die Situation mit dem Abkommen, Ross, dem Auseinanderbrechen der Avengers eine Menge Kopfzerbrechen brachte. Dazu Sibirien und seine Zeit im Krankenhaus, alles schien sich einfach nur überschlagen zu haben, und Tony wollte sich an liebsten einfach nur irgendwo verstecken. Pepper war ihm sanft durchs Haar gefahren, eine Freundschaftsgeste, wie Tony seit längeren anerkennen musste. Ihr Lächeln und Augenverdrehen zeigten, dass sie sich seinen Wunsch gut vorstellen konnte.
Dann war es soweit gewesen. Pepper trat ruhig und professionell vor Presse. In der Zeit seit seiner Ankunft hier, hatten nicht nur englische, sondern auch jede Menge ausländische Reporter, vor dem Krankenhaus campierten. Pepper sah ihre Ausrüstung, sah wie sie sich ihren Platz angeordnet und „gemütlicher" gemacht hatten. Tony würde längere Zeit hierbleiben und sie würden es genauso. Abwechselnd mit Kollegen, aber bereit ihren Platz in der Menge so lange wie möglich zu behalten. Security hatte dafür gesorgt, dass Eingänge und Richtlinien so gut wie möglich befolgt wurden. Obwohl man zuerst versucht hatte, einen Raum in der Nähe vorzubereiten, ließen sich die hartnäckigen Reporter ihren Platz nicht nehmen, und so wurde eine Absperrung und ein Sprecherpult in den Tagen angebracht. Pepper erkannte eine gute Zahl von ihnen, doch sie ließ sich nichts anmerken. Sie und das PR-Team hatten diskutiert, wie und was gesagt werden würde. Stück für Stück war die Devise. Zu viele Informationen waren in die begonnene UN-Untersuchung involviert. Das Thema der Avengers war dazu praktisch eine tickende Zeitbombe und die ganze Welt schien sich auf noch so jede Information oder These zu stürzen, um sie zu zerreißen oder herbeten zu wollen. Dazu war der Zeitpunkt für Tony im Krankenhaus zu landen für die einen wie Öl ins Feuer und für die anderen wie eine Bestätigung zu welcher Theorie und Meinung sie auch immer standen.
Reporter fragten über seinen Gesundheitszustand und Pepper erzählte ihnen über die Lungenentzündung, ohne auf den Kampf in Sibirien einzugehen. Als sie nach dem Umgang mit den Avengers, die unter Captain America untergetaucht sind, gefragt wurde, zögerte Pepper eine Sekunde, bevor sie ruhig aber entschieden antwortete, dass Untersuchungen dazu geführt werden. Nicht, dass es viel brachte. Im Großen und Ganzen umging sie die sich wiederholenden, wenn auch unterschiedlich formulierten Fragen zu den Avengers, den Zusammenhängen mit den Vorfällen in Sokovia, Bukarest und Leipzig, sowie den U.N, indem sie sich konsequent auf die andauernden Untersuchungen bezog. So schien es sich für Pepper wie eine Ewigkeit anzufühlen, doch sie konnte nicht eher abbrechen, stand ihren Grund um Tony als auch SI zu beschützen. Nicht, dass jemand etwas Anderes von der berühmten Pepper Potts erwartete, die Reporter wussten, dass sie sich die Zähne ausbeißen würden, doch vielleicht würde ja doch noch hier und da Details bekannt werden, die sie keineswegs verpassen wollten. Innerhalb kürzester Zeit gab es Gerüchte, Vermutungen und Konspirationstheorien, die später noch weitgehender in Talkshows und Foren diskutiert und genauer unter die Lupe genommen werden würden.
Theorien und Diskussionen, die Pepper so gut wie möglich von Tony fernzuhalten versuchte. Egal wie schulterzuckend Tony öffentliche Reaktionen versuchte abzuschütteln, sie wusste, wie sehr die Worte und Ansichten Tony treffen konnten.
Als Pepper wieder im Fahrstuhl auf dem Weg zu Tony war, hatten ihre Bodyguards ihr den Rücken zugedreht. Es war ein Moment um kurz Luft holen zu können, eine dankbare Illusion von Privatsphäre. Kurz und nicht wirklich genug, dennoch mehr als gehofft.
Aber zurück zu Miss Sophie, wie Tony sie gern nannte, die ihn nun geduldig ansah, als Tony wieder in Gedanken abgedriftet war.
Sie war eine der wenigen, die Tony nicht mit seinem Ignorieren und Ausblenden einfach vertreiben konnte. Die Frau hatte Nerven aus Stahl oder Geduld wie Gummi oder …
Arrgh, Tony kniff die Augen leicht zusammen.
Miss Sophie, in ihrer langjährigen Erfahrung, hob nur eine Augenbraue.
Tony starrte trotzig zurück und sie wartete ruhig ab.
Tony's Auge fing an zu zucken, bevor seine Schultern nach vorn fielen und er leicht schmollte.
Eins zu null für sie, dachte Tony ergeben.
Tony ignorierte gekonnt den Fakt, dass diese Krankenschwester schon einige Siege in den letzten Wochen verbucht hatte.
Miss Sophie stand mit einem sanften Lächeln neben dem Besucherstuhl.
„Mr. Stark." begann sie, doch Tony unterbrach sie..
„Tony oder sogar Anthony, von mir aus. Anthony Edward wäre ein wenig zu viel, können wir also mit Anthony, vielleicht sogar Tony gehen? Nach all den Nächten, die wir bereits hatten." versuchte sich Tony charmant aus dem Moment herauszureden.
„Anthony." seufzte Schwester Sophie gutwillig und Tony gab ihr ein kleines, triumphiertes Lächeln.
Haha, ein kleiner Sieg für ihn, lobte Tony sich selbst.
Sie war eine der wenigen, die er in den letzten Wochen näher kennengelernt hatte. Dazu war sie nur nachts hier, aber Tony schlief nicht viel. Und da es ziemlich ruhig in dem Flügel war, fand sie hier und da ein wenig Zeit für ihn, wenn er aus einem Alptraum aufschreckte. Bevor Tony sich versah, hatte sie ihn in ihre Welt gezogen. Er erfuhr, dass sie verheiratet war und vier Kinder hatte, eine Schwester, die früher in den USA aber jetzt wieder hier in London lebte. Sie erzählte ihm über Abenteuer, die sie Kind erlebt hatte, über den alten Wald in der Nähe ihres Elternhauses und den verborgenen See. Später, dass sie es liebte zu reisen, und sich jedes Mal eine gute Strategie überlegen musste, ihren Mann zu überzeugen, der eher der mürrische Typ war und ein wenig Zeit brauchte, bevor er den Spaß auf Reise für sich fand. Aber sowas von wert, zwinkerte sie Tony zu.
Tony wusste, dass er heute Nacht keinen Schlaf mehr finden würde. Und da Pepper ihm erst gestern sein letztes, eingeschmuggeltes Tablet, weggenommen hatte, musste er woanders nach Unterhaltung suchen.
Schüchtern, ja beinahe zerbrechlich, worauf er ziemlich stolz war, blickte Tony Schwester Sophie von unten herab an. Ein Blick, auf den jeder Welpe eifersüchtig sein könnte, garantiert.
Schwester Sophie warf einen Blick auf ihre Uhr, nachdenklich, kalkulierend. Doch Tony wusste es besser. Die Frau hatte es schon längst eingeplant. Das hier war wie ein Ritual.
Und das Augenrollen, dass sie ihm so gütiger weise gab, dass ihn denken lassen sollte, einen Sieg errungen zu haben, war es jedes Mal wert.
Wie ein guter Junge, legte er sich hin, zog die Decke zum Kinn und blickte sie erwartend an, während sie sich setzte und überlegte, was sie dieses Mal erzählen würde.
Und Tony lachte mit ihr, als er ihr zuhörte und sie von den dunklen Gedanken ablenkte.
Tony biss sich auf die Lippe, als sein Doktor vor seinem Bett stand, und nachdenklich in die Akte schaute. Eigentlich war der Mann nicht lustig. Im Gegensatz, er war ernst und höflich und großgewachsen. Ein Mann, den andere respektierten und zu ihm aufsahen. Er hatte sehr kurzes Haar, Gedächtnislücken, und absolut keinen Humor, wenn es um seinen Bart ging.
Ein gepflegter Schnurrbart.
Definitiv zeitintensive Pflege.
Ein Schnurrbart, wo der rechte Zwirbel nicht wusste was der linke Zwirbel tat. Aber Tony würde nicht lachen. Nein, ganz sicher nicht. Wenn er nur endlich wegsehen könnte, würde das ganze einfacher sein.
„…dann gibt es keine Widersprüche." beendete Doktor Peterson und sah Tony abwartend an.
Oh, verflixter Zwirbel, fluchte Tony innerlich. Wann hatte der Mann vor ihm angefangen zu reden?
„Ähm…" versuchte Tony sich Zeit zu schaffen.
„Ja?" fragte der Peterson abwartend.
„…könnten wir den letzten Teil noch mal wiederholen? Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich das richtig verstanden hab." wich Tony aus.
Peterson blinkte kurz, sah noch einmal auf die Akte in seinen Händen, dann zu Tony.
„Mr. Stark…"
Oh, oh, Tony kannte den Ton. Seine Lehrer waren gut darin, seinen Namen so auszusprechen. Pepper war ein Meister darin, da gab es niemand besseren. Oder Rhodey. Oder Phil Coulson oder Fury. Tony sollte lieber aufhören, bevor er noch morgen hier saß.
„…nach den letzten Tests zeigt sich, dass nichts gegen eine Entlassung spricht, wenn sie sich weiter an ihren Heilungsplan halten."
Und Tony entspannte sich, als er das hörte.
Endlich! Eine Lungenentzündung, gerade nach seiner Geschichte mit dem ARC-Reaktor war kein Spaß. Dazu das Versprechen zu Pepper und Tony konnte nur hilflos ja und amen sagen, dass er das Krankenhaus erst dann verlassen würde, wenn er das OK vom Arzt bekäme und nicht eher.
Kopfwunde, Gehirnerschütterung, Lungenentzündung, Prellungen im Gesicht, niedrige Blutwerte, Dehydration, Abschürfungen, Schnittwunden, Prellungen, blaue Flecken in ihrer Farbenvielfalt, Quetschung innerer Organe…
„Perfekt." klatschte Tony in die Hand mit mehr Energie als er eigentlich fühlte, und ging Richtung Kleiderschrank, wo er diesen ein wenig außer Atem und lauter als normal aufmachte.
„Und ich soll sie von Miss Potts daran erinnern, den „normalen" Weg einzuhalten und sie nach dem Gespräch hier anzurufen." fuhr der Mann ruhig fort, bevor er ihn noch einmal eindringlich ansah. Tony's Schultern versteiften sich kurz, als die Pause zu lang andauerte. Doch dann ging der Dr. nur noch auf die Entlassungspapiere ein und wünschte ihm eine gute Heimreise. Als sich die Tür hinter Peterson schloss, hielt Tony erschöpft inne. Er lehnte den Kopf gegen den hohen Schrank und atmete langsam ein und aus. Er biss sich auf die Lippe und unterdrückte ein Fluchen, dass er sich nach nur wenigen Schritten bereits so erschöpft fühlte.
Blitzlichtgewitter und Rufe voller Fragen hallten Tony entgegen, als er mit Security und Pepper das Krankenhaus erhobenen Kopfes verließ. Doch dieses Mal konnte und wollte er ihnen kein Medienlächeln schenken. Entschlossen konzentrierte er sich darauf ruhig und gleichmäßig zu atmen, nicht zu schwanken und am liebsten müde wieder hinsetzen zu wollen.
An einem Punkt hielt er inne, erinnerte sich an die vorbereiteten Zeilen von Pepper, und wiederholte sie mit einem dankbaren, freundlichen Lächeln.
Sein Dank an das Krankenhauspersonal, ein Ja, dass er sich zwar wieder besser fühle, aber gern zu Hause weiter erholen würde wollen. Ein, zwei kleine Scherze und ein letzter Dank für die Geduld.
Die verdunkelten Scheiben des Autos gaben Tony endlich den Moment, den Kopf zurückzulehnen und müde die Augen zu schließen. Wenn alles glattging, würde er in etwa einer Stunde am Flughafen ankommen.
Im Hintergrund nahm er die sanfte, klassische Musik war, schlief er auch schon wieder bald ein.
Als Tony auf der Heimreise im Stark Jet immer noch ungewöhnlich ruhig und nachdenklich erschien, lehnte sich Pepper vorsichtig zurück und las in den Dokumenten vor ihr. Nur das Rascheln ihrer Blätter oder die Geräusche des Flug-Personals unterbrachen die Stille um sie herum. Als sie wieder zu ihm sah und etwas sagen wollte, war es sein Spiegelbild im Fenster, das sie schweigend auf die Papiere zurückblicken ließ.
Braune Augen, die müde und verloren in die Weiten des Himmels blickten.
Tony wusste, dass sein Nacken ihm das ganze mehr als nur übelnehmen würde, doch er ignorierte den beginnenden Schmerz starrköpfig und hielt seinen Blick die ganze Zeit Richtung Fenster. Er antwortete abwesend auf die Frage der Flugbegleiterin nach einem Drink mit einem simplen „Wasser", ignorierte ihr reizvolles Lächeln, dass sich im Fenster wiederspiegelte genauso wie den enttäuschten Blick der kurz darauffolgte.
Während des Fluges spürte er Pepper's Blicke auf sich und hörte das nun langsam stetig steigende, passiv-aggressive Rascheln der Formulare und Berichte in ihren Händen. Unauffällig sah er auf seine Uhr und unterdrückte ein Seufzen. Eine Stunde war seit ihrem Start erst vergangen. Damit würden noch ungefähr sieben weitere folgen. Und Tony wusste, dass er etwas sagen sollte. Doch wo und wie konnte er beginnen?
Die Stimmung im Krankenhaus zwischen ihnen war entspannter wie schon lange nicht mehr. Es war beinahe so wie damals am Anfang ihrer Beziehung. Doch mit Iron Man, den Avengers, den Gefahren und Risiken, gerieten sie immer häufiger in Streit und es endete immer öfters mit Schweigen und sich tagelang aus dem Weg gehen bis sie sich schließlich trennten. In ihrem zweiten Versuch hatte er sich noch mehr angestrengt, ihr das zu geben, was sie sich von ihm wünschte. Er zog sich aus dem Heldenleben zurück und er liebte das neue Funkeln, die Hoffnung und Erleichterung in ihren Augen zu sehen, dass er sich für sie entschieden hatte. Pepper war wieder glücklich und ging die neue Chance mit ihm ein.
Doch alles war anders gekommen. Iron Man kehrte zurück und Tony verlor Pepper endgültig. Sie blieb CEO, doch es herrschte nur noch eine höfliche und teils distanzierte Eiszeit zwischen ihnen. Erst nach Monaten und der Unterstützung von Rhodey und Happy hatten sie es geschafft überhaupt wieder miteinander zu reden und leicht scherzen zu können.
Tony wusste, dass eine Beziehung zwischen ihnen zum Scheitern verurteilt war. Selbst mit den Anzeichen, dass es einen erneuten Versuch geben könnte und eine weitere Chance zum Greifen näher schien, würde Tony diese nicht noch einmal ergreifen. Er konnte nicht das sein, was sie sich von ihm als Partner, von ihrem zukünftigen Ehemann vielleicht sogar, wünschte. Und sie konnte nicht das sein, was er lange Zeit so sehr hoffen wollte und versuchte mit beiden Händen festzuhalten und es doch immer wieder durchgleiten lassen zu müssen. Tony wollte Pepper nicht verlieren, nicht als CEO von Stark Industries, erst gar nicht als Freund und Familie.
Durch Sibirien und seine Zeit im Krankenhaus waren sie wieder näher zueinander. Als Freunde und beschützende Familie. Doch jetzt waren sie auf dem Weg nach New York und die Anspannung stieg wieder an. Tony wollte das Neugewonnene mit Pepper nicht schon wieder verlieren. Er wusste nur nicht, wie er jetzt beginnen sollte. Etwas hielt ihn zurück sich jetzt zu ihr umzudrehen. Unsicherheit, Angst? Er biss sich auf die Lippe, ignorierte die wachsende Anspannung in seinen Schultern und Rücken. Er hielt seinen Blick aus dem Fenster gerichtet, nahm das Rascheln von Peppers Richtung wahr und hörte die murmelnden Worte des Flugpersonals. Doch er wagte es nicht, sich zu bewegen.
Später kam die Flugbegleiterin erneut zu ihnen mit frischen, dieses Mal mit dezenten Make-up und erkundigte sich höflich nach weiteren Wünschen. Tony reagierte nicht auf sie, aber er war dankbar für diese professionelle Reaktion. Es ließ ihn ein wenig leichter atmen. Nach den letzten Stunden im Jet fühlte er sich eingeengt und gefangen.
Ein Räuspern ertönte.
Tony ignorierte den Versuch, der seine Aufmerksam erregen sollte. Ein Seufzen folgte und Tony schloss die Augen. Die Enttäuschung war greifbar herauszuhören.
Innerlich flehte Tony Pepper an, es nicht zu tun. Nicht hier drinnen, wo er nirgends hin ausweichen konnte.
Nach einigen Minuten voll unsicheren Schweigens, hörte er sie aufstehen und Richtung Bad gehen. Als die Tür zufiel, ließ Tony seine Schultern zurücksacken und drehte sich zu ihrem Platz. Die Papiere waren in ihrer Tasche, das Glas leer und ihr Telefon lag daneben. Er stand auf, ging zur kleinen Bar und goss sich ein kühles Glas Wasser ein. Doch das half nicht viel. Er ging kurz auf und ab, bevor er sich auf die Couch gegenüber den Sitzen niederließ. Er rieb sich das Gesicht, fuhr sich hilflos durch die Haare, bis er seinen Kopf zurückfallen ließ und die Augen schloss, während er auf ihre Rückkehr wartete. Er wartete auf das Klicken der Tür, das leise Auf- und Zumachen, das Geräusch ihrer Absätze und wie sie sich sanft in ihren Sitz zurück gleiten ließ… nur war es der Platz neben sich, der sich leicht absenkte.
„Happy wird uns am Jet abholen." erzählte sie ihm sanft.
Tony öffnete die Augen und nickte zuhörend.
„Mit etwas Glück, wird die Presse im Flughafen zurückgehalten. Allerdings ist der Tower eine andere Geschichte. Die Spekulationen und Theorien sind verrückter denn je. Reporter sind ständig in der Nähe, um deine Rückkehr nicht zu verpassen. Deine Ankunft wird also schnell die Runde machen."
Pepper sprach leiser, so als würde sie ihn nicht verschrecken wollen mit den Informationen.
Aber Tony ahnte, dass es eine der möglichen Situationen war.
Er hatte die Schlagzeilen in den letzten Tagen überflogen, die jeden Tag aufs Neue manchmal mehr und manchmal weniger auf die Wahrheit trafen.
Im Großen und Ganzen ging es um seine Gesundheit, Fragen um Iron Man, um die Zukunft der Avengers, genauso wer die Verantwortung oder die Schuld tragen würde. Aber genauso gab es auch die Berichte, die alles andere als positiv oder professionell klangen.
Sein Aufenthalt im Krankenhaus, keine Aussagen von ihm, Pepper, SI oder der UN zu den Geschehnissen, seine Rückkehr in die USA erst nach sechs Wochen, hatten die Neugier nur noch mehr geweckt und Spekulationen weiter in die Höhe schießen lassen.
„Also nichts Neues." antwortete Tony leicht lächelnd.
„Nein, nichts Neues." wiederholte Pepper mit einem eigenen Lächeln.
Zum ersten Mal schien die Stille nichts zu wiegen.
„Der Aufsichtsrat will sich in einigen Tagen treffen…mit dir anwesend." wechselte sie das Thema.
„Wollen sie das nicht immer?"
„Tony." Sagte Pepper eindringlich.
„Ja, ja, schon gut. Ich werde da sein. Gib FRIDAY den Termin und ich werde da sein." versicherte ihr Tony.
„Und ich werde ihr die Themen zur Besprechung geben. Geh sie durch, sei vorbereitet und bitte, wenn du über R&D und Designs reden willst, sei freundlicher als sonst. Einige von ihnen sind nervöser als sonst und ich weiß nicht, wie sie auf „Überraschungen" reagieren werden." warnte Pepper ihn müde. Er sah die Sorge in ihren Augen und wusste, wie sehr sie solche Termine beunruhigten, wenn etwas geschehen war und eine Sitzung sobald wie möglich erfolgte.
Tony seufzte ergeben.
„Ich werde mich benehmen, erwachsen, respektvoll und tolerant sein." murmelte er zustimmend.
Seine Antwort ließ Pepper die Augen rollen, doch sie nutzte die Gunst der Stunde und fuhr fort.
„Rhodey und Vision werden bereits im Tower sein. Pläne, Abschriften und andere Formulare in deinem Büro im Penthouse oben." zählte sie auf.
„Mmh. Auch die vom Komplex?" fragte er, aber sah sie nicht an.
„Ja.", war ihre kurz und schmerzlose Antwort.
Was auch hieß, dass die Reparaturen abgeschlossen waren. Erstaunlich schnell, aber er war auch froh darüber, sich nicht darum kümmern zu müssen.
„Hat sich SHIELD bereits gemeldet?"
Pepper hatte ihm erzählt, dass Phil Coulson der neue Direktor von SHIELD geworden war, aber er war sich sicher, dass Nick Fury nicht weit weg war. Er war niemals weit weg, nie und nimmer, man konnte ihn nur nicht sehen.
Tony wusste, dass Coulson Pepper in London persönlich aufgesucht und sich nach Tony erkundigt hatte. Er wusste nur nicht, wie genau es geendet hatte. Als Pepper zu ihm zurückgekommen war und ihm erzählte, dass „Agent Agent" ziemlich gut für einen Toten von vor vier Jahren wirkte, und sich höflicherweise die Zeit genommen hatte sich nach Tony zu erkunden, hatte Tony nur ein ungläubiges Huh rausgebracht. Tony entschied sich zu dem Zeitpunkt nicht zu erwähnen, dass Pepper plötzlich ein anderes Paar Schuhe trug.
„Maria hat sich gemeldet und einen Termin ausgemacht. FRIDAY hat die Informationen, aber hauptsächlich wollen sie über Konsultation und eventuelle Projekte mit SI reden." erinnerte sich Pepper.
„Und du? Was brauchst du als CEO von SI von mir?" fragte Tony neugierig.
Pepper schnaufte belustigt auf.
„Soweit habe ich alles. Wenn ich deine Unterschrift brauchen sollte, komme ich vorbei. Soweit hast du alle Berichte der Abteilungen in deinem Büro liegen. Momentan sind keine Neueinstellungen dabei, aber die Vorbereitungen für die nächste Expo und Praktika werden bald kommen. Nicht zu vergessen die Pressekonferenzen und Interviews…"
„Sir, Ma'am, wir sind bald da." unterbrach sie die Flugbegleiterin höflich.
Sie begaben sich zurück auf ihre Plätze und schon bald kam die Meldung sich anzuschnallen.
Juchhe, zurück im Chaos und den Folgen und Konsequenzen der letzten Monate, was für ein Spaß, dachte Tony sarkastisch.
„Happy, schön dich zu sehen, wie geht es dir? Gut siehst du aus, ist das ein neuer Anzug? Neue Schuhe, irgendwas wirkt ganz anders?" kommentierte Tony wie sonst auch immer, was Happy mit einem verlegenen Lächeln erwiderte.
„Danke, mir geht's gut. Nein, nicht neu, und wir sollten uns beeilen." antwortete er erleichtert und versuchte Tony gleichzeitig entschieden ins Auto zu schieben.
Tony und Pepper sahen sich überrascht an, als sie plötzlich im Auto saßen.
„Ist etwas passiert, Happy?" fragte Pepper zögernd.
„Nein, nichts passiert. Alles unter Kontrolle…aber lieber vorsichtig und so weiter…"
„Happy…?" fragte Pepper, doch Happy hatte die Tür geschlossen und lief schnellen Schrittes zur Fahrerseite.
„Jemand", begann er gezwungen unschuldig und zögernd.
„…jemand hat einen anonymen Tipp abgegeben, dass es die nächste Maschine aus London ist. Dann habe ich einen Tipp gekriegt, dass einige Reporter versuchen ihren Weg hier raus zu finden. Aber die meisten von der Flughalle werden sich gerade schnellstmöglich mit der vor dem Tower treffen, sobald sie uns vom Platz fahren sehen." teilte er ihnen mit und fuhr sie vom Flugplatz.
Tony nickte ihm im Rückspiegel dankbar zu, als Pepper kurz nach der Erklärung ein Telefongespräch annahm.
Pepper hatte nicht übertrieben, dass Reporter den Tower umzingelten. Happy nahm die Einfahrt zur Garage mit Geduld und Anspannung zugleich. Jeder war einfach nur froh, als sie sich drinnen befanden.
Die NEWS zeigten tonlos, was gleichzeitig unten vor seiner Haustür vor sich ging. Immer wieder gab es die Aufnahme von ihrer Ankunft, wie das Auto Richtung Garage fuhr und von beiden Seiten von Reportern und Kameras belagert und beschrien wurde. Man konnte nicht erkennen, wer genau alles im Wagen saß, aber jeder wusste, dass Tony dabei war. Ein Wunder, dass keinem über die Füße gefahren wurde.
Doch jetzt stand Tony am Panoramafenster, dass die Stadt im goldenen Licht zeigte
„Boss?" unterbrach FRIDAY seine Gedanken.
„Was ist, Babygirl?"
„Colonel Rhodes ist auf dem Weg nach oben von seiner Therapie." berichtete sie ihm in ihrem irischen Akzent.
„Soll ich ihn reinlassen?" fragte sie vorsichtig, als er kurz zögerte.
Tony sah überrascht auf, nickte sichtbar, bevor er ihr ein Lächeln schenkte.
Seitdem er vom Krankenhaus aus Kontakt zu ihr hatte, und jetzt zurück war, hatte er bemerkt, dass sie sensibler auf Ton, Mimik und Gestik achtete.
Der Fahrstuhl öffnete sich und Colonel James „Rhodey" Rhodes trat heraus.
Tony stockte der Atem, als er seinen besten Freund selbst laufend sah. Vor vier Wochen hatte er an einer Idee gearbeitet, diese Pepper für R&D gegeben, und gehofft sich nicht verkalkuliert zu haben.
Ein künstliches Exoskelett.
Trotz der Warnung und dem Wissen, dass es nicht einfach werden würde, begann Rhodey mit dem Training. Es war ein Wunder, dass körperlich schwer forderte und oft Pausen lassen machen musste, aber für den Colonel wert war. R&D arbeiteten bereits in ihrer medizinischen Abteilung mit weltweiten Spezialisten an Testung, Vermarktung und mehr.
Doch hier kam Rhodey nun zu ihm.
Nicht schnell, aber selbstsicher, außer Atem und breit grinsend.
„Hey Tony…" sagte Rhodey warmherzig, als er Tony in eine kurze Umarmung zog.
„…bin besser geworden, obwohl ich noch an meiner Ausdauer arbeiten muss, aber dass ich die Chance hab, ist dein Verdienst…"
„Rhodey." unterbrach Tony ihn schüchtern und heiser, doch Rhodey hielt den Finger hoch.
„Ah, ah, ah, ich meine es ernst. Danke, Tony. Danke für diese Möglichkeit."
Rhodey ließ sich schwerfällig in das Sofa fallen und Tony konnte seine die Müdigkeit in ihm sehen. Er holte zwei Wasser von der Bar, die er dann auf den Tisch vor ihnen stellte. Der Colonel trank dankbar das kühle Nass, beide saßen nebeneinander und sahen aus dem Fenster hinaus.
„Was willst du jetzt machen?" fragte Rhodey nachdenklich, nicht eindringlich und doch auf den Punkt kommend.
Tony seufzte und biss sich auf die Lippe. Er war zurück in New York, es war praktisch das Ende seines „Versteckspieles", was einige Medien gern für seine sechswöchige Auszeit nutzten.
„Ich schätze mal das Übliche. Neue Dinge erfinden, Designs verbessern, Zeit mit Dummy und den anderen verbringen, Papierkram und SI-Versammlungen besuchen, mich von Pepper belehren lassen, wenn ich versuche aus solcher Zeit mit Ausreden zu flüchten…" zählte Tony an seinen Fingern ab, doch sein Lächeln fiel, als Rhodey ihn besorgt ansah. Natürlich wusste Tony, was Rhodey hier wirklich fragte.
Iron Man…
Wie würde es mit Iron Man weitergehen?
Im Krankenhaus hatte man ihm nahegelegt, dass er sich eine längere Pause gönnen sollte. Die Kälte und Krankheit hatten ihn zur Bettruhe gezwungen, aber das war nicht die Erholung, die sein Körper wirklich brauchte. Dazu kamen sein Alter, der jahrelange Einfluss des ARC-Reaktors, seine Gesamtarbeitszeit mit viel zu wenig Schlaf und schlussendlich das Trauma vom Schild auf seinen Oberkörper.
Iron Man…dachte Tony unsicher. Ein so wichtiger Bestandteil seines Lebens und sein eigener Körper konnte ihn nicht mehr wirklich tragen. Aber wenn Tony nicht mehr Iron Man sein konnte… eine Frage, die ihn mehr und mehr schmerzte.
Tony zwang sich den Gedanken nicht zu beenden und zitterte leicht beim Ausatmen.
Rhodey sah es, wollte etwas sagen, doch ließ Tony Zeit eigene Worte zu finden.
„Ich weiß nicht. Noch nicht. Nichts Genaues. Mehr wie Ideen, mögliche Pläne, alles noch im Ausbau." zwang sich Tony ruhig zu sagen.
Rhodey kniff die Augen leicht zusammen.
„Hey, sieh mich nicht so skeptisch an. Wenn ich es weiß, werde ich es dich wissen lassen." versicherte Tony ihm enthusiastisch.
„Bevor oder nachdem es bereits passiert ist?" grummelte Rhodey wissend, was Tony nur noch breiter grinsen ließ.
Die nächsten Tage blieben ruhig, naja weites gehend, wenn man einmal davon absah, dass Reporter und Paparazzi jetzt vor dem Tower hartnäckig Position bezogen hatten, und Pepper, Rhodey und Vision regelmäßig nach ihm sahen.
Was wiederum dazu führte, dass Tony sich nach einigen Stunden in sein Labor zurückzog und FRIDAY die Tür nur in Notfällen entgegen seinem Befehl öffnen dürfte. Und nein, das beinhalte kein Sturmkommando, nur, weil Tony sich ausversehen verschluckte und das Husten ihm die Tränen in die Augen treiben ließ. Oder Dummy seinen Feuerlöscher benutzte und jeder dachte, eines seiner Experimente hätte Feuer gefangen oder war explodiert. Oder dass Rhodey und Pepper eines Morgens einen Schauer über den Rücken fühlten und wussten, dass sich etwas zusammenbraute. Dass Tony was im Schilde führte, aber nirgendswo Anzeichen zu sehen waren, um was es sich handeln könnte. Wenn sie Tony misstrauisch musterten, direkt oder heimlich nachforschten, sah er sie nur belustigt und unschuldig an, und arbeitete enthusiastisch an einem Programm für das SI-Tablet vor ihm.
Nichts zu sehen. Keine Sorge also. Alles wie gewohnt…
Sie konnten ja nicht ahnen, dass sie sowas von Recht behalten würden.
