Titel: Taking Control
Übersetzer: irat
Original: von ‚fake a smile'
Link: s/2954601/1/Taking_Control
1/28 Kapitel
Updates: wegen der Länge der Kapitel nicht so oft wie ich es gern hätte

Inhalt: Es ist der Sommer vor Harrys sechstem Schuljahr und Harry trauert. Aber was passiert, wenn Harry sich verspricht sein Leben selbst in die Hand zu nehmen? Harrys Leben verändert sich drastisch, als er eines Nachts einen unerwarteten Besucher hat.

AN: Vor Buch 6 angesiedelt, das betrifft die Handlung, aber auch Fakten über die Zaubererwelt, z. B. wie das Ministerium den Gebrauch von Magie verfolgt.

Vielen Dank an aragock fürs betaen

Prolog

Der Ligusterweg war eine vollständig normale Straße. Sie war von vollständig normalen Häusern gesäumt. Eines sah fast so aus wie das andere. Die Bewohner dieser Häuser waren ebenfalls alle vollständig normale Menschen, mit der Ausnahme von denjenigen in einem Haus. In diesem Haus lebte eine Familie, die ihr Bestes tat, vollständig normal zu sein. Aber es hatte schon immer einen Aspekt in dem Leben von Mr. und Mrs. Dursley gegeben, der nicht einmal annähernd zu ihrer Definition von Normal passte. Dieser saß auf einem klumpigen Bett in dem kleinsten Zimmer des Hauses. Das Zimmer war mit dem alten und kaputten Spielzeug ihres Sohnes gefüllt, das dieser in seinem verwöhnten Leben angesammelt hatte. Dieser Aspekt war niemand anderes als ihr Neffe Harry Potter.

Harry Potter achtete nicht auf die Vielzahl von Objekten, die in seinem Zimmer verstreut waren. Er saß bewegungslos auf seinem Bett und starrte mit leerem Blick auf die kahle Wand vor ihm. Er saß seit seiner Rückkehr in sein „Zuhause" vor genau 36 Stunden in dieser Position. Harry Potter hatte weder gegessen oder geschlafen oder ein Wort gesprochen noch hatte er auch nur einmal woanders hingesehen.

Es war seine schneeweiße Eule Hedwig, die Harry schließlich aus seiner Starre riss. Sie kehrte von einer nächtlichen Jagd zurück und landete auf seiner Schulter. Sie kniff ihm liebevoll in sein Ohr und schuhute sanft. Aus seinem Trancezustand gerissen schaute Harry auf seinen Wecker und entdeckte, dass es kurz nach drei Uhr morgens war. Harry streichelte gedankenverloren über Hedwigs Federn, als er bemerkte, was er in den letzten 36 Stunden ebenfalls vernachlässigt hatte. Er rannte daraufhin sofort aus seinem Zimmer zur Toilette und ließ eine empörte Eule hinter sich zurück.

Nachdem er sich von seiner drängendsten Sorge befreit hatte, bemerkte Harry, wie hungrig er war. Sein knurrender Magen bekräftigte seine Entscheidung, sich in die Küche zu schleichen, um sich etwas zu Essen zusammenzusuchen. Er ging leise den Flur entlang und die Treppe hinunter und war dabei immer vorsichtig, die Dielen und Treppenstufen zu vermeiden, von denen er wusste, dass sie knarrten. Sobald er sein Ziel erreicht hatte, begann er sich ein Sandwich zu machen. Harry benötigte nur zwei Bissen, um zu erkennen, dass er trotz seines offensichtlichen Hungers nicht wirklich Appetit hatte.

Trotz des immer größer werdenden Übelkeitsgefühls in seinem Magen, zwang Harry den Rest des Sandwichs hinunter. Mit seinem Mitternachtsimbiss fertig räumte Harry die benutzten Dinge weg und machte sich lautlos auf den Weg zurück. Die Treppen hoch und in sein Zimmer, bevor er auf sein Bett fiel und sofort in einen unruhigen Schlaf fiel.

OoOoOoOoOoOoOoO

Die nächsten paar Tage verliefen für Harry auf ähnliche Weise. Er verließ sein Zimmer nur mitten in der Nacht und er hatte keinen seiner Verwandten seit dem Tag, als diese ihn vom Bahnhof King's Cross abgeholt hatten, gesehen. Dies war eines der wenigen Dinge in seinem Leben, für das er im Moment dankbar war.

Er verbrachte diese Tage halb wach und halb schlafend. Um ehrlich zu sein konnte Harry nicht wirklich den Unterschied zwischen Schlafen und Wachen erkennen, da er immer wieder dieselben Momente in seinen Gedanken durchlebte, egal was er tat. Harry hatte ziemlich viel Geschick darin entwickelt, seinen Feinden zu entgehen und sich ihnen zu entziehen. Er tat es, seit er ein Baby war und Voldemort ihn das erste Mal zu einem Ziel gemacht hatte. Seine Jahre praktischer Erfahrung konnten ihm dieses Mal jedoch nicht helfen, da Harry Potter sein eigener schlimmster Feind geworden war. Für den Moment zumindest. Der dunkelste Zauberer des Jahrhunderts plante schließlich noch immer seinen Tod.

Harry konnte den Bildern von der furchtbaren Nacht nicht entkommen. Er hatte fünf seiner engsten Freunde von ihrer Schule in Schottland in das Zaubereiministerium in London und in sichere Gefahr geschleppt; in dem verrückten Versuch, seinen Paten aus den Fängen von Lord Voldemort zu retten. Was Harry nicht gewusst hatte, war, dass er von Voldemort überlistet worden war. Sirius, sein Pate, war in Wahrheit gesund und munter in seinem Londoner Zuhause gewesen. Das folgende Desaster führte zu Verletzungen bei jedem seiner fünf Freunde sowie bei einigen Mitgliedern des Ordens des Phönix, die zu ihrer Rettung gekommen waren und, das Schlimmste von allen, führte zu dem Tod seines Paten, der ein Teil des Rettungsteams gewesen war.

Der Moment, den Harry am häufigsten in seinen Gedanken durchlebte, war der, wie er zusehen musste, wie sein Pate in den verfluchten Schleier fiel. Dieser Moment brachte eine Mischung von Gefühlen in Harry hervor: Schmerz und Trauer wegen dem Verlust von dem Nächsten, was er je an einem Vater kennengelernt hatte, Wut auf die Mörderin, Sirius eigene Cousine Bellatrix Lestrange, Wut gegenüber Sirius, dass dieser das Duell nicht ernst genommen hatte (wenn er nur angegriffen hätte, statt Zeit damit zu verschwenden, sie zu verspotten), Hilflosigkeit, da er nichts anderes hatte tun können als zuzuschauen, wie Sirius durch den Steinbogen fiel und Verwirrung, was der verdammte Schleier überhaupt war.

Remus Lupin, Harrys einzige verbleibende Verbindung zu seinen lang verstorbenen Eltern hatte Harry davon abgehalten, Sirius durch den Bogen zu folgen und hatte erklärt, dass Sirius von ihnen gegangen sei und nicht mehr zurückkehren würde. Jeder, mit dem er seitdem gesprochen hatte, hatte diese Tatsache bestätigt und trotzdem verstand Harry nicht, wie es funktionierte. Wenn der Bogen eine Tür zu der Welt der Toten war, sollte er dann nicht in beide Richtungen funktionieren? Es war schließlich nicht so, als ob Sirius richtig gestorben war und seinen Körper zurückgelassen hatte, während seine Seele zu ihrem nächsten Abenteuer aufgebrochen war. Nein, Sirius hatte noch immer seinen Körper und soweit Harry es betraf, sollte das bedeuten, dass es noch immer Hoffnung gab und er zurückkehren könnte. Hoffnung war alles, was er zu diesem Zeitpunkt noch hatte.

Wenn Harry nicht über die Befindlichkeit seines Paten brütete, durchlebte er den Rest der Geschehnisse dieses Abends. Nach dem Schock, dass Sirius durch den Schleier gefallen war, war Harry Bellatrix hinterher gerannt und hatte ihr den schlimmsten Fluch, den er sich vorstellen konnte, nachgeschickt: den Cruciatus-Fluch. Es war diese Tat, welche mehr als alles andere Harrys Appetit stahl. Der Gedanke an das, was er getan hatte, machte ihn physisch krank. Er hatte einen Unverzeihlichen Fluch benutzt. Nicht nur das, er hatte den seiner Meinung nach schlimmsten Unverzeihlichen gezaubert. Er hatte nicht die Kontrolle über Bellatrix haben wollen oder einen schnellen Tod verursachen wollen. Er hatte ihr Schmerzen zufügen wollen, Bellatrix leiden lassen, so wie er zu diesem Zeitpunkt gelitten hatte und wie er noch immer litt. Sie hatte ihn ob seiner Bemühungen verspottet, da der Fluch nicht richtig funktioniert hatte. Er hatte dabei gelernt, dass man, wenn man den Fluch zauberte, es wirklich genießen musste Anderen Schmerzen zuzufügen. Wenn man es nicht genoss, blieb einem nur das Gefühl des Selbsthasses. Dass er den Fluch ausgesprochen hatte ließ Harry sich fühlen, als sei er nicht besser als Voldemort persönlich.

Es war dieses Gefühl, das Harry gänzlich machtlos sein ließ, als er Voldemort in dieser Nacht gegenüberstand. Er hatte Voldemort damit die Möglichkeit gegeben, Besitz von Harry zu ergreifen und Kontrolle über seinen Körper zu bekommen. Harry fing noch immer an zu zittern, wenn er daran dachte; es gab ihm das Gefühl, als sei er schmutzig, verdorben, als sei er von Dreck überzogen, der niemals weggehen würde. Sein Selbsthass zusammen mit seiner Trauer über den Verlust von Sirius ließ Harry wehrlos zurück und ließ ihn die süße Erlösung des Todes willkommen heißen. Ohne Albus Dumbledores unfehlbares Timing wäre Harry in dieser Nacht mit seinen Eltern und seinem Paten im Jenseits vereint gewesen. In der Schuld des Schulleiters zu stehen war nicht etwas, dass Harry gerade sein wollte.

Harry hatte in dieser Nacht erfahren, dass der glorreiche Schulleiter ihm ziemlich viele Informationen vorenthalten hatte, unter anderem den Grund, warum Voldemort vor fünfzehn Jahren versucht hatte, ihn umzubringen, als er erst fünfzehn Monate alt war und auch den Grund, warum Voldemort Harry in die Mysteriumsabteilung im Zaubereiministerium locken wollte. Harry hatte erfahren, dass vor seiner Geburt eine Prophezeiung ausgesprochen worden war, über den Einen, der die Macht haben würde, Voldemort zu besiegen. Eine Zeile fuhr Harry immer wieder durch den Kopf: „Und der Eine muss von der Hand des Anderen sterben, denn keiner kann leben, während der Andere überlebt." Das war es, auf was Harrys Leben reduziert worden war: töten oder getötet werden. Der ganze Krieg lastete auf Harrys Schultern und niemand hatte ihn darüber aufklären oder ihm helfen wollen sich vorzubereiten.

Der Schulleiter hatte die fünf Jahre, seit sie sich das erste Mal getroffen hatten, gedacht, es sei das Beste, dies vor Harry geheim zu halten. Sicherlich war noch nie etwas Schlechtes herausgekommen, nur weil man aus Ignoranz handelte. Stimmt's? Dumbledore war in dieser Geschichte der talentierte Puppenspieler und Harry hatte erkannt, dass er die ganze Zeit nichts anderes als einer seiner Puppen gewesen war und er hinter der Bühne an den Fäden manipuliert worden war. Harry hatte begriffen, dass die wahre Waffe die der Orden beschützte, die ganze Zeit er selbst gewesen war und er tatsächlich ihre einzige Waffe gegen Voldemort war.

Mit diesem Gedanken erkannte Harry auch, warum er sein ganzes Leben bei seinen grausamen Verwandten verbracht hatte und warum er selbst jetzt kein Mitspracherecht hatte, wo er seine Sommerferien verbrachte. Niemand machte sich um sein Wohlbefinden oder darum, ob er glücklich war, sorgen. Sie wollten nur sicher gehen, dass ihrer wertvollen Waffe nichts zustieß. Harry war alles in seinem Leben überdrüssig: sich selbst, seine Verwandten, der Orden, sein Schulleiter, und vor allem Anderen war Harry es leid, sich hilflos zu fühlen und keine Kontrolle über sein Leben zu haben. Es war sein letzter Gedanke bevor Harry einschlief. Bevor der Schlaf ihn überkam, versprach er sich selbst das er nicht länger untätig herumsitzen und sich manipulieren lassen würde.

„Von jetzt an nehme ich mein Leben selbst in die Hand. Wenn Voldemort mich umbringen will soll er kommen. Das nächste Mal werde ich vorbereitet sein", murmelte Harry, als seine Augenlider immer schwerer wurden und er schließlich einschlief.

Kapitel 1: „Ein unerwarteter Besucher"

Harrys Träume in dieser Nacht begannen auf die gleiche Weise wie sie es immer taten, seit er Sirius verloren hatte. Er sah verzweifelt und hilflos zu, wie sein Pate immer und immer wieder durch den Schleier fiel, als eine ihm bekannte Stimme ihn überraschte: „Du musst wirklich aufhören, so viel zu grübeln Harry."

Harry wirbelte herum und fühlte, wie seine Kinnlade hinunterklappte: „Si... Sirius?", flüsterte er kaum hörbar.

„In Fleisch und Blut." Als er Harrys schmerzerfüllten Gesichtsausdruck sah, fügte er eilig hinzu: „'Tschuldige, die falsche Wortwahl, wenn man meinen derzeitigen Zustand bedenkt, aber ja, Kleiner. Ich bin's."

Harry fühlte, wie Tränen in seinen Augen aufstiegen und die nur zu bekannten Schuldgefühle in ihm hochkamen. Er hielt die Tränen zurück und schaffte es gerade noch so, herauszupressen: „Es tut mir so leid, Sirius. Es ist alles m... meine Schuld. Wenn ich nur nicht so dumm gewesen wäre ..."

„Jetzt mach aber mal halblang, Kleiner", unterbrach ihn Sirius, sein großspuriges Grinsen, das sein Markenzeichen war, im Gesicht. „Ich liebe dich wirklich, aber wenn du weiterhin so tust, als sei alles deine Schuld, habe ich nichts dagegen, etwas Verstand in dich hineinzuklopfen ...das meine ich wörtlich."

„Aber ... wie ... wo ... was ...?" So viele Gedanken und Gefühle schwirrten in Harrys Kopf herum, dass er sich nicht auf einen einzelnen konzentrieren konnte. Sirius war hier und redete mit ihm, aber Sirius war tot. Es war seine Schuld, dass Sirius tot war, aber Sirius war anderer Meinung. Aber wie war Sirius überhaupt in der Lage, mit ihm zu reden? Und überhaupt, war es wirklich Sirius? Harry hielt inne und holte tief Luft: „Wie ist das möglich? ... Bist das wirklich du?"

„Wortgewandt wie immer, ich seh' schon. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich denken, dass du mit einer gewissen Ravenclaw Sucherin redest." Sirius Lächeln wurde breiter, als Harrys Wangen sich unter den Tränenspuren rot verfärbten. „Ohne sie hast du es besser, Harry. Sie war nicht die Richtige für dich. Aber um deine Frage zu beantworten: Es hat mit dem Schleier zu tun und wie ich gestorben bin. Weil ich noch immer meinen physischen Körper habe, habe ich eine stärkere Verbindung zu dieser Welt, als man sonst hätte. Aber bevor du dir Hoffnungen machst: Das bedeutet nicht, dass ich zurückkommen kann, außer du möchtest einen weiteren Dementoren in der Welt haben."

„Dementor?", fragte Harry, verwirrt, von was genau sein Pate redete. Wie passten die Dementoren dazu?

„So ist es. Sobald deine Seele weitergeht, kann sie niemals zurückkehren. Diejenigen, die durch den Schleier gekommen sind und zurückgekehrt sind, haben ihre Seelen verloren und haben das ewige Verlangen, diese Leere zu füllen und daher nähren sie sich von den Seelen Anderer. Ihre wahren Seelen sind - soweit wir wissen - für immer irgendwohin verschwunden."

Harry versuchte das gerade Erklärte in sich aufzunehmen, bevor er mit seinen Fragen fortfuhr: „Aber ich verstehe noch immer nicht, wie du hier sein und mit mir sprechen kannst? Und wo ist hier?" Harry hatte bemerkt, dass sie nicht länger in der Halle des Todes in der Mysteriumsabteilung waren. Stattdessen waren sie in einem Feld aus saftigem grünem Gras, das so weit das Auge reichte von Bäumen, die in gleichmäßigen Abständen gepflanzt worden waren, gesäumt war.

„Das ist eine Fantasievorstellung von dir oder vielleicht auch von mir", erwiderte Sirius und deutete mit seiner Hand auf die Landschaft. „Wie ich schon sagte, ist meine Verbindung zu der physischen Welt stärker, da ich meinen Körper mitgenommen habe. Die Verbindung wird im Laufe der Zeit schwächer werden und ich werde schließlich ganz auf die andere Seite hinübertreten. Stell es dir, wie es die Muggels nennen, als Limbus oder Purgatorium, eine Art Wartezeit vor. Ich bin mir nicht sicher, ob ich jeden besuchen kann, den ich besuchen will, du warst der Erste, bei dem ich es versucht habe. Aber so, wie ich das verstanden habe, sollte einige Zeit vergehen, bevor ich soweit übergetreten bin, dass ich nicht länger kommen kann."

„Hast du meine Eltern gesehen?", brach es aus Harry heraus, nicht in der Lage sich zurückzuhalten, sobald er die Frage in seinem Kopf formuliert hatte. Er trat unbewusst einen Schritt näher zu seinem Paten und wippte vor Ungeduld auf seinen Fußballen auf und ab.

Sirius Grinsen verlor sich ein wenig, als er antwortete: „Habe ich, doch nicht so lang wie ich es gern hätte. Wegen meiner Verbindung zu der physischen Welt kann ich nicht ganz ins Jenseits. Ich stecke im Moment ein wenig in der Mitte fest. Ich kann für kurze Zeit mit deinen Eltern reden, genauso wie ich das mit dir tun kann."

„Was haben sie gesagt? Können sie mich sehen? Haben sie mich beobachtet? Haben sie etwas über mich gesagt?" Eine Frage folgte der anderen, so begierig war Harry, mehr über seine Mum und seinen Dad zu erfahren.

Als Sirius Harrys hungrigen, beinahe verzweifelten Gesichtsausdruck sah, entschied sich Sirius, Harry über dieses bestimmte Thema nicht zu necken. Er ging einen Schritt auf Harry zu und legte eine Hand auf dessen Schulter: „Aye, sie haben seit Jahren ein Auge auf dich. Sind ziemlich stolz auf dich. Sie hatten ein paar Worte zu den Dursley's zu sagen, die ich nicht in Mrs. Weasleys Hörweite wiederholen würde. Deine Mum ist krank vor Sorge, seit sie gesehen hat, wie du mit meinem Tod umgehst. Sie wünscht sich, dass du nicht so hart zu dir selbst bist. James und ich denken das ebenfalls."

„Aber ...", versuchte Harry zu unterbrechen, strich sich den tröstenden Arm seines Paten von seiner Schulter und ging ein paar Schritte von seinem Paten weg. Wie konnte Sirius das sagen, nachdem Harry ihn umgebracht hatte? Wie sollte er nicht so hart mit sich ins Gericht gehen, wenn er den Tod seines eigenen Patens an seinen Händen kleben hatte?

„Aber gar nichts, Harry!", rief Sirius verzweifelt aus, bevor Harry wieder damit anfangen konnte, sich die Schuld zu geben. Harry wandte sich um, um ihn wieder anzusehen. „Es gibt viele Personen, die eine Verantwortung an meinem Tod tragen: Voldemort und Bellatrix sind davon die beiden Bedeutendsten."

Harry blickte finster und sah so aus, als würde er widersprechen wollen, aber Sirius fuhr fort: „Lass uns Dumbledores Anteil nicht vergessen. Er hat dich so lange im Dunkeln gelassen. Ich habe ihn immer wieder gebeten, es dir zu sagen, aber er hat sich geweigert. Ich hätte es dir vielleicht selber gesagt, wenn ich die ganze Geschichte gekannt hätte. Alles, was uns gesagt wurde, war, dass die Prophezeiung in irgendeiner Weise dich und Voldemort betrifft. Wenn Dumbledore nicht so töricht gewesen wäre, wäre Voldemort nie in der Lage gewesen, dich auf diese Weise zu locken, wie er es getan hat."

Sirius kam endlich zu dem Punkt, auf den er am Meisten erpicht gewesen war und er fuhr etwas zittrig fort: „Was mich dazu bringt warum ich heute Nacht zu dir gekommen bin. Ich bin nicht sofort gekommen, weil ich dir Zeit geben wollte, mit meinem Tod zurecht zu kommen. Die vergangene Nacht hast du etwas gefunden, auf das du dich konzentrieren willst, und ich bin hier, um dir dabei zu helfen."

Harry sah verwirrt aus. „Ich verstehe nicht ..."

„Ich bin hier, um dir zu helfen, dein Leben selbst in die Hand zu nehmen, Harry. Du bist ein mächtiger Zauberer wenn du möchtest und ich habe mich entschieden, dir einen Schubs in die richtige Richtung zu geben. Du wirst jedes Training, das du kriegen kannst, brauchen, um Voldemort gegenüberstehen zu können. Ich bin eigentlich geschockt, dass Dumbledore noch nicht einen Teil deines Trainings übernommen hat. Scheint mir ziemlich töricht von ihm zu sein, dass er das nicht getan hat. Er lässt dich unvorbereitet deinem Schicksal entgegensehen. Hätte er vor Jahren angefangen, dich zu trainieren statt dich vor deinem Schicksal zu bewahren, wären deine Fähigkeiten weit fortgeschrittener als sie es jetzt sind." Sirius Stimme wurde leicht ärgerlich, als er seinen Gedankengang beendete.

„Aber wie kannst du mir helfen, wenn du ... du ... tot bist?", fragte Harry und seine Stimme verlor sich in einem Flüstern.

„Harry, bin ich nicht in der Lage, hier mit dir zu reden und mit dir zu interagieren?", fragte Sirius.

„Nun. Ja, aber ..."

„Und während du nicht wirklich Magie außerhalb der Schule in der realen Welt anwenden kannst, hält dich nichts davon ab, es hier zu tun." Harrys Mund stand offen und als Sirius sah, dass er noch nicht in der Lage war, zu reden, fuhr er fort: „Wenn es dir wirklich ernst ist, dass du dein Leben selbst in die Hand nehmen willst, würde ich dir gerne helfen, Harry. Ich habe sogar deine erste Schulstunde schon geplant. Du wirst einen Weg brauchen, um dich schnell zu bewegen, ohne bemerkt zu werden, auch unbemerkt von denen, die durch Tarnumhänge sehen können. Auf diesem Weg konnte ich mich auch bewegen, nachdem ich aus Askaban ausgebrochen war."

„Du wirst mir beibringen, wie man ein Animagus wird?", fragte Harry. Schock und Unglaube war auf seinem Gesicht zu sehen.

Sirius grinste wieder breit und er antwortete: „Das ist der Plan. Und mit ein bisschen Glück wirst du etwas sein, das sich schnell und unbemerkt bewegen kann. Vielleicht kannst du ja fliegen ..."

„Fliegen ...?", murmelte Harry und seine Gedanken schweiften ab, als er an all die Möglichkeiten dachte.

„Aye, es würde auch Sinn machen. Fliegen war schon immer zweite Natur für dich. Es wäre also nur natürlich, wenn sich das in deiner Animagusgestalt manifestieren würde.", meinte Sirius und sah selbstzufrieden aus.

Als Harry sich langsam von seiner Tagträumerei, was seine Animagusgestalt sein könnte, riss, funkelte stählerne Entschlossenheit in seinen Augen, als er in Sirius Augen blickte. „Wann fangen wir an?", fragte Harry ernst.

Sirius lachte leise. „Na, da ist der Harry, den ich kenne und liebe: ein Mann der Tat. Bevor wir damit richtig anfangen können, musst du deine Animagusgestalt herausfinden. Um das zu können, musst du einen Zaubertrank brauen, der dich in einen meditativen Zustand versetzt, in dem du deine Tiergestalt in dir erkennen wirst. Der Zaubertrank braucht ..."

OoOoOoOoOoOoOoO

Harry wachte das erste Mal seit langer Zeit entspannt auf. Die Sonne schien durch die Vorhänge am Fenster und schickte Sonnenstrahlen über sein Gesicht. Er stand auf und fühlte sich so gut wie seit Wochen nicht mehr ... zur Hölle, so gut wie seit Monaten. Er hatte jetzt ein Ziel in seinem Leben und einen Plan. Zugegeben: Der Plan deckte nur den Beginn seines Trainings ab, aber verglichen mit den hilflosen und ziellosen Gefühlen, die ihn gestern erfüllt hatten, fühlte sich Harry wie ein neuer Mensch.

Harry durchbrach seinen monotonen Ablauf, den ganzen Tag im Bett zu verbringen, indem er hinunterging, um zu frühstücken. Er ging in die Küche und entdeckte dort seine Verwandten, die bereits am Frühstückstisch saßen. Seine Tante stand am Herd und bereitete Rührei zu. Sie ließ die Pfanne, die sie in der Hand gehalten hatte, fallen als sie Harrys Anwesenheit bemerkte. Glücklicherweise war die Pfanne in diesem Moment nur ein paar Zentimeter über der Herdplatte, so dass nur ein wenig Ei aus der Pfanne flog. Das Gesicht seines Onkels war hinter der Morgenzeitung versteckt gewesen. Als er hörte, wie die Pfanne hinunterfiel, schaute er auf und sah seinen Neffen. Beide sahen geschockt aus, ihn zu sehen, als ob sie vollständig vergessen hätten, dass ihr Neffe im Moment bei ihnen wohnte. Sein Cousin Dudley war nirgends zu sehen. Er lachte humorlos auf, als er erkannte, dass sie wahrscheinlich wirklich vergessen hatten, dass er da war. Er ignorierte die Dursleys, während er sich zu Ei und Toast verhalf.

Harry schlang sein Frühstück hinunter und stellte seinen Teller neben die Spüle, bevor er wieder hoch in sein Zimmer ging. Trotz seiner veränderten Einstellung war er noch immer weit davon entfernt, vergnügt zu sein und wollte nicht mehr Zeit wie nötig in der Gesellschaft von den Dursleys verbringen. Harry wurde noch immer von Schuldgefühlen und Selbsthass wegen der Geschehnisse im Zaubereiministerium geplagt, aber sein neugefundenes Ziel in seinem Leben, zusammen mit seiner Aufregung, Sirius wiedersehen zu können, gab ihm etwas, auf das er sich konzentrieren konnte und ließ den Schmerz erträglicher werden. Er fühlte sich nicht mehr gänzlich taub gegenüber der Welt.

Als Harry es sich in seinem Zimmer bequem machte, bemerkte er zwei Briefe. Er erinnerte sich vage daran, dass er sie irgendwann während der letzten Tage bekommen hatte. Er war viel zu sehr beschäftigt gewesen, um ihnen Aufmerksamkeit zu schenken, aber nun, da Harry wieder etwas mehr mitbekam, entschied er sich dazu, sie zu lesen. Er nahm den ersten in die Hand und erkannte sofort Rons unordentliches Gekritzel.

Hey Kumpel,

wie geht's dir, Harry? Die Muggels behandeln dich nicht schlecht oder? Wenn Moody sie nicht das Fürchten lehren kann, dann kann das niemand. Mum bearbeitet schon Dumbledore, um dich da rauszuholen, aber er besteht darauf, dass du 'nen bisschen länger bleiben musst. Ich hab nie verstanden, warum du immer wieder zurückgehen musst.

Ginny hat mich damit genervt, dass Pig dir mit meinem Brief auch einen von ihr bringen soll, aber ich hab ihr gesagt, dass sie verschwinden soll. Ich weiß ja, dass du im Moment nicht in der Stimmung sein wirst, mit jemanden zu reden. Ich habe eine Eule von Hermine bekommen und sie macht sich wirklich Sorgen um dich.

Ich hab ihr gesagt, dass sie sich ein bisschen zurückhalten soll. Ich weiß doch, wie penetrant sie sein kann, wenn sie über etwas reden will. Ich bin mir sicher, dass es bald 'ne Gelegenheit geben wird, wo du mir danken kannst, dass ich dich von einer ihrer üblichen Tiraden gerettet hab. Die ist übergeschnappt sag ich dir. Ich werd Mum weiterhin nerven, das sie dafür sorgt, dass Dumbledore dich da raus lässt. Lass dich von den Muggels nicht runterziehen.

Ron

Harry schüttelte frustriert seinen Kopf. Er knüllte Rons Brief zusammen und warf ihn in den Mülleimer. Er hasste es, wenn die Leute auf Zehenspitzen um ihn herumliefen als sei er zerbrechlich und nicht in der Lage, sich um sich selbst zu kümmern. Und es auf so deutliche Weise zu unterstreichen wie Ron es tat ... es war einfach nur lächerlich. Er fasste den Entschluss, Ginny einen Brief zu schreiben, bevor er Ron zurückschreiben würde, um ihr dafür zu danken, dass sie an ihn gedacht hatte. Vielleicht würde Ron dann mitkriegen, dass er keinen weiteren Aufpasser brauchte. 'Andererseits würde ich mich nicht darauf verlassen', dachte Harry. 'Der ist schwer von Begriff sag ich dir.' Wäre er besserer Laune gewesen, hätte er vielleicht über seinen eigenen Witz gelacht. Stattdessen nahm er den nächsten Brief zur Hand und erkannte Hermines säuberliche Handschrift auf dem Pergament.

Lieber Harry,

wie geht es dir? Und wage es nicht, „Mir geht es gut" zurückzuschreiben. Isst du regelmäßig und bekommst du genug Schlaf? Du weißt, Mrs. Weasley wird für Wirbel sorgen, wenn du zurückkommst und aussiehst, als hättest du seit Wochen keine ordentliche Mahlzeit bekommen.

Ich kann mir nur vorstellen, wie furchtbar es dir nach allem, was passiert ist, gehen muss. Ich weiß, du willst nicht wirklich darüber reden, aber bitte stoß mich nicht weg und sperr mich nicht aus, wie du es normalerweise tust. Ich mache mir nur Sorgen um dich und ich möchte dir helfen. Und darüber zu reden kann helfen.

Mir geht es soweit gut, aber ich glaube, meine Eltern merken, dass etwas passiert ist. Ich habe die Dinge in den letzten Jahren etwas beschönigt dargestellt, da ich besorgt war, dass sie mich aus Hogwarts nehmen würden, wenn sie wirklich wüssten, was in unserer Welt passiert und in welcher Gefahr wir gewesen sind. Ich fürchte, es ist Zeit, die Wahrheit zu sagen. Ich hoffe nur, sie sind nicht zu aufgebracht.

Bitte schreib schnell zurück, Harry. Ich würde wirklich gerne von dir hören.

Liebe,

Hermine

Zusammengenommen ein typischer Herminebrief. Immer mit dem Versuch, die Leute zum Reden zu bewegen. Es machte ihm tatsächlich gerade nicht so viel aus, wie es sonst vielleicht der Fall gewesen wäre. Wenigstens behandelte sie ihn nicht, als sei er aus Glas oder versuchte, ihn zu beschützen und zu verhätscheln. Natürlich ... Wenn Harry den Brief gestern gelesen hätte, hätte er höchstwahrscheinlich finster geschaut und den Brief zur Seite geworfen. Aber vor dem Schmerz wegzulaufen schien jetzt nicht mehr ganz so wichtig zu sein. Er musste sich ihm stellen und ihn überwinden, bevor er eine Hilfe im Krieg sein konnte.

Was Harry wirklich über Hermines Brief überraschte, war Hermines Geständnis, dass sie ihre Eltern angelogen hatte. 'Vielleicht haben Ron und ich sie mehr beeinflusst als wir dachten', überlegte Harry. Sie war die Königin der Regeln und hörte auf Autoritätspersonen. Sie musste wirklich Angst gehabt haben, aus Hogwarts genommen zu werden, wenn sie ihre Eltern angelogen hatte.

Bevor Harry anfing, die Briefe zu beantworten, durchsuchte er seinen Koffer nach seinen Zaubertrankutensilien. Sirius hatte ihm gestern Nacht die Zutaten und die Instruktionen für den Animaguszaubertrank gesagt und sie hatten entschieden, dass Harry seine Freunde um Hilfe bitten sollte, um die restlichen Zutaten, die er benötigte, zu bekommen. Er konnte sie nicht selber holen, damit seine Sicherheit nicht gefährdet werden würde. Der Orden beobachtete ihn sicherlich und es könnte Argwohn erregen, wenn er ein Ordensmitglied fragen würde und sie erkennen würden, für was die Zutaten bestimmt waren oder sie könnten seine Motivation hinterfragen. Harry würde seinen Freunden einfach nur sagen, dass er diesen Sommer lernen und vor allem für Snapes UTZ-Unterricht vorbereitet sein wollte, da er in dieser Klasse besonders gut abschneiden musste, um Auror zu werden. Das natürlich nur, wenn er es überhaupt in Snapes UTZ-Unterricht hineinschaffte.

Harry schrieb schnell eine Liste mit den Dingen, die er für den Zaubertrank benötigte und beschloss, Ginny um Hilfe zu bitten. Er wollte aus zwei Gründen nicht riskieren, Hermine zu fragen: Sie war erstens einfach zu schlau und zweitens waren ihre Eltern Muggels, was bedeutete, dass sie nicht so einfach in die Winkelgasse gehen konnte. Das geklärt, holte Harry schließlich Federkiel und Pergament hervor und begann zu schreiben.

OoOoOoOoOoOoOoO

Die Weasleys waren gerade mit dem Abendessen fertig geworden und Ginny stieg nun die Treppen zu ihrem Zimmer hoch. Sie hatte bis jetzt keinen besonders vergnüglichen Sommer gehabt. Sie hatte einen Menschen verloren, der sich, obwohl sie ihn erst ein Jahr zuvor kennen gelernt hatte (und sie ihn davor für einen ausgebrochenen irren Mörder gehalten hatte), schnell zu einer Art Lieblingsonkel entwickelt hatte. Er war ein Erwachsener, theoretisch zumindest, aber er war so voller Leben und Unfug, dass es schwer war, in ihm nicht eher einen Freund als einen Erwachsenen zu sehen.

Sie wusste, dass ihr Verlust nichts gegen Harrys war. Sirius war das nächste gewesen, was er je an einem Vater gehabt hatte. Als sich vor ein paar Tagen ihre Wege getrennt hatten, war Harry in einer sehr schlechten Verfassung gewesen. Er schien beinahe ohne Gefühle zu sein. Nur seine Augen verrieten die wahre Tiefe seines Schmerzes. Sie wusste, dass dies schwer auf ihn lasten musste und dieser noble Blödmann gab sich wahrscheinlich für die ganzen Geschehnisse die Schuld. Nicht dass sie ihm etwas vorwarf. Hatte sie nach dem Zwischenfall mit der Kammer des Schreckens in ihrem ersten Schuljahr nicht dasselbe getan? Sie war von Tom Riddle, sonst als Voldemort bekannt, manipuliert worden. Genau wie Harry.

Ihr Bruder, Ron, der auch ein kompletter Blödmann war, wenn auch aus ganz anderen und weit weniger schmeichelhaften Gründen, half auch nicht. Seitdem sie auf der Zugfahrt nach Hause erwähnt hatte, dass sie mit Dean Thomas zusammen war, hatte er das Thema immer und immer wieder aufgreifen müssen. Nachdem er fünf Jahre lang ohne Probleme mit dem Kerl in der Schule zusammenleben konnte, war Dean Thomas plötzlich ein Depp und ihrer nicht würdig. Als ob! Und der Gipfel des Ganzen war gewesen, als er sich geweigert hatte, ihren Brief zusammen mit seinem zu versenden und behauptet hatte, dass Harry jetzt erstmal Zeit für sich brauchte und keinem weiteren Mädchen zuzuhören brauchte, wie diese über Gefühle und Empfindungen redete. Und redete.

'Wenn er so weitermacht, wird Ron bald unter einen großen Streich leiden müssen' dachte Ginny, während sie reumütig lächelte.

Gerade als sie sich die verschiedenen Wege ausmalte, wie sie an ihrem lieben Bruder Rache nehmen könnte, wurde sie durch ein tap-tap-tap vom Fenster aus ihren Gedanken gerissen. Sie sprang gut einen halben Meter in die Luft, als sie aus ihrer Träumerei aufschreckte. Als sie hinübersah, sah sie etwas, das sie nicht erwartet hatte: eine wunderschöne, schneeweiße Eule mit einem Brief, die versuchte durch ihr Fenster zu kommen. Ginny öffnete das Fenster: „Hedwig? Du weißt, das Rons Zimmer ganz oben ist. Warum ...?"

Sie wurde von einem empörten Schuhuhen von der angesprochenen Eule unterbrochen. Hedwig hielt ihr ungeduldig ihr Bein hin und funkelte dabei das rothaarige Mädchen böse an, das es gewagt hatte, ihre Fähigkeiten, einen Brief an den korrekten Empfänger zu liefern, in Frage zu stellen. Sie stellte nicht falsch zu, und sie stellte ihre Post mit Würde zu, anders als eine andere Eule, von der sie das Missvergnügen hatte, sie zu kennen und welche einer anderen rothaarigen Person gehörte.

Von Hedwigs Antwort auf ihre Fragen angemessen eingeschüchtert zuckte Ginny mit den Schultern und nahm den dargebotenen Brief. Sie förderte eine Schüssel zutage, füllte sie mit Wasser und bot sie der Eule als Friedensangebot an. Während Hedwig einen dankbaren Laut von sich gab und dann trank, schaute Ginny auf den Umschlag in ihrer Hand und wirklich: Der Brief war an sie adressiert. Das Erste, was sie bemerkte, als sie den Umschlag hielt, war dessen Gewicht und Unförmigkeit. Sie riss ihn auf und entdeckte mehrere Goldmünzen darin, zusammen mit zwei Seiten Pergament. Eins war vollständig, das andere ein abgerissenes Stück. 'Na, das ist merkwürdig', dachte Ginny bevor sie den Brief herauszog und anfing zu lesen.

Liebe Ginny,

ich bin mir nicht ganz sicher, wo ich anfangen soll, hab ich dir doch nie zuvor geschrieben; aber ich schätze, der Anfang ist ein guter Platz... Es tut mir leid. Mir tun wirklich eine Menge Dinge leid.

Es tut mir leid, dass ich dich nicht bemerkt habe und dich nicht früher besser kennengelernt habe. Ich habe das letzte Jahr über gelernt, was für eine tolle Person du bist, und ich würde mich glücklich schätzen, dich zu meinen Freunden zu zählen.

Es tut mir leid, dass ich dein Zusammentreffen mit Voldemort vergessen habe. Nachdem du es mir in den Weihnachtsferien in Erinnerung gerufen hast, habe ich gemerkt, dass ich dich nicht einmal gefragt habe, wie du damit umgehst und habe auch nicht einmal sichergestellt, dass du damit zurecht kamst. Ich war ein verdammter Blödmann. Kannst du mir verzeihen?

Es tut mir auch Leid, dass ich dich in die Falle im Ministerium geführt habe. Ich bin dir für deine Hilfe und deine Bereitwilligkeit, in dieser Nacht mit mir zu kommen, dankbar. Ohne dich und die Anderen wäre vielleicht niemand mehr da gewesen, den der Orden hätte retten können.

Ich habe gerade erst den Brief, den ich von Ron bekommen habe, gelesen. Er hat erwähnt, dass du mir einen Brief schicken wolltest und das er sich geweigert hatte, ihn mit seinem zu versenden. Der Dummkopf hat sich so benommen als hätte er mir einen Gefallen getan. Ich habe Ron noch nicht zurückgeschrieben. Das Letzte, was ich brauche, ist noch ein Aufpasser oder jemand, der sich nur auf Zehenspitzen um mich herum bewegt. Stattdessen habe ich mich dazu entschieden, dir zu schreiben. Ich möchte nicht von dir als eine Bekannte oder als die kleine Schwester von meinem besten Freund denken, sondern als eine Freundin. Das heißt, wenn du mich willst.

Nun, da das geklärt ist: Wie geht es dir? Ist dein Knöchel wieder in Ordnung? Ich weiß nicht, wie sehr Sirius Tod dich berührt. Hast du ihn sehr gut gekannt? Ich weiß, dass ihr alle im Hauptquartier gewesen seid, bevor ich es auch dorthin geschafft habe. Ich weiß daher nicht, wie gut du ihn kennengelernt hast oder ob du ihn überhaupt gemocht hast. Außerdem war ich wahrscheinlich sowieso ein wenig zu sehr mit mir selbst beschäftigt, um sehr viel davon zu bemerken, was um mich herum passiert ist.

Gott ich vermisse ihn. Ich kann einfach nicht anders als zu denken: Wenn ich nur nicht so dumm gewesen wäre, vielleicht wäre er jetzt noch hier. Vielleicht würde ich ihm einen Brief schreiben und mich beschweren, dass ich hier festsitze, aber jetzt scheint es im Vergleich nicht mehr so schlimm zu sein, hier zu sein. Ich war für eine Weile in ziemlich schlechter Verfassung. Ich konnte nicht essen und habe kaum mein Zimmer verlassen. Doch ich fange an, mich etwas besser zu fühlen. Letzte Nacht habe ich mir versprochen, mein Leben selbst in die Hand zu nehmen und so einen Fehler nicht noch einmal zu machen, und ich bin heute Morgen aufgewacht, als sei eine Last von meinen Schultern gefallen. Es tut noch immer weh, aber jetzt scheint es erträglich zu sein. Das ist alles, das ich mir zu diesem Zeitpunkt wünschen kann.

Es tut mir leid, dass ich so sehr abschweife. Da kannst du mich vielleicht überhaupt nicht leiden, weil ich dich fast umgebracht habe und jetzt schwafele ich dir hier deine Ohren mit meinen Problemen voll. Ich hoffe dir geht es gut und dass du mir vergeben kannst. Ich fände es gut, wenn wir uns über den Sommer schreiben würden. Ich würde dich gerne besser kennenlernen. Ich habe Hedwig gebeten, bei dir zu warten, falls du antworten möchtest. Wenn du nicht schreiben möchtest, verstehe ich das. Schick Hedwig einfach wieder weg.

Pass auf dich auf

Harry

P.S.: Das habe ich beinahe vergessen. Die Galleonen sind für Zaubertränkezutaten. Ich hatte gehofft, dass du deine Mum überreden könntest, ein paar Dinge für mich in der Apotheke zu holen, da ich nicht wirklich selber in die Winkelgasse gehen kann. Ich habe den Entschluss gefasst, mich über die Ferien mit der Schule zu beschäftigen, da ich nichts besseres zu tun habe und Zaubertränke ist da vorrangig, da ich für Snapes UTZ-Unterricht (angenommen ich komme rein) vorbereitet sein muss. Ich muss gut sein, da ich Auror werden möchte. Ich bin mir nicht sicher, wieviel es kostet, sag deiner Mum also, dass ich - wenn nötig - noch mehr Geld schicken kann. Eine Liste mit den Dingen die ich brauche liegt im Umschlag. Danke Gin, du bist die Beste.

Ginny war sprachlos. Was war das? Er hatte gerade in einem Brief mehr zu ihr gesagt als er wahrscheinlich in den letzten fünf Jahren mit ihr geredet hatte. Er hatte sie praktisch angebettelt, seine Freundin zu werden. Sie hatte gedacht, dass er in ihr nie etwas anderes als Rons kleine Schwester sehen würde.

Es war das schlechtgehütetste Geheimnis der Welt gewesen, das Ginny gewaltig in Harry Potter verschossen gewesen war und sie konnte es nun zugeben, ohne die allzu bekannte Röte zu fühlen, die sich von ihren Wangen bis zu ihren Ohren ausbreitete. Sie hatte Jahre mit der Hoffnung verbracht, dass Harry sie schließlich bemerken würde, erkennen würde, dass er verrückt vor Liebe zu ihr war und sie auf seinem edlem weißen Ross ... Okay, das war nicht ganz das gewesen, was sie sich erhofft hatte. Aber wenn sie jetzt zurückblickte, wusste sie, dass sie auf ein Märchen gewartet hatte. Nur das Märchen nicht real waren. Wie konnte sie erwarten, dass Harry sie bemerkte, wenn sie in seiner Anwesenheit nicht einen einzigen zusammenhängenden Satz sagen konnte? Himmel, sie hatte Probleme damit gehabt, Laute von sich zu geben, die der menschlichen Sprache ähnelten. Sie hatte in ihrem dritten Schuljahr erkannt, wie dumm sie sich verhielt. Wenn sie sich nicht mit Harry unterhalten konnte, würde sie nie etwas für ihn sein.

Der erste Schritt war gewesen, ihr Märchen zu vergessen. Sie gab die Hoffnung auf ihre Märchenromanze mit Harry auf. Sie mochte ihn noch immer, so wie es die meisten Menschen taten, die ihn näher kennen lernten. Nachdem Harry am Ende ihres dritten Schuljahres die dritte Aufgabe des Trimagischen Turniers überstanden und er so gebrochen und verloren ausgesehen hatte, hatte sie beschlossen, Harry auf jede Weise zu helfen, die in ihrer Macht stand. Sie würde seine Freundin sein. Sie hielt sich nicht an irgendeiner romantischen Fantasie fest, dass sie die Schulter sein würde, an der Harry sich anlehnen könnte und diejenige sein würde, die ihm in seinen schwersten Stunden Trost spenden würde. Nein, mit diesen Albernheiten war sie fertig.

Harry brauchte seine Freunde und Familie - und was sie von seiner Familie wusste, war sie dabei keine Hilfe -, um für ihn da zu sein, ihn zu unterstützen und ihm zu helfen, seine Bürde zu tragen. In der Nacht im Krankenflügel zerriss es ihr das Herz, Harry zuzusehen, wie dieser in der Umarmung ihrer Mutter schluchzte. Als ihre Mutter ihre Arme um ihn gelegt hatte, hatte er sich zuerst versteift, als ob er sich nicht sicher sei, was los war, als ob er niemals so gehalten worden wäre. Es war erst später, dass sie begriff, wie wahr dieser Gedanke war. Sie hatte Ron früher über Harrys Verwandte reden hören, aber sie hatte bis zu dieser Nacht nie wirklich begriffen, was er damit wirklich sagte.

Sie war in diesem Sommer im Grimmauldplatz stolz auf sich gewesen. Als Harry schließlich angekommen war, um den Sommer mit ihnen zu verbringen, hatte sie sich nicht in ein dummes, kleines Fangirl verwandelt, wie sie sonst in seiner Anwesenheit geworden war. Sie hatte nicht zugelassen, dass seine Anwesenheit sie überhaupt veränderte. Sie benahm sich in diesem Sommer wie sonst immer. Sie hatte nicht viel mit Harry direkt gesprochen, aber der Punkt war, dass sie nun in der Lage war, mit Harry zu reden. Und sie hatte keine Probleme mehr, in seiner Präsenz mit Anderen zu reden. Das war, traurig genug, ein enormer Fortschritt.

Als die Schule anfing, blieb alles beim Alten, zumindest was Harry anging. Sie war ein Jahr unter ihm und sie hatten daher keinen gemeinsamen Unterricht. Schließlich begann die DA und sie konnte ihn ein wenig öfters sehen. Außerdem hatte Harry durch seine Verbindung mit Voldemort über die Weihnachtsferien den Schlangenangriff auf ihren Vater gesehen. Harry hatte befürchtet, dass er vielleicht von Voldemort besessen worden war und hatte versucht, sich von allen zurückzuziehen. Als sie ihn zur Rede stellte, war sie diejenige gewesen die ihn überzeugen konnte. Er hatte behauptet, dass sie das nicht verstehen würde, aber sie verstand nur zu gut, wie es war, von Voldemort besessen zu sein. Als sie das Tagebuch vom ersten Schuljahr erwähnte, hatte Harry sofort sein Fehlurteil erkannt und schnell sein Verhalten verändert. Endlich hatte Ginny das Gefühl, einmal etwas Nützliches getan zu haben. Sie hatte Harry endlich geholfen.

Während des nächsten Halbjahres hatte sie geholfen, den Plan auszutüfteln, wie Harry mit Sirius reden konnte und am Ende des Schuljahres ging sie mit Harry in das Zaubereiministerium, um Sirius zu retten. Harry hatte versucht, es ihr und den Anderen auszureden, aber sie hatten sich nicht umstimmen lassen. Er musste einfach lernen, dass er nicht alles selber machen konnte. Ginny war immer auf die Abenteuer, die Harry, Ron und Hermine über die Jahre hinweg erlebt hatten, neidisch gewesen. Sie hatte sie in ihrem Kopf in verklärtem Licht gesehen, hatte gedacht, dass sie wundervoll und spaßig und aufregend waren. Nach dieser Nacht waren diese Gedanken sofort verschwunden gewesen.

Ihr Abenteuer war alles andere als wundervoll und spaßig und aufregend gewesen. Es war abwechselnd kalt, ungemütlich, beängstigend, schmerzhaft, voller Hilflosigkeit und Verzweiflung ... Nein. Es war nicht im Geringsten, wie sie es sich vorgestellt hatte. Nichtsdestotrotz wäre sie ohne zu zögern noch einmal gegangen. Es war einfach richtig. Es war ihre Chance, Harry zu helfen und Voldemort zu bekämpfen.

Das bringt uns zurück in das Hier und Jetzt. Ginny hatte Harrys Brief, während sie sich Gedanken gemacht hatte, noch einmal gelesen und sie konnte den Brief den sie in der Hand hielt, noch immer nicht ganz begreifen. Er sah dem Harry, den sie das letzte Jahr über kennen gelernt hatte, gar nicht ähnlich. Und es war eindeutig nicht der gebrochene, ausdruckslose Harry, den sie erst knapp eine Woche zuvor zuletzt gesehen hatte. Harry war berühmt-berüchtigt dafür, dass er nicht gerne über seine Gefühle sprach, aber er war offen zu ihr gewesen. Der Brief hatte einen ernsten Unterton gehabt, aber keinen niedergeschlagenen. Er machte keine Witze oder lachte, aber sie erwartete nicht, dass er zu diesem Zeitpunkt so etwas tun würde. Der Gipfel war aber gewesen, dass er sich aufrichtig Sorgen um sie und um ihre Akzeptanz machte.

Ginny war vollständig verwirrt. Einen Augenblick hatte sie die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass er einfach ähnliche Briefe an alle, die mit ihm zum Ministerium gegangen waren, geschickt hatte, um es hinter sich zu bringen und ihre Fragen und Sorgen zu vermeiden. Aber das konnte nicht sein. Erst einmal hatte Harry geschrieben, dass er Ron noch nicht geschrieben hatte und hatte gesagt, dass er es erst heute geschafft hatte, die Briefe zu lesen. Es gab also keine Möglichkeit, wie Hedwig so viele Zustellungen vor ihrer bereits geschafft haben könnte. Außerdem saß Hedwig in Ginnys Zimmer und wartete, ob Ginny antworten würde. Es ging nicht anders. Sie war die Eine, die er ausgesucht hatte, um an sie zu schreiben. Er hätte zuvor maximal einen anderen Brief verschicken können.

Während sie Hedwig anschaute, schuhute die Eule fragend. „Oh!", Ginny sprang auf und löste sich von ihrem Gedankengang. „Du fragst dich ob ich zurückschreiben werde oder nicht, nicht wahr?" Hedwig nickte und Ginny meinte: „Na, wenn du nicht klug bist. Ich werde versuchen, dich nicht zu lange warten zu lassen." Damit holte Ginny eine Rolle Pergament, einen Federkiel und Tinte aus ihrem Schreibtisch hervor und setzte sich hin, um zu schreiben.

Als Ginny den letzten Satz von ihrem Brief an Harry beendete, fragte sie sich, wie sie ihn unterzeichnen sollte. Normalerweise würde sie „Mit Liebe, Ginny" unterschreiben, aber mit ihrer Vergangenheit was Harry betraf überlegte sie kurz, ob eine Wendung wie „Deine Freundin" sicherer wäre. Am Ende entschied sie, dass sie wirklich nicht darüber nachdenken sollte. Harry war jetzt ein Freund, also würde sie den Brief so unterzeichnen, wie sie jeden anderen Brief an einen ihrer Freunde unterzeichnen würde.

Das geklärt rollte Ginny das Pergament zusammen und ging quer durch den Raum, wo Hedwig am Kopfende ihres Bettes saß. Ginny band die Nachricht an Hedwigs Bein und hielt ihren Arm aus, so dass die Eule darauf hüpfen konnte. Sie durchquerte das Zimmer und ging zum Fenster. Sie öffnete es, gerade als in diesem Moment ihre Türe aufflog und Rons laute Stimme zu hören war. „Ginny was hast du ... Wo ist die Eule hergekommen?", fragte Ron, als Hedwig aus dem Fenster flog.

„Ron, ein Freund hat mir einen Brief geschrieben und ich habe ihm gerade eine Antwort zurückgeschickt", erwiderte Ginny eisig und schlug das Fenster zu. So glücklich sie auch war, von Harry gehört zu haben, ihre Wut auf ihren lieben Bruder hatte sie nicht vergessen.

„Nun, es kann nicht Dean gewesen sein. Ich weiß genau, dass Dean keine weiße Eule besitzt. Wenn ich darüber nachdenke", überlegte Ron laut und lehnte sich an den Türrahmen. „Die einzige Person, die ich in Hogwarts mit einer weißen Eule gesehen habe, ist Harry ..."

„Ja, nun. Ich muss Mum etwas fragen." Ginny ließ Rons ungefragte Frage unbeantwortet und schnappte sich die Zaubertrankliste und die Galleonen, die Harry ihr geschickt hatte. Sie marschierte an Ron vorbei durch die Tür und die Treppen hinunter und ließ ihren Bruder, der noch immer versuchte, herauszufinden, was passierte, in der Türe stehen.

Sie fand ihre Mutter im Wohnzimmer sitzend. Ihre Stricknadeln arbeiteten eifrig neben ihr, während sie durch die letzte Ausgabe der Hexenwoche blätterte. Ginnys Vater saß neben ihrer Mutter auf dem Sofa und untersuchte etwas, von dem Ginny nur annehmen konnte, dass es irgendein Muggelgegenstand war.

„Mum, Harry hat mir einen Brief geschrieben und wollte wissen, ob du diese Sachen für ihn in der Apotheke holen könntest", erklärte Ginny und gab ihr die Liste und die Galleonen. „Er hat gesagt, er möchte dieses Jahr auf Snape vorbereitet sein. Er hofft in den UTZ-Unterricht zu kommen. Er hat gemeint, dass er mehr Geld schicken würde, wenn das geschickte Geld nicht reicht."

„Seit wann schreibt dir Harry?", fragte Ron giftig vom Fußende der Treppe, von wo aus er offensichtlich gelauscht hatte.

In der Hoffnung, einen Streit vorzubeugen, meinte Mrs. Weasley schnell: „Natürlich Liebling. Ich muss sowieso diese Woche in die Winkelgasse. Soll die Apotheke ihm die Sachen zusenden? Oder hattest du vor, sie ihm selber zu schicken?"

Erfolgreich von Rons vernichtenden Blick abgelenkt wandte sich Ginny wieder ihrer Mum zu und antwortete: „Wenn das Geld, dass er geschickt hat die Kosten deckt. Sicher. Wenn nicht, schicke ich sie einfach mit Hedwig, wenn Harry sie das nächste Mal herschickt."

Ginny drehte sich wieder zur Treppe und sah, wie Ron sie finster anblickte. Sie warf ihr Haar zurück und schritt die Treppen hoch ... und ignorierte dabei entschieden ihren Bruder. Als sie ihr Zimmer betrat und die Tür zuwarf, wurde diese sofort wieder mit Schwung geöffnet und Ron betrat wieder ungebeten ihr Zimmer.

„Und?", wollte er lautstark wissen.

„Und was?", fragte Ginny unschuldig. Sie drehte sich um, um ihn anzuschauen und zwirbelte eine Strähne ihres Haares um ihren Finger.

„Du weißt genau, was!", rief Ron aus und gestikulierte mit seinen Händen. „Seit wann bekommst du von Harry Eulen?"

„Du weißt ganz genau, dass ich davor noch nie eine Eule von Harry bekommen habe, du Penner. Harry hat mir heute einen Brief geschrieben und ich habe ihm zurückgeschrieben. Das ist etwas, das Freunde oft tun, wenn sie lange Zeit voneinander getrennt sind. Und wenn du nicht so ein Depp wärst, hätte er wahrscheinlich dir statt mir geschrieben. Also komm' nicht her und lass deine Wut an mir aus", antwortete Ginny so ruhig wie sie konnte. Sie drehte Ron den Rücken zu und ging zu ihrem Fenster, wo sie in den sternenklaren Nachthimmel schaute.

Ron stotterte kurz herum, bevor er aufgebracht antwortete. „Und was zur Hölle soll das heißen? Ich bin Harrys bester Freund. Hedwig konnte mich wahrscheinlich einfach nicht finden und hat deswegen die Zaubertrankliste, die Harry braucht, stattdessen dir gegeben", folgerte Ron.

„Oh, brillante Schlussfolgerung, Ron", meinte Ginny lachend und drehte sich wieder zu ihm um. „Den Teil ausgenommen wo mein Name auf dem Umschlag stand, nicht zu vergessen der lange Brief, der tatsächlich mit den Worten: „Liebe Ginny" anfing."

„Aber das macht keinen Sinn", beharrte Ron. „Harry ist nach allem, was passiert ist, sicherlich noch deprimiert ... Ich nehme an, er wird 'ne gute Woche mit niemanden reden. Ich schätze, er hat die Briefe, die wir ihm geschrieben haben, noch nicht einmal gelesen. Das ist auch der Grund, warum ich deinen Brief nicht mitschicken wollte. Ich hab gedacht, wir warten, bis ich von ihm gehört habe, bevor ich das okay gebe, dass ihr ihm schreiben könnt. Also warum würde er dir einfach so schreiben ... und nicht mal auf meinen Brief antworten?"

„Nun, du scheinst deinen 'besten Freund' ziemlich unterschätzt zu haben und du wirst feststellen, dass er deine Mutmaßungen nicht schätzt. So wie es sich angehört hat schien er über den Brief, den du ihm geschrieben hast, nicht sehr erfreut gewesen zu sein", erwiderte Ginny beiläufig und begann die Unterhaltung zu genießen. Nachdem sie die letzten paar Jahre in einer ähnlichen Situation gewesen war und alles über Harry nur aus zweiter Hand erfahren hatte, fühlte es sich gut an, einmal an Rons Stelle zu sein und er an ihrer.

Ron sah jetzt total verwirrt aus. Er kratzte sich für einen Moment am Kopf in dem Versuch, diese Wendung des Schicksals zu verstehen, bevor er fragte: „Was meinst du?"

Ginny überlegte, ob sie antworten sollte oder nicht. Würde Harry wollen, dass sie Ron sagte, was er in seinem Brief geschrieben hatte? Nun, es hatte sich so angehört, als ob er Ron schreiben wolle und da Ginny wusste, wie schwer von Begriff Ron sein konnte, war Ginny der Meinung, dass er auf sich selbst gestellt nie die richtigen Schlüsse ziehen würde. Sie war zumindest der Meinung, dass es Harry nicht viel ausmachen würde. „Oh, nur etwas was er erwähnt hat. Er brauche keinen weiteren Aufpasser und wie sehr er es hassen würde, wenn die Leute die ganze Zeit auf Zehenspitzen um ihn herum schleichen würden", antwortete Ginny endlich.

Rons Mund klappte einige Male auf und zu und erinnerte Ginny damit an einen Goldfisch. Er sah so aus, als versuche er eine Antwort zu formulieren, aber schüttelte dann doch nur seinen Kopf und verließ, etwas entmutigt, ihr Zimmer.

Ginny zog sich ihr Nachthemd an und beschloss, sich mit einem Buch in ihr Bett zu kuscheln. Es war ohne zu übertreiben ein ziemlich interessanter Tag gewesen. Sie bezweifelte, dass sie in nächster Zukunft schlafen könnte, auch wenn sie es versuchen würde. Es gab einfach zuviel zum Nachdenken. In dieser Nacht las sie nicht sehr viel, noch schlief sie bald ein.

OoOoOoOoOoOoOoO

In dieser Nacht lag Harry in seinem Bett, nicht in der Lage, sich zu entspannen. Er bezweifelte, dass er auch nur eine Sekunde Schlaf finden würde. Er war nervös. Heute Morgen war er erfrischt und voller Zuversicht aufgewacht, aber jetzt machte er sich Sorgen, ob es alles nur ein verrückter Traum gewesen war. Er war sich nicht sicher, ob er Sirius heute Nacht wiedersehen würde. Er wusste nicht einmal, ob es möglich war, das so etwas passierte. Vielleicht war alles nur in seinem Kopf gewesen. Er hatte keine Ahnung, was die Regeln für so etwas waren.

Harry wartete auch ungeduldig auf Hedwigs Rückkehr. Er war überrascht, wie besorgt er war, wie Ginny auf seinen Brief antworten würde. Nachdem er ihn weggeschickt hatte, hatte er sich gefragt, ob er zu offen gewesen war oder zu viel gesagt hatte. Er hatte nicht beabsichtigt, so viel in seinem Brief zu schreiben, aber als er einmal angefangen hatte, konnte er nicht mehr aufhören. Er war in der Woche, seit er in den Ligusterweg zurückgekehrt war, so einsam gewesen. Es hatte sich einfach gut angefühlt, mit jemanden zu reden und seine Gefühle zu zeigen. Ginny war einfach die erste Person gewesen, der er geschrieben hatte und es war alles aus ihm herausgebrochen.

Es war nicht so, dass er Angst hatte, Ginny nicht vertrauen zu können; er fühlte sich einfach nicht wohl bei dem Gedanken, so viel von sich mit anderen Menschen zu teilen. Sie war eindeutig die letzte Person, die auf die dunkle Seite wechseln würde, und er konnte sich auch nicht vorstellen, dass sie umherrannte und jedem erzählte, was er gesagt hatte. Er machte sich einfach nur Sorgen, was sie nun von ihm dachte. Und er kannte sie nicht wirklich gut genug, was ihn nur nervöser machte. Er wünschte, er hätte den Brief nicht so schnell verschickt. Er hätte ihn umschreiben, ihn nicht so persönlich werden lassen können.

Er hoffte wirklich, dass sie es ihm nicht übel nahm, dass er sie beinahe umgebracht hatte und sie nach der Kammer des Schreckens vollständig vernachlässigt hatte. Er konnte zum jetzigen Zeitpunkt alle Freunde, die er kriegen konnte, brauchen, vor Allem einen, der verstand, wie es war, eine Verbindung mit Voldemort in seinem Kopf zu haben. Er konnte noch immer nicht fassen, dass er ihr Zusammentreffen mit Voldemort während seines zweiten Schuljahres vergessen hatte. Es musste die schlimmste Zeit ihres Lebens gewesen sein und er hatte es einfach aus seinem Kopf verbannt, ohne darüber nachzudenken, wie sie damit zurechtkam.

Harry erkannte, dass er oft in seinen eigenen Problemen gefangen war und die von Anderen ignorierte oder vergaß. Zugegeben, seine Probleme waren oftmals weit ernster als die des Durchschnittsmenschen, aber das war keine Entschuldigung, nur Ich-bezogen zu sein. Er würde daran arbeiten müssen und hoffen, dass seine Freunde ihm verzeihen konnten.

Harry fasste den Entschluss, Neville und Luna zu schreiben, sobald er Ron und Hermine geschrieben hatte. Er schuldete ihnen seinen Dank und eine Entschuldigung. Er hatte sie alle in Gefahr gebracht, doch ohne sie hätte er es höchstwahrscheinlich nicht lebend aus dem Ministerium geschafft. Harry war froh, dass er letztes Jahr begonnen hatte, die DA zu unterrichten. Ohne das Extratraining wären sie beim Zusammentreffen mit den Todessern so gut wie tot gewesen.

Er beschloss, mit Dumbledore zu reden, um zu sehen, ob er die DA als einen genehmigten Schulklub weiterführen könnte. Mit dem Training, das er diesen Sommer von Sirius bekommen würde (das heißt, angenommen dass er nicht nur fantasierte, erinnerte sich Harry selbst), sollte er seinen Schulkameraden noch genug beibringen können.

Er hatte den restlichen Tag damit verbracht, sich durch ein paar seiner Textbücher aus den letzten Schuljahren in Hogwarts zu arbeiten. Wenn er am Tag lernen und in der Nacht üben würde, sollte sein Training hoffentlich ohne Probleme ablaufen. Er schaute auch die Bücher durch, die er letztes Jahr zu Weihnachten bekommen hatte und die dazu gedacht waren, ihm beim DA-Unterricht zu helfen. Sie waren, was das anging, bei Weitem seine Lieblingsbücher.

Harry drehte sich um, um auf seine Uhr zu schauen und sah, dass Mitternacht schon vorbei war. Er schaute aus dem Fenster und konnte gerade so einen weißen Fleck in der Ferne ausmachen, von der Dunkelheit kaum zu unterscheiden. Er sprang abrupt auf und begrüßte eine Minute später Hedwig, als diese durch das Fenster flog. „Da bist du ja, Mädchen. Ich habe mich schon gewundert, ob du es nach Hause schaffst." Hedwig schuhute vorwurfsvoll und so korrigierte er sich schnell: „Ich habe es nicht so gemeint. Ich hab nur ungeduldig auf dich gewartet, weil ich nicht schlafen konnte." Das schien die Eule wieder zu beruhigen, da sie ihr Bein ausstreckte und Harry erlaubte, das befestigte Pergament loszubinden.

Harry rollte schnell das Pergament auf, dankbar dafür, etwas zu haben, um seinen ruhelosen Verstand zu beschäftigen und begann zu lesen.

Lieber Harry,

zu sagen, dass ich überrascht war, von dir zu hören, wäre eine ziemliche Untertreibung. Es war aber eine freudige Überraschung. Ich weiß, wie sehr du es hasst, es zu hören, aber ich habe mir Sorgen um dich gemacht. So wie alle Anderen, da bin ich mir sicher. Ich habe mich sehr gefreut zu hören, dass es dir besser geht. Zeit scheint die einzige Hilfe für manche Wunden zu sein und die Tatsache, dass du bereits begonnen hast, zu heilen ist vielversprechend. Ich kann mir nicht vorstellen, dass du jemals ganz heilen wirst, aber irgendwann wirst du einen Punkt erreichen, wo du an ihn denken wirst und lächeln kannst und dich an die ganzen guten Dinge über ihn erinnern wirst.

Was deine Entschuldigungen angeht: Ich übernehme die gleiche Verantwortung dafür, dass wir uns noch nicht besser kennengelernt haben, daher gibt es auch keinen Grund, sich zu entschuldigen. Wenn überhaupt, sollte ich mich dafür entschuldigen, dass ich mich wie ein törichtes Fangirl aufgeführt habe. Ich nehme an, ich hab dich ganz schön in Verlegenheit gebracht. Und ich erwarte kaum, dass du in der Lage gewesen wärst, mich näher kennen zu lernen, da alles, was ich in deiner Gegenwart tun konnte, zu quietschen, zu stottern und mich so schnell wie möglich zu verstecken war. Aber ich verspreche dir, dass ich das überwunden habe. Meine Ellbogen haben jetzt seit fast vier Jahren keine Bekanntschaft mehr mit Butter gemacht.

Ich vergebe dir, dass du mein früheres Zusammentreffen mit Voldemort durch das Tagebuch vergessen hast. Ich werde dich nicht anlügen und sagen, dass es nicht ein wenig wehgetan hat, dass du es vergessen hast. Aber du hattest zu dieser Zeit eine Menge Dinge im Kopf. Was deine Entschuldigung betrifft, uns in eine Falle geführt zu haben: Ich nehme sie nicht an. Nicht, weil ich dir in irgendeiner Weise die Schuld geben würde, sondern weil es nicht deine Schuld war. Du wurdest reingelegt, ganz einfach. Ich hätte in deiner Situation dasselbe getan und wenn in Zukunft eine ähnliche Situation sein sollte, werde ich direkt neben dir sein. Außerdem weiß ich aus erster Hand, wie manipulativ und trickreich er sein kann und wenn du dir hierfür die Schuld geben willst, dann musst du mir auch die Schuld geben, dass ich von einem Tagebuch reingelegt worden bin.

Ich vermisse Sirius auch. Ich habe ihn nicht lange gekannt, aber letzten Sommer ist er so etwas wie ein Lieblingsonkel für mich geworden. Er hatte immer diese Lebensfreude in sich, die ihn von den anderen Erwachsenen unterschied. Es ist traurig, daran zu denken, dass er die letzten 14 Jahre seines Lebens entweder im Gefängnis oder versteckt verbringen musste, aber ich weiß, dass er die letzten zwei Jahre, die er dich kennengelernt hat, für nichts in der Welt getauscht hätte. Er hat dich abgöttisch geliebt und hat immer über dich geredet. Er wollte immer Geschichten über deine verschiedenen Abenteuer hören. Ich tröste mich jedoch mit dem Gedanken, dass er wahrscheinlich im Jenseits mit deinem Vater eine Menge Unfug anstellt. Ich bin mir sicher, dass er glücklich ist, deine Eltern wiederzusehen.

Ich freue mich, dass du mir zustimmst, dass Ron gerade ein Blödmann ist. Er ist diesen Sommer beinahe unerträglich. Seit der Zugfahrt nach Hause redet er die ganze Zeit darüber, was für ein Arsch Dean Thomas ist. Ich habe Ron in den letzten fünf Jahren nicht ein böses Wort über ihn reden hören. Doch kaum erwähne ich ihn einmal und schon ist er in Rons Augen ein zukünftiger Todesser. Ich glaube, er macht das nur, weil er kein Mädchen abkriegt.

Ich fände nichts besser als wenn wir gute Freunde werden würden. Ich kann nicht glauben, dass du dachtest, dass du überhaupt fragen musst. Ich werde immer für dich da sein, wann immer du mich brauchst. Und eine Sache, für die du dich nie entschuldigen musst, ist, wenn du dich mir öffnest oder mit mir redest. Ich werde immer da sein, um dir zuzuhören, egal was du zu sagen hast. Dafür sind Freunde schließlich da, nicht wahr?

Was dein Zaubertrankprojekt angeht (von dem ich nicht eine Sekunde geglaubt habe, dass es irgendetwas damit zu tun hat, dass du für den UTZ-Zaubertrankunterricht lernen willst, aber du musst mir nicht sagen, für was es wirklich ist, wenn du nicht willst): Mum wird die Sachen für dich holen. Sie hatte sowieso vor, bald in die Winkelgasse zu gehen. Wir werden in ein paar Tagen wahrscheinlich alles haben. Schreib schnell zurück.

Mit Liebe

Ginny

Als Harry den Brief fertiggelesen hatte, war Erleichterung auf seinem Gesicht zu sehen. Sie gab ihm keine Schuld und sie hatte außerdem ein gutes Argument gebracht. Er hatte nicht einmal daran gedacht, ihr die Schuld für das, was mit dem Tagebuch und in der Kammer des Schreckens passiert war, zu geben. Er war noch nicht bereit dazu, einfach seine Schuld loszulassen, aber es war auf jeden Fall Stoff zum Nachdenken. Und vielleicht, nur vielleicht, würde auch keiner der Anderen ihm die Schuld geben.

Sie hatte ihn, was die Zaubertrankzutaten betraf, glatt durchschaut, doch sie drängte nicht nach Antworten. Ron oder Hermine hätten wissen wollen, für was sie seien, aber Ginny hatte ihm geholfen, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Sie hatte seine Privatsphäre respektiert. Das war genau das, was er im Moment brauchte, dachte Harry: ein Freund der für ihn da war und ihm zuhörte, wenn er so weit war, der ihn nicht zu mehr drängte als er bereit war, zu diesem Zeitpunkt zu geben und ein Freund, der einige Dinge, die er mit seiner Verbindung zu Voldemort durchmachte, verstehen konnte. Vielleicht könnte Ginny dieses Bedürfnis stillen. Mit diesem tröstenden Gedanken schlief er schließlich ein.

OoOoOoOoOoOoOoO

Harrys Angst erwies sich als völlig unbegründet, da sein Pate vor ihm

auftauchte. „Um Himmels Willen, Harry. Ich hab mich schon gefragt, ob du nie mehr einschlafen würdest", begrüßte Sirius ihn mit einem Lächeln.

„'Tschuldige, ich kam irgendwie nicht zur Ruhe", antwortete Harry abgelenkt, während er seine Umgebung begutachtete. Er war wie es schien in einem kleinen Klassenzimmer, offensichtlich als Vorbereitung zu seinem Training mit Sirius. Der Raum sah wie ein durchschnittliches Hogwartsklassenzimmer aus, nur kleiner. Er fragte sich kurz, ob der Raum von Sirius' oder seinem eigenen Unterbewusstsein kreiert worden war.

„Stressiger Tag?", fragte Sirius.

„Ich würde ihn nicht unbedingt als stressig bezeichnen, aber definitiv zum Nachdenken anregend. Du hast mir eine Menge Dinge zum Nachdenken gegeben und als es später wurde, hatte ich Angst, dass alles nur ein Traum gewesen war und ich niemals wieder die Chance haben würde, dich wiederzusehen", erklärte Harry und seine Augen begannen zu glänzen, als seine Gefühle in ihm hochkamen.

„Verständlich. Ich hatte selber Probleme es zu glauben. Aber ich bin hier und ich bin echt und ich habe vor, dich so lange wie möglich zu besuchen. Also mach dir darüber keine Sorgen, okay Kleiner?"

„Ich hatte einfach Angst, dich wieder zu verlieren."

„Ich weiß, Harry", sagte Sirius und legte einen Arm um die Schultern seines Patenkinds. „Irgendwann werde ich ganz ins Jenseits gehen und ich werde dich nicht mehr besuchen können, aber wir sollten einige Zeit haben, bevor das passiert. Genug Zeit, um uns zu verabschieden und uns daran zu gewöhnen. Also. Was ist mit dem Zaubertrank?"

Harry sammelte sich für einen Moment, bevor er antwortete: „Ich habe einige Zutaten gebraucht, also habe ich Ginny gebeten, sie für mich in der Winkelgasse zu holen. Ginny glaubt, dass sie sie in ein paar Tagen hat."

Sirius grinste übermütig und zog eine Augenbraue hoch. „Ginny, mhmm? Nicht dein gewöhnlicher Weasley-Briefpartner, oder? Was ist passiert? Haben Ron und du Streit oder bist du - was das Weasley-Mädchen angeht - nur endlich zu Verstand gekommen?", fragte Sirius anzüglich.

„Ginny und ich sind nur Freunde."

„Ich habe immer schon gedacht, dass du - was sie angeht - ein bisschen begriffsstutzig bist", fuhr sein Pate fort, als hätte Harry nichts gesagt. „Ich habe sie schon immer sehr gemocht. Hat ein wenig von dem alten Rumtreibergeist in sich. Nicht wie die Zwillinge, die viel zu ungestüm sind. Sie hat dieselbe schelmische Natur, aber sie ist listig. Bei den Zwillingen ist alles Krach und Bumm, aber sie hat Finesse wie ein wahrer Rumtreiber. Und da du sowieso dazu verdammt bist, mit einem Rotschopf zu enden, kann es genauso gut so ein hübscher wie Ginny sein."

„Moment mal, was?", fragte Harry etwas schwer von Begriff. „Wieso bin ich dazu verdammt, mit einem Rotschopf zu enden?" Er kratzte sich am Kopf und versuchte, herauszufinden, wie zur Hölle sie auf dieses Thema gekommen waren und wo dies hinführte.

Sirius lachte herzhaft und wuschelte Harry durchs Haar. „Der Potter Fluch, oder Segen wie James es gern genannt hat. Scheinbar ist jeder männliche Potter dazu verdammt, sich bis über beide Ohren in einen Rotschopf zu verlieben und ihn zu heiraten. James hat es einen Segen genannt, da er sofort wusste, dass Lily die Eine für ihn war. Er hat nicht einmal ein anderes Mädchen in Hogwarts angeguckt. Es bringt also wirklich nichts, dagegen anzukämpfen. Du kannst genauso gut schon mal Ringe kaufen gehen. Vielleicht habe ich ja bald schon eine Schwiegerpatentochter."

„Ich habe im Moment nicht wirklich die Zeit und die Energie, überhaupt über Mädchen nachzudenken. Und meine einzige Erfahrung hat mich nicht dazu inspiriert wieder damit anzufangen. Ron war ein Blödmann und deshalb habe ich mich dazu entschieden, stattdessen Ginny zu schreiben. Ich hatte sowieso vor, ihr zu schreiben, genauso wie Luna und Neville. Ich habe meine Pläne nur ein wenig vorgeschoben, okay?", meinte Harry.

„Wenn du das sagst, Harry", neckte Sirius ihn.

Harry war nicht in der Stimmung für die Spiele von seinem Patenonkel und wechselte schnell das Thema. „Ich habe eine Frage." Als Sirius nickte fuhr Harry fort: „Wie kann ich mich in ein Animagus verwandeln, ohne vom Ministerium Schwierigkeiten wegen Zauberei von Minderjährigen zu bekommen?"

„Das ist elementar, mein lieber Harry. Du benutzt deinen Zauberstab nicht, wenn du dich verwandelst."

„Das verstehe ich nicht. Was hat ein Zauberstab damit zu tun?"

„Es hat alles damit zu tun. Wann immer ein minderjähriger Zauberer einen Zauberstab kauft, wird ein Überwachungszauberspruch auf den Zauberstab gelegt. So können sie einen Überblick über die Leute behalten, die minderjährig Magie anwenden. Nachdem du siebzehn wirst, wird der Zauber von deinem Zauberstab entfernt."

„Aber wie werden Spontanzauber überwacht? Und warum habe ich im Sommer vor meinem zweiten Schuljahr Ärger wegen dem Schwebezauber von Dobby bekommen?"

„Dobby?" fragte Sirius.

„Hauself - lange Geschichte", antwortete Harry ungeduldig.

„Also gut", gab Sirius nach. „Spontanzauber alarmieren wegen der Stärke der Gefühle und der daraus resultierenden magischen Woge andere Sensoren. Spontanzauber treten normalerweise bei jüngeren Kindern auf, weil die älteren mehr Kontrolle über ihre Magie und ihre Gefühle haben. Die Sensoren erkennen nur wenn es eine - lass es uns Magiexplosion nennen - gibt. Was Dobby betrifft muss er entweder deinen Zauberstab verwendet haben oder einen Weg gefunden haben, die Signatur deines Zauberstabes zu imitieren."

„Also wenn ich zauberstablose Magie lernen würde, könnte ich überall ohne Nachwirkungen Magie anwenden?", fragte Harry.

„So ist es. Obwohl du wahrscheinlich mehr Glück haben wirst, wenn du den Verfolgungszauberspruch auf deinem Zauberstab brichst oder einen Ersatzzauberstab stiehlst. Die meisten Erwachsenen haben Probleme, auch nach Jahren des Trainings ein einfaches 'Lumos' oder 'Wingardium Leviosa' zauberstablos zu zaubern. Nur sehr wenige sind imstande, in diesem Zweig der Magie gut zu werden", erklärte Sirius Harry.

Harrys Augen leuchteten auf, als er sich an die Zeit erinnerte, als er einen Zauber ohne Zauberstab ausgeführt hatte. „Als ich letzten Sommer von den Dementoren angegriffen worden bin, habe ich meinen Zauberstab fallen lassen, weil Dudley mich geschlagen hat. Es war dunkel und ich konnte ihn nicht finden. Also habe ich 'Lumos' gesagt und mein Zauberstab ist aufgeleuchtet", brach es aus Harry heraus.

„Das ist erstaunlich!", rief Sirius aus. „Wieso hast du nie etwas gesagt?"

Harry hielt inne, um zu überlegen. „Ich habe nicht daran gedacht. Ich war viel zu sehr über die Dementoren in Little Whinging und über die darauffolgende Anhörung besorgt. Als die Anhörung vorbei war, hatte ich es vollständig vergessen."

Sirius fuhr sich mit seiner Hand über sein Kinn: „Ich verstehe. Es ist zu der Zeit viel passiert. Aber wir müssen schauen ob wir deine zauberstablosen Fähigkeiten entwickeln können. Ich möchte, dass du morgen ein paar einfache Zaubersprüche ohne Zauberstab übst und dann schauen wir mal, was für einen Erfolg du hast. Morgen Nacht können wir dann untersuchen, was du kannst und versuchen, dein Potential abzuschätzen. Wenn du eine gewisse Fertigkeit damit hast, wird dir die Animagusverwandlung leicht fallen. Der schwerste Teil ist es, zu lernen, wie du deine Magie in dir selbst lenkst, um dich zu verwandeln, statt wie üblich mit deinem Zauberstab Zaubersprüche zu zaubern."

„Was glaubst du, wie lang ich brauchen werde, um ein Animagus zu werden?", fragte Harry. „Haben du und Dad nicht einige Jahre gebraucht?"

„Das haben wir, aber du musst bedenken, dass wir keinen Lehrer hatten. Und wir hatten keine Informationen zur Verfügung. Wir mussten in die Verbotene Abteilung der Bibliothek schleichen, um alle Informationen, die wir kriegen konnten, zu bekommen. Das hat die benötigte Zeit wenigstens verdoppelt, wenn nicht mehr."

Sirius hielt inne und kehrte wieder zu ihrer jetzigen Aufgabe zurück: „Es gibt nichts, was wir wegen deinem Animagustraining machen können, bis wir nicht den Zaubertrank haben. Also lass uns heute Nacht ein paar Übungsduelle machen. Ich möchte ein Gefühl dafür bekommen, was du kannst. Ich bin mir nicht sicher, ob hier alles wie in der realen Welt funktioniert. Ich habe ein paar einfache Zaubersprüche ausprobiert und sie schienen normal zu funktionieren. Also probier erstmal ein paar Zaubersprüche aus, um sicherzugehen, dass sie funktionieren. Dann können wir anfangen."

Harry zog seinen Zauberstab hervor, der hinten in seiner Hosentasche steckte und versuchte ein paar einfache Zauber, um seine Magie zu testen. Alles schien normal zu sein, also wandte er sich Sirius zu und nickte. Dann nahmen sie ihre Positionen ein.

Es war deutlich zu sehen, dass Sirius der erfahrenere Duellant war, aber Harry war nicht zu unterschätzen. Viele Anfänger im Duellieren begannen mit dem Gedanken, dass man Zaubersprüche austauschte. Der Gegner bekommt einen Versuch, du bekommst einen Versuch und wieder von vorne. Harry schien ebenfalls auf diesem Weg zu beginnen, lernte aber schnell, dass Sirius da nicht mitspielte. Harry würde an seiner Zauberschnelligkeit arbeiten müssen, bemerkte Sirius. Sirius machte sich mentale Notizen über seine Beobachtungen. Sein Zauberspruchwortschatz schien sehr begrenzt zu sein. Er war beweglich und verließ sich oftmals darauf, um Zaubersprüchen auszuweichen. Er benutzte auch seine Umgebung zu seinem Vorteil und ging so bald wie möglich in Deckung, benutzte auch den einen Stuhl hier oder einen anderen Gegenstand da, um zu versuchen, Sirius abzulenken oder zu entwaffnen.

Als er seine Beobachtungen abgeschlossen hatte, rief Sirius Harry zu, aufzuhören und ging zu ihm: „Nun, ich hätte nichts dagegen dich in einem Kampf bei mir zu haben, aber es gibt noch viel Raum für Verbesserungen. Wir müssen zuerst einmal dein Zauberspruchwissen und deine Geschwindigkeit, Zaubersprüche zu sprechen, erhöhen."

Nicht sicher, wie er antworten sollte, zuckte Harry nur mit den Schultern und studierte einen umgefallenen Tisch an der Seite des Zimmers, bevor er Sirius schließlich erwartungsvoll anschaute.

„Nun, ich denke, das ist genug für heute Nacht. Vergiss nicht, morgen deine zauberstablose Magie zu üben." Sirius wuschelte Harry liebevoll durchs Haar und fügte hinzu: „Ich seh' dich dann morgen Nacht Harry." Und damit verschwanden Sirius und das Klassenzimmer.

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*"That's What Friends Are For"- Lied von Dianne Warwick
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AN: So das war das 1. Kapitel.
Über Reviews würde ich mich freuen : )