Disclaimer: alle orte und figuren gehören J.K. Rowling, mir nur der Plot.
Ich stell einfach paralell zu "Hate me or love me" noch eine andere story online, die ich schon komplett habe, also kann ich mit schöner regelmäßigkeit posten...
Viel Spaß!
:
Sie betrat die große Halle mit gesenktem Gesicht.
Sie wusste, wenn sie auch nur einmal aufschaute, würden ihre Augen automatisch zum Slytherintisch wandern. Ihre Blicke würden sich verfangen und es würde wieder zu peinlichen, auffälligen Geschehnissen kommen.
Wie gestern, als sie frontal mit Ernie MacMillan zusammenstieß.
Oder vorgestern, als er seine Kanne Kaffee nicht in seine Tasse, sondern auf Blaise Zabinis Schoß gekippt hatte.
Nein, heute würde das nicht passieren. Auch wenn es schmerzlich war, den Tag ohne einen Blick aus silbergrauen Augen zu beginnen, die ihr bestätigen, dass sie nicht einfach träumte.
Plötzlich zerschnitt eine laute Stimme die morgendliche Stille. Seine Stimme.
„Hey, Granger, du wirrhaarige Streberin!"
Noch vor zwei Monaten wäre sie sauer geworden. Ihr ganzer Tag wäre gelaufen gewesen. Jetzt musste sie sich zusammennehmen, um ihrer Stimme eine wütende Tonlage zu verleihen.
„Was willst du, Frettchen?"
Innerlich jubelte sie. Auf diese Weise würde sicherlich niemand Verdacht schöpfen, wenn sie sich anstarrten.
„Nichts, ich habe nur gestern vergessen, dich zu beleidigen. Das wollte ich nachholen!"
Mit diesen Worten erhob sich Draco Malfoy, nickte seinen Anhängern huldvoll zu und schritt an Hermine vorbei in die Eingangshalle, nicht ohne ihr ein „heute Abend!" aus den Mundwinkel zuzuzischen.
Ohne eine sichtbare Gefühlsregung machte sie sich auf, um endlich am Gryffindortisch Platz zu nehmen wo Harry und Ron schon auf sie warteten.
Ersterer legte ihr einen Arm um die Schultern, was vermutlich eine tröstende Geste sein sollte, aber Draco, würde er es sehen, zu einem mittelschweren Fluch verleiten würde.
Ron beugte sich rüber und flüsterte ihr zu: „Mine, wenn du willst können wir uns um ihn kümmern!" Er ließ seine Knöchel knacken.
„Ron, mach dich nicht lächerlich, das ist nur Malfoy. Er ist es nicht wert, " ratterte sie ihren Standartspruch herunter.
Sie malte sich lieber nicht aus, in welches Dilemma sie kommen würde, wenn sich Draco mit ihren Freunden duellieren würde. Aber sie waren sich beide einig, dass sie es vorerst noch geheim halten würden. Nach dem Tod des dunklen Lords saß Lucius Malfoy zwar in Askaban, aber auch sonst gab es sehr viele Personen, die etwas gegen ihre Beziehung haben könnten.
Mit einen Kopfschütteln verdrängte sie diese negativen Gedanken und fing an, ihr Frühstück hinunter zu stürzen.
Sie war wieder einmal sehr spät dran, wieder etwas, dass vor zwei Monaten noch vollkommen undenkbar gewesen wäre.
Hermine Granger, die morgens das Frühstück verpasste, weil sie zuviel Zeit im Badezimmer verbrachte. Ihre Freunde hatten das zu Kenntnis genommen und warteten nicht mehr im Gemeinschaftsraum, sondern am Gryffindortisch auf sie.
Nach zwei Toast und einer Tasse Kakao (Ja, KAKAO, kein Kaffee. Sie hatte keine Ahnung, wie Draco das Zeug hinunter würgte. Wahrscheinlich hatte er es sogar absichtlich auf Blaises Jeans entsorgt.) machten sie sich auf den Weg zu Kräuterkunde.
Nicht zum ersten Mal wünschte sie sich, die Gewächshäuser wären näher an der Schule, denn durch den unaufhörlichen Novemberregen war der schmale Pfad eine einzige sumpfartige Aneinahnderreihung von Wasserpfützen.
Als sie endlich vor Gewächshaus 4 standen, waren alle Schüler anwesend, nicht aber Professor Sprout.
Um sich vor dem Nieselregen zu schützen drängten sie sich unter das schmale Vordach. Harry und Ron begannen eine komplexe Diskussion mit Justin Finch-Fletchly und Steve Hopkins über die Aufstiegschancen der Chudley Canons.
Hermine versuchte gar nicht erst, dem Gespräch zu folgen. Quidditsch. Das hatte sie schon vor Jahren aufgegeben.
Stattdessen gab sie sich wieder ihren Tagträumen hin.
Draco, der ihr aus einem Buch vorlas.
Draco, der ihr mit den Fingern durchs Haar fuhr.
Draco, der mit einem leisen Lächeln ihre Bluse aufknöpfte.
Sie grinste versonnen vor sich hin.
„Schlampe!"
Hermine zuckte zusammen. Hatte jemand ihre Gedanken lesen?
Ihre erste Reaktion war Panik, aber das logische Denken übernahm sofort die Überhand. Niemand konnte die Gedanken eines anderen lesen.
Langsam drehte sie sich um und stellte fest, dass die Beleidigung nicht ihr gegolten hatte.
Wutschnaubend standen sich Hannah Abott und Susan Bones gegenüber, die Zauberstäbe erhoben.
„Du Miststück! Wie konntest du das nur tun?" Susan war offensichtlich den Tränen nahe, sie sie schien nicht einmal zu bemerken, das ihre langen braunen Haare, ordentlich zu einem Zopf gebunden, sich mit Regen voll saugten.
„Oh, reg dich ab, Sue. Er wäre sowieso nicht mit dir ausgegangen, er weiß ja nicht mal deinen Namen."
Die blauen Augen von Hannah blitzten auf.
Wenn Hermine die Schülerinnen, die sich in den letzten Jahren am meisten verändert haben, würde Hannah noch vor Pansy Parkinson kommen. Ihre hellblonden Haare waren nicht mehr strohig, sondern glatt und geschmeidig, durchgestuft und mit pinken Strähnen versehen. Ihr Babyspeck und ihre Pausbacken waren verschwunden und hatten einigenbetörenden Kurven Platz gemacht.
Aber das Beste (fand zumindest sie) waren ihre Augen, von einem leuchtenden Türkisblau und meistens unschuldig glücklich strahlend. Im Moment drückten sie nichts als Wut aus.
Merlin sei dank kam nun endlich Professor Sprout angeschnauft. Die Hufflepuff-Mädchen warfen sich noch einen letzten bösen Blick zu, dann senkten sie die Zauberstäbe.
„Entschuldigt die Verspätung", die beleibte Hexe öffnete die Gewächshaustür mit einem Schlenker ihres Zauberstabs.
„Ich hatte noch einen wichtige Unterredung mut Professor Flittwick, äußerst wichtig." Sie räusperte sich. „Findet euch bitte in Paaren zusammen und stellt euch jeweils neben einen der Gewächskästen."
Noch bevor die Lehrerin ausgesprochen hatte, warf Ron Hermine einen flehenden Blick zu.
Hermine schnaubte.
Sie wusste, dass Ron jede Hilfe, die er kriegen konnte, egal in welchem Fach, auch nutzte.
Aber heute musste er ohne ihre Tipps klarkommen, denn wenn ihre Neugier einmal geweckt war, musste sie sie befriedigen. Und der Streit zwischen den beiden sonst so unzertrennlichen Hufflepuffs hatte ihre Neugier geweckt.
Rasch drängte sie sich nach hinten, neben die völlig durchnässte Susan, und zog sie zu einem der Gewächskästen.
Sie musste gar nicht lange bohren, das Mädchen begann von alleine zu erzählen.
„Sie hat mit ihm geschlafen. Sie wusste, dass ich seit über einem Jahr in ihn verliebt bin, und jetzt verführt sie ihn, weil sie nichts Besseres zu tun hatte."
Tränen liefen ihre über ihre Wangen und ihre Worte waren durch ihr schluchzen fast nicht zu verstehen.
Hermine blickte auf, und sah, das so ziemlich alle Blicke auf sie gerichtet waren. Mit einem bitterbösen Gesichtsausdruck, der früher für Draco bestimmt war, brachte sie alle dazu, unverzüglich wieder ihr Unkraut zu jäten.
Dann wandte sie sich wieder an Susan. „Wer ist denn der Glückliche?" Sie setzte auf einen der Hufflepuff-Jungs, vielleicht Ryan Gillay oder Matt Barnett.
„Das kann ich dir nicht sagen, du würdest mich für verrückt halten."
Hermine runzelte die Stirn „Doch kein Lehrer, oder?"
Im Geiste sah sie schon Hannah und Snape knutschend an irgendeiner Kerkerwand lehnen. Sie verzog das Gesicht.
Susan lächelte traurig. „Nein, ein Slytherin. Theodor Nott."
Auf Hermines erstaunten Blick hin fing sie an zu erklären:
„Professor Sprout gibt doch einen Kräuterkundeleistungskurs, jeden Mittwochnachmittag. Da habe ich ihn kennen gelernt. Er ist gar nicht so böse wie die anderen Slytherins. Nur so still…"
In diesem Ton ging es noch endlos weiter, doch Hermine hörte nicht mehr zu. Sie war gar nicht die einzige, die einen Slytherin liebte.
Vielleicht waren Draco und sie gar nicht das einzige Paar, das sich über den „Slytherins-sind-böse-Kult" hinweggesetzt haben?
Ein Hoffnungsschimmer am Horizont.
„Hermine? Alles in Ordnung?" Jemand zupfte an ihren Ärmel.
Um sie herum packten alle ihre Sachen zusammen und unterhielten sich laut. Susan war wohl schon gegangen.
„Die Stunde ist aus. Wir müssen zu Zauberkunst."
Harry sah sie besorgt an.
Sie schüttelte erstaunt den Kopf. Schon wieder war sie so tief in Gedanken versunken gewesen, dass sie nichts mehr mitbekam. Seufzend schulterte sie ihre Tasche
„Los Jungs, wir gehen."
Der restliche Unterricht verging ohne etwas nennenswert Aufregendes, nur Ron fragte sie einmal, ob sie eigentlich noch einen anderen Gesichtsausdruck als dieses dämliche Lächeln draufhätte.
Dann kam endlich der Abend. Hermine versuchte sich gerade für einen BH zu entscheiden, als eine unerwartete Störung auftauchte.
Lavender Brown, brünette Blondine und größte Nervensäge von Gryffindor, baute sich im Türrahmen auf.
„Na, was hast du heute noch vor?" Hermine versuchte es mit der sich-dämlich-stell-Tour. „Nichts, warum?"
„Hm, lass mich überlegen… Ach ja, du hast schon um 18 Uhr mit dem lernen aufgehört, du hast deine Haare gewaschen, dich geschminkt und du stehst vor deinem Schrank und überlegst, was du anziehen sollst. Nein, ich habe keine Ahnung, wie ich darauf komme, das du etwas vorhast."
Okay, dann nicht. Offenbar hatte sie Lavender unterschätzt.
Die einzige Masche, die Lavender ihr jetzt durchgehen lassen würde, die ich-erzähle-dir-mein-größtes-Geheimnis-Tour.
„Ja, okay. Ich treffe mich mit einem Jungen." Das war noch nicht einmal gelogen.
„Ich soll ihm Nachhilfe geben. In der Bibliothek." Das dafür umso mehr.
„Und, ist er süß?" Lavenders Stimme klang, als würden sie sich über einen geheimen Welteroberungsplan unterhalten.
„Ja, wahnsinnig süß."
Hermine musste sich ein Grinsen verkneifen, als sie das ehrfürchtige Gesicht ihrer Schlafsaalkameradin sah. Das hatte sie ihr wohl nicht zugetraut.
Sie nutzte die Gunst der Sekunde.
Mit einem knappen „Ich muss los" stürmte sie an dem anderen Mädchen vorbei, die Treppe runter, durch den Gemeinschaftsraum.
Als sie auch das Porträtloch hinter dich gelassen hatte, wurde sie wieder langsamer. So vermied sie lästige Fragen wie „Hermine, was ist Nieswurz?" oder „Mine, kann ich mal deinen Aufsatz durchlesen?"
Nicht, dass sie den Leuten nicht gerne half, aber ab und zu war es eben ziemlich ungünstig.
Außerdem schadete es niemanden, mal selber zu denken.
Mit diesen Gedanken machte sie sich auf zu ihrem Date mit Draco.
