First Impressions
Kapitel 1
„Es ist doch eine allgemein anerkannte Wahrheit, dass ein Mann, der ein beträchtliches Vermögen besitzt, einer Frau bedarf."
„Mein Glück, dass ich kein beträchtliches Vermögen besitze, ansonsten hätte mich deine Mutter gewiss schon zu einer Hochzeit mit der gezwungen, Lizzy."
Das Mädchen auf der Schaukel lachte kurz und vergnügt auf. „Willst du damit etwa zum Ausdruck bringen, dass eine Heirat mit mir eine Vorstellung unermesslichen Grauens wäre?" fragte sie stichelnd und legte ihren Kopf zurück, während sie durch die Luft flog.
„Ganz und gar nicht, du wärest die Einzige die ich ohne Liebe heiraten würde. Was ich damit sagen will, dass ich schon öfter darüber nachgedacht habe und zu dem Schluss gekommen bin, dass ich ohne tief empfundene Liebe eigentlich nicht die Absicht habe zu heiraten. Nur bei dir würde ich eine Ausnahme machen, um dich davor zu bewahren eine alte Jungfer zu werden!" Er lachte als sie versuchte nach ihm zu schlagen und stieß sie nur noch fester an.
„Nun, dann liegt es wohl an mir dich zu enttäuschen, denn ich werde lieber eine alte Jungfer als dir auf Gedeih und Verderb ausgeliefert zu sein." Elizabeth Bennet grinste den jungen Mann über ihre Schulter diabolisch an.
Mr. Robinson seinerseits hob beide Hände in sie Luft „Ich ergebe mich. Du hast diese Schlacht gewonnen, aber nicht den Krieg."
„Welchen Krieg? Wer von euch beiden den anderen am Nachhaltigsten durch Gemeinheiten zum Schweigen bringt?" klang nun die helle Stimme von Jane Bennet, der ältesten Tochter der Familie zu den beiden herüber während sie über den Rasen in ihre Richtung schlenderte. Elizabeth lachte und sprang mit einem Satz von der Schaukel.
„So ist es! Richard denkt ernsthaft er könne sich mit mir messen. Nun was meinst du dazu?"
„Nun ich denke, ihr solltet eure Wortgewalt besser darauf verwenden Mutter zu beruhigen und ihr klarzumachen, dass du Lizzy nicht den Wunsch hegst einen so mittellosen Mann wie unseren lieben Mr. Robinson zu heiraten." Sie grinste Richard, der sich, die langen Beine übereinander gelegt an einen Baum gelehnt hatte, an. Als Antwort darauf flog ihr jedoch Elizabeths Schal gegen den Kopf der in Roberts greifbarer Nähe gehangen hatte.
Jane lachte nur und fuhr fort: „Den ganzen Tag schon ist sie in Aufruhr wegen irgendeines Herren, der Netherfield gepachtet hat und wohl in den nächsten Tagen seine Aufwartung machen wird. Nun, du weißt ja wie sie ist."
„Oh ja, das weiß ich", antwortete ihre Schwester mit einem breiten Grinsen, „und ich bin mir sicher, dass wir uns nach besagter Aufwartung keine Sorgen darum machen müssen, dass uns der Herr wieder mit seiner Anwesenheit beehrt, wenn Mutter sich so verhält, wie es vorherzusehen ist."
Jane schüttelte daraufhin nur halb missbilligend, halb belustigt den Kopf. Nicht sicher, ob so viel Offenheit in Anwesenheit eines Herren, und wenn es nur Richard war, angebracht war.
„Nun denn, Ladies. Ich denke wir sollten hineingehen und schauen was wir tun können um Mrs. Bennet in ihrem Bestreben euch möglichst effektiv unter die Haube zu bringen irgendwie zu unterstützen und mit unseren zweifelsfrei hilfreichen Ratschlägen die ganze Sache in Schwung zu bringen." Er lachte und hielt den beiden Mädchen die Arme hin, dass sie sich unterhacken konnten um mit ihm über den Rasen zurück zum Haus zu gehen.
„Mein lieber Mr. Bennett, ich muss darauf bestehen dass du dem Herren, wie hießt er noch gleich?" Mrs Bennet, eine gutmütige wenn auch anstrengende Frau und Mutter der Mädchen, deren Lebensaufgabe darin bestand ihre Kinder möglichst vorteilhaft zu verheiraten, sah Hilfe suchend zu ihrer Jüngsten „Mr. Bingley, Mama! Mr. Bingley." Rief diese auch schon aus.
„Achja, Mr. Bingley. Also ich muss wirklich darauf bestehen, dass du ihm deine Aufwartung machst, Mr. Bennet. Denk doch nur, was für ein Glück für unsere Mädchen, wenn er tatsächlich gedenkt sich hier längerfristig niederzulassen!" Sie war ganz entzückt von der Idee, dass eine ihrer Töchter Herrin über den benachbarten Langsitz Netherfield werden würde. Denn für Mrs. Bennet stand es außer Frage, dass er eine ihrer Töchter heiraten würde, waren sie doch die Schönsten der Umgebung.
„Ich verstehe nicht, was unsere Töchter damit zu tun haben, dass sich der Herr hier in der Nähe niederlassen wird." Antwortete Mr. Bennet, auf die übliche unbeteiligte Art und Weise ohne auch nur von seinem Buch aufzusehen. Einen Moment später aber merkte er, dass dies wohl die falscheste Antwort gewesen war, die er nur überhaupt hätte geben können. Denn nun wurde er von drei Frauen gleichzeitig bestürmt, die ihm versicherten, dass es für sie von unermesslicher Wichtigkeit war, dass dieser gewisse Mr. Bingley in der Nähe blieb. Diese drei Frauen waren seine eigene Frau, deren Ziel es nun geworden war den völlig ahnungslosen und vor allem auch noch allen unbekannten – Mr. Bingley für eine ihrer Töchter zu gewinnen, seine jüngste Tochter Lydia, die in Aufregung und Mundwerk ihrer Mutter in keiner Weise nachstand und die Zweitjüngste, die in allem ihrer jüngeren Schwester nacheiferte.
Gottergeben hob Mr. Bennet die Augen zum Himmel als seine beiden älteren Töchter Jane und Elizabeth wie immer in Begleitung von Mr. Robinson eintraten. Jane warf einen zum Teil erschrockenen zum Teil belustigen Blick auf die Szene vor ihr, die Schwestern die abwechselnd auf ihren Vater einredeten und im Kreis tanzten und ihre Mutter die sich lautstark über ihre Nerven beklagte und über ihren Mann, dem es wohl gleichgültig war, dass sie und seine Töchter sollte er eines Tages von Ihnen gehen - ein Ereignis, das nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen würde, wie sie immer wieder betonte – völlig mittellos und ohne Heim dastehen würden. Die Familie Bennet war nämlich obwohl mit fünf Töchtern nicht mit einem männlichen Erben gesegnet. Und so würde der Familiensitz Longbourne an einen entfernten Verwandten Mr. Bennets fallen. War diese Vorstellung der Familie zwar ein Graus, doch waren sie ebenso wie ganz England an das Gesetz gebunden, dass eine Frau keinen Besitz ihr Eigen nennen durfte.
Elizabeth konnte sich hingegen ein schadenfrohes Grinsen kaum verkneifen. Sie wusste sehr wohl, dass ihre Mutter keine Ruhe geben würde, bis ihr Vater dem neuen Nachbarn nicht einen Besuch abgestattet hatte. An und für sich konnte sie ihre Mutter gut verstehen. Die Verantwortung die Zukunft von fünf Mädchen zu sichern musste schwer auf ihren Schultern. Würde sie nur diskreter vorgehen. Nicht selten war ihre Redensart unangebracht und beschämte sie zutiefst.
Mr. Robinson hingegen verdrehte – genau wie Mr. Bennet vor ihm - nur die Augen zum Himmel. Er kannte die Familie Bennet schon lange. Genau genommen konnte er sich nicht an eine Zeit entsinnen in der er die Familie nicht kannte. Er und Elizabeth waren seit frühester Kindheit unzertrennlich gewesen und schon damals war mit einem Lächeln gesagt worden, dass sie eines Tages heiraten würden. Nun aber waren sie erwachsen und machten keinerlei Anstalten zu heiraten und bald verloren die Damen der Stadt das Interesse an ihnen und ihre Freundschaft wurde so hingenommen wie sie war ohne noch viel hineinzuinterpretieren.
Mrs. Bennet bemerkte erst einige Momente nach dem Eintreten der Dreien, dass sie selbst nicht mehr mit ihrer Familie alleine war und warf Elizabeth einen leicht missbilligenden Blick zu. Sie selbst sah es nicht gerne, dass ihre Zweitälteste Tochter so viel Zeit mit Mr. Robinson verbrachte. Im Grunde ihres Herzens mochte sie den jungen Mann zwar und hätte sie ihn jemals näher an ihre Familie und ihr eigenes Herz gelassen, so hätte sie vielleicht angefangen ihn wie einen eigenen Sohn zu lieben, scher aber wie einen Neffen. Jedoch hatte Mr. Robinson weder viel Reichtum noch besonderen Verbindungen. Sein Vater war ein Rechtanwalt in der kleinen Stadt Marytown in ihrer Nähe und seine Mutter war eine einfache Frau aus einer einfachen Familie. Somit fiel Mr. Robinson, wie gern sie ihn auch haben musste, nicht in ihre Vorstellungen für einen guten Umgang ihrer Töchter.
„Mr. Robinson", sie deutete einen Knicks an, trotz der langen Bekanntschaft wahrte sie immer noch die Höflichkeiten, auch um ihm klar zu machen, dass sie keinesfalls vorhatte ihn in ihre Familie zu lassen, „haben Sie schon davon gehört, dass Netherfield verpachtete wurde?"
Richard seinerseits verbeugte sich ebenfalls „Ja ich hörte davon. Mr. Bennet, haben sie ihm schon Ihre Aufwartung gemacht?" Er blickte zum Hausherrn mit einem beinahe diabolischen Blitzen in den dunklen Augen.
„Junge, jetzt fängst du auch noch an? Ist denn in diesem Haus niemand auf meiner Seite?" Im Gegensatz zu seiner Frau hatte Mr. Bennet den Jungendfreund seiner Töchter von Herzen gern. Er wusste, dass er jemand mit Verantwortung war und auch wenn er nicht in seine Lizzy verliebt war, so würde er doch für sie sorgen, wenn wirklich eines Tages der Fall eintreten sollte und er sterben würde bevor für seine Töchter und seine Frau gesorgt war.
Richard quittierte seinen kleinen Ausbruch lediglich mit einem feinen Lächeln.
„Ich bitte um Verzeihung, Sir. Ich wollte Sie keinesfalls in Bedrängnis bringen."
„Schon gut. Um aber deine Frage zu beantworten. Ja, ich habe Mr. Bingley bereits besucht und er ist ein sehr angenehmer junger Mann und ich hoffe doch stark dass er dir Konkurrenz machen wird, was die Herzen meiner Töchter angeht." Seine weißen Zähne blitzen in seinem Gesicht als sein Mund sich zu einem Lachen verzog, das er nur schwer verbergen konnte, als er sah wie die Münder seiner Mädchen – allen voran seiner Frau – offen stehen blieben.
Richard konnte sich nur noch lächelnd verbeugen, da fiel Mrs. Bennet ihrem Mann auch schon lauthals um den Hals. „Sowas habe ich ja schon die ganze Zeit vermutet! Ach Mr. Bennet, du hast wirklich keinen Respekt vor meinen Armen nerven, so einen Scherz mit mir zu machen."
„Meine Liebe, ich habe den größten Respekt vor deinen Nerven, seit 20 Jahren sind sie meine stetigen Begleiter."
