Disclaimer: Nix mir, alles JKRs

Pairing: Severus Snape/ Remus Lupin

Drama/Romanze: Die Probleme zweier schwieriger Jugendlicher, die sich nicht in ihrem Rollen zurechtfinden. Was schweißt schon mehr zusammen als die gleichen Monster?


Kapitel 1: Kinder der Nacht

Er lief durch die dunklen Gänge des Schulgebäudes. Angestrengt achtete er darauf ja keine lauten Geräusche von sich zu geben. Also unterdrückte er sein Gähnen und schlich fast auf Zehenspitzen über den kalten Steinboden. Wenn ihn um diese Uhrzeit jemand erwischte, würde ihn das in extreme Schwierigkeiten bringen. Vorsichtig spähte er um die Ecke in den nächsten abzweigenden Gang – keiner da – zum Glück!

Er setzte seinen Weg fort, den Zauberstab griffbereit, immer parat, um einen Angreifer abzuwehren.

Jedoch war es eher unwahrscheinlich, so tief in der Nacht noch jemandem über den Weg zu laufen. Er läge ja auch schon längst im Bett, wenn da nicht diese Sache wäre! Aber egal, das war es allemal wert!

Severus schlich weiter. Die nächtliche Stille, in der Hogwarts lag, machte ihn noch schläfriger und nur das Tapsen seiner eigenen Schritte und der Klang seiner Gedanken hinderten ihn daran auf der Stelle einzuschlafen.

Die Bilder an den Wänden schnarchten in ihren Rahmen, oder zumindest taten sie so, denn keines beschwerte sich über das Licht, dass von Severus' Zauberstab glühte und ihm den Weg erhellte.

Ein fensterloser Gang führte ihn an einigen Klassenzimmern vorbei zur Großen Treppe.

Er musste noch durch die Eingangshalle und hinunter in die Kerker schleichen, bevor er wieder sicher im Gemeinschaftsraum ankommen würde. Gar nicht mal so leicht, denn die Lehrer, die zeitweise auf Streife gingen, kannten Geheimgänge, die sie schnellstmöglich durch die ganze Schule führten, ohne dass ein sich herum treibender Schüler auch nur beobachtet fühlen würde.

Aber auch Severus kannte ein paar Gänge, die den meisten Schülern verborgen waren.

Er zog seinen Mantel enger, während er mit geschickten Fingern die Statue von Gerlinda der Grausamen nach einem Hebel absuchte. Schon hatte er ihn gefunden und gedrückt. Mit einem leisen Kratzen schob sich die Statue ein paar Meter zur Seite und gab ein Loch im Boden frei, in das eine Leiter eingelassen war.

„Nox".

Severus kletterte die Stufen hinunter und schon schob sich die Statue wieder an ihren angestammten Platz.

Er hörte nur noch sein Herz pochen, jedes andere Geräusch wurde von der Dunkelheit der Umgebung verschluckt.

Soweit Severus wusste, führte die Leiter ihn zwei Stockwerke tiefer in einen verborgenen Gang zwischen den Toiletten und dem Zauberkunst Klassenraum im zweiten Stock. Somit konnte er die große Treppe umgehen, die den schwierigsten Part von nächtlichen Wanderungen darstellte.

Am Boden der Leiter angekommen, wandte er sich nach links. Rechts führte der Gang in eine Sackgasse, jedenfalls hatte Severus dort vergeblich nach einem weiteren Ausgang gesucht.

Der Gang war gerade hoch genug, dass man aufrecht stehen konnte, jedenfalls ein 16-jähriger konnte das, und gerade breit genug, dass man mit nicht ganz ausgestreckten Armen beide Seitenwände berühren konnte.

Er tastete sich im Dunkeln an den Wänden entlang – es war durchaus möglich, dass der Gang in irgendeiner Art und Weise auf Magie oder Licht reagierte.

Erst vor ein paar Wochen hatte ein Ravenclaw für Gesprächsstoff gesorgt, weil er in einem Geheimgang seinen Zauberstab entzündet hatte und dieser daraufhin in einem fürchterlichen Ton angefangen hatte zu heulen und zu toben. Seitdem war der Geheimgang nicht mehr ganz so geheim.

Severus wollte möglichst kein Aufsehen erregen und so vertraute er auf seinen guten Orientierungssinn und erreichte das andere Ende des Geheimganges.

Er öffnete eine quietschende Holztür, die etwas fehl am Platz wirkte, da sie aus der grauen Steinwand hervorragte, und trat hinaus, nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass der Gang verlassen war. Er schloss die Tür wieder und ihre Umrisse verschmolzen mit dem dunklen Holzbeschlag der Wand.

Severus hielt kurz inne und horchte. Vielleicht hatte das Quietschen jemanden aufgeschreckt?

Aber alles schien ruhig. Er entzündete seinen Zauberstab und schritt weiter, nur, um kurz darauf erschreckt stehen zu bleiben und ihn wieder zu löschen. Denn als er an der Tür zum Jungenklo ankam, vernahm er ein Stöhnen und ein Wimmern. Schmerzenslaute und Keuchen, unterbrochen von dem plätschernden Geräusch von Wasser und anderen dumpfen Geräuschen, die Severus nicht einordnen konnte.

Was jetzt, dachte er, weitergehen und endlich ins Bett kommen oder der Neugier nachgeben und Gefahr laufen erwischt zu werden?

Es kam ihm vor wie Minuten, als er da stand und lauschte und mit sich rang. Sein Herz pochte vor Spannung.

‚Ich sollte mich lieber aus dem Staub machen. Vielleicht ist das nur Myrte, die mal wieder heult?'

Aber konnten Geister eigentlich Geräusche erzeugen, die von materieller Natur waren?

ooOoo

Nach einigen Sekunden steckte Severus seinen Kopf durch die kaum geöffnete Klotür. Die Geräusche wurden intensiver. Kurze Zeit dachte er, dass er vielleicht gerade ein Pärchen überraschte, doch dann sah er nur eine Person.

Ein Junge kniete vornüber gebeugt auf dem Boden vor einem der Waschbecken und krümmte sich vor Schmerzen. Severus schlich sich näher heran. Die Stirn des Jungen war schweißnass und sein Blick stumpf und angstverzerrt.

Der Hahn eines der Waschbecken war aufgedreht und Wasser floss unbeachtet in den Ausguss.

Severus trat ein und ging langsam ein paar Schritte auf den Jungen zu. Was hatte das zu bedeuten? Was war denn los?

Er wurde anscheinend nicht bemerkt, denn der Junge blickte nicht auf. Er wippte auf seinen Knien vor und zurück und hielt mit den Armen seinen Bauch fest umschlungen.

Seine blondbraunen Haare hingen ihm in die Augen und klebten nass an seinen Wangen.

Plötzlich erkannte Severus den anderen.

„Lupin?"

Erschrocken blickte der Junge auf und als er erkannte, wer da vor ihm stand, versuchte er sich aufzurichten, scheiterte jedoch kläglich.

„Severus – was-…" Mehr bekam er nicht heraus, bevor er sich erneut unter Schmerzen krümmte und sich mit den Händen auf dem – teilweise nassen – Boden abstützen musste.

Sein Atem ging stoßweise.

Severus stand verloren ein paar Meter von Lupin entfernt und war sich nicht sicher, was er tun sollte. Hier lag einer seiner Erzfeinde vor ihm und konnte vor Schmerzen kaum sprechen, etwas, das Severus ihm und seinen Freunden so oft schon gerne persönlich angetan hätte, aber plötzlich war jeder Hass verflogen. An seine Stelle war eine komische Leere getreten.

Der Anblick von Lupin' Zustand hatte rein gar nichts mit Rachegefühlen gemein.

Überfordert von der Situation blieb Severus, wo er war. Wie sollte er sich nun verhalten? Helfen? Einem Feind? Er brauchte sicherlich Hilfe, aber wollte Severus ihm denn helfen?

„Was machst du hier? Was ist passiert?"

Lupin schaute auf.

Er versuchte zu grinsen, doch es sah mehr aus wie eine Grimasse.

„Ich – geht schon…ah!"

Remus stand auf und hielt sich am Waschbeckenrand fest. Er bemerkte gar nicht, wie ihm langsam der Griff entglitt und wie er drohte umzukippen.

Severus sprang vor und fing ihn auf. Er hielt ihn fest und half ihm aufrecht zu stehen.

„Lupin, was soll der Scheiß? Was hast du getan?"

Er hatte ihn kurz unter der Achsel zu fassen gekriegt. Der Körper zitterte unter seinem Griff, doch drohte er jetzt nicht mehr umzukippen.

Lupin versuchte sich zu artikulieren, was ihm sehr schwer fiel.

„Gar nichts….ich hab nur…..ich wollte nur..."

Severus blickte verwirrt in die braunen Augen seines Gegenübers. Sie waren glasig und die Pupillen weit geöffnet.

„Hast du was genommen?" fragte Severus ungläubig und in seiner Stimme schwang ein für ihn ungewohnter Ton mit. Angewidert schaute er auf jede Bewegung in Lupins Gesicht.

Lupin schaute ihn peinlich berührt an. Er hielt sich nun seinerseits an Severus' Schulter fest, dankbar für die Stütze.

Severus sah, wie Lupin mehrere Ansätze unternahm, die immer wieder von Schmerzattacken unterbrochen wurden, aber anscheinend konnte oder wollte er ihm nicht sagen, was er genau gemacht hatte. Severus wurde langsam ungeduldig.

„Lupin!" raunte er so laut er es wagte, denn immer noch bestand Gefahr von einer Lehrperson entdeckt zu werden, auch wenn Severus unter diesen Umständen doch lieber jemanden hier gehabt hätte, der die Sache richtig regeln konnte.

Was würde wohl geschehen, wenn er jetzt einen Lehrer holen würde, dachte er, während er immer noch Lupin stützte, der nun wieder anfing zu schwanken.

Was auch immer noch geschehen würde, sich einfach so nachts rausschleichen würde er sicherlich nicht mehr können. Wahrscheinlich würde man ihn fragen, was er überhaupt zu dieser Zeit in diesem Teil des Schlosses zu suchen hatte, drei Etagen über dem Slytherinschlafsaal und dazu noch in einen dicken Mantel gekleidet, an dessen Saum noch der Schlamm trocknete. Aber das konnte er nicht riskieren.

Also was sollte er jetzt tun?

„Lupin! Spuck es endlich aus!" Er schaute Lupin grimmig an. Der Gryffindor hing halb an seiner Schulter und wurde ihm langsam zu schwer. Lupin hob den Kopf und schaute ihn entschuldigend an. Severus empfand nichts als Ekel bei diesem Anblick, doch hatte irgendetwas in seinem Kopf geklingelt.

Unter einem gezischten „Verdammt", das auch Lupin gehört zu haben schien, schleifte er ihn in die nächste Toilettenkabine.

Lupin wehrte sich nicht im Geringsten, hatte wohl auch keine Kraft dazu, doch fing Severus einen fragenden Blick von ihm auf, als er ihn mit einer Bewegung auf den gefliesten Boden absetzte. Lupin gab wieder ein Keuchen von sich.

Severus resignierte.

„Hör zu, Lupin", sagte er mit einer ungeduldigen und mitleidslosen Stimme. Wenn er aus dieser Situation raus wollte, musste er nun handeln, ansonsten könnte er noch die ganze Nacht hier warten und Lupin beim leiden zusehen. Oder einfach gehen, aber das könnte ihn später in noch größere Schwierigkeiten stürzen.

„Kotz das Zeug aus! Was auch immer du genommen hast, hörst du?! Kotz es aus!"

„Das geht nicht", kam sofort die Antwort. „Das…das Mittel muss wirken."

„Was hast du genommen?" fragte Severus erneut, fordernd. Warum konnte der Idiot von Werwolf – ja, Severus wusste seit kurzem von seinem Geheimnis – sich denn nicht helfen lassen? Hilfe…! Wenn er jetzt mehr Zeit zum Ordnen seiner Gedanken gehabt hätte, wäre Severus bestimmt zu dem Punkt gekommen, dass Lupin eigentlich gar keine Hilfe von ihm zu erwarten hatte. Aber diese Zeit hatte er nicht. Insgeheim verfluchte er sich nun für seine Neugier.

„Sag es mir oder ich werde einen Lehrer holen", drohte Severus. Eine Farce, klar, aber es war auch klar, dass Lupin hier sicherlich etwas Verbotenes getan hatte. Auch er würde nicht mit heiler Haut aus der Sache heraus kommen, sollte ein Lehrer davon Wind bekommen.

„Ich scherze nicht!" betonte Severus noch mal seine Worte.

Er sah, wie Lupin ihn nervös musterte und anscheinend versuchte ihn einzuschätzen. Severus machte einen Schritt aus der Kabine raus und hatte im gleichen Moment gewonnen.

„Warte!" bat Lupin schnell, „bitte… keine Lehrer."

Severus schaute ihn mit unverhohlener Neugier an.

Lupin druckste herum, sein von den Schmerzen bleiches Gesicht zwischen Severus und dem Boden hin und her wandernd.

„Ich… hab einen Trank gebraut, damit ich mich….damit" – er schaute Severus flehend in die Augen – „damit ich mich nicht verwandle".

Severus' Verblüffung über diese Tatsache spiegelte sich deutlich auf seinem Gesicht wieder.

ooOoo

„Du hast was?"

„Du…du verstehst das nicht", versuchte Lupin zu erklären, wurde aber von Severus unterbrochen.

„Ich glaube, ich verstehe sehr wohl!" gab Severus kaltschnäuzig zurück. „Wie kann man nur so blöd sein?!" Seine Mundwinkel verformten sich zu einem abwertenden Grinsen.

„Du hast gedacht, du könntest dir einen Anti-Wolfstrank brauen, weil du das ja so exzellent beherrschst", sagte Severus betont abfällig „Oh! Entschuldige, ich meine natürlich Anti-Werwolftrank – und das hat anscheinend nicht so ganz geklappt…. Mal ehrlich, hattest du vor dich umzubringen?"

Lupin zuckte bei der Erwähnung des Werwolfes zusammen und schaute Severus nun grimmig an.

„Ich meine, nicht, dass mir das was ausmachen würde…" setzte Severus hinzu.

„Er wird schon noch wirken", brachte er hervor „Es braucht nur etwas Zeit…"

„Du hast dich vergiftet", stellte Severus trocken fest.

Er blickte auf Lupin, der immer noch auf dem Boden vor dem Klo saß und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Hast du eine Ahnung!" gab Lupin zurück.

„Jedenfalls mehr als du", sagte Severus. Als er von Lupin, der wieder etwas bleicher geworden war und sich wieder vor und zurück wiegte keine Antwort, sondern nur einen seltsamen Blick zurückbekam, fügte er hinzu:

„Muss ich erst nachhelfen oder kotzt du jetzt freiwillig? Ich hab nämlich keine Lust, noch die ganze Nacht hier rumzuhängen."

„Keiner hat dich gebeten…" fing Lupin an, doch da würgte und schaffte es grade noch die Kloschüssel zu treffen.

Severus trat hinaus auf den Gang. Das wollte er sich wirklich nicht antun.

Dieser Idiot, dachte Severus bei sich, während Lupins Brechgeräusche aus der Toilette zu ihm drangen. Er ging zum Waschbecken und tränkte ein paar Handtücher mit Wasser. Dann drehte er den Hahn zu, der die ganze Zeit über gelaufen war. Im Waschbecken entdeckte er die leere Phiole, in der Lupin anscheinend seinen „Trank" aufbewahrt hatte.

Er fischte sie heraus und steckte sie in seine Manteltasche.

Es dauerte fast fünf Minuten, bevor Lupin fertig war und aus der Toilette geschwankt kam.

Er wirkte nicht mehr ganz so bleich, doch der Schweiß stand ihm noch immer auf der Stirn und seine Haltung zeigte eindeutig, wie erschöpft er war.

‚Warum tue ich das eigentlich?', fragte sich Severus kopfschüttelnd und mit sich selbst höchst unzufrieden, als er Lupin die Tücher hinhielt.

Dieser schaute ihn verwundert an.

Severus drücke ihm ungeduldig die nassen Tücher in die Hand und Lupin wischte sich das Gesicht und den Hals ab, den Blick betroffen zu Boden gerichtet.

„So war das nicht geplant", gab er leise zu. Sein Atem schien sich langsam zu beruhigen.

Severus achtete nicht auf ihn, sondern ging leise zur Tür, die auf den Flur führte.

„Ich wollte doch nur…"

„Ssscht!" befahl Severus, als er seinen Kopf durch die Tür steckte und hinaus auf den stockdunklen Flur spähte.

Niemand war zu sehen.

„Mein Glück, wenn wir wegen dir nicht noch erwischt werden!" sagte er verärgert. Er wollte so schnell wie möglich zurück in den Schlafraum, und das ohne einem Lehrer über den Weg zu laufen. Außerdem ärgerte er sich maßlos darüber, Lupin geholfen zu haben. Und das auch noch, ohne das man ihn gebeten hatte! Was für eine Ironie!

‚Hab ich denn völlig den Verstand verloren? Ich hätte längst gehen sollen. Das ganze hier geht mich auch gar nichts an. Kann mir doch egal sein, wenn der Trottel meint, an sich herumexperimentieren zu müssen!'

Er spürte Lupins Blick auf sich gerichtet und schloss leise die Tür, bevor er sich zu ihm umdrehte. Der Ausdruck, der in Lupins Augen lag, verwunderte ihn. Er spiegelte etwas wieder, dass er von früher kannte, als er den anderen Slytherins die Flüche vorgeführt hatte, die sie sich niemals getraut hätten auszusprechen, aber fehlte die Angst, die sie dabei empfunden hatten. Ja. Positive Verwunderung. Oder auch Bewunderung? Es machte ihn nervös.

„Was?" fragte er gereizt.

„Ich…ähmm. Nichts…", erwiderte Lupin.

„Wie viel Uhr ist es?" fragte Severus.

„Ähmm… halb drei, glaub ich.", sagte Lupin mit einem schiefen Blick auf seine Armbanduhr. Er lehnte an einer Kabinenwand und hielt sich an ihr fest.

„Was…was wirst du jetzt tun?"

Severus nahm einen ängstlichen Hauch in Lupins Blick wahr.

„Schlafen gehen, was sonst?"

„Nein. Ich meine, ob du…", fing Lupin an.

„Du meinst, ob ich morgen früh zu Professor Dumbledore rennen und petzen werde?"

Der Gedanke daran wäre für Severus sehr befriedigend gewesen, aber nicht unter diesen Umständen.

„Ich dachte nicht, dass du so dumm bist. Aber Black scheint wohl abzufärben."

Bei Lupin schien es langsam zu dämmern.

„Oh…", sagte er

Für Severus gab es jetzt keinen Grund mehr zu bleiben. Er hatte seine Neugier befriedigt, er hatte es bereut und nun würde er endlich schlafen gehen.

Er warf Lupin noch einen verachtenden Blick zu und schritt zur Tür.

„Severus!" rief Lupin ihm hinterher und Severus hätte ihm dafür am liebsten den Hals umgedreht. Jede nötige Sicherheitsmaßnahme schien unbeachtet an Lupins Verstand vorbeizugehen, oder war das nur sein momentaner Zustand? Es schien wohl so zu sein, denn als er sich wieder umdrehte, traf ihn ein bittender, fast bettelnder Blick.

„Ich schaff' es, glaub' ich, nicht alleine zurück zum Schlafsaal", flüsterte Lupin, so leise, dass Severus ihn fast nicht verstanden hatte.

„Dann schlaf halt hier", sagte Severus ungerührt.

Es schien, als kämpfte Lupin um die nächsten Worte, doch schließlich brachte er sie doch raus.

„Bitte… kannst du nicht…?"

Severus glaubte seinen Ohren nicht zu trauen – und seinen Augen, die das Gesagte in ihrer Realität nur noch bestätigten.

„Nein! Du glaubst doch nicht im Ernst, das ausgerechnet ich für dich die Krankenschwester spiele!" lachte Severus ungläubig.

„Es fällt mir echt nicht leicht, dich darum zu bitten", sagte Lupin „Besonders nicht nach… nach letztens..."

„Warum lässt du es dann nicht und wartest auf deine Freunde? Die werden doch sicher gleich hier auftauchen, weil sie dich vermissen, oder?", schlug Severus vor.

Lupin sank auf den Fußboden und schloss die Augen. Innerlich drehte sich ihm alles.

ooOoo

„Sind eigentlich alle Gryffindors so hilfsbedürftig wie du?" knirschte Severus, als er Lupin auf die Beine zog und sich innerlich fluchend mit ihm in Richtung Gryffindor Gemeinschaftsraum machte.

Lupin antwortete nicht, er konzentrierte sich darauf, einen Fuß vor den nächsten zu setzen.

„Wohin jetzt?" brummte Severus leise, als sich der Gang vor ihnen teilte.

„Rechts", antwortete Lupin. Sein Arm lag über Severus' Schulter und ein Arm umgriff seine Hüfte.

Beide stolperten mehr als dass sie liefen und für Severus war es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Elefantenherde, die sie beide darstellten, auffliegen würde.

Mit Schrecken sah er ein paar Gemälde sich nach ihnen umdrehen, als sie den dunklen Flur entlangliefen. Es wäre fatal, würden sie einen Zauberstab entzünden und er hoffte inständig, dass ihre Identität gewahrt bliebe. Im besten Fall würde es später heißen, ein paar Gryffindors wären in den Gängen herum geschlichen.

Sie erreichten eine Sackgasse und das große Gemälde der Fetten Dame.

Lupin zögerte.

„Was ist? Jetzt mach schon!" drängte Severus.

„Quidditchpokal", sagte Lupin schließlich und die Fette Dame, die sehr ungehalten darüber war, dass sie geweckt wurde, schwang auf die Seite und hinterließ einen Durchgang in der Wand.

„Hmpf!", machte Severus ‚War ja klar! Eingebildete Gryffindors!'

Ein Strahl gelben Lichts drang aus dem Gemeinschaftsraum und Severus konnte kurz einen Blick hinein erhaschen. Er war in den typischen Gryffindorfarben Gelb und Rot eingerichtet und ein Feuer prasselte im Kamin.

„Von hier aus schaff' ich es alleine", erklärte Lupin erleichtert.

„Glück für mich! Ich hatte nicht vor dich auch noch ins Bett zu tragen. Du bist schwer", brummte Severus, löste seinen Griff, drehte sich auf dem Absatz um und verschwand in die Dunkelheit.

Remus hatte noch etwas sagen wollen, aber da war Severus auch schon verschwunden.

Er trat in den Gemeinschaftsraum. Unsicheren Schrittes ging er auf einen der großen Sessel zu, die am Kamin standen, ließ sich hinein fallen und verbarg das Gesicht in den Händen.

Erst als er zu Ende geweint hatte, nahm er seine verbliebene Kraft zusammen und schleppte sich in den Schlafsaal. Die Nacht war schon fast vorbei.

Severus lag noch lange wach und kochte vor Wut, und ein leichtes Zittern seiner Hände verriet die Anspannung, unter der er vorhin, trotz seiner zur Schau getragenen Coolness, gestanden hatte.

‚Verdammt, das hätte echt schief gehen können!' dachte er und zog seine Decke ein Stück höher. Die anderen Slytherins aus seinem Zimmer schliefen.

‚Blöder Gryffindor!'


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