Prolog
Sheppard war ungewöhnlich angespannt.
Die Besprechung dauerte viel länger als gewöhnlich, dabei war ihr letzter Einsatz lange und anstrengend gewesen. Die Welt, auf der sie gewesen waren, war kaum nach ihrem Geschmack gewesen. Größte Teile der Umgebung waren versumpft, sie hatten Stunden gebraucht um das nächstgelegene Dorf zu finden. Es war unfassbar schwül gewesen, und auf den kurzen Regenschauer, der sie mit einer solchen Heftigkeit überrascht hatte, dass sie innerhalb von Minuten bis auf die Haut nass gewesen waren, folgte wieder strahlender Sonnenschein, der die Luft dampfen ließ.
Ganz zu schweigen davon, dass eine solche Umgebung geradezu ideal war für übernatürlich große, blutsaugende Insekten. McKay war kaum zu beruhigen gewesen, was für das restliche Team nur eine noch größere nervliche Belastung bedeutete.
Seit sie zurück waren bestand er außerdem darauf, halbstündlich seine Körpertemperatur zu messen, da er davon überzeugt war, irgendeine Art von Dschungelfieber hätte ihn befallen und Ronon musste sehr an sich halten, um ihn nicht bei der nächsten Gelegenheit mit dem Thermometer abzustechen.
Hauptsächlich berichteten Teyla und Sheppard von der kaum zu beachtenden Zivilisation dort, Ronon behielt seine Meinung wie üblich für sich. Sein Blick galt hauptsächlich Sheppard, der sich immer wieder mit einer Hand über den Nacken strich und versuchte, selbst die Verspannungen loszuwerden, die ihn dort plagten.
Kaum ein Lächeln war in seinem Gesicht zu erkennen, er machte sich noch nicht einmal über McKays Gejammer lustig, und Ronon kannte seinen CO lange genug, um zu wissen, dass das kein gutes Zeichen war.
Er hatte Sheppard von ihrer ersten Begegnung an gelesen… hatte seine Mimik studiert und seine Bewegungen, wann sich seine Stimme veränderte und ob sein Lächeln echt war oder sein Gegenüber nur beschwichtigen sollte. In seinen ersten Tagen hier auf Atlantis hatte er keine andere Wahl gehabt. Er hatte herausfinden müssen, ob er diesem Mann vertrauen konnte, ob er die Wahrheit sagte, oder ihn auch nur in Sicherheit wiegen wollte, um ihn danach wieder den Wraith und ihren sadistischen Spielchen zu überlassen.
Und ganz abgesehen davon… hatte er den Kontakt mit anderen Menschen nach Jahren der Isolation und der ständigen Angst, in der er sein Leben verbracht hatte, aufgesogen wie ein Schwamm. Mit Teyla war es einfach gewesen, sie war von Natur aus verständnisvoll und einfühlsam und er hatte ihr nie erklären müssen, warum er lieber zuhörte als selbst sprach.
McKay war schwieriger gewesen, und um ehrlich zu sein war der Wissenschaftler ihm bis heute größtenteils ein Rätsel. Da das allerdings auf Gegenseitigkeit beruhte, kamen sie ganz gut miteinander klar.
Aber Sheppard… nun, Dr. Weir hatte ihn einmal als ‚Unikat' bezeichnet, Ronon wäre keine bessere Beschreibung eingefallen. Je ungefährlicher eine Situation war, desto unbeholfener schien er zu werden. Oberflächlich war seine Art angenehm und man musste abwechselnd mit und über ihn lachen, warum er aber Lieutenant Colonel und militärischer Leiter der Atlantis-Expedition, wusste man erst, wenn man ihn in einer Krisensituation gesehen hatte. Er würde bis zum Schluss Witze machen, aber er reagierte schnell, traf Entscheidungen und gab Anweisungen. Er kannte die Talente und Fähigkeiten seiner Teammitglieder, aber auch ihre Grenzen, und er würde immer derjenige sein, der das metaphorische sinkende Schiff als Letzter verließ, oder gar nicht mehr.
Er hatte Ronon das Leben gerettet, und das auf mehr als eine Art und Weise. Er hätte nicht gedacht, das jemals wieder zu sagen, aber wenn es einen einzigen Mann in dieser Galaxie gab, dem er vertraute… dann war das John Sheppard. Und es gab zumindest eine einzige Sache, die er im Gegenzug für den Älteren tun konnte.
