Es war ein Donnerstag. Es regnete. Der kleine Argus Filch lag in den Armen seiner Mutter und schrie. Das gerade einmal 3 Tage alte Baby war eigentlich eines unter vielen, doch wurden in ihn hohe Erwartungen gesetzt. Seine Familie konnte bis auf 12 Generationen zurückverfolgt werden. Seine Ahnen - wichtige Zaubereiministeriumsmitarbeiter, mutige Drachenbekämpfer, erfolgreiche Quidditchspieler. Allesamt Zauberer, Reinblüter. Doch was noch niemand ahnte: Er war ein Squib. In den Augen seiner Familie ein Versager. Ein Taugenichts. Eine Schande für die Zaubererwelt. Doch der kleine Argus wusste weder was man unter einem Squib versteht, noch dass er in eine Zaubererfamilie hineingeboren wurde. Mit einem Unschuldslächeln schlief er wenige Minuten später ein...

Einige Jahre später, er ging in die zweite Klasse einer Muggleschule, wie alle anderen Zaubererkinder auch, konnte er nicht einschlafen. Er tapste leise in die Küche um noch etwas zu trinken. Seine kleinen Hände griffen in den Schrank und holten ein Glas heraus. Es war sein Lieblingsglas, das mit der Schneeeule drauf. Die Tür zum Schlafzimmer der Eltern war angelehnt. Er konnte leise Stimmen hören. Langsam wurden die Stimmen lauter. Er konnte seinen Namen hören. Er sah auf den schmalen streifen Licht, der aus dem Zimmer kam. Seine Mutter wurde lauter. "Ein Squib. MEIN SOHN! Nein, niemals!" Sein Vater schwieg. Seine Mutter rannte aus dem Zimmer, einen Brief in der Hand. Argus duckte sich und versteckte sich unter dem Tisch, der ihm das beste Versteck schien. Seine Mutter lief an ihm vorbei, zerriss den Brief, schmiss ihn in den Mülleimer und ging zurück in das Schlafzimmer. Sie knallte die Tür zu. Argus stellte das Glas auf den Tisch und nahm dann den Brief wieder aus dem Mülleimer. Er ging in sein Zimmer und begann zu lesen:

London, 15.10.1939

An: Mr. und Mrs. Filch Warringtonweg 7 Carrington

Absender: Zaubereiministerium Abteilung für besondere Umstände London

Sehr geehrtes Ehepaar Filch, Es tut uns sehr leid, Ihnen mitteilen zu müssen, dass ihr Sohn, der 8- Jährige Argus Filch leider keine magischen Fähigkeiten besitzt. Wie Ihnen sicher schon aufgefallen ist, sind bei ihm noch keine Anzeichen von Magie aufgetreten. Nun wurde bedauerlicher Weise festgestellt, dass Argus ein Squib ist. Leider müssen wir Ihnen auch mitteilen, dass keine große Hoffnung auf Besserung besteht. Wenn Sie noch Fragen haben senden Sie bitte eine Eule an die Abteilung für besondere Umstände (Adresse siehe oben) i.V. Miranda Laurent

Argus sah hoch. Er wusste, dass es eine große Schande war, ein Squib zu sein. Wie oft hatten seine Eltern schlecht über Squibs geredet. Er starrte auf einen Fleck an der Decke. Er, ein Squib? Ein Verräter, ein Taugenichts, Abschaum der Gesellschaft?

Eine halbe Stunde später stand Argus auf der Straße, mit einem Rucksack, in den er nur die wichtigsten Dinge gepackt hatte. Einen Schlafanzug, sein Taschengeld, eine Decke und die Adresse seiner Tante. Die zwei Hälften Pergament in der Hand haltend, lief er auf die andere Straßenseite. Er rannte in Richtung Hauptstraße. Er hatte ein Ziel, doch es war weit entfernt. Seine Tante, die er sehr mochte, lebte in einem Vorort von London. Er hielt den Zettel fest in der Hand. Er lief in die nächste Seitenstraße, bog bald darauf nach links ab und kam an die Hauptstraße der kleinen Stadt. Er blieb kurz stehen, sah sich um, bekam einen Schrecken. Nun stand er hier, im Regen, im Dunkeln, allein.

Er irrte durch die Straßen, verlor das Ziel, die Tante, aus den Augen. Er war nass bis auf die Haut, wusste nicht mehr wohin. Bald konnte er nicht mehr weiter und setzte sich auf die Stufen einer Treppe vor einem kleinen Haus. Plötzlich hörte er ein poltern. Er sah auf. Etwas blendete ihn. Er kniff die Augen zusammen. Er staunte nicht schlecht als er sie kurz darauf langsam wieder öffnete und einen riesige Bus vor sich stehen sah. Ein kleiner, rundlicher Mann stieg aus und sah ihn an. "Na hast du ein Glück, dass wir gerade 'ne Straße weiter jemanden aufgegabelt haben! Möchtest du irgendwo hin? Is' auch nicht teuer." Der Mann sah ihn auffordernd an und Argus erhob sich langsam und drückte dem Mann den Zettel in die Hand. Dieser runzelte die Stirn und hielt Argus zur Eile an. "Wenn du da heute noch hinwillst müssen wir uns ein bisschen beeilen, wir haben viel zu tun." Argus stieg wortlos ein und setzte sich auf das erste freie Bett. "Macht dann 15 Sickel", sagte der kleine Mann im vorbeigehen, während er eine Frau in das Bett über Argus dirigierte. Lautlos öffnete Argus seinen Geldbeutel, holte die verlangten 15 Sickel heraus und gab sie dem Mann, der so beschäftigt schien. Dann drehte er sich um und sah die Wand an.

Stunden später erwachte er wieder. Er hatte geschlafen, wenn auch sehr unruhig. Viele Gedanken waren ihm durch den Kopf gegangen, doch er war zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis gekommen. Seine Träume waren nicht nachvollziehbar gewesen und die ständigen Erschütterungen hatten ihn immer wieder aufschrecken lassen. Nun ging die Sonne auf und die Welt schien in Ordnung. Doch beim nächsten Stop des Fahrenden Ritters merkte Argus, dass er nicht in seinem Bett lag, sondern auf dem Weg nach London war. Nicht viel Zeit verstrich, da stand die Sonne am Himmel und der Bus leerte sich. "So, du musst jetzt raus", sagte der kleine Mann und gab ihm seinen Rucksack und den Zettel. Der Mann erklärte ihm den Weg, den er bis zum Haus seiner Tante noch zurücklegen musste und schon war der Bus wieder verschwunden und Argus stand allein auf der Straße, in einer fremden Stadt, mit einem Rucksack und einem Zettel in der Hand.

Seine Hände zitterten, obwohl die Sonne schien. Er bog in die nächste Seitenstraße ein und ging an vielen Häusern vorbei, vor denen schöne, hohe Bäume standen, deren Laub langsam bunt wurde. Vor einem Haus saßen zwei kleine Kinder und spielten. Er fühlte sich unsicher in der fremden Gegend. Hier schien die Welt noch in Ordnung zu sein. Bedrückt suchte er weiter nach dem Haus seiner Tante und fand es schließlich auch. Verborgen hinter einer Hecke, großen Büschen und einem Kräutergarten, völlig überwuchert von Efeu. Es war das letzte Haus in der Straße. Danach folgte ein großer Wald. Zögernd ging Argus durch den Garten. An der Haustür blieb er stehen. Es gab weder eine Klingel, noch war jemand zu sehen. Argus war schon dabei wieder umzudrehen, als die Tür aufging und eine Frau mittleren Alters heraustrat und sich streckte. Auf den ersten Blick sah sie ganz normal aus. Sie hatte die Augen geschlossen. Doch auch als sie sie öffnete sah sie Argus nicht. Sie ging an ihm vorbei in ihren Kräutergarten. Nach einiger Zeit kam sie wieder zurück und machte eine Bewegung mit ihrem Zauberstab. Dann sagte sie: "Oh, Entschuldigung. Ich habe dich nicht gesehen. Wer bist du?" Argus sah seine Tante an und antwortete ihr. Stürmisch schloss sie den Jungen in die Arme und fing an zu reden. "Junge, du bist groß geworden! Als ich dich das letzte mal gesehen habe warst du fünf! Du bist aber blass... bist du krank? Ach und entschuldige bitte, aber ich hatte vorhin einen Nichts-sehen- nichts-hören-entspannen-Zauber auf mich gelegt, damit ich mir nicht die ewigen Vorträge meines Nachbarn anhören muss. Er ist ein Zauberer und regt sich immer noch auf, weil sie seinen Hippogreif mitgenommen haben. War illegal. Aber Junge, erzähl, was machst du hier? Wissen deine Eltern, dass du hier bist? Wo sind sie überhaupt? Du bist doch nicht etwa fortgelaufen, oder?" Sie verstummte. Argus schwieg und sah sie an. Leise kullerten ihm die Tränen über das Gesicht. Seine Tante nahm ihn in den Arm und beruhigte ihn. Dann begann Argus zu erzählen.