Hallo da draußen! *wink*
Mich hat das Schreibfieber gepackt und diese Story ist daraus geworden. Ich danke meiner großen Schwester, die den großartigen Titel beigesteuert hat. ;) Lasst mir doch einen Kommi da, ich würde mich echt freuen zu hören, was ihr so von Lily und ihrem "Stalker" haltet. Und jetzt: Viel Spaß bei dieser ausnahmsweise NICHT weihnachtlichen Lily/James FF von mir.
LG Eure Sea ^-^
PS: Updates gibt es jetzt alle drei Tage und es werden 4 Kapitel. Die Story ist auch auf meinem Laptop beendet, also no problem!
~ gesamte Story überarbeitet am 08. Juli 2015 ~
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1977
Ein Tag wie jeder andere. Genau, und er begann auch wie jeder andere. Mit denselben Worten, mit denselben Beteiligten und mit demselben Ausgang wie immer.
„He, Evans … Gehst du mit mir aus?"
„Nein."
„Wieso nicht?"
„Weil ich es nicht nötig habe, mich auf das Niveau von jemandem hinabzubegeben, der unschuldigen Erstklässlern Frösche in die Roben zaubert."
Tja, dachte ich zumindest. Aber vielleicht sollten wir noch kurz vor Beginn dieses Tages anfangen, nämlich heute Morgen, als ich friedlich in meinem Bett lag. Okay, vielleicht war es nicht mein Bett, sondern der Fußboden, aber auch die schmerzende Haltung (stellt es euch lieber nicht bildlich vor) und der Abdruck auf meiner Wange gehörten zu jedem normalen Tag in Hogwarts.
Ich liebte Hogwarts. Es war der wundervollste Ort, an dem ich je aufwachen durfte. Es war mehr Zuhause, als das Haus, in dem ich mit meiner Familie lebte. Denn hier hatte ich meine Bücher über die faszinierende Magie dieser Welt, meine Professoren, meinen Zauberstab, meine Freunde und – ja, lassen wir diesen überzogenen Kitsch mit mir durchgehen, nur ausnahmsweise – vor allem mich selbst. Denn all das machte mich zu mir selbst.
Der harte, kalte Holzboden in meinem Schlafsaal, auf welchem ich in diesem Moment noch schläfrig vor mich hin sabberte, das weiche, von roten Vorhängen umgebene Plumeau, auf dem sich mein linkes Bein, die eine Hälfte meiner Hüfte und meine rechte Hand noch befanden, und selbstverständlich der fein säuberlich eingeräumte Kleiderschrank. Das alles gehörte zu mir, wenn ich hier war.
Zuhause war das anders, dort versuchte ich, mich immer wieder anzupassen. Ich bemühte mich wirklich, meine Schwester nicht unglücklich zu machen und mich normal zu benehmen (so normal wie eben möglich, wenn einem morgens eine Eule die Post brachte und sich ein allmorgendliches Rennen mit dem Briefträger und dem Mops der Nachbarn lieferte). Aber genauso wollte ich meinen Eltern und ihr von meinen Erlebnissen in Hogwarts berichten. Von Slughorns nervigen Klubtreffen oder Professor McGonagalls brillanten Vorführungen im Unterricht oder den neuen Süßigkeiten im Honigtopf, die immer saurer wurden, umso länger man auf ihnen herumkaute (und, dass neulich Frank Longbottom deshalb fast die Zunge abgefallen wäre). Aber das war nicht so leicht, wenn man von Petunia dabei angestarrt wurde, als wäre man ein Bergtroll.
Nein, Hogwarts war vermutlich der einzige Ort, an dem ich ich selbst sein konnte. Zumindest soweit ich selbst, wie ich das eben sein konnte in einer Schule, in der einen alle als vertrauenswürdige, pflichtbewusste Schulsprecherin, ehemalige Vertrauensschülerin, Klassenbeste in Zaubertränke, ehrgeizige Schülerin mit Bestnoten und strenge Spielverderberin kannten. Aber wenigstens musste ich den Muggel-Teil meiner Selbst nicht unterdrücken.
„Lily", hörte ich eine zaghafte Stimme, dessen Besitzerin irgendwo neben mir stehen musste.
Ich gab ein grunzendes, unzufriedenes Geräusch von mir, das nicht für die Ohren von Personen bestimmt war, welche nicht schon seit mindestens sechs Jahren mit meinen Schlafgewohnheiten vertraut waren, und drehte mich dann von der Stimme weg.
„Lily", sagte Alice erneut und tippte vorsichtig gegen meine Schulter. „Dein Wäger … ähm, das Muggelgerät hat wieder nicht funktioniert. Es ist schon halb acht."
„Lass mich in Ruhe, Alice … ich bin noch … in der Aufwachphase …", nuschelte ich gähnend, während ich noch darauf wartete, dass ihre Worte bei mir ankamen. Und dann … „Was heißt das, mein Wecker hat nicht funktioniert?!" Mein gehetzter Blick schnellte zu meinem roten Wecker, wie alles in diesem Raum, und ich schrie panisch auf, noch während ich aus meiner seltsamen Position gänzlich auf den Boden plumpste und mich aus dem Bettlaken herauskämpfte. „Bei Godric, das darf doch nicht wahr sein! Verdammte Muggelabwehr!"
Damit stürzte ich schimpfend ins Bad.
Tja, so sah mein nicht ganz so geregelter Morgen aus. Dazu sollte ich wohl sagen, dass ich, Lily Evans, als die oben schon erwähnte sehr pflichtbewusste, ein Vorbild darstellende Schulsprecherin Lily Evans, darauf Wert legte, pünktlich zum Frühstück zu erscheinen. Auch, wenn das hieß, an einem Samstag, genau wie unter der Woche, um sieben aus dem Bett zu kommen, mich fertig zu machen und gestriegelt und ordentlich zurechtgemacht, gehüllt in eine dezente Wolke von Shampoo, in der Großen Halle zu erscheinen, um dort mein allmorgendliches Müsli einzunehmen.
Ja, so unordentlich und faul ich bei meiner Familie war, kaum war ich wieder in Hogwarts, konnte man damit rechnen, dass ich genauso wie heute jeden Morgen verbrachte, die Tage dann mit lernen und an den Wochenenden in Hogsmeade, im Gemeinschaftsraum oder auf den Ländereien (auch eine Lily Evans hat Freizeit) und meine Abende dann vor dem Kamin in einem Sessel mit einem guten Buch oder Alice und Frank, wie sie neben mir ein Zaubererschachturnier der Weltklasse austrugen. Und dann ging ich punktgenau um zehn nach oben in den Schlafsaal und hatte um elf so weit alles erledigt. Zum Beispiel, noch einmal kurz in die Bücher für die Unterrichtsfächer des nächsten Tages zu blicken oder meine Schuluniform ordentlich zurechtzulegen.
„Ich werde mich heute wohl nach einem magischen Wecker umsehen müssen. Anfangs hat er ja noch funktioniert, und wie, aber seit Dumbledore letztes Jahr die Schutz- und Abwehrzauber gestärkt hat …", sagte ich zu Alice, die an der Treppe auf mich gewartet hatte. Sie war eine Frühaufsteherin und deshalb die Einzige, die mit meinen Ritualen kein Problem hatte – im Gegensatz zu den anderen Mädchen des Schlafsaales, die sich regelmäßig murrend und grummelnd beschwerten.
„Ach Lily, das ist doch nicht so schlimm, oder? Außerdem wolltest du doch eh noch einige Sachen besorgen", antwortete sie fröhlich und schob sich die blonden Haare hinters Ohr.
„Ja, du hast ja Recht", stimmte ich zu und plaudernd liefen wir auch den Rest des Weges bis in die Große Halle, wo wir uns an den fast noch leeren Gryffindortisch gesellten. Einige Jüngere saßen bereits da, besonders die aus dem dritten Jahrgang, dessen Schüler heute das erste Mal nach Hogsmeade durften und die sich aufgeregt und lärmend miteinander unterhielten.
Ich ließ ausnahmsweise Nachsicht walten und goss mir ein Glas Orangensaft ein, während ich mich nach dem Joghurt umsah, den ich etwas weiter weg neben einer Schüssel mit gebratenem Schinken entdeckte. Gerade wollte ich mich aufsetzen und meinen Arm danach ausstrecken, als sich eine Hand um die kleine Schale schloss und sie aus meinem Radius zog.
Ich sah auf und wollte schon fragen, ob ich den Joghurt danach bekommen könnte, als ich in die vertrauten braunen Augen blickte, die hinter der runden Brille versteckt schalkhaft funkelten.
„Potter …", knurrte ich mit zu Schlitzen verengten Augen.
„Guten Morgen auch, Lily Liebling", flötete er gut gelaunt und zog MEINEN Joghurt zu sich heran, während er sich mir gegenüber auf die Bank fallen ließ. Sein Kumpel Sirius Black, auch genannt Mister-morgens-nicht-ansprechbar-meine-Gehirnzellen-sind-mir-schon-wieder-abhanden-gekommen, plumpste daneben, Remus Lupin, auch genannt mein einziger Sonnenschein in der Gruppe der Vollpfosten – pardon, Rumtreiber –, auf die andere Seite.
„Erstens, Potter, nenn mich nicht Lily Liebling, wenn du nicht einen Kopf kürzer gemacht werden willst. Und das wäre ja schade, da du ja nur einen hast … Und zweitens ist heute mein Müslitag und das weißt du. Du schnappst dir schon alle restlichen Tage der Woche den Joghurt, aber heute ist MEIN Müslitag!" Um alles noch etwas bedrohlicher und im Lily-ist-sauer-Modus rüberzubringen, verschränkte ich die Arme vor der Brust, starrte ihn ins nächste Jahrhundert und zog gaaaaaaanz langsam die Du-solltest-jetzt-lieber-auf-mich-hören-sonst-willst-du-den-morgigen-Tag-sicher-nicht-erleben-Augenbraue nach oben.
„Ich wusste ja gar nicht, dass du einen festen Müslitag hast …", meinte er gespielt verwundert und fuhr sich durch die Haare. So ein arroganter Wichtigtuer.
„Ach so …" Innerlich brodelnd, aber stolz auf meine lässige Miene, legte ich einen Finger nachdenklich an meine Unterlippe. „Deshalb haben wir also jeden Samstag diese Diskussion. Ich hatte mich schon gefragt, ob du vielleicht an Amnesie leidest. Und jetzt stellt sich heraus", ich beugte mich süßlich lächelnd vor, „ich hatte mal wieder Recht!"
Damit schnappte ich mir triumphierend den Joghurt aus seinen Händen und machte es mir zu eigen, dass Potter zu fasziniert von meinen Lippen gewesen zu sein schien, um noch groß auf meine Handlungen zu achten. 100 Punkte Lily, 0 Punkte Potter.
Potter blinzelte jetzt überrascht, doch dann schlich sich ein Grinsen auf sein Gesicht. Das Potter-Grinsen. Mir schwante Übles. „Ah, sagt mal, wo habt ihr eigentlich Peter gelassen?", fragte Alice währenddessen, die uns, genau wie Sirius und Remus, inzwischen gar keine Aufmerksamkeit mehr schenkte. Um genau zu sein taten sie alle das nicht mehr seit sieben Jahren, es war ja auch immer das Gleiche.
„Der hat sich gestern bei dem Festmahl so überfressen, dass wir ihn heute Morgen zu Madame Pomfrey bringen mussten", erklärte Remus nüchtern und biss in sein mit Käse und Tomaten belegtes Brötchen.
Den Rest bekam ich nicht mehr mit, denn Potter beobachtete mich wie eine Katze, die schnurrend darauf wartete, dass ihr Opfer die nächste Bewegung in Richtung des sicheren Todes machte. Okay, Potter schnurrte nicht. Obwohl … bei dem Lärmpegel um uns herum konnte ich das nicht sagen, zuzutrauen wäre es ihm jedenfalls.
Ich beschloss, mich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen, und füllte mir etwas Joghurt ab, bevor ich mich betont locker am Tisch umsah. Wo waren denn die …?
„Potter, denkst du nicht, du hast die Obstschale jetzt lange genug abgekuschelt?", fragte ich genervt, wandte mich seufzend zu ihm und beäugte skeptisch das Bild des jungen Gryffindors mit den extra zerzausten Haaren (ich hasste diese Haare), der die Schale, in der sich Birnen, Kiwis und andere Früchte tummelten, deutlich auf seine Seite des Tisches gezogen hatte und seine Arme markierend daneben abstützte, als wollte er sie vor allem Unheil dieser Welt beschützen. Also mir.
„He, Evans …", schnurrte er jetzt träge (SCHNURRTE!) und in diesem Moment sah ich praktisch den Katzenschwanz hinter ihm, wie er langsam und erwartungsvoll durch die Luft peitschte. „Gehst du mit mir aus?"
Ich schnaubte. „Nein."
„Wieso nicht?", wollte er quengelig wissen. Oh ja, das war ja auch so schwer zu beantworten. Ich hätte ihm jetzt tausend Dinge aufzählen können, aber da ich wusste, dass er mich heute vermutlich eh noch einmal fragen würde (oder auch tausendmal), sah ich keinen großen Sinn darin. Er kapierte es ja doch nicht.
„Weil ich es nicht nötig habe, mich auf das Niveau von jemandem hinunterzubegeben, der unschuldigen Erstklässlern Frösche in die Roben zaubert."
„Das waren Slytherins, das zählt nicht", tat er ab und legte den Kopf leicht schief, den er auf seinem Handballen aufgestützt hatte.
„Pff", machte ich nur missbilligend und griff nach der Obstschale, die er aber geschickt außer Reichweite schob.
„Geh mit mir aus, Evans."
„Nein!", fauchte ich und warf mich nach vorne, das angepeilte Ziel war allerdings schon wieder verschwunden. Mit einem Knurren zückte ich meinen Zauberstab. „Accio Obstschale!" Ich sah schon, wie sie auf mich zuschwebte, da wechselte sie plötzlich die Richtung.
„Accio Obstschale", kam es da nämlich von Potter, wodurch sie direkt in der Mitte des Tisches Halt machte, nicht wissend, wessen Zauber sie nun gehorchen sollte. „Du könntest wenigstens Bitte sagen."
„Diese Schale gehörte ja wohl nicht dir, ich muss nicht Bitte sagen."
„Man nennt es Manieren, Evans."
„Man nennt es Belästigung, Potter."
Eine Weile starrten wir uns einfach nur an, ich wütend, er amüsiert, doch schließlich piepste eine Stimme neben uns: „Ähm, i-ich wollte … k-kann ich bitte mal?"
Wir beide wirbelten herum und entdeckten einen Viertklässler, der bis über beide Ohren rot geworden war und verlegen an die Decke starrte. Ich nickte schnell und übergab dem Viertklässler freundlich lächelnd die Obstschale. „Kannst du sie dann auch zurückbringen? Ich bräuchte die noch."
„Kl-Klar", stammelte er und machte, dass er davonkam.
„Potter", schnappte ich, in meiner besten Professor-McGonagalls-strenger-Blick-Imitation, „du machst kleinen Kindern Angst."
„Also erstens fürchte ich, dass du ihnen viel mehr Angst machst, und zweitens solltest du dir vielleicht eine Scheibe von denen abschneiden. Er hatte Manieren. Er hat Bitte gesagt."
Kurz konnte ich nur die Zähne aufeinander beißen und tief Luft holen. Er war so ein … ARSCH. Ein gemeiner, arroganter, hinterlistiger, nerviger, blöder Mistkerl-Idioten-Scheiß-Arsch. „Du nervst, Potter", sagte ich dann bloß erhaben.
„Hast du gehört, Krone, du nervst", wiederholte Sirius belustigt und klopfte ihm auf den Rücken. Offenbar war er jetzt ansprechbar. „Nimm es nicht zu schwer, wenn Evans schon die Beleidigungen runterstuft, dann kann es gar nicht mehr so schlimm sein. Es gibt sicher noch … ähm, ganz tief … sehhhhhr tief in ihr drin … Hoffnung für dich."
„Oh bitte, Black, das sind keine Beleidigungen, es sind Tatsachen. Und Potter: Da ist rein gar nichts, das mit dir zu tun hat, außer das Gefühl, dass ich kotzen muss, sobald ich dich sehe."
„Autsch, Krone … Dein Schatz ist so charmant wie immer …", kicherte Sirius, was ich mit einem finsteren Blick würdigte. Ich hatte immer noch nichts gefrühstückt! Und an wem lag das? An Mister-Obst-und-Joghurt-Kidnapper-Potter.
„Hat sie eigentlich eine Lizenz für diesen Todesblick?", kam es wieder von Black.
„Wenn, dann Lily", sagte Alice überzeugt und sah mich aufmunternd an. „Dein Frühstück kommt sicher gleich wieder, keine Sorge."
„Aber es dauert so lange …", schmollte ich und überlegte, ob ich Potter strangulieren oder aus einem Fenster werfen sollte. Einem sehhhhhhhhhr hohen Fenster.
Doch tatsächlich „kam" mein Frühstück kurz darauf wieder, sogar auf zwei Beinen und mit einem dankbaren, verlegenen Lächeln, dann machte der Viertklässler sich aus dem Staub und ich konnte mir endlich mit meinem Zauberstab mein Obst kleinschneiden und ein Müsli-Joghurt-Obst-Wunder der Spitzenklasse genießen, währenddessen Alice irgendwann zu ihrer Verabredung mit Frank verschwand und mich mit den drei Rumtreibern alleinließ, die ich allerdings, bis auf Sonnenschein Remus, nicht beachtete. Danach war ich beruhigt und hätte vermutlich sogar freundlicherweise über die Strangulation von Potter hinweggesehen, wenn er mich nicht die ganze verdammte Zeit über angestarrt hätte.
Schließlich wurde es mir doch zu viel und ich beschloss, dass es jetzt in Ordnung war, ihn wieder zu beachten. „Potter, hab ich etwas im Gesicht?"
„Nein."
„Wieso starrst du dann so?"
„Geh mit mir aus."
„Nein."
„WIESO NICHT? Ich verstehe nicht, wieso du nicht mit mir ausgehst. Das macht mich wahnsinnig."
„Tja, du könntest einmal das tun, was die meisten Menschen tun oder zumindest tun sollten, und nachdenken."
„Kannst du es mir nicht einfach erklären? Du weißt doch sonst alles."
Merlin, der Junge trieb MICH in den Wahnsinn. Hallo, St. Mungos, ihr habt hier einen Patienten übersehen! „Du nervst, Potter. Schon wieder. Und das machst du jetzt seit ich dich kenne. Da hast du deine Antwort."
Damit erhob ich mich und stolzierte aus der Halle. Blöd nur, dass ich heute wohl keine Ruhe mehr bekommen sollte, denn die Schritte hinter mir waren schwer zu ignorieren.
Ich seufzte und wandte mich mit vor der Brust verschränkten Armen zu ihm um. „Was willst du denn noch?"
Potter hatte die Hände in die Hosentaschen gesteckt – wir beide trugen heute unsere Freizeitkleidung, immerhin war Wochenende – und sah mich stirnrunzelnd an. „Komm schon, Lily, du willst doch eigentlich mit mir ausgehen."
„Wie kommst du bitte darauf? Ich habe jetzt schon so oft Nein gesagt, langsam müsstest selbst du die Bedeutung dieses Wortes verstanden haben. Und wenn nicht, dann sieh endlich in ein Wörterbuch. Den Duden gibt es sogar online."
„Bitte?" Er schien verwirrt.
„Egal, vergiss es."
Potter nickte irritiert und hatte wohl entschieden, den letzten Teil unser „Unterhaltung" auszublenden. „Ja, wie auch immer. Ich meine, du kennst mich ja nicht einmal."
„Glaub ich nicht", versetzte ich knapp, denn ich hielt es stark für die Untertreibung des Jahrhunderts. „Ich meine, ich lebe jetzt schon einige Zeit in diesem Schloss und das bedauerlicherweise mit dir jeden Tag vor der Nase. Und dass du mich mindestens einmal am Tag ansprichst und zur Weißglut nervst, das sagt mir, dass ich mir zumindest ein bisschen einbilden kann, dich einschätzen zu können, Potter."
Das stimmte wirklich. Ich könnte ein richtiges Potter-Buch schreiben. Alle Begriffe, die Sie mit James Potter garantiert in Verbindung bringen werden!
Eine Kurzfassung: Er war nervig. Er amüsierte sich mit seinen Freunden auf Kosten anderer – und eines seiner übelsten Verbrechen: Er hatte meinen Sonnenschein Remus da mit hineingezogen! Obwohl Remus ja eigentlich alt genug war, selbst zu entscheiden, hatte ich ihn schon ziemlich oft versucht zu überreden, diese Nervensägen in den Wind zu schießen (vergebens!). Aber wir waren bei Potter, dem Arsch. Er war hinterlistig, stolz, kindisch, eitel, eingebildet und arrogant. Ein richtiger Wichtigtuer.
Gut, er war ganz intelligent und hatte ziemlich gute Noten (für die er nie lernte!) und Quidditch war wohl das Einzige, was er wirklich ernsthaft in seinem Leben tat. Nun, wenn er nicht gerade einen auf Spiderman machte (den Film hatte er vermutlich nie gesehen) und sich mitten in einem Spiel kopfüber von seinem Besen baumeln ließ, um mich zu fragen, ob ich mit ihm ausgehen würde, noch während ein Treiber einen Klatscher auf ihn lenkte. Dem er natürlich auswich. Er war ja der große Sankt Potter, huh huh, guckt mal, wie toll er ist … Bla bla. Und schon waren meine guten Einfälle über ihn verschwunden.
„Dann geh doch mit mir aus!", sagte er jetzt und trat einen Schritt auf mich zu, womit ich sofort wieder in der Realität war, beim jetzigen Potter. Der mir gerade gewaltig auf die Nerven ging. Immer noch!
„Nein?!", keifte ich und hoffte, dass er jetzt Ruhe gab, wenn ich mich umdrehen und davoneilen würde. Das mit dem Davoneilen sollte sich schwierig gestalten, denn er kam mir nach, ohne mit der Wimper zu zucken, und passte sich meinem Schritttempo an, bei dem mein Atem schon jetzt unregelmäßig ging, während er ruhig neben mir her schlenderte. Wo gingen wir eigentlich hin? Nun ja, auch egal, Hauptsache weg von ihm! Grr.
„Wieso nicht?"
„Das hatten wir heute schon zu oft."
„Ich kapiers nur nicht, Evans."
„Vorhin hast du behauptet, dass ich eigentlich mit dir ausgehen wollen würde, aber sieh mal, Potter", ich stoppte auf der Stelle und drehte mich zu ihm, „dann kam dein kluger Kommentar, der in dem Sinne lautete, dass ich dich ja gar nicht kennen würde. Wieso sollte ich aber mit dir ausgehen wollen, wenn ich dich nicht kenne? Aber da ich dich ja kenne, habe ich ehrlich gesagt keinerlei Bedürfnis mit dir auszugehen. Könntest du das also akzeptieren und mich endlich in Ruhe lassen?"
Potter hatte ebenfalls angehalten und musterte mich scharf. Dann sah ich, wie seine Schultern leicht zusammensackten und er seine Augen angestrengt schloss. „Gut."
„Was? Echt jetzt?!" Hoffnungsvoll blickte ich zu ihm auf. Ich hätte wissen müssen, dass das nicht alles war. Ich redete hier immerhin von James Potter. Ich Idiotin.
„Geh mit mir aus und gib mir eine Chance, dass ich dir zeigen kann, wer ich wirklich bin. Und dann werde ich dich in Ruhe lassen, außer, du wünschst es dir anders."
Einen Augenblick musterte ich ihn. Er hob seine Lider und sah mich zögernd an. Wow, James Potter zögernd. Nein, fast schon ängstlich. Heute müsste eigentlich mein Tag sein. Aber seit dem Joghurt-Kidnapping war er gelaufen.
„Nein."
„Wie bitte?"
„Ich sagte Nein. Du würdest doch eh nur eine Show abziehen und so tun, als ob. Darauf habe ich wirklich keine Lust, da habe ich besseres mit meiner Zeit anzufangen."
„Ich habe davon gesprochen, dass du mich kennenlernen sollst, wie ich wirklich bin. Ich bezweifle nämlich, dass du mich so gut kennst, dass du es auch so meinen darfst."
„Tja, vielen Dank auch! Ich verzichte." Ich reckte das Kinn zickig etwas in die Höhe und marschierte davon. Ich war schon einige Meter gekommen (was wirklich ein Erfolg heute war, immerhin hatte ich dieses Mal keinen Verfolger), da hörte ich seine samtene, katzenartige Stimme hinter mir.
„Ich wette, du hast nur Angst, dass du nicht Recht behältst. Du hast Angst, dass du mich nett finden könntest. Das ist ziemlich kindisch, Evans."
Hatte er gerade kindisch gesagt? „Ich bin nicht KINDISCH!", schrie ich entrüstet und fegte auf ihn zu, wie eine Furie, noch ehe ich ihn am Kragen packte und schwer atmend zu mir herunterzog. „Kapiert?!"
Seine Mundwinkel zuckten und plötzlich spürte ich seine eine Hand im Nacken, die andere auf der Hüfte. Moment, was genau tat er da eigentlich? „Ich könnte dich jetzt küssen, Evans." Schock. „Aber ich will nicht." Erleichterung. „Ich küsse keine Kinder." Das hatte er jetzt nicht gesagt!
„Nur gut, dass ich auch nicht von dir geküsst werden will!", spie ich. Hatte er mir gerade schon wieder die Kontrolle entzogen? Dieser … ARGH.
„Ich wette dagegen."
„Meinetwegen."
„Tja, ist aber schwer zu wetten, wenn du es mich nicht beweisen lässt. Geh mit mir aus."
„Das ist doch hoffentlich das letzte Angebot, oder?", fragte ich zuckersüß und ignorierte die Tatsache, dass er eine Antwort wollte.
„Geh mit mir aus", sagte er einfach.
„Nein."
„Geh mit mir aus, Evans."
„NEIN."
„Geh mit mir aus, Lily."
„Ich … jetzt nervst du wirklich!"
„Geh mit mir aus." Ich schwieg und hoffte einfach, dass er mich bald loslassen würde. Er roch nämlich ganz gut. Nach irgendetwas Undefinierbarem, einer Wunderspülung. Er benutzte bestimmt Spülung, so weich wie seine Haare … Ah, stopp. Stopp, stopp, stopp. Nicht weiterdenken, Lily. „Geh mit mir aus, Lily", wisperte er noch einmal.
Ich kniff die Lippen zusammen. Ausnahmsweise sah er mir direkt in die Augen. Konnte er nicht wieder weggucken? Er hatte nun einmal sehr durchdringende Augen! „Gib zu, dass ich nicht kindisch bin!", verlangte ich in einem letzten, rettenden Versuch.
„Das bist du, solange du nicht mit mir ausgehst."
Ich sah zur Seite. Ich konnte diesem Blick nicht mehr standhalten. „Ich will aber nicht."
„Geh mit mir aus, Lily. Bitte."
„Ich … das ist doch total bescheuert. Ich meine, wegen einer Wette mit dir auszugehen. Du kannst doch nicht einfach behaupten, dass ich kindisch bin …"
„Lily."
„Also …", murmelte ich. Ah, verdammt, ein Fehler. Seine Augen hatten meine wiedergefunden und hielten sie jetzt ganz schön in Schach. Im Schachmatt um genau zu sein. „Ähm … gut. Dann gehe ich halt mit dir aus. Aber ich werde diese Wette garantiert gewinnen, Potter. Ich bin immerhin nicht kindisch, pff …"
Jetzt erst sah ich wieder auf und was ich vorfand, ließ die Welt kurz stillstehen. Freude, so massig, wie hunderte Ozeane zusammen, schien sich in seinem Gesicht, seinen Augen, einfach überall um ihn herum auszubreiten. Er ließ mich behutsam los und strahlte dabei ein Lächeln, das ganz klein war, nur ein Heben der Mundwinkel, aber es sagte mehr, als jedes Potter-Grinsen bisher zusammen.
„Gut …", murmelte er leise.
Hatte ich schon erwähnt, dass ich in diesem Moment gerne Selbstjustiz gegen mich erheben würde? Nein? Dann würde ich jetzt das Messer suchen gehen. Oder einen Galgen. Oh, oder einen bereitwilligen Mörder, dann würde ich vielleicht doch noch ins Paradies kommen.
Obwohl, nach einer Einwilligung zu einem Date mit James Potter? Wohl kaum …
Merlin hilf.
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Dieser Song hat mich während der Story begleitet. Vielleicht gefällt er euch ja ...? ;) watch?v=qOW4rdEPk40
Sparks Fly - Cover by Landon Austin (original by Taylor Swift)
