Diese Fanfiction ist eine Cooperations Fanfiction von zwei (!!) romantischen Träumerinnen, die „Ritter aus Leidenschaft" zu ihrem Lieblingsfilm erkoren, mit seinem Ende allerdings nicht ganz einverstanden waren.

Will gehört nicht zu einer arroganten, oberflächlichen und egositischen (wir könnten ewig weitermachen...) Jocelyn sondern zu einer gewissen warmherzigen Schmiedin

In Adhemar steckt mehr als nur ein arroganter, niederträchtiger, eiskalter Fiesling. Alles was er braucht ist jemand, der ihm das klar macht.

Erinnert ihr euch an die Szene ganz am Schluss, als Edward der schwarze Prinz, vor Begeisterung aufspringt und seine Braut küsst? Diese Szene hat uns so gefallen, dass wir beschlossen den beiden eine Geschichte zu geben.

Also Vorhang auf...

Battlefield of Love

Chapter 1: A Taste of Something



Wenn man sagte, er fühle sich nicht wohl, wäre es eine maßlose Untertreibung. Und er hatte allen Grund dazu sich zu ärgern: Er würde dieses ganze Dreckspack wiedersehen, das ihn ein gutes Stück seines Respektes gekostet hatte und es gewagt hatte ihn dermaßen zu blamieren. Und zu allem Überfluss musste er dabei auch noch freundlich lächeln. Anweisung seines Königs, der genau wusste, dass sein erster Ritter diesen kleinen blonden Möchtegernritter hasste. ‚Der guten Beziehungen wegen...' Ha! Dass er nicht lachte...

Adhemar ritt etwas versetzt hinter seinem Herrn, an der Spitze der französischen Armee über die Zugbrücke und durchquerte schließlich das große Tor des Herrschaftssitzes von England.

Die Krönung Eduards, des Thronfolgers stand kurz bevor und natürlich war der König von Frankreich dazu eingeladen. Schließlich war es dessen Tochter, die durch diese Krönung Königin von England wurde. Michelle war das Unterpfand des Bündnisses zwischen England und Frankreich gewesen...damals...

Wäre es nach ihm, Adhemar, gegangen, hätte Johann eine Schönheit wie seine Tochter nicht an diese unzivilisierten Engländer verkaufen dürfen. Aber Johann und Richard wollten ihren Zusammenhalt unbedingt durch die Hochzeit ihrer Kinder besiegelt haben...was für eine Verschwendung.

Der Ritter sah sich um. Die jubelnde Menge um ihn bildete eine Schneise durch die gesamte Burg, an deren Ende sie schließlich von der königlichen Familie erwartet wurden...und natürlich von diesem Handwerksburschen und seinem Gefolge. Adhemars Mund wurde bei diesem letzten Gedanken zu einem dünnen Strich, seine Augen zeigten nur Abscheu.

„Hoch dem König von Frankreich!"

„Hoch!"

Der dunkle Ritter hatte nichts als einen abschätzigen Blick für die Meute übrig, die seinem König, aber auch ihm zuwinkte. Abschaum...dreckiges Fußvolk...

„Mama, schau! Ein Ritter! So möchte ich auch mal werden!"

Adhemar ließ sich zu einem leichten abschätzigen Lächeln herab. Diese hochtrabenden Pläne konnte dieser kleine dreckige Staßenbursche gleich wieder vergessen. Der Junge, von dem diese Worte kamen, war etwa 9 Jahre alt, hatte kurz geschorenes braunes Haar und stand in seinen schmutzigen Kleidern ganz vorne, um mit glänzenden Augen die Parade zu beobachten. Adhemar wollte gerade den Blick abwenden, als er bemerkte, dass der Kleine von hinten angerempelt wurde und ins taumeln kam...

Ungeschickt stolperte er einige Schritte nach vorne, konnte einen Sturz gerade noch mit seinen Händen abfangen. Als er wieder aufsah, ragte hoch über ihm das schwarze Pferd des Ritters auf, den er eben noch so bewundert hatte. Mit großen ungläubigen Augen starrte er hinauf, unfähig sich zu rühren.

‚ Dreckvolk!' Adhemar hielt die Zügel fester, sein Hengst tänzelte nervös. ‚Geh mir doch aus dem Weg. Ungezogener Bengel!' Seine Augen wurden schmal. Er machte Anstalten weiterzureiten...

„Dieser Kerl wird doch wohl nicht..." flüsterte sie, mehr zu sich selbst, als zu jemandem bestimmten. Auch die Umstehenden hatten gemerkt, dass der schwarze Ritter nicht die Absicht hatte auszuweichen oder stehen zu bleiben, damit der Junge aufstehen konnte. Sie sah wie die Mutter voller Entsetzen nach ihrem Sohn rief, doch er rührte sich nicht. ‚Hilft denn keiner?' Ohne nochmals zu überlegen sprang sie auf die Straße und rannte die wenigen Schritte zu dem Jungen.

Adhemars Pferd, aufgeschreckt durch die plötzliche Bewegung der jungen Frau richtete sich auf den Hinterfüßen auf. Das Mädchen griff nach dem Jungen und duckte sich mit ihm auf den Boden.

„Verdammtes..." Ein raunen ging durch die Menge, als Adhemar die Zügel seines Hengstes straffte und sich bemühte nicht aus dem Sattel zu fallen, während er das Pferd instinktiv nach recht zerrte, so dass es versetzt genau neben den beiden am Boden kauernden Menschen aufkam. Es tänzelte noch immer nervös, doch er hatte es unter Kontrolle.

Mit einer Kopfbewegung wendete er sich erst seinem König zu, um zu sehen, dass es diesem gut ging, dann ritt er ein Stück zu der jungen Frau und dem Jungen.

„Aus dem Weg, Dreckspack." Adhemar glaubte seinen Augen nicht zu trauen, als er erkannte, wer ihm da den Weg versperrte.

Kate richtete sich auf, dem Jungen bedeutet sie mit einem Kopfnicken zu seiner Mutter zu laufen, die ihn glücklich in die Arme schloss. Vor Freude bemerkte sie den eisigen Blich des Vorbilds seines Sohnes gar nicht.

„Sieh an, die kleine Schmiedin." Eiskalt sah Adhemar auf Kate hinunter.

„So, der große Ritter erinnert sich noch an mich? Ich fühle mich geehrt." Sie blickte ihm fest in die Augen. „Ihr wärt ohne zu Zögern über den Jungen hinweg geritten. Hätte ich euch nicht schon vorher erkannt, so hätte ich es wohl spätestens jetzt getan. Sie arrogantes Schwein!" Ohne Angst trat sie noch einen Schritt auf ihn zu, obwohl er zu Pferde war und noch immer mit unbewegtem Blick auf sie herabsah.

„Hüte deine Zunge, Weib!" Zischte er leise. Dann gab er die Zügel frei und gab seinem Hengst das Zeichen weiter zu reiten.

„Wie?" zornig vertrat sie ihm den Weg und griff ebenfalls nach dem Zügel, um so das Pferd erneut anzuhalten. „Ihr habt nicht das Recht mir etwas zu befehlen. Weder ihr noch irgendjemand sonst!" Ihre Wangen waren gerötet und ihre Haare hatten sich aus dem Knoten gelöst und hingen ihr ins Gesicht. Mit einer raschen Geste warf sie sie zurück, ohne den schwarzen Ritter aus den Augen zu lassen. „Glauben sie etwas besseres zu sein, weil sie von einem Pferd auf uns herab sehen? Glauben sie, Glauben sie, ihre Geburt hätte sie besser gemacht, als diesen Jungen oder mich? Das ganz bestimmt nicht, nur arroganter. Bastard!" Sie spuckte vor ihm auf den Boden.

Ein Raunen ging durch die Menge, dann herrschte wieder Stille. Die umstehenden waren schockiert.

Adhemars Mundwinkel zuckten einen Augenblick gefährlich, doch dann bedachte er die junge Frau nur mit einem bedauernden, missbilligendem Lächeln.

„Solche Worte von einer wie dir? Man hätte dich mit dem alten Schmied, deinem ewig betrunkenen Ehemann, begraben sollen, wie es in einigen Ländern Sitte war. Ihr seid es nicht wert mir auch nur die Stiefel zu putzen." Mit diesen Worten wendete er sich ab und manövrierte sein Pferd an Kate vorbei, die ihm mit hasserfülltem Blick nachsah. Seine Worte hatten getroffen, doch was hatte sie erwartet. Sie wollte gar nicht daran denken, dass sie heute abend beim Ball dabei sein würde...sie hatte es William versprochen...

Diese Göre. Wie konnte sie es wagen ihn Bastard zu nennen...gerade sie...doch er hatte keine Zeit mehr darüber nachzudenken. Sie waren mittlerweile beim König angekommen. Er und der König stiegen von ihren Pferden und traten Richard und seinem Sohn gegenüber. Der alte König war sehr von alter und Krankheit gezeichnet und es war sofort sichtbar, dass die Krönung Eduards nur noch eine Phrase war, der Rechtmäßigkeit wegen.

„Sir." Er beugte das Knie vor Edward und seinem Vater. Obwohl er den Prinzen nicht sonderlich mochte, war er gewillt gute Miene zum bösen Spiel zu machen, wenn es auch nur des lieben Friedens ( auf den er wahrlich verzichten konnte! ) Willen war. Dann wandte er sich an Michelle. „Prinzessin." Er nahm ihre Hand und führte sie in einer formvollendeten Bewegung an seine Lippen. „Ich bewundere eure Schönheit jedes Mal aufs Neue." Ein Grinsen zeigte sich auf seinem Gesicht als er sah, dass sie errötete.

„Nun..." sie entzog ihm ihre Hand. „Ihr seid charmant, wie immer, Adhemar." Dann deutete sie mit einem Lächeln auf ihren Mann.

„Ich habe die Ehre euch, König Johann und natürlich auch euch, Sir Adhemar, meinen ersten Ritter, Sir William Thatcher vorzustellen." Edward bedeutete dem blonden jungen Mann mit einer Geste hervorzutreten.

„Sir." William lächelte sein breitestes Sonnenscheinlächeln, verbeugte sich vor dem französischen König und richtete dann seine Aufmerksamkeit auf seinen ehemaligen Widersacher.. Nun saß er auf dem hohen Ross und konnte auf diesen aufgeblasenen Widerling hinunter sehn.

„Sir." Adhemars Miene zeigte Kälte, doch auch er beugte kurz den Kopf, wie es sich gehörte. Wie er diesen Sunnyboy doch hasste!

„Oh, ich vergass, sie beide kennen sich ja bereits." Edward konnte ein amüsiertes Grinsen kaum verkneifen, was ihm einen leichten Seitenhieb seiner Frau einbrachte. Doch als er zu ihr sah, blickte er auch bei ihr in lachende Augen.

„Ja, wir hatten bereits mehrmals die Ehre, nicht war Graf." William genoß die Situation nur zu offensichtlich, so dass Adhemar die größten Schwierigkeiten hatte sich zu beherrschen.

‚Ehre, scheiss auf diese Ehre!' Er bemühte sich wenigstens halbwegs begeistert auszusehen. Schlimm genug, dass er diesem „Ritter" hier immer ins Gesicht sehen musste, aber nun musste er auch noch einigermaßen höflich sein, wegen der „Form". Bah! „Ich habe es nicht vergessen."

„Das glaube ich." William hatte offensichtlich auch Mühe sein lachen zu verstecken. ‚Sein Sonnenscheinlächeln!'

Alle beobachteten die Kontrahenten, die mit stummen Blicken ihre Kräfte zu messen schienen.

„Vielleicht möchten die Herren ja morgen bei den Turnieren noch einmal gegeneinander antreten." Edward brach das Schweigen und sah der Szene amüsiert zu. Auch Michelle beobachtete die beängstigenden Blicke zwischen den Rittern. Sie ging einen Schritt auf Adhemar zu und griff nach seiner Hand.

„Sir, ihr beehrt uns doch heute Abend auf dem Ball?!"

„Sichert mir einen Tanze, Lady, und ihr könnt sicher sein, dass ich erscheinen werde."

„Ich..." sie griff nach Eduards Hand. „..ich denke gegen einen Tanze wird mit euch, Graf Adhemar wird Edward nichts einwenden können."

William verdrehte genervt die Augen. Sowas schleimiges...(das sagt der richtige) und was sollte Edward auch darauf sagen...der konnte Michelle sowieso nichts abschlagen.

„Nun, dann werden euch nun eure Gemächer gezeigt. Ich hoffe wir sehen uns in einer Stunde um gewisse Dinge zu klären." Edward drückte Michelles Hand und König Johann und sein Gefolge wurden von den Kammerdienern ins Schloss geleitet.

„Na klasse, das wird'n Spaß..." William grinste zu Roland und Wat.

„Ich verlasse mich auf euch, Sir William." Edward warf dem jungen Ritter einen amüsierten Blick zu. Dann wendete er sich zum gehen.

„Ach, Sir William..." Michelle hätte fast vergessen, was sie William noch sagen wollte. „Schickt doch Kate vor dem Ball noch zu mir." Sie lächelte.

„Wird gemacht Lady!" *hackenzusammenschlagundsalitier* „Staffiert sie nur ordentlich aus..."er überlegte kurz. „Naja, vielleicht nicht allzu sehr...My Lady." Er verbeugte sich vor Michelle und Edward, legte Wat und Roland die Arme um die Schultern und verschwand mit beiden.

„Dein Ritter." Sie kicherte.

„Nun, es ist auch deiner!" Er streichelte ihren Arm.

„Habe ich ihn dazu gemacht?" Sie strahlte ihn an.

„Schon gut!" Lachend hob Edward die Hände. „Du hast Kate eingeladen?"

„Du hast doch nichts dagegen?" Ihre Augen weiteten sich. Plötzlich wurde ihr klar, dass sie damit einfach über den Kopf ihres Mannes entschieden hatte.

„Aber nein, natürlich nicht!" Er hob die Hand und legte sie auf ihre Wange. „Du solltest langsam wissen, dass ich deine Entscheidungen respektiere."

„Das..." sie senkte den Kopf und griff nach seiner Hand. „...werde ich wohl niemals verstehen können." Sie musste lächeln, als sie an ihre Kindheit dachte, was ihr alles beigebracht worden war...und was sie schließlich von Edward bekommen hatte.

„Michelle..." er küsste ihre Stirn. „...ich weiss, ich weiss. Aber du weißt doch auch, dass ich dir nicht abschlagen kann."

„Ja...nur manchmal vergesse ich es." Sie lächelte.

„Ich sehe dich noch immer vor mir..." er zog sie an sich. „...wie still du stets gewesen bist, ein richtiges schüchternes Mäuschen...aber so bist du mir lieber."

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„Hey, Kate!"

„Was??" Sie fuhr herum, ließ dabei ihren Hammer fallen. (Hammerfall? Hihi!)

„Sachte." Er hob die Hände. „Was ist denn mit dir los?"

„Ach..." Sie strich sich eine Strähne hinters Ohr und hob den Hammer wieder auf. „Ich hatte eine Begegnung mit einem gewissen Ritter."

„Oh, lass mich raten..." Will verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich an einen Pfosten.

„Ja, er hätte fast einen kleinen Jungen zu Tode geritten." Wie um die Wut und ihre Empörung besser auszudrücken schlug sie mit dem Hammer auf den Amboß.

„Ist ihm zuzutrauen, dieser ekelhafte Kerl." Er stieß sich von dem Pfosten ab und schlenderte zu Kate. „Heute abend wirst du ihn wiedersehen."

Sie fuhr herum und funkelte ihn wütend an. „Ich komme nicht!" Sie senkte den Blick. „Den ertrag ich nicht. Bin froh, wenn ich ihn nicht sehen muss."

„Tja, daraus wird wohl nichts." Will zog die Augenbraue hoch.

„Wie meinst du das??"

„Unsere zukünftige Königin erwartet dich in ihren Gemächern. Drücken gilt nicht!"

„Das ist egal!" Sie warf den Hammer wieder hin. „Ich kann doch diesem, diesem...Ich hasse ihn!"

„Na na na, solche harten Worte...Aber du hast recht, er ist ein Arschloch. Ich würde ihm zu gerne noch einmal auf dem Turnierplatz begegnen."

Ich kann da unmöglich hin...und ihm ins Gesicht sehen. Ich weiss nicht was ich sonst tue..." Sie ging mit schnellen Schritten auf Will zu und baute sich vor ihm auf.

„Ist ja gut...du musst nicht gleich an mir üben. Trotzdem, ich fürchte du hast keine andere Wahl als zu kommen..." Er zuckte mit den Schultern.

„..." Sie sah ihn an. „Warum?"

„Du hast mir versprochen, dass du kommst, also...Versprochen ist versprochen. Außerdem kannst du mich nicht unter diesen ganzen geschniegelten Adligen alleine lassen."

Kate legte den Kopf zu Seite und stemmte die Arme in die Seite.

„Jocelyn gehört auch dazu..."

„Ich weiss..." Seine Stimme klang alles andere als begeistert, doch sein Blick verriet, dass er momentan nicht in der Stimmung war darüber zu reden. Kate kannte das Problem sowieso. Es war immer das gleiche: Sie schienen aneinander vorbei zu reden...wahrscheinlich machte sie sich bereits seit einer Woche nur einen Gedanken: Was ziehe ich am ersten Ballabend an...und zum ersten Turnier...und zum zweiten Dinner...und überhaupt...

„Ich habe Adhemar vor allem Leuten Bastard genannt." Diese Aussage saß.

„Oh..."

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„Aber Majestät, sie ist eine gewöhnliche Schmiedin!* Michelles Vertraute sah ihren Schützling entsetzt an, doch die Prinzessin blickte völlig selbstverständlich zurück.

„Ja, und? Schicken sie sie jetzt herein. Wir wollen sie doch nicht warten lassen. Und lassen sie die Zofen mit den Kleidern kommen." Michelle wendete sich ab und Mathilda fügte sich in ihr Schicksal.

Kate verfluchte Will wohl schon zum hundertsten Male. Warum hatte er ihr das angetan. Das würde sie ihm Heimzahlen. Die Prunkvollen Gänge und Säle waren einfach nicht ihre Welt. Und dann noch diese alte Frau, die sie behandelte wie eine Aussätzige...vorsichtig betrat sie die Gemächer der Königin...und traute ihren Augen nicht...

Ausgebreitet auf dem großen, mit rotem Samt bezogenen Bett und auf sämtlichen Stühlen oder Chaiselongues lagen zahlreiche festliche Kleider und mitten in dem Ganzen stand eine vor Freude strahlende Michelle.

„ Majestät....?" Kate ging in die Knie.

„Steht auf. Ich wünsche, dass ihr das unterlasst, wenn wir alleine sind."

„Wie ihr wünscht... Ich ... weshalb habt ihr mich herbestellt?" Eigentlich hatte sie eine dunkle Ahnung, angesichts der prachtvollen Gewänder, aber sie wollte es lieber von der Prinzessin selbst hören.

Michelle ging auf Kate zu und griff nach ihren Händen.

„Nun, immer hin kommst du heute Abend zum Ball, und da dachte ich mir, ich könnte dir ein Kleid geben."

„Oh, nun...ich..." Kate sah verdattert von der Prinzessin zu den Kleidern und wieder zurück. Noch bevor sie etwas dazu sagen konnte, zog Michelle sie mit sich zum Bett.

„Ich kann diese Kleider doch im Moment nicht tragen, aber dir werden sie passen, ganz sicher!" Michelle strich sich mit einer Hand über ihren gewölbten Bauch.

„Aber, das kann ich doch nicht..." Kate schüttelte schnell den Kopf.

„Annehmen...? Aber natürlich kannst du das!" Sie griff nach einem granatroten Samtkleid, das an den Säumen und am Dekolleté mit winzigen Steinen besetzt war. „Dieses hier! Darin würdest du bestimmt reizend aussehen." Sie hielt es Kate hin, die sie noch immer fassungslos anstarrte.

„Es....ja, es ist wirklich wunderschön. Doch sicherlich hat es ein Vermögen gekostet. Ich muss dich enttäuschen; ich kann es nicht annehmen." Trotzdem berührte sie vorsichtig mit den Fingerspitzen den weichen Stoff.

„Warum, ich hätte es dir so gerne geschenkt. Was meinst du, was die jungen Männer sagen werden, wenn sie dich in diesem Kleid sähen?!" Michelle kicherte. „Wo Jocelyn doch so damit beschäftigt ist, dich zu verkuppeln."

„Ja, ich weiß. Ich habe ihr aber bereits gesagt, dass ich an diesen Männern, die sie mir vorstellt nicht interessiert bin. Offenbar hat sie es nicht verstanden."

„Du warst wohl nicht deutlich genug." Sie legte den Kopf schief. „ Obwohl ich mir das bei dir nicht vorstellen kann." Jetzt musste auch Kate lachen.

„Also, wirst du es tragen?"

„Ich... ich weiß nicht, so ein wunderschönes Kleid passt doch gar nicht zu mir."

„Was glaubst du, wie überrascht Will sein wird; der erkennt dich bestimmt nicht mehr." Sie wusste, dass es unfair war den jungen Ritter zu erwähnen. Sofort wurde Kate's Gesicht dunkler und nachdenklicher.

„Entschuldige..." Michelle senkte den Kopf.

„Nein, schon gut. Ich bin darüber hinweg..." War ihre Verliebtheit denn so offensichtlich gewesen? Sogar die zukünftige Königin wusste davon. Ein unangenehmes Schweigen hatte sich ausgebreitet, schließlich brach Michelle es.

„Probier es doch mal an!"

„Na schön..." Sie hatte ja sowieso keine andere Wahl...Kate zog ihr Kleid aus und ließ sich von Michelle beim Anziehen helfen. Sie konnte ja schlecht in ihren heruntergekommenen Kleidern aus der Schmiede zu einem königlichen Bankett kommen.

„Oh, du siehst wundervoll aus!" Michelle schien begeistert, und Kate drehte sich einmal während sie vorsichtig lächelte. Die Prinzessin schob sie vor den großen Ankleidespiegel und Kate war selbst überrascht, wer ihr da entgegen sah....sicher keine verwitwete Schmieden.

„Also? Wirst du es tragen? Ich wäre so froh darüber heute abend eine Freundin bei mir zu haben." Michelle griff nach Kate's Hand und lächelte sie fragend an. Kate musste schlucken. Natürlich hatte sie schon bemerkt, dass sie sich mit der Königin gut verstand, doch dass diese sie als Freundin bezeichnete...

„Gut, ich komme...ist...dieser Abend etwas besonderes für euch?" Sie hatte immer gedacht, die Prinzessin hatte solche Bankette mindestens jede Woche.

„Nun, Edward gibt bekannt, dass ein Thronfolger geboren wird." Michelle senkte den Kopf.

„Warum erst jetzt?" Kate verstand nicht ganz, warum sie es nicht gleich bekannt gegeben hatten.

„Weil es doch...schon einmal schief gegangen ist und wir dem Volk nicht wieder verfrüht Hoffnung machen wollten..."

„Edward hat den Thron noch nicht einmal bestiegen und ihr redet schon von einem Thronfolger... aber ihr habt sicherlich recht." Sie nahm Michelle' s andere Hand und drückte sie leicht. „Es ist sehr schön für euch, dass bis jetzt alles gut verlaufen ist. Ich freue mich für euch, Majestät."

„Danke. Ich kann dich heute Abend also erwarten?"

„Ja." Kate lächelte.

„Soll dich eine Kutsche abholen?"

„Oh, nein, das bitte nicht!" Abwehrend hob sie sofort die Hände. „ Was sollen dann die Leute in meinem Viertel von mir denken? Die zerreißen sich ohnehin schon das Maul über mich."

„Wenn du das willst." Michelle trat einen Schritt zurück.

„Es ist besser so. Eure Majestät sind sehr großzügig." Sie verbeugte sich. Dann machte sie sich daran, das Kleid wieder auszuziehen. „Wenn ihr mich dann entschuldigt, ich muss noch etwas erledigen vor heute Abend."

„Natürlich, ich wollte dich nicht aufhalten, Kate."

„Nein, so war das nicht gemeint. Es ist eine Ehre für mich hier sein zu dürfen." Kate machte einen Knicks. „Aber ich muss noch ein Pferd beschlagen." Kate grinste.

„Oh...natürlich." Michelle tat es ihr gleich, und die Sympathie der beiden Frauen war in diesen Blicken nicht zu übersehen.

„Kommt heute abend etwas früher hierher, ja? Dann werdet ihr frisiert und angekleidet."

Kate nickte, und wendete sich schließlich dem Ausgang zu. Als sie die Türe von außen wieder schloss und sich, ganz in Gedanken dem Gang zuwendete, sah sie für einen Augenblick nur noch schwarz. Erschrocken stieß sie einen Schrei aus und taumelte einen Schritt rückwärts. Sie fühlte, wie sich Hände um ihre Oberarme schlossen um sie zu halten, und sah entsetzt auf. Als sie bemerkte, gegen wen sie da gelaufen war, stockte ihr der Atem...

„Sie!"

„Genau. Ich." Die Hände schlossen sie noch fester um ihre Oberarme. Nur um sie dann mit einem Ruck von sich zu stoßen. „Schert euch davon!"

Sie konnte gerade noch einen Sturz verhindern, indem sie sich mit den Händen abstützte. Sofort richtete sie sich wieder auf und starrte ihn hasserfüllt an. „Was fällt ihnen ein? Ich bin auf ausdrücklichen Wunsch..."

„Es interessiert mich einen Scheißdreck auf wessen Wunsch ihr hier seid. Ihr seid mir im Weg." Er machte einen Schritt auf sie zu. „Und jetzt sind keine Zuschauer da; keiner könnte euch helfen."

„Ja und?" Offenbar beeindruckte sie die unverhüllte Drohung kaum. „ Schlagt mich doch. Euch würde ich das ohne weiteres zutrauen, dass ihr Frauen schlägt. Ich bin vielleicht nicht adlig" sie sprach das Wort voller Verachtung aus. „ aber wenigstens habe ich Ehre, etwas das ihr nie haben werdet."

Einen Augenblick herrschte eisige Stille in dem hohen Gang. Adhemar und Kate sahen sich in die Augen, versuchten beiden einen Weg zu finden den anderen mit Worten zu verletzten. Kate traute schließlich ihren Ohren nicht, als sie das dunkle verächtliche Lachen des schwarzen Ritters vernahm.

„Ihr seid es nicht wehrt mir den Staub von den Stiefeln zu putzen und redet dann von Ehre? Das ist lächerlich." Seine grünen Augen durchbohrten sie, und Kate hatte das Gefühl innerlich zu zerspringen vor Wut. Sie hatte schon gewusst, warum sie ihm nicht mehr begegnen wollte. Unwillkürlich trat sie einen Schritt zurück, als er auf sie zukam und sie mit seiner bloßen Präsenz an die Wand zu drücken schien.

„Verschwinde."

„Ja. Das werde ich. Aber sobald die Prinzessin meine Gesellschaft wieder wünscht, komme ich wieder hierher." Trotzig und mit Stolz hob sie den Kopf und sah sie zu ihm auf...er war so groß...er musste nicht auf seinem Pferd sitzen um auf sie herunter sehen zu können, und auf einmal kam sie sich sehr klein und unbedeutend vor, obwohl sie sich für dieses Gefühl gleich selbst verfluchte...

Adhemar sah ihr noch einige Augenblicke zornerfüllt nach, dann wandte es sich zur Türe. ‚Dieses Weibsstück wird mich noch kennen lernen. Sie ist es nicht einmal wert, dass man sie anspuckt!' ein stilles, aber eiskaltes Lächeln zeigte sich auf seinem Gesicht Er hob die Hand, um zu klopfen, doch wartete noch einen Moment, bevor er es tat. ‚Sie ist verdient nicht, dass man über sie auch nur nachdenkt.' Mit diesem Gedanken verbannte er sie aus seinem Kopf und eine tiefe Zufriedenheit erfüllte ihn.

„Dieser..." Mit einem Knall lies sie die schwere Eichentür hinter sich ins Schloss fallen; es kümmerte sie nicht, wer sie hörte oder was ihre Nachbarn von ihr denken würden. „Ich..." sie nahm den Hammer. Wenn der ihr jetzt in die Finger käme... Voller Zorn schlug sie auf den Amboss ( so eine Schmiede ist ganz schön praktisch zum abreagieren, was? ), nur um ihn gleich darauf wieder wegzuschleudern. Tränen der Wut liefen ihr die Wange herab.

„Ehm...Kate?" Roland hatte vorsichtig die Türe geöffnet und lugte herein. Er hatte gesehen, wie seine Kameradin wutentbrannt vom Schloss gekommen war.

„Wat..." Sie zog die Nase hoch und wischte sich mit dem Ärmel über die tränennassen Wangen. „Komm rein."

Der Rothaarige tat wie ihm geheißen und schloss die Türe hinter sich. „Dass du so wütend bist, hat wohl kaum was mit der Prinzessin zu tun, oder?" Er zog eine Augenbraue hoch.

„Nein..." Sie winkte ab und sammelte den Hammer wieder ein. „Ich bin Adhemar begegnet...wie kann man nur so abgrundtief böse sein. Und heute Abend muss ich ihn auch noch sehen..." Sie machte eine schwungvolle Bewegung mit dem Hammer.

„Ach weißt du, damit könnte ich leben..." Roland setzte sich auf den Amboß und baumelte mit den Beinen, als er Kates fragenden Blick sah. „Nun, das viele Essen!!! Da kann man so richtig satt werden! Ich meine mit richtig edlen Speisen!" fügte er erklärend hinzu. „Bringst du mir was mit???" Sein bittendes Grinsen ließ sie unwillkürlich lächeln.

„Warum bist du nicht bei Will?"

„Ach, der muss doch mit Edward zu dieser „Besprechung"...also? Krieg ich was edles?"

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„Nein, Michelle, es ist wirklich so: Am französischen Hof hat sich nicht viel verändert. Vermisst ihr die Heimat?" Adhemar sah die bei ihm auf dem Sofa sitzende Michelle fragend an. Sie hatte seine Hand ergriffen und gerade als sie sie wegziehen wollte, öffnete sich ein Teilstück der Wand und Edward trat ein.

„Michelle, ich wollte dich vor der Besprechung noch einmal sehen..." Erst jetzt bemerkte er, dass seine Frau nicht alleine war. Adhemar erhob sich um sich vor dem zukünftigen König zu verbeugen, während er lächelnd meinte: „Ich sehe, die Geheimgänge sind in England genauso gut getarnt wie die in Frankreich."

„Die ihr sicher alle kennt, Graf." Edward musterte den anderen misstrauisch.

„Oh, sicherlich nicht alle, aber doch einige." Gab Adhemar zurück, seine Miene war nun ebenso verschlossen und unterkühlt wie die des Königs. Er nahm Michelle' s Hand und verneigte sich vor ihr. „Ich werde die Herrschaften dann verlassen." Er drehte sich um, blieb jedoch an der Tür stehen und meinte zu Edward. „Die Besprechung beginnt bald, es würde einen schlechten Eindruck machen, wäre der Gastgeber nicht anwesend." Dann trat er hinaus und schloss die Tür hinter sich. Noch immer war er der Ansicht, dass eine Schönheit wie Michelle mit diesem Engländer zu verheiraten, ein Sakrileg war.

Michelle hatte den Kopf gesenkt.

„Er...hat mir von zu Hause erzählt...ich bin seit zwei Jahren nicht mehr dort gewesen...und..." Erschrocken sah sie auf, als Edward plötzlich vor ihr stand.

„Ich hoffe ich habe euch nicht gestört."

„Nein!"

„Ich denke Adhemar würde das anders sehen."

„Das mag sein..." Sie blickte zu ihm auf. „Er wollte nicht, dass ich dich heirate." Sie errötete und Edward nickte leicht.

„Und du wolltest es auch nicht."

Sie versteifte sich.

„Für mich hat es niemals eine Rolle gespielt was ich wollte. Das ist irrelevant. Ich habe...hatte...meine Pflicht zu erfüllen."

„Deine Pflicht zu erfüllen..."Edward senkte den Blick.

„Es ist inzwischen aber viel mehr als das." Sie lehnte sich an ihn und blickte ihn von unten her an.

„Ich weiß ... manches Mal kann ich es nicht glauben..."

„Was? Dass ich dich liebe? Es ist aber so." Ihre Hand streichelte die seine. „Sonst würde ich das nie tun." Sie reckte sich um seinen Mund zu erreichen. Sanft berührten ihre Lippen zuerst sein Kinn, dann zögerlicher, wie fragend seinen Mund. Ein zarter, liebevoller Kuss. „Ich liebe euch, Majestät. Aber noch mehr liebe ich den Mann, der du für mich bist."

Edward strich ihr über den Rücken und erwiderte spielerisch ihren Kuss, dann zog er sie zu sich und hielt sie fest an sich gedrückt. Er hatte sie geliebt vom ersten Augenblick an, als sie so verletzlich, unsicher und wunderschön vor ihm gestanden hatte. Er hatte es gehasst sie zu heiraten...hatte es gehasst auf Grund der Tatsache, dass sie nichts als Hochachtung für ihn empfand. Er erinnerte sich noch heute an ihre Worte, die die ersten waren, die sie zu ihm gesprochen hatte: „Mylord, es ist eine Ehre für mich eure Gemahlin werden zu dürfen." Dabei hatte sie ihm nicht in die Augen gesehen, sondern hatte mit gesenktem Haupt vor ihm eine tiefe Verbeugung gemacht...

„Sieh mir in die Augen, bitte!" flüsterte er.

Sanft löste sie sich und blickte ihn verwundert an. Ein fragendes Lächeln umspielte ihren Mund.

„Ich will, dass du niemals mehr etwas tust, nur weil es deine Pflicht ist. Und ich will, dass du mich niemals mehr mit Hochachtung und Respekt ansiehst, sondern mit Liebe. Verstehst du? Es... es hat so wehgetan zu wissen, dass du nicht mehr als Achtung und erzogenen Verehrung für mich empfindest, während ich mir nichts mehr wünschte, als dass du mich so zärtlich ansehen würdest wie jetzt." Er legte seine Rechte auf ihre Wange und streichelte liebevoll ihren Wangenknochen. „Michelle..."

Wortlos schmiegte sie sich in seine Handfläche. Still lächelnd blickte sie ihn an.

Nach einer Weile ließ sie ihn los. „Wolltet ihr nicht zu einer Besprechung, Majestät?" neckte sie ihn.

„Von wollen kann da ja keine Rede sein." Er lächelte etwas wehmütig.

„Würdest du heute Abend nach dem Ball in meine Gemächer kommen." Sie errötete bei diesen Worten. „Mathilda holt mich sowieso wieder gegen zehn vom Ball, weil es zu anstrengend für mich wäre."

Er lächelte und beugte sich zu ihrem Ohr um ihr hinein zu hauchen:

„Es gibt nichts, was ich lieber tun würde."

Sie errötete noch ein bisschen mehr, und als er sie losließ um das Zimmer zu verlassen, wollte sie seine Hand nicht loslassen...wie sollte sie ihm jemals begreiflich machen, dass sie alles für ihn tun würde...alles.

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„BUH!"

„Was...?" Kate und Wat fuhren erschrocken herum, doch entspannten sich sofort wieder.

„Vicky..."

Das junge Mädchen grinste breit und kam näher.

„Coole Aktion, Kate, muss schon sagen..."

„Von welcher Aktion redest du?" fragte sich misstrauisch.

„Na, heute morgen! Oh, man! Ich hoff, ich werde später nicht so vergesslich." In gespielter Verzweiflung hielt sie sich die Stirn.

„Dieser ... lass mich bloß in Ruhe mit diesem arroganten Kerl!"

„Ach, wieso denn, sah doch ganz nett aus." Sie legte den Kopf schief und grinst Kate an.

„ Das meinst du nicht ernst. Ich hasse ihn!" Ihr Blick verfinsterte sich noch mehr.

„Nein, nicht wirklich. Aber ich fand deine Reaktion sehr mutig!" Vicky schwang sich auf das Regal mit dem Schmiedezubehör, was ihr einen missbilligenden Blick von Kate einbrachte.

„Dieses Arschloch hätte beinahe einen kleinen Jungen nieder geritten!"

„Jo, nen sehr freundlichen Eindruck hat er wirklich nicht gemacht." Vicky strich sich eine widerspenstige rotbraune Locke hinters Ohr und baumelte mit den Beinen. „Sollte mich von ihm nicht erwischen lassen." Sie grinste Kate mit schräg gelegtem Kopf an und wartet auf die Reaktion der Freundin.

„Was willst du damit sagen?"

Ja, genauso hatte sie sich das gedacht.

„Na heute abend auf dem Ball. Glaubst doch wohl nicht, dass ich mit diese Gelegenheit entgehen lasse! Viele reiche Bonzen, gutes Essen und..."

„Wobei wir wieder beim Thema wären..." Begehrte Wat auf, doch sofort wurde er von Kate unterbrochen.

„Du wirst da nicht hingehen! Ich bin heute abend auch da! Auf Wunsch der zukünftigen Königin." Hatte sie den ersten Satz noch wütend gesagt, wurde sie beim zweiten stiller.

„Ja eben, dann kann mir ja nichts passieren, Katilein! Also bis heute abend!" Mit diesen Worten sprang sie behende vom Regal und war im nächsten Augenblick verschwunden.

„VICKY! Komm....sofort zurück..."

Sie drehte sich zu Wat um und zuckte ratlos mit den Schultern. „Sie kann da doch nicht hingehen."

Wat erwiderte ihre Geste. „Du kennst sie; sie kann und sie wird."

„Wenn sie erwischt wird, dann wird sie ... da sind überall Wachen und und ..."

„Ach, Vicky macht das schon!" Er winkte ab.

„Du unterstützt ihr Vorhaben doch wohl nicht! Der König, bzw. der zukünftige ist zwar gütig und hat eine Schwäche für das einfache Volk, aber er wird unmöglich zulassen können, dass sie seine Gäste beklaut!"

„Sie darf sich halt nicht erwischen lassen."

„Ich kann nicht verstehen, wieso dich das vollkommen kalt lässt."

„ Aah, ja. Kalter Braten wäre auch nicht schlecht."

„Argh, wieso rede ich überhaupt mit dir."

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„Oh Kate, du siehst großartig aus." Michelle griff nach Kate's Händen und sah sie von oben bis unten an, immer verfolgt vom missbilligenden Blick Mathildas.

Michelle hatte Recht. Das morgens ausgesuchte Kleid stand der Schmiedin ausgezeichnet, hob ihre Weiblichkeit auf ungeahnte Art hervor. Ihr dunkles Haar war von den Dienerinnen der Königin zu einer kunstvollen Frisur hochgesteckt worden und nur einige einzelne Locken umrahmten ihre Gesichtszüge.

„Majestät ehren mich mit diesem Kompliment, doch gegen die Königin verblasse ich sofort."

Michelle schüttelte entschieden den Kopf und lachte: „Ich würde sagen ihr seid eine ernsthafte Konkurrenz." Sie selbst trug ein dunkelblaues Kleid, mit Gold besetzt, dass ihren Bauch zwar kaschierte, doch nicht mehr völlig verbarg. Ab diesem Abend sollte es ja auch nicht mehr vertuscht werden. Ihr Haar war zum Teil hochgesteckt, zum Teil lagen ihre blonden Locken über ihre weißen Schulter und ihr Dekolleté und auf ihrem Kopf steckte das funkelte Diadem der Königin von England.

„Ich bin euch zutiefst dankbar, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll..." Kate blickte sich noch einmal im Spiegel an. „Es... ich hätte nie gedacht, dass ich so aussehen kann." Schnell fuhr sie sich über die Augen und wischte ihre Tränen weg, bevor sie der Königin auffielen. „Das ist so lieb von euch... ich meine, ihr seid sehr großzügig, Majestät. Ich habe keine Ahnung, wie ich mich bedanken kann; ich habe doch gar nichts, was ich euch.... Ich meine, ich kann euch doch keine Waffe anfertigen." Sie lächelte unsicher.

„Ich freue mich, dass du dir darin gefällst. Und du schuldest mir keinen Dank, ich bin sehr froh, dass du auf dem Bankett erscheinst."

Kate nickte. Etwas verlegen zupfte sie an ihrem Kleid. Es war ungewohnt und sie fühlte sich seltsam nackt, obwohl sie angezogen war. Trotzdem kam sie sich zum ersten mal in ihrem Leben richtig elegant vor und gerade das war es ja, was sie unsicher machte. Sie hoffte so sehr, dass sie sich nicht lächerlich machte. Im Geiste sah sie sich bereits die Treppe hinunter stolpern, weil sie es nicht gewohnt war in diesen hohen Schuhen zu gehen.

„Kate, du siehst wirklich wunderschön aus; du brauchst keine Angst haben, alle werden dich zauberhaft finden und es wird keiner merken, dass du nicht adlig bist, falls du das befürchtest." Michelle trat zu ihr und legte ihr beruhigend die Hand auf die Schulter. „Und wenn doch, dann vergiss nicht, dass du auf Wunsch der zukünftigen Königin und des zukünftigen Königs von England eingeladen bist."

Kate wagte nichts darauf zu sagen, da sie fürchtete vor Rührung zu weinen.

„Majestät sollten dann mitkommen. Der Ball beginnt gleich." Mathilda hatte sich das ganze mit angehört und hatte sich sehr zusammen reißen müssen. Diese kleine Schmiedin war wohl kaum der richtige Umgang für ihre kleine Michelle. Sie konnte doch nur einen schlechten Einfluss haben.

„Ich soll die Damen abholen, hat mir der König gesa..." Will streckte nach einem kurzen Klopfen ohne Abzuwarten den Kopf herein. In dem Moment als er Kate sah, blieb ihm der Mund offen stehen.

„Was füllt ihnen ein..." setzte Mathilda, über den Einbruch in die königlichen Gemächer empört, an, doch Michelle unterbrach sie.

„Oh, Sir William, kommt doch herein..."

„Ist er doch schon..." murmelte Kate, während sie versuchte das Gefühl der Nervosität in ihrem Bauch zu ignorieren. Unsicher stand sie noch immer vor dem Spiegel und fühlte den empörten Blick der Kammerfrau auf sich ruhen. Ihre Hände strichen ruhelos über den dunklen Samt, sie wusste nicht, wo sie sie hintun sollte. Sie fühlte sich so lächerlich und wünschte sich verzweifelt, dass sich ein Loch auftun würde, worin sie versinken könnte. Kate hatte gewusst, dass sie sich irgendwann in diesem Kleid, in dem sie sich völlig schutzlos fühlte, hinaus wagen müsste und dieser Gedanke hatte ihr Übelkeit verursacht, doch das alleine Will's Anwesenheit dazu ausreichte, sie vollkommen unsicher und mutlos werden zu lassen, hatte sie nicht geahnt. ‚Was tue ich eigentlich hier?' sie drehte sich zum Fenster. ‚Ich gebe mich dem Spott der Menge preis und werde ausgelacht.' Sie hielt sich am Vorhang fest. ‚Wozu? Es bringt ja doch nichts.' Will würde sie doch nie beachten; was hatte sie sich erhofft? Sie konnte sich ohne hinzu sehen vorstellen wie er sich nur vor der Königin verbeugte während er sagte: „Majestät, ihr Gemahl erwartet sie." Ihr Gedanke bei diesen Worten war ‚Oh, Jocelyn hatte ihn mittlerweile gut dressiert.'

„Wow Kate, du siehst...großartig aus."

In Kates Kopf drangen diese Worten ganz langsam vor. Hatte er jetzt gerade ihren Namen im Zusammenhang mit gutem Aussehen genannt? Überraschte drehte sie sich um und bemerkte, dass Will tatsächlich sie ansah. Sie spürte, wie ihr das Blut in die Wangen schoß und ihr Kopf zu hämmern begann.

„D...danke..." Sie wagte nicht in seine blauen Augen zu sehen. In ihrer momentanen Verfassung konnte das in einem Tränenausbruch enden. Einen Moment herrschte Schweigen im Raum.

Michelle beobachtete interessiert Wills Blick, den er offensichtlich nicht von Kate wenden konnte und Kates Reaktion darauf. Ihr wurde in diesem Moment so einiges klar.

„Und Majestät sollte daran denken sich nicht zu überanstrengen." Die Situation wurde jäh unterbrochen, als Mathilda das (Macht-)Wort wieder ergriff und die Königin warnen ansah.

„Ja, Mathilda, ich werde es bedenken." Sie lächelte.

„Ihr solltet eure Majestät nicht warten lassen." mahnte die ältere Frau mit einem strengen Blick.

„Hey, sie ist die Königin und Edward kann ruhig mal warten, schließlich lohnt es sich." Er zwinkerte Michelle zu, während Mathilda im Hintergrund vor lauter Empörung nach Luft schnappen musste. ( Was bildete sich dieser dahergelaufene freche Bengel ein: der Königin zuzuzwinkern???)

„Ich werde kommen. Richtet ihr das bitte meinem Gemahl aus, Mathilda?"

Als die Kammerdame davon wackelte, wandte sie sich an Kate, die noch immer beim Fenster stand.

„Ich muss jetzt gehen." Sie beugte sich zu ihr. „Denk immer daran, du bist auf meinen persönlichen Wunsch hier und du siehst phantastisch aus. Sogar Will ist der Meinung!" flüsterte sie. Dann verabschiedete sie sich von den beiden.

„Na, dann bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als die schöne, junge Dame in den Ballsaal zu geleiten." Will bot ihr den Arm an.

„Das..." Kate suchte nach Worten, während ihre Gedanken so wild durcheinander wirbelten, dass sie kaum klar denken konnte. „das meinst du doch nicht ernst." Mit einem kurzen Nicken legte sie ihre Hand auf seinen Arm.

„Doch, du siehst gut aus heute."

‚Na, wunderbar, das klingt doch schon viel realistischer.' Sie wusste nicht, was ihr lieber war; das er ihr wenigstens einmal ein Kompliment machte oder dass er ehrlich war.

„Du hast ja eiskalte Hände."

‚Scharf bemerkt...'

„Ja, ist die Aufregung." Langsam gingen sie den Gang entlang in Richtung Ballsaal...sie ging neben ihm her...an seinem Arm. Es fühlte sich so gut an, so sicher...wie in ihren Träumen.

„Was denkst du gerade?"

‚Ups...'

„An nichts...nur wie ich es schaffen soll diesen Abend zu überstehen."

„Ach was, du machst das schon."

‚Kumpel...oh wie ich diesen Ton hasse...'

„Ja, bin ja kein kleines Mädchen." Sie versuchte ein Grinsen. Es misslang...

Sie kamen dem Ballsaal immer näher. Die Stimmen wurden immer lauter. Immer beunruhigender. Sie verspürte plötzlich den Drang sich hinter einem der Wandteppiche zu verstecken.

„Ah, da seid ihr ja!"

‚Noch ein Grund mehr im Boden zu versinken...' Kate zuckte bei Jocelyns Stimme unwillkürlich zusammen. Will's „Liebste" stand ungeduldig an der Türe und wartete.

„Beeil dich doch! Der König und die Königin kommen gleich, bis dahin müssen wir am Kopf der Tafel sein."

Kate wurde sich bewusst, dass sie immer noch Wills Arm hielt...

Schnell ließ sie ihn los und wich zwei Schritte zurück. Am liebsten würde sie umkehren, das Kleid ausziehen und wieder in ihrer Schmiede stehen.

„Kate!! Du siehst ja wundervoll aus!" Jocelyn ergriff begeistert ihre Hände, ließ sie aber gleich wieder sinken und nahm Will's Arm. „Sieht sie nicht wirklich zauberhaft aus?" sie strahlte Will an.

„Ja." Er beugte sich zu ihr und zupfte kurz ein paar weiße Federn aus ihrem Haar. „Du aber auch." Flüsterte er ins Ohr. Kate senkte den Blick, während sie sich wünschte, weit weg zu sein.

„Warum hast das getan? Hey, weißt du, wie lange es gedauert hat, diese Frisur so hin zu bekommen?"

„Tut mir leid, ich.... (habe nur für einen Moment geglaubt, du kommst gerade aus dem Hühnerstall. Aber das konnte er ja schlecht sagen * g * ) ich finde nur, dass du ohne sie viel besser aussiehst."

„Wirklich?"

„Ja, viel natürlicher."

Jocelyn blickte ihn skeptisch an. „Lass uns gehen, sonst kommen wir nach dem Königspaar, was wirklich sehr peinlich wäre. Kate?" fragend drehte sie sich noch einmal zu ihr um.

‚Es ist nur dieser Abend, es ist nur dieser Abend. Dann nie mehr, nur einmal, nur einmal...Du überstehst das Kate!'

Hinter Will und Jocelyn herlaufend betrat sie den Ballsaal...und wollte ihn eigentlich auch gleich wieder hinauslaufen, doch sie zwang sich stark zu sein. Den Kopf gesenkt ging sie durch den von Menschen gesäumten Gang hindurch und auf die große Tafel zu. Nachher würde hier das Königspaar entlang gehen... ‚Oh Kate, wie konntest du nur hierher geraten...' Sie wagte ab und zu einen Seitenblick, nur um dann sofort wieder auf den Boden zu starren...doch was war das? Sie konnte doch diesen Lockenschopf, der sich hinter einem der Brokatvorhänge versteckte... ‚Vicky...als ob ich nicht genug Probleme hätte...' Während Kate resignierte waren sie am Ende des Ganges angekommen.

„Kate, die Königin möchte, dass du neben ihr Platz nimmst." Raunte ihr Will zu und bedeutet mit einer Kopfbewegung zu dem Stuhl an dem sie Platz nehmen sollte.

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Vicky sah sich um. Das Reinschleichen war für einen Könner wie sie natürlich kein Problem gewesen, nun war sie gespannt auf den Ablauf und was für sie abfallen würde. Sie schrak zusammen, als Trompeten erklangen und der französische König angekündigt wurde...da war er...dieser seltsame schwarze Ritter von heute morgen. Eine imposante Figur machte er...ohne Frage. Seine arroganten Gesichtszüge ließen sie verstehen, warum Kate ihn nicht leiden konnte. Da fiel ihr ein, sie musste Kate ja noch rächen...Kate würde sie zwar umbringen, wenn sie erfuhr, dass sie Adhemar den schwarzen Ritter bestohlen hatte, doch das war wenigstens Mal wieder eine richtige Herausforderung für sie. Prüfend musterte sie ihn: Er trug nicht viel Schmuck, das hatte er natürlich nicht nötig. Einen Siegelring, der seine adlige Herkunft betonen sollte... ‚Ich sollte nicht gleich übertreiben...'. Ihr Blick wanderte weiter und fiel auf einen Dolch in schwarzer Scheide, der an Adhemars Seite baumelte. Sein Griff war mit allerlei Edelsteinen besetzt und sah so sehr nach Reichtum aus, dass es in Vickys Fingern zu kribbeln begann. Jawohl, das war es...das Objekt ihrer Begierde. Diesen Dolch würde sie besitzen...für Kate...und für einen gefüllten Magen! Erfreut rieb sie sich die Hände. Das war gut; das war eine echte Herausforderung. Der Kerl sah nicht aus, als wäre er blöd. Sie musste sich bestimmt anstrengen, aber es gab nichts, was sie nicht schaffen konnte. Außerdem liebte sie Herausforderungen. Über die Köpfe der jubelnden Menge, als das Gefolge des französischen Königs eintraf, sah sie Kate an ihrem Platz sitzen und sie warnend ansehen. Sie machte einen entsprechende Geste, die besagte, dass sie sich keine Sorgen zu machen brauchte und ignorierte sie dann. Bevor sie sich an die Arbeit machte, wollte sie noch das junge Königspaar sehen. Vicky suchte sich einen Platz hinter den dunklen Vorhängen, zwischen denen sie hervor lugte und so einen wunderbaren Blick über die Köpfe der Adligen hatte. Der König sah wirklich gut aus. Wie die Königin war er ganz in dunkles Blau gekleidet; er sah sehr fein und elegant aus. Er hatte die Hand seiner Gemahlin ergriffen und ging mit ihr lächelnd zu ihrem Platz. Immer wieder nickten sie jemandem zu oder blieben kurz stehen und wechselten einige Worte mit einem der Adligen.

Vicky beobachtete alles ganz genau. Die Gesten des Königs zu seiner Frau, die unmissverständlich zu verstehen gaben, wie sehr er se liebte. Unwillkürlich fragte sie sich woher der König wohl die Narbe auf seiner Wange hatte...

Schließlich kam das junge Paar bei den Ehrengästen an. Während der Verbeugung vorm König und den Handküssen für die Königin blieb ihr Adhemars Blick nicht verborgen: Er konnten den König wohl genauso wenig leiden wie dessen ersten Ritter...und das wollte was heißen! Sie kicherte vor Vorfreude als sie daran dachte, wie sie diesen Ritter später um seinen kostbaren Dolch erleichtern würde.. Mucksmäuschenstill stand sie hinter dem Vorhang und lauschte den begrüßenden Worten des Königs. Nachdem das Essen eröffnet war, huschte sie hinter die nächste Säule und hielt Ausschau nach den Wachen. Doch außer denjenigen, die den Ballsaal an der Tür bewachte, war die Luft rein. Vicky strich ihren Rock glatt und fuhr sich mit den Fingern durch die wilden Locken. Sie hatte ihr bestes Kleid angezogen und die Ohrringe, die Kate für sie aus Stahlresten geschmiedet hatte, angelegt. Schließlich wollte sie nicht auf den ersten Blick als Straßenmädchen du Diebin enttarnt werden. Ihr lief das Wasser im Mund zusammen, als sie beobachtete wie die köstlichsten Speisen aufgetischt wurden. Die besten Chancen an Adhemars Dolch zu kommen hatte sie wohl wenn der Tanze eröffnet und die Sitzordnung aufgelöst war, doch um das Essen musste sie sich gleich kümmern...man sollte es ja nicht kalt werden lassen. Sie entdeckte den Verbindungsgang zur Küche wo die nächsten Speisen auf die Diener warteten um heraus getragen zu werden. Langsam pirschte sie sich heran und wartete schließlich hinter einem Vorhang bis der Gang leer war um sich blitzschnell ein Silbertablett mit Hühnchen zu greifen, es noch mit Rehbraten, Frühlingsgemüse und gepökelter Rinderzunge in Trüffelsoße voll zupacken und sich dann schnell wieder hinter den Vorhang zu verziehen um so richtig „reinzuhauen".

In ihrem Eifer bemerkte sie Kates Blick nicht, der verzweifelt zu sagen versuchte: ‚Vicky, lass doch den Mist...'

Bis jetzt war alles gut verlaufen. Sie war weder gestolpert, noch sonst irgendwie negativ aufgefallen. Zu ihrer größten Überraschung hatte ihr sogar der König anerkennend zugenickt. Solange sie einfach nicht zu Graf Adhemar blickte sondern zu Michelle oder dessen Vater, war es zu ertragen, obwohl sie meilenweit davon entfernt war sich zu amüsieren.

„Siehst du den jungen Mann dort?" Jocelyn nickte einem blonden jungen adligen zu, der ihr Nicken sofort erwiderte. „Das ist der Sohn vom Grafen von Leeds. Er soll ein hervorragender..."

Was für ein hervorragender Mann dieser Kerl sein sollte bekam Kate leider nicht mehr mit, weil sie gerade von dem jungen Mann gegenüber angesprochen wurde. Das nächste was sie hörte war: „Ich stelle ihn dir vor, Kate. Du musst ihn unbedingt kennen lernen." Kate rollte mit den Augen. Das durfte einfach nicht wahr sein. Womit hatte sie das verdient?

Will beobachtete Kate bereits eine Weile von der Seite. Es war offensichtlich, dass sie sich nicht wohl fühlte und er wünschte sich wirklich, dass Jocelyn damit aufhören würde. Gerade überlegte er ob er vielleicht das Weinglas auf ihr Kleid kippen oder ein fettiges Stück Huhn fallen lassen sollte um sie für eine Weile los zu werden (Solche Gedanken kamen ihm in der letzten Zeit immer häufiger und das Schlimmste: Er schämte sich immer weniger dafür!), als der Diener ihm sowohl Teller als auch Weinglas wegnahm. ‚Mist, Chance verpasst!'

Der Diener brachte ihm und allen anderen ein neues Glas und schließlich erhob sich der König mit Nachdruck. Will atmete auf: Jetzt musste Jocelyn den Mund halten.

Michelle versteifte sich...gleich wäre es raus...gleich würden alle wissen, dass sie erneut schwanger war, und dann hatte sie keine andere Möglichkeit mehr als einen Thronfolger zur Welt zu bringen. Gesund, stark und gefällig männlich, wie es sich gehörte.

Die menge verstummte und schließlich waren alle Blicke auf Edward gerichtet.

„Ich freue mich heute etwas verkünden zu dürfen, das mich äußerst glücklich macht. Nach dem tragischen Ereignis letztes Jahr, erwartet meine Gemahlin," er nahm ihre Hand und bedeutete ihr aufzustehen, was sie unter tosendem Beifall tat, „wieder ein Kind und wir haben allen Grund zur Annahme, dass dieses Mal alles gut verlaufen wird. Der Grund für die lange Geheimhaltung war die Angst dem Volk unnötig falsche Hoffnungen zu machen. Sollte dieses Kind ein Junge werden, so habe wir einen Thronfolger obwohl ich erst drei Monate König sein werde." Die restliche Menge jubelte. „Wird es hingegen ein Mädchen dann soll es auch recht sein und wir werden es weiter probieren. Schließlich sind wir noch jung..." zärtlich blickte er die heftig errötende Michelle an, während alle anderen johlten und Beifall klatschten.

Kate beobachtete die zukünftige Königin lächelnd. Diese wusste nicht recht, wie sie reagieren sollte.

„Auf das zukünftige Königspaar! Lang lebe der König und die Königin!" Will hob sein Weinkelch und die Menge stimmte in sein Rufen mit ein. Außer Adhemar vielleicht. Der musste sich zusammenreißen um zu lächeln. ‚Widerlich...wie konnte man Michelle nur so blamieren. Diese Anspielung konnte ja nur von so einem unwürdigen Engländer kommen.'

Vicky war begeistert. Sie hatte sich schon immer gewünscht einmal bei einem Ball dabei zu sein und es war genauso, wie sie es sich vorgestellt hatte. Sie war bereits gut gesättigt...es war Zeit auch Wat etwas zukommen zu lassen. Sie packte einiges von ihrem übrig gebliebene Essen in eine Serviette und band sie oben zusammen, dann öffnete sie das Fenster und musste sich ein Lachen verkneifen, als sie Watt unten in den Hecken entdeckte, der sehnsüchtig auf seine Ration wartete. Er würde warten bis sie genug Diebesgut angesammelt hatte, um es dann außerhalb des Palastes in Sicherheit zu bringen. Sie kicherte leise. Nun ging es los. Sie hatte sich schon einen Plan zurecht gelegt, nach dem sie vorgehen würde: zuerst wollte sie die edlen Damen um ihren kostbaren Schmuck erleichtern – dabei hatte sie wohl ein leichtes Spiel – danach die Ritter. Für einige wenige Augenblicke überlegte sie ernsthaft, ob sie es wohl wagen könnte dem König.... ‚Nein, immerhin ist er der König! Ein bisschen Respekt muss sein. Außerdem gäbe das RICHTIG Ärger mit Kate!' Ganz zum Schluss jedoch würde sie sich den edelsteingeschmückten Dolch des schwarzen Ritters schnappen. Er würde ihre Trophäe sein. Leise glitt sie vom Fenstersims. Die Musikanten hatten angefangen zu spielen und die Leute waren abgelenkt. Sie mischte sich unter die Bediensteten, um auf die andere Seite des Saales zu gelangen, so die langen Banketttische aufgebaut waren. Die meisten Edelfräulein saßen noch an ihrem Platz und unterhielten sich oder warteten, bis sie zum Tanzen aufgefordert wurden.

Edward eröffnete gerade mit Michelle den Tanz und die anderen Paare warteten, bis es auch ihnen erlaubt sein würde die Tanzfläche zu betreten. Noch während sie sich auf die andere Seite des Saals schmuggelte zog sie zwei wartenden Hofdamen Armbänder aus und einer anderen stibitzte sie einen aufgestickten Smaragd. ‚Ha, ich bin eben einfach gut...' Sie war kein eingebildeter Mensch...im Grunde sogar das Gegenteil, doch nachdem sie sich lange Zeit dafür geschämt hatte für ihr Leben zu stehlen, hatte sie beschlossen wenigstens auf eines stolz zu sein: Auf das einzige, das sie dadurch wirklich beherrschte: Das Stehlen selbst nämlich. Niemand bemerkte offensichtlich den ungebetenen Gast. Nach einer halben Stunde hatte sie das kleine Täschchen an ihrer Seite bereits halbvoll. Gerade machte sie sich auf den Weg zu Wat als sie Kate bemerkte, die wie ein fünftes Rad am Wagen auf ihrem Stuhl saß und einigermaßen sehnsüchtig zur Tanzfläche starrte...

Sie folgten ihrem Blick und entdeckte Will, der sich gerade mit Jocelyn im Takt zur Musik drehte und dabei mit ihr flirtete. Irgendwie, fand sie, sah er aber nicht allzu glücklich aus; eher gezwungen. Aber wahrscheinlich bildete sie sich das nur ein. So gut kannte sie ihn schließlich nicht. Sie schüttelte den Kopf, verstand nicht weshalb Kate noch immer alleine war. Warum wollte denn niemand mit ihr tanzen; sie sah doch phantastisch aus. Einen kurzen Augenblick überlegte sie, ob sich nicht zu ihr gehen sollte, doch dann entdeckte sie Ritter Adhemar, der ebenfalls mit angesäuertem Gesichtsausdruck am Tisch saß und entschied sich spontan dagegen. Sie schlüpfte, mit einem aufmunternden Nicken in Richtung Kate, hinter den Vorhang und öffnete das Fenster. Kalte Nachtluft strömte ein; sie hoffte niemand würde es bemerken. „Wat? Wo bist du?" rief sie leise.

„Hier? Wirf runter." Er streckte die Hände aus.

Schnell entledigte sich Vicky des ersten Päckchens und Wat ließ es in seinem Hemd verschwinden.

„Wie geht es Kate?" wollte er wissen.

„Och, ich glaube" sie machte eine Pause. ‚Ich glaube, dass es ihr beschissen geht, sich überhaupt nicht wohl fühlt und es ihr das Herz bricht Will mit Jocelyn tanzen zu sehen.' „Ich glaub, sie amüsiert sich recht gut."

„Okay, ich hoff, du bist vorsichtig!" Er verschwand in der Dunkelheit, während sie schnell das Fenster schloss und sich erneut der Tanzfläche zuwandte. Hier gab es ja so viel zu holen! Wenn sie die ganzen Bonzen ausnahm, dann bräuchte sie sich ziemlich lange keine Sorgen mehr um ihr Mittagessen zu machen.

Edward führte Michelle gerade wieder zu ihrem Platz als diese ihm zärtlich über den Handrücken strich.

„Majestät könnten Kate zu einem Tanz auffordern." Lächelnd sah sie zu ihm auf und er blickte fragend auf sie hinunter. „Sie sieht so alleine aus." Fügte sie mit bittenden Augen hinzu. „Und...Will ist beschäftigt."

Edward räusperte sich. Sein Blick zeigte Unverständnis. Michelle musste lächeln, „Ich erkläre es euch später, aber bitte, tanzt mit ihr." Bei öffentlichen Anlässen fiel sie immer wieder in die Gewohnheit zurück ihren Mann zu siezen. (Das konnte er ihr noch nicht abgewöhnen.)

„Na schön." Er hob ihre Hand an seinen Mund und ging dann zu Kate. Es war ja nicht so, dass es schlimm wäre mit der schönen Schmiedin zu tanzen, auch die Tuschelei, die das auslösen würde, machte ihm nichts aus. Nur Michelle dort allein sitzen zu lassen, missfiel ihm. Er hatte immer das Gefühl seine Frau beschützen zu müssen...aber Graf Adhemar hatte offensichtlich vor sich um sie zu „kümmern", wie Edward mit „Begeisterung" feststellte.

„Kate..." er verbeugte sich leicht vor der jungen Frau. „Würdet ihr mir die Ehre erweisen mir den nächsten Tanz zu schenken?" Er beobachtete wie Kate's Gesicht die Farbe von weiss nach grün bis rot veränderte und völlig baff zu ihm aufsah.

„Ich...." Sie versuchte verzweifelt, sich an die höfische Etikette zu erinnern. „Es ... es wird mir eine Ehre sein." Sie erhob sich und verneigte sich tief.

„Ich möchte mit euch tanzen, nicht euren Rücken ansehen, obwohl er wirklich entzückend ist." Er wirkte amüsiert.

„Natürlich... ich meine..." sie wurde noch röter und schwieg. Etwas verlegen nahm sie seinen Arm und ging mit ihm in Richtung der Tanzfläche. Sofort fühlte sie sich noch unbehaglicher, sie spürte die Augen sämtlicher Anwesender ( nicht Verwesender ) auf sich ruhen. Vereinzelt vernahm sie Getuschel und manche der jungen Damen zeigten sogar mit dem Finger auf sie.

„Entspannen sie sich, die sind nur neidisch." Flüsterte er ihr zu.

„Ja, klar. Ich tanze schließlich mit dem zukünftigen König." Meinte sie, obwohl sie sich innerlich fragte, woher sie Coolness hatte. Denn sie würde momentan am liebsten im Erdboden versinken oder sich in Luft auflösen.

Will verrenkte sich den Hals...versuchte verzweifelt an Jocelyn vorbei zu sehen und zu begreifen, was Kate da gerade tat. Sie tanzte mit dem zukünftigen König...und sie sah hinreißend aus. ‚Hey, was denkst du da eigentlich?'

„Schau an, Kate tanzt mit EDWARD???" Jocelyn war entsetzt.

„Ja, und?" Ein Schulterzucken von Will. Er war zwar genauso erstaunt, doch konnte er es besser verbergen. Interessiert sah er zu, wie Edward den Arm um Kate legte und sie gemeinsam die ersten Schritte tanzten.

‚Oh Gott...ich tanze mit dem zukünftigen König...ich tanze...mit dem...wenn die mich nur nicht alle beobachten würden...' Doch zu Kates Überraschung ging das Tanzen sehr gut. Edward führte sie perfekt und hatte sogar noch ein Aufmunterndes Lächeln für sie übrig. Ihr ging durch den Kopf, welches Glück Michelle doch hatte.

„"Ist es am englischen Hof Mode, dass der König mit einer Schmiedin tanzt?" Adhemar griff nach Michelles Hand und sah fragend auf den Stuhl neben ihr bevor er sich auf ihm nieder ließ, ohne Michelles Hand los zu lassen.

„Adhemar...oh Kate ist vielmehr als eine Schmiedin, sie ist...auf meinen Wunsch hier." Sie lächelte ihren ehemaligen ersten Ritter an.

„Und deshalb lässt der König von England seine wunderschöne Frau einfach so alleine um mit ihr zu tanzen?" Adhemar lächelte zwar um die Spitzen mit etwas Humor stumpfer zu machen, doch Michelle blieb die Ironie in seinen Worten nicht verborgen.

„Ihr seid noch immer so charmant, wie ich feststelle." Sie lächelte. „Aber warum klingt ihr so ironisch? Darf mein Gemahl nicht tanzen mit wem er möchte. Schließlich erwarte ich ein Kind und muss mich schonen."

„Ich höre, dass Mathilda noch immer ihr Bestes gibt um die Gesundheit eurer Majestät zu schützen. Aber ich hoffe, dass" er verbeugte sich galant, „ihr mir dennoch einen Tanz zugesteht."

„Einen Tanz mit ihnen wird mir auch Mathilda nicht verbieten können." Michelle stand auf.

„Ich kann mir vorstellen, dass sie euch umsorgt, wie eine Henne ihr Küken." Er lachte, während er sie auf die Tanzfläche führte.

Immer wieder hatte er zu Michelle gesehen, die mit dem französischen Ritter am Tische saß. Doch als er bei dieser Umdrehung wieder hinüber sah, waren beide verschwunden. Irritiert suchte er mit den Augen den ganzen Ballsaal ab, bis er sie ebenfalls auf der Tanzfläche entdeckte. Scheinbar amüsierten sich die beiden gut; zwischen ihnen war eine Vertrautheit zu spüren, die ihm nicht richtig gefiel. Michelle war offen und lachte, wie sonst selten in der Öffentlichkeit. Ihm wurde bewusst, dass dieser Adhemar sie schon so viel länger kannte als er. Zwar wusste er, dass sie ihn liebte, dass sie ihn richtig liebte. Trotzdem konnte er sich der leichten Eifersucht nicht erwehren, die ihn packte. Es störte ihn, die beiden zu sehen und beinahe wünschte er sich, der Tanz wäre schon zu Ende, doch er konnte Kate auch nicht einfach stehen lassen.

„Hey, Will!" Jocelyn legte den Kopf schief. „Warum bist du so abwesend? Wenn du nicht tanzen willst, dann sag es doch einfach!"

„Was?" Er blickte sie an.

„Du bist so in Gedanken!" Sie klang beleidigt. „Ich habe gesagt, wenn du nicht mit mir tanzen möchtest, solltest du es sagen!"

„Natürlich will ich mit dir tanzen! Ich weiß auch nicht, was mit mir los ist. Wahrscheinlich nur Kopfweh. Mach dir keine Sorge es geht schon vorbei." Er streichelte ihren Rücken.

„Gut!"

Mit einer wenigstens halbwegs eleganten ( Tanzen war einfach nicht sein Ding ) Drehung wirbelte er Jocelyn herum und sah wieder Edward, der mit Kate tanzte. Sie strahlte richtig, offenbar fühlte sie sich jetzt wesentlich wohler als noch zuvor.

Kate begann gerade tatsächlich sich einigermaßen wohl zu fühlen, als sie aufblickte und bemerkte, dass der König an ihr vorbei sah. Bei der nächsten Drehung folgte sie seinem Blick und ihr wurde einiges klar.

„Sie genießt diesen Tanz sicher nicht so sehr wie den ersten mit euch, Majestät."

Edward sah fast erschrocken zu ihr. Es schien einen Augenblick zu dauern bis er begriffen hatte.

„Oh, ihrem Lachen nach zu urteilen kann es ihr nicht gerade unangenehm sein. Aber verzeiht mir Kate. Ich bin unhöflich."

Das hatte ihr gerade noch gefehlt. Ein König, der SIE um Verzeihung bat. Dieser Abend wurde immer abstruser.

„Ich wusste ja, dass ihr ein hervorragender Tänzer seid, aber..."

„Ihr hattet es mit der Zeit vergessen?" Adhemar setzte eine gespielt entsetzte Miene auf, so dass Michelle einmal mehr lachen musste.

„Nein, das könnte ich doch niemals..." Sie sah in seine klaren Augen. Natürlich konnte sie die Stunden im Park nicht vergessen, als er ihr heimlich noch einmal die Tanzschritte beibrachte, die sie bereits wieder vergessen hatte und abends unbedingt brauchte. Es waren schöne Erinnerungen, die sie mit Adhemar verband. Als kleines Mädchen war sie ziemlich verliebt in ihn gewesen...

„Graf...ich denke es ist nun besser, wenn ihr mich wieder zu meinem Platz bringt."

Fragend sah er in Michelles plötzlich blasses Gesicht.

„Fühlt ihr euch nicht wohl Majestät?"

„Ich weiss nicht recht..." Eine leichte Übelkeit hatte sie erfasst, wie es schon öfter der Fall gewesen war.

Besorgt nahm Adhemar ihren Arm und führte sie zurück. Michelle war bemüht ohne Aufsehen wieder an ihren Platz zu kommen...vor allem Edward sollte nichts bemerken, sie wusste wie er jedes Mal reagierte, wenn es ihr nicht gut ging.

„Wir hören jetzt einfach auf, Will."

„Bitte?" Will sah Jocelyn unverständig an. Diese hatte plötzlich zu tanzen aufgehört, als sie bemerkte, dass ihr „Angebeteter" immer noch irgendwo anders war, nur nicht mit ihr auf der Tanzfläche. Als er begriffen hatte, was ihre Worte bedeuteten stand er unversehens plötzlich ganz allein mitten auf der Tanzfläche. ‚Oh, wie ich sie hasse.' Ihre Anwandlungen waren manchmal einfach unerträglich...was hatte er den getan...außer vielleicht bei einem Tanz mit ihr Kate hinterher...zu...schauen...verdammt. Jetzt nur nicht laut fluchen. ‚Du bist der erste Ritter, stehst zwar alleine mitten auf der Tanzfläche, alle beobachten dich und lachen sich tot, aber du MUSST Haltung bewahren...sei ein Ritter, Will...'

Er straffte die Schultern und folgte ihr so würdevoll wie möglich, ohne dass es aussah, als liefe er ihr hinterher.

„Jocelyn!" Mit einer raschen Seitwärtsdrehung wich er einem tanzenden Paar aus, das sich von links näherte. „Jetzt warte doch!" er erwischte sie am Arm. „Ich weiß, ich bin ein Trottel, ein Idiot... es tut mir leid und es kommt bestimmt nie wieder vor." Beteuerte er.

„Was kommt nie wieder vor?" zischte sie wütend. „Dass du anderen Frauen nachstarrst?"

„Pssst! Schrei doch nicht so!" er legte ihr den Finger auf den Mund, um sie zum Schweigen zu bringen. Erschreckt blickte er sich um, aber alle hatten es so oder so mitbekommen.

„Ist mir doch sch... egal! Glaubst du etwa ich bin dumm?"

„Können wir das vielleicht irgendwo anders klären? Bitte." Das letzte Wort sagte er mit Nachdruck, doch Jocelyn schien nicht danach zu sein seinen Wünschen zu entsprechen.

„Weißt du was? Schau zu in welchen Gemächern du heute Nacht unterkommst, bei mir sicher nicht." Jocelyns Stolz war gekränkt, was bedeutete, dass Will momentan keine Chance hatte an sie heran zu kommen. Sein „Zuckerhäschen" war unversöhnlich, drehte sich auf dem Absatz um und schritt erhobenem Hauptes durch die Menge davon.

„Ach, scheiss drauf..." Will winkte ab, ignorierte die auf ihn gerichteten Blicke und ging um sich erst mal einen guten Wein zu besorgen... ‚Weiber...'

Vicky war zufrieden. Sie hatte bei Watt bereits die dritte Ladung an Schmuck abgegeben...das musste reichen. Nun konnte sie sich langsam um den Dolch kümmern. Mit den Augen suchte sie den Saal nach dem schwarzen Ritter ab, den sie schließlich über die blass aussehende Michelle gebeugt und deren Hand haltend, entdeckte...

Mittlerweile war die Musik zu Ende und der König verbeugte sich vor Kate, die errötete.

„Vielen Dank Majestät...es hat mir großen Spaß gemacht..." Konnte sie so etwas zum zukünftigen König sagen? Vorsichtig blickte sie auf, doch sie sah in seinem Gesicht, dass sie nicht völlig daneben gelegen hatte. Er bot ihr den Arm um sie zurück zu geleiten.

„Mit Michelle stimmt etwas nicht." Er beschleunigte seinen Schritt.

„Ihr habt recht, sie wirkt noch blasser als sonst."

Sie gelangten zum Platz des Königspaares, wo Edward sich sofort zu Michelle hinab beugte. Kate versuchte sich so unauffällig wie möglich im Hintergrund zu halten, obwohl sie sich natürlich auch Sorgen um die Königin machte. Doch Adhemars Gegenwart hielt sie davon ab, näher zu kommen. Sie wollte ein Zusammentreffen wie heute morgen lieber vermeiden. Sie war ohnehin schon unsicher genug.

Geschickt schlängelte sich Vicky zwischen den Tanzenden durch. Zum Glück hatte Will sich schon davongemacht. Sie musste schon wieder kichern, wenn sie an dessen „leicht" peinlichen Auftritt dachte. Aber er kannte sie ohnehin kaum; höchstens vom sehen, trotzdem war es besser, dass er sie nicht sah. Selbst ihm müsste auffallen, dass sie nichts hier zu suchen hatte. In einer Wandnische versteckte sie sich. Nun hatten sie einen besseren Blick auf den Ritter, bzw. den Dolch.

„Es geht mir wirklich wieder gut, Edward." Sie lächelte, wie um ihren Worten Nachdruck zu verleihen und legte ihm beruhigend die Hand auf den Arm. „Wenn ich ruhig sitzen bleibe, dann ist alles in Ordnung; nur eine vorübergehende Übelkeit. Der Wein, das Tanzen..."

„Bist du dir sicher, dass du nicht doch lieber in deine Gemächer zurück willst?" Es war ihm gar nicht recht, das sie hier bleiben wollte. Sicher war ihr das Tanzen zu anstrengend geworden. Er hätte es lieber gesehen, wenn sie sich hingelegt hätte.

„Nein." Sagte sie mit Nachdruck. „Es gefällt mir sehr gut. Außerdem sind mein Vater und der französische Hofstaat gekommen. Ich kann noch nicht gehen."

„Na gut...aber bitte bleib sitzen, ja? Und beim kleinsten Anzeichen einer Verschlechterung sag Bescheid." Michelle hatte genau diese Reaktion erwartet...und sie wusste woher diese Angst bei ihm rührte... Edward musste dieses Mal jedoch kapitulieren und ergriff ihre Hand. Sie drückte sie fest und lächelte ihren Geliebten beruhigend an, doch sie wusste, dass Edward das nicht unbedingt half. Während er sich wieder neben seine Frau setzte, nahm Adhemar Michelles andere Hand und küsste sie.

„Majestät verzeihen mir hoffentlich, dass ich sie so überanstrengt habe."

Unter Michelles mildem Lächeln und Eduards kaltem Blick nahm er dann zwei Schritte zurück.

Vicky wünschte sich, dass sie in diesem Moment schon hinter Adhemar gestanden wäre...dann hätte sie seinen Dolch schnell gehabt. Doch sie schlängelte sich immer noch durch die Menschenmenge und als sie schließlich hinter einer Säule stand, neben der Adhemar das Königspaar beobachtete. Langsam reckte sie sich nach vorne. Ihre Hand war schon fast am glitzernden Dolch des Ritters...als dieser die Hände auf dem Rücken verschränkte.

‚Mist!'

Doch glücklicherweise war Adhemar momentan wohl nicht in der Lage auch nur eine Minute in der gleichen Stellung stehen zu bleiben und so verschränkte er die Arne als nächstes vor der Brust und lehnte sich seitwärts gegen die Säule.

‚Perfekt! Jetzt oder nie!' Das Kribbeln in ihren Fingern war schier unerträglich als sie schließlich die funkelnden Steine berührte...

Ohne jedes Geräusch glitt die Waffe aus der Scheide. Sie war ja beinahe stolz auf sich. Aber nur beinahe. Dennoch gestattete sie sich ein triumphierendes Lächeln; er hatte nichts gemerkt. Ach, sie waren ja alle so dumm. Sie konnte diese reichen Bonzen ausnehmen, wie eine Weihnachtsgans und die merkten das nicht einmal. Gerade als sie ihre Hand mit der Beute zurückzog und davon huschen wollte, wurde sie festgehalten.

„Na? Amüsant nicht?" Will lehnte sich neben ihrem Platz lässig gegen den Tisch. Seinen Worten war nicht genau zu entnehmen, ob er das ernst meinte oder nicht. „So geht das nahezu jeden Abend."

Kate zuckte mit den Schultern. Wie sehr sie diesen kumpelhaften Ton hasste! Es tat weh. Sie sah zu Boden.

„Du klingst nicht begeistert."

„Es ist ... na ja... langweilig."

„Ach, ja?" Fragte sie, ohne aufzusehen. „Ich dachte, du amüsierst dich prächtig." Sie wollte noch hinzusetzen: ‚jedenfalls wirkte es auf der Tanzfläche so.' ( ich gehe davon aus, dass sie das „Ende" des Tanzes nicht mitbekommen hatte, da sie mit Edward tanzte ) Doch es erschien ihr unpassend und lächerlich. Schließlich konnte sie nicht sein gesamtes Leben kontrollieren. Sie blickte ihn kurz an. „Wo ist denn Jocelyn?"

Er winkte ab. „Ach, sie..." weiter kam er nicht.

„Entschuldigen sie bitte." Ein großer Mann, in mittleren Jahren unterbrach ihn. „Ich hoffe, dass sie mir einen Tanz mit dieser jungen Dame gestatten?"

Überrascht hob Kate den Kopf. Meinte er sie?

Will runzelte die Stirn, nickte dann. „Klar, kann schließlich machen, was sie will."

„Warum fragen sie W... diesen Ritter, wenn sie doch mit mir tanzen möchten? Ich kann das selbst entscheiden." Kate stand auf und funkelte Will herausfordernd an.

Der Herr stand nun zwischen Will und Kate und sah von einem zum anderen. Hatte er sich irgendwie falsch ausgedrückt? Er wollte doch nur mit dieser ausnehmenden Schönheit tanzen... ‚Was läuft denn zwischen denen??' Doch zu seinem Tanz kam der gute Mann schließlich sowieso nicht mehr...

„Ich glaube du hast da was, das mir gehört!"

Vicky hatte das Gefühl zu ersticken...was nicht allein an der Tatsache lag, dass Adhemar sie an der Kehle gepackt hatte. Einen unerträglich langen Moment blickten seine hellen glasklaren Augen so eiskalt auf sie nieder, dass sie dachte von ihnen erstochen zu werden.

„Dreckspack..."

Vicky konnte einfach nicht fassen, was da gerade passierte. Sie war erwischt worden! Wie konnte denn das passieren?? Sie war zu gut um erwischt zu werden! Seine Hand lag wie Stahl um ihren Hals, drückte ihr die Luft ab und demütigte sie auf eine Weise, die sich der schwarze Ritter selbst in diesem Moment nicht vorstellen konnte...man hatte sie erwischt...am Hofe des Königs...

„Majestät, an eurem Hof treiben Diebe ihr Unwesen." Nach diesen Worten packte er sie hart am Oberarm und schleifte sie mit, bis vor das Königspaar.

„Oh mein Gott..." Kate war Kreidebleich geworden. „Vicky..." Ohne weiteres ließ sie Will und den fremden Ritter stehen und bahnte sich einen Weg durch die Menge, die sich bereits um Graf Adhemar und die kleine Diebin gebildet hatte.

„Diebe?" Edward stand auf.

„Diese Schlampe wollte mich bestehlen!" Er schüttelte sie, was ihr ein heiseres Krächzen auslöste.

„Hört doch auf!" Kate fiel ihm in den Arm. Sie hatte lange überlegt, was sie tun sollte. Griff sie ein, dann lief sie in Gefahr, dass ihre „Tarnung" aufflog und sie, noch schlimmer Michelle sich plötzlich vor der gesamten adligen Gesellschaft verantworten müssten. Griff sie hingegen nicht ein, so würde dieses Arschloch Vicky erwürgen.

Adhemar bedachte sie mit einem kurzen Blick. „Ah, die nächste von diesem Pack!" Dann wandte er sich wieder an Edward. „Majestät, ich verlange, dass ihr mir das erklärt! Und ich verlange, dass dieses Gör seine gerechte Strafe erlangt!"

„Wenn ihr sie nicht zuvor umbringt!" Kate warf dem schwarzen Ritter einen tödlichen Blick zu, der diesen allerdings nicht einmal peripher tangierte. (Höhö!)

„Nun, Graf Adhemar, wenn ihr beweisen könnt, dass diese junge Dame..." Edward brauchte nicht weiter zu sprechen, da Adhemar auf Vickys rechte Hand deutet, in der sie immer noch sein Messer hielt. Der König schluckte und warf seiner Frau einen Seitenblick zu. Michelle stand allerdings nur mit gesenktem Kopf da.

„In Ordnung. Wir werden uns morgen darum kümmern. Wir wollen uns doch den Abend nicht verderben lassen."

„NEIN!" Kate war entsetzt. Die wollten Vicky ins Verließ stecken! Zu Banditen, Vergewaltigern und schlimmerem. „Bitte Majestät, lassen sie Gnade walten! Bitte! Sie ist kein schlechtes Mädchen, sie..." Kate fiel auf die Knie. Sie liebte Vicky wie eine Schwester, sie konnte einfach nicht zulassen, dass ihr so etwas angetan wurde. In ihrer Verzweiflung sah sie zu Michelle, die immer noch saß, sie jedoch mit traurigem Blick ansah.

„Ich wünsche, dass sie jetzt bestraft wird!" Adhemar blickte sie ebenfalls an. Hilfesuchend griff sie nach Eduards Hand. Sie wusste was „Bestrafen" bedeutete... Wie sie diese Strafen hasste; sie waren unmenschlich und entwürdigend. Doch ebenso gut wusste sie, dass sie keine Möglichkeit hatten, dieses Mädchen ungestraft davonkommen zu lassen. Was sie getan hatte, war ein zu großer Frevel. Sie wünschte, Adhemar würde nicht auf die sofortige Bestrafung bestehen. „Graf Adhemar, ich möchte euch bitten, den Vorschlag meines Gemahls anzunehmen. Morgen können wir alle diese Situation sachlicher beurteilen. Außerdem schätze weder ich noch mein Gemahl es, Blut in unseren Hallen zu vergießen." fragend blickte sie ihn an.

Edward nickte ihr lächelnd zu und bedeutet ihr weiter zu sprechen. Sie stand, ermutigt von ihrem Gemahl, auf und ging einen Schritt auf Adhemar zu.

„Adhemar, ich hoffe auf euer Verständnis."

Der Angesprochene sah Michelle an. Einen langen Augenblick sahen sie sich in die Augen, was Edward gar nicht gefiel. Doch er war stolz auf seine Frau...(trotzdem fände er es besser wenn sie sich jetzt wieder setzten würde...)

„Morgen, vor dem Turnier, vor aller Öffentlichkeit." Es war ein Vorschlag, der keine Alternative bot. Das Königspaar wusste es, doch Michelle schmerzte es die Kleine im eisernen Griff von Adhemar zu sehen, und so nahm sie, während sie nickte, Adhemars Hand, die Vicky gefangen hielt. Der schwarze Ritter konnte seiner Prinzessin und ihrem Blick ebenso wenig entgegen setzten wie jeder andere, und so ließ er Vicky aprupt los.

Sie sackte zusammen, ihre Hand fuhr an ihren Hals, während sie versuchte wieder Luft zu holen. Sofort kniete Kate neben ihr und wollte ihr eine Kelch mit kaltem Wasser reichen.

„Es tut mir leid, ich... ich wollte dich nicht in eine solchen Situation bringen." Flüsterte sie, doch Kate winkte ab.

„Schon gut." Rasch stand sie wieder auf und strich ihre Röcke glatt. Die Wachen, die bis gerade eben die Tore bewacht hatten, kamen näher um Vicky gefangen zu nehmen.

„Behandelt sie gut, gebt ihr eine Einzelzelle und etwas zu essen." Befahl Edward.

„Oh, ich glaube, das ist nicht mehr nötig." Kate war innerlich allerdings überhaupt nicht nach Scherzen zumute. Sie dachte an die düsteren Kerker und vor allem an das, was Vicky morgen erwartete und ihr wurde beinahe schlecht vor Angst. Doch sie wusste, dass weder Michelle, noch Edward etwas für sie tun konnten. Hilflos musste sie mit ansehen, wie sie die Kleine packten und hoch rissen.

Wenigstens einigermaßen befriedigt sah Adhemar zu wie die Wachen Vicky hinaus führten. Alle anderen sahen betreten zu Boden oder der kleinen Diebin nach. Edward ergriff schließlich Michelle sanft am Oberarm und bedeutete ihr mit einem Kopfnicken doch bitte wieder Platz zu nehmen. Dann wendete er sich an die Gäste:

„Myladys, Mylords, ich hoffe ihre Laune ist durch diesen Zwischenfall nicht getrübt." Zu den Musikern gewendet meinte er. „Die Musik soll wieder spielen!"

Kate stand immer noch wie angewurzelt da und sah zu der Tür wo Vicky verschwunden war. Sie hätte es verhindern müssen. Nicht nur, dass Vicky jetzt so schlimmes erwartete, es war auch so, dass sie Michelle enttäuscht hatte. Was sollte das Königspaar jetzt von ihr denken? Dass sie Diebe hier einschleuste...wie sollte sie den beiden jemals klar machen, dass sie ihr Vertrauen nicht missbraucht hatte. ‚Oh Vicky, ich wünschte ich könnte etwas für dich tun...'



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