Disclaimer: Die Marauders, das ganze Potterversum usw. gehören J.K. Rowling. Nur Robin und weitere OCs gehören mir.

A/N: Ich muss – den Göttern sei Dank – nicht meine Brötchen damit verdienen und bekomme kein Geld dafür. Dies ist ganz einfach meine Reaktion auf die Deathly Hallows, das Ende einer Ära und den Aufruf von Textehexe und Co. Ich hab noch nie FF geschrieben und halte mich auch nicht für sonderlich talentiert. Ich versuch's trotzdem. Reißt mir bitte nicht gleich den Kopf ab. Über Lob würde ich mich natürlich freuen, für Kritik und Anregungen bin ich jederzeit dankbar.

Ein herzliches Dankeschön mit Knuddel sowie Kaffee und Pralinen an Bine Black, die mir lieberweise Beta liest. Schmmmmmmmmmmmmatz!!!

Soundtrack: Billy Talent „Fallen leaves"

Kapitel 1 – Robin

Gedankenverloren steuerte Sirius Black seine Maschine durch die ungewöhnlich warme Mainacht und mit einer leichten Gewichtsverlagerung an einem Wolkenfetzen vorbei. Er hatte den Tag bei James und Lily verbracht und war größtenteils damit beschäftigt gewesen, mit Klein-Harry durch den Garten zu toben. Sein fast einjähriger Patensohn bekam einfach nicht genug davon, mit Padfoot über den Rasen zu tollen. Woher nahm dieser Zwerg nur die ganze Energie? In Momenten wie diesen konnte man direkt vergessen, dass Krieg herrschte. Das Leuchten in den Augen des Kindes, wenn es mit dem zottigen Hund über den Boden balgte. Lilys fröhliches Lachen, als ihr Sohn seinem Paten in Hundegestalt ein paar Haare ausgerissen und ein empörtes Jaulen geerntet hatte. Prongs, der stolz seine Frau in die Arme schloss und nicht wusste, wen er denn nun zu Höchstleistungen antreiben sollte – seinen Sohn oder seinen besten Freund. Das alles waren Augenblicke voller Glück und Freude in dieser dunklen Zeit. Und sie waren kostbarer als alles Gold dieser Erde.

Nach einem köstlichen Abendessen hatte Lily Harry zu Bett gebracht und die Gesprächsthemen waren wieder ernst geworden. Voldemort und seine Anhänger gewannen immer mehr Macht, und ihre Übergriffe wurden immer brutaler, dreister und skrupelloser. Und es gab so wenige, die Widerstand leisteten. Albus Dumbledore, der Schulleiter von Hogwarts, hatte den Orden des Phönix ins Leben gerufen, um aktiv gegen den Dunklen Lord tätig zu werden. Doch was konnten ein paar Hexen und Zauberer letztendlich schon gegen die Masse an Todessern ausrichten, wenn schon das Ministerium infiltriert war und man keiner Menschenseele mehr trauen konnte?

Und dennoch hatten sie die Pläne und Angriffe dieser reinblutfanatischen Zauberer schon oft genug durchkreuzt, um selbst auf die Spitze der Abschussliste zu kommen. So wurden immer mehr Widerstandskämpfer Opfer der Anhänger Voldemorts. Wenn nicht im Kampf, um die Vorhaben der Todesser zu verhindern, dann in gezielten Anschlägen. Sie starben schneller, als dass sie Zulauf bekamen, und so wurde die Anzahl der Ordensmitglieder stetig dezimiert. So viel Leid, so viel Qual, so viel Angst, so viel Tod. Das Leben endete rasch in Zeiten wie diesen. Und zu allem Überfluss hatten sie nun auch noch einen Maulwurf im Orden. Wie sonst konnte es sein, dass sie immer häufiger zu spät kamen oder in tödliche Fallen tappten? Woher sonst sollten die Todesser die Informationen haben, wenn nicht von einem Verräter? Es ging einfach viel zu viel schief, als dass es sich dabei noch um Zufall handeln konnte. Die Todesser waren ihnen zwanzig zu eins überlegen und holen sich einen nach dem anderen. Und dann kam auch noch diese fürchterliche Prophezeiung ins Spiel. Sirius schauderte jedes Mal bei dem Gedanken daran, was diese Weissagung ausgelöst hatte und welche grausigen Kreise sie nun zog.

Als Unbetroffener hätte Sirius die Worte der Prophezeihung eigentlich nicht gekannt, und er hätte sich auch nicht wirklich darum geschert. Aber wie das Unglück es wollte, trafen diese auf zwei bekannte magische Familien zu. Eine war die Familie Longbottom, ein Aurorenehepaar, das sich ebenfalls im Phönixorden engagierte, und die andere waren mit die wichtigsten Menschen in seinem Leben: die Familie Potter. Seitdem wechselten die Longbottoms sowie Lily und James die Wohnorte wie andere ihre Unterwäsche. Ein Unterfangen, das allen Betroffenen immer mehr aufs Gemüt schlug, und Sirius' Meinung nach demnächst entweder in vollständiger Panik (wenn diese denn noch steigerungsfähig war) oder komplettem Leichtsinn gipfeln würde.

Sirius Gedanken kreisten wieder um den möglichen Maulwurf in ihrer Widerstandstruppe, als er das Motorrad Richtung London flog, und seine Miene verdüsterte sich noch mehr. Er konnte einfach nicht glauben, dass einer der Kämpfer für die gute Seite die Fronten gewechselt hatte. Er wollte einfach nicht glauben, dass sich ein Todesser in ihre Reihen geschlichen hatte. Wer bitte sollte das denn sein? Sie alle riskierten täglich ihr Leben im Kampf gegen das Böse. Jeder von ihnen. Sie waren abhängig voneinander, wenn sie eine Chance haben und überleben wollten. Verdammt, er brauchte jetzt dringend was zu trinken, wenn er in dieser Nacht noch schlafen wollte, ohne ständig aufzuwachen und sich das Hirn zu zermartern. Ein spöttisches Lächeln zog auf das Gesicht des Zweiundzwanzigjährigen, als er daran dachte, dass Lily alle stärkeren Alkoholika schlicht und ergreifend vernichtet hatte, nachdem die vier jungen Männer sich einmal bis zum Anschlag betrunken hatten. Sie hatte geschworen, wenn sie auch nur bei einem von ihnen jemals wieder etwas Stärkeres als Butterbier im Schrank fände, würde sie sie alle in die Vergessenheit hexen. Ja, Lily Potters Drohungen waren durchaus ernst zu nehmen und seither hatte keiner von ihnen Härteres als Butterbier im Haus. Entschlossen landete Sirius seine Maschine in einer dunklen, unbeobachteten Nebenstraße und fuhr ganz muggelgemäß auf den Londoner Straßen Richtung „Tropfender Kessel". Butterbier würde ihm heute nicht ausreichen.

Sirius betrat den „Tropfenden Kessel" in reichlich düsterer Stimmung und hoffte beinahe auf eine gepflegte Kneipenschlägerei, um seinem Frust Luft machen zu können. Die Zeiten, als er mit seinen Freunden noch als Marauders Hogwarts unsicher gemacht hatte, kamen ihm manchmal beinahe unwirklich vor. Und wenn er sich dann – wie vorhin auf dem Heimweg – in Gedanken verstrickte, dann war an Schlaf nicht zu denken. Und den bräuchte er dringend, denn ihr Leben hing täglich davon ab, keine Fehler zu begehen. Nun, ein oder mehrere Gläser Feuerwhiskey würden Abhilfe schaffen. Merlin, er war erst zweiundzwanzig und hatte schon solche Gedanken!

Der Schankraum war fast leer. Die wenigsten Hexen und Zauberer gingen noch aus, wenn es nicht dringendst notwendig war. Es war zu unsicher, sich nachts in den Straßen herumzutreiben. Umso erstaunter war Black, als er am Tresen den schmalen Rücken einer Frau entdeckte, die ganz offensichtlich alleine hier war. Ein langer Zopf aus dunklem Haar reichte bis zu ihrer Hüfte. Nun, vielleicht würde er heute ja noch eine andere Ablenkung gegen die finsteren Gedanken finden. Ein selbstbewusstes Lächeln stahl sich auf das Gesicht des jungen Zauberers. Er machte sich schnurstracks auf den Weg Richtung Theke, lehnte sich direkt neben dem Mädchen an die Bar und bestellte einen Feuerwhiskey. Aus den Augenwinkeln beobachtete er seine Nachbarin und stellte fest, dass sie ihn keines Blickes würdigte und weiterhin konzentriert in die dunkelrote Flüssigkeit starrte, die sich in dem Weinglas befand, dass sie zwischen ihren Händen leicht drehte. Ihr Profil zeigte eine kleine, gerade Nase, hohe Wangenknochen und sehr lange Wimpern. Sirius wollte gerade einen weiteren Schluck aus seinem Glas nehmen, als er angesprochen wurde.

„Bist du endlich fertig damit, mich auffällig unauffällig anzustarren?"

Ihr Ton war leicht gereizt und sie hatte noch nicht einmal den Kopf gedreht, als sie sprach. Sirius zog eine Augenbraue hoch. Er war es eigentlich gewohnt, dass sich ihm die Mädchen an den Hals warfen. Und genau deshalb wurden sie ihm auch sehr schnell langweilig. Dieses hier hielt es nicht mal für nötig, einen halbwegs höflichen Ton anzuschlagen und ihn anzusehen. Sein Jagdinstinkt war geweckt.

„Es gilt als unhöflich, seinen Gegenüber nicht mal anzusehen.", antwortete er grinsend.

Die junge Frau an seiner Seite atmete tief ein, als ob sie sich beruhigen wollte. Dann stellte sie vorsichtig ihr Weinglas auf die Theke und drehte sich in Zeitlupe zu ihm herum.

„Pass auf, ich hatte einen wirklich bescheidenen Tag und jetzt absolut keine Lust darauf, mir von einem Möchtegern-Casanova, der meint, ein hübsches Gesicht sei alles, auch noch die Nacht versauen zu lassen. Also nimm doch einfach dein Glas, verzieh dich und lass mich in Ruhe. Bitte." Das letzte Wort hatte einen ziemlich verächtlichen Klang.

Sirius registrierte das jedoch nicht wirklich. Er drohte gerade in zwei blitzenden, graugrünen Augen zu versinken.

„Wer sagt denn, dass ich dir die Nacht versauen werde?", fragte er süffisant, als das Mädchen sich wieder von ihm wegdrehen wollte.

„Du fängst bereits damit an, Black.", war die genervte Antwort, bevor sie sich wieder komplett ihrem Weinglas zuwandte.

Black? Sie kannte ihn? Sirius zog die Augenbrauen zusammen. Seine Hand nahm die Dunkelhaarige bei der Schulter und drehte sie sanft, aber bestimmt, wieder zu sich herum. Interessiert musterte er ihr Gesicht. Sie war auf jeden Fall nicht in seinem Jahrgang gewesen. Sie musste etwas jünger sein als er. Außerdem wäre ihm dieses Mädchen garantiert aufgefallen. Und doch, etwas an ihr kam ihm nun ebenfalls bekannt vor. Doch bevor er nachfragen konnte, hatte sie mit einem genervten Seufzer etwas Geld auf den Tresen geknallt,
befreite sich aus seinem Griff und marschierte Richtung Ausgang. Im Vorbeigehen schnappte sie sich einen Umhang von der Garderobe neben der Tür, und schon war sie draußen. Für einen kurzen Augenblick war der junge Zauberer wirklich perplex und starrte ihr nach. Dann fuhr er sich mit einer Hand über das markante Kinn mit dem obligatorischen Drei-Tage-Bart. Lächelnd trank er sein Glas leer, legte ein paar Sickel auf den Tresen und folgte der jungen Frau.

Als die Tür des "Tropfenden Kessels" hinter ihm ins Schloss fiel, sah Sirius gerade noch die Silhouette des Mädchens um eine Straßenecke biegen. Gut, sie war also nicht appariert. Für einen Sekundenbruchteil schoss ihm die Frage "Warum?" durch den Kopf, ehe er sich in den großen, schwarzen Hund verwandelte und ihr auf leisen Pfoten nachlief. Doch bereits an der
Straßenecke, um die sie vor wenigen Sekunden verschwunden war, kam er abrupt zum Stehen. Er hatte die "Plopps" vernommen, die eine Apparation kennzeichneten, und die Luft knisterte geradezu vor arkaner Energie.

Vorsichtig spähte Padfoot um die Ecke. Die Schwarzhaarige lehnte an einer Hauswand, bedrängt von drei Gestalten in schwarzen Kutten
und silbernen Masken. Todesser! Verdammt! Der Vorderste von ihnen hatte den Zauberstab des Mädchens in der linken, während sein eigener Stab bedrohlich auf ihr Gesicht wies. Seine beiden Kumpane flankierten ihn zu beiden Seiten, die Zauberstäbe ebenfalls auf die junge Frau gerichtet und sicherten immer wieder mit Blicken das Umfeld. Sirius verwandelte sich in seine menschliche Gestalt zurück, zückte seinen Zauberstab und hoffte inständigst, dass die
Todesser das Mädchen nicht sofort töten würden. Er musste einen guten Moment abwarten, um einzugreifen. Sein Flehen wurde erhört, denn der Vorderste begann zu reden.

"Sieh mal einer an, wen haben wir denn da? Das aufmüpfige Schlammblut, so ganz allein unterwegs."

Ein trotziger Ausdruck kam in das erschrockene Gesicht des Mädchens, bevor sich ihre Lippen zu einem abschätzigen Grinsen verzogen.

„Lieber ein Schlammblut, als eine derart degenerierte Inzestbrut wie ihr."

Sirius holte leise zischend Luft und verzog das Gesicht. Der Todesser holte aus und ohrfeigte das Mädchen mit voller Wucht. Ihr Kopf flog herum und knallte gegen die Hauswand.

An seinem Beobachtungsposten fletschte Sirius die Zähne, doch noch bevor er eingreifen konnte hatte die junge Frau ausgeholt und dem Todesser mit aller Kraft die Faust auf die Nase gerammt. Er ging heulend in die Knie und hielt mit beiden Händen seine blutende Nase. Fast im selben Moment reagierten seine beiden Kumpane. „Crucio", hallte es kalt von dem zweiten Maskierten und das Opfer ging mit schmerzverzerrtem Gesicht zu Boden, während der dritte Todesser nach ihrem Anführer sah. Das war der Moment, auf den Sirius gewartet hatte. Er hechtete aus seinem Versteck hervor und reagierte blitzschnell. Mit drei wohl gezielten Schockzaubern waren die überraschten Todesser lahm gelegt und der Folterfluch unterbrochen.

„Kannst du gehen? Wir sollten hier schleunigst verschwinden." Besorgt bückte sich der junge Zauberer zu der Dunkelhaarigen, ohne dabei die ausgeschalteten Todesser aus den Augen zu lassen.

„Muss", knirschte sie und ergriff seine helfend ausgestreckte Hand. Doch bevor er sie endgültig von ihren Peinigern wegziehen konnte, ergriff sie ihren Zauberstab und trat dem einen Todesser noch einmal ordentlich in die Rippen.

„Komm schon!" rief Sirius und zog das Mädchen, das in seinem Zustand alleine seinem Tempo nicht hätte folgen können, mehr stolpernd als laufend hinter sich her. Sie rannten am „Tropfenden Kessel" vorbei und flitzten in den kleinen, dunklen Hinterhof, in dem Sirius' Motorrad parkte. Wenige Sekunden später dröhnte die Maschine durch die nächtlichen Straßen Londons, bevor sie in einer dunklen Seitenstraße in die Luft abhob.

Ooo

Noch ein letztes Mal spähte Sirius in die Dunkelheit, bevor er die Tür zu seiner Wohnung zuzog. Wie erwartet war ihnen niemand gefolgt – aber sicher war sicher. Vorsichtig bugsierte er das Mädchen auf seine Couch und ging vor ihr in die Hocke.

„Bist du okay?" Ihm war klar, dass sie nicht okay war. Sie war von Todessern angegriffen und mit dem Cruciatus-Fluch belegt worden. Die linke Wange verfärbte sich langsam blau von der Ohrfeige, ihre Unterlippe blutete noch immer leicht – sie hatte darauf gebissen um nicht zu schreien – und über die rechte Gesichtshälfte zog sich ein langer, blutiger Kratzer, der wahrscheinlich von der Kollision mit der Hauswand stammte. Sie wischte sich mit dem Handrücken das Blut von der Unterlippe und schüttelte eine vorwitzige Haarsträhne aus dem Gesicht.

„Hast du vielleicht einen Kaffee?"

Sirius nickte und beschwor mit einem lässigen Schlenker seines Zauberstabs zwei dampfende Becher, Milch und Zucker auf den Couchtisch. Schweigend ergriff sein Gast eine der Tassen und nahm einen vorsichtigen Schluck. Die Tasse zitterte so stark, dass sie beide Hände nehmen musste. Für einige Augenblicke tranken sie schweigend. Dann unterbrach sie die Stille.

„Danke. Danke, dass du mir da raus geholfen hast", sagte sie leise und nach einer kurzen Pause: „Robin. Robin Ashwood."

„Sirius Black - wie du ja scheinbar weißt", war seine Antwort, als er ihre ausgestreckte Hand ergriff.

Ein kurzes Lächeln flog über ihr Gesicht.

„Ich war auch in Gryffindor. Allerdings drei Klassen unter dir."

Nun, das erklärte ihm schlagartig, warum er sich nicht wirklich an dieses Mädchen erinnerte. Um die „Knirpse" hatten sich die Marauder kaum gekümmert. Ein furchtbar dummer Fehler, dachte er, als er sein Gegenüber nun erneut musterte.

„Hast du eine Vorstellung, was die Todesser von dir wollten?"

Robin zuckte mit den Schultern.

„Ich bin muggelstämmig. Das setzt mich wohl automatisch auf die Abschussliste."

„Und was hattest du vor?"

„Nach Hause gehen?"

Sirius packte sie bei den Schultern. Zum einen fand er diese Idee einfach nur bescheuert und zum anderen hatte er es langsam satt, dem Mädchen jede Information buchstäblich aus der Nase ziehen zu müssen.

„Das halte ich jetzt für keine gute Idee. Nach der kleinen Showeinlage vorhin könnte es gut sein, dass die da bereits auf dich warten."

„Ach, ich soll mich also lieber angstvoll wimmernd irgendwo verkriechen?"

Ihre Augen schleuderten nahezu Funken und es entbrannte eine hitzige Diskussion zwischen den beiden. Im Endeffekt bestand Sirius darauf, dass Robin diese Nacht in seiner Wohnung bleiben sollte. Am nächsten Tag würden sie dann gemeinsam nach ihrer Wohnung sehen.

„Okay", sagte Sirius und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Irgendwie hatte er nicht das Gefühl, die Diskussion gewonnen zu haben. „Ich seh dann mal nach dem Gästezimmer. Oder schläfst du bei mir?" Er zog die Augenbrauen vielsagend in die Höhe.

Der vernichtende Blick, den sein Gegenüber ihm zuwarf, sprach mehr als tausend Worte. Aber sie fragte immerhin nach dem Badezimmer. Sirius zeigte ihr stumm den Weg.

Als sie die Tür hinter sich zugezogen hatte, lehnte sich Robin schwer seufzend an das Waschbecken und starrte zornig in ihr Gesicht, das ihr aus dem Spiegel entgegenblickte.

„Prima, Robin. Ganz toll gemacht. Jetzt hält er dich für eine schweigsame, arrogante, steife und undankbare Ziege. Wahrscheinlich bereut er es schon bitterlich, dass er dich überhaupt angequatscht und gerettet hat. Und jetzt stehst du auch noch in seinem Bad und führst Selbstgespräche. Wenn du mal nicht einen ordentlichen Sprung am Kessel hast!"

Frustriert setzte sie sich auf den Rand der Badewanne, stützte den Kopf in beide Handflächen und schloß die Augen. An jedem anderen Tag hätte sie wahrscheinlich einen Herzinfarkt erlitten, wenn ausgerechnet Sirius Black, der Traum ihrer schlaflosen Teenager-Nächte in Hogwarts, sie angesprochen hätte. Und dann geschah genau das an einem Tag, der mieser nicht hätte sein können und den krönenden Abschluss einer eben so miesen Woche darstellte. Angefangen hatte es mit einem herzhaften Streit zwischen ihr und ihren Eltern. Beide waren Muggel und hätten ihre Tochter angesichts der brenzligen Situation in der magischen Welt – von der sie nicht einmal zur Hälfte wussten, wie schlimm es wirklich stand – am liebsten Zuhause in Sicherheit oder besser noch am anderen Ende der Welt gewusst. Robin wusste, dass ihre Eltern sie liebten, aber die beiden waren mit ihrer wilden, magischen Tochter schlichtweg überfordert. Hitzköpfig, wie sie war, war Robin irgendwann vom Tisch aufgesprungen, hatte ihren Umhang geschnappt und war mit den Worten „Fein. Dann geh ich jetzt zurück und lasse mich hier erst wieder blicken, wenn ich tatterig oder kalt genug bin, um das Geschehen um mich herum einfach nicht wahrzunehmen oder zu ignorieren!" aus dem Haus appariert.

Zwei Tage später hatte sie ihren Freund mit einer Anderen erwischt und zu guter Letzt war am heutigen Morgen ein ernsthafter Verweis mit unterschwellig angedrohtem Rausschmiss vom Trinity College der magischen Universität Cambridge per Eule gekommen. Und dieser Stachel saß bei Robin besonders tief, hatte sie doch erst letzten Sommer ihr Studium der magischen Künste des Früh- und Spätmittelalters begonnen. In diesem freundlichen aber bestimmten Brief legte ihr Tutor ihr nahe, sich doch bitte auf dem Campus weniger öffentlich offensiv gegen die Todesserpolitik zu stellen, da „die Universität Cambridge wenig Ambitionen verspüre, sich als Kriegsschauplatz für terrormagische Aktivitäten anzubieten" und „es sicherlich Mittel und Wege gäbe, die Anti-Du-weißt-schon-wer-Haltung etwas diplomatischer zu bezeugen, ohne das Haus und die Kommilitonen in das Zielfeuer der Todesser zu rücken." Und das von einem College, das seine Studenten lehrt, unabhängig und frei zu denken! Was für eine feige Bande.

Nach Erhalt dieses Briefes kreisten ihre Gedanken nur noch um die Frage, ob das Ministerium für Magie, das schon seit längst von Todessern infiltriert sein musste, nun endgültig auch seine Hand nach den Universitäten ausstreckte. Wer außer ihr hatte wohl den selben Brief erhalten? Sie war ziellos durch die Stadt gelaufen bis sie ihre eigene Verwirrung und Wut fast nicht mehr ertragen konnte und beschlossen hatte, in den „Tropfenden Kessel" zu apparieren, um bei einem Glas Wein fern ab vom Trinityhaus ihre Gedanken neu zu ordnen.

Aber anstatt Antworten oder Ideen zu finden, war sie ausgerechnet heute auf Sirius gestoßen und von Todessern angegriffen worden – welch ein überraschender Zufall, ha! –, saß nun in einer fremden Wohnung fest, ohne auch nur einen winzigen Funken Ahnung zu haben, wie es weitergehen sollte, und ihr verräterisches Herz klopfte bis zum Hals, wenn sie in ein gewisses Paar sturmgraue Augen blickte. Genau das hatte ihr jetzt noch gefehlt, dass eine scheinbar immer noch nicht abgelegte Verliebtheit ihr jetzt das Hirn noch mehr vernebelte. Als ob sie nicht bereits genug Ärger am Hals hätte. Verdammt, sie brauchte dringend frische Luft!

Sirius saß – wie es ihm vorkam – schon eine halbe Ewigkeit allein auf dem Sofa und fragte sich, ob Robin wohl jemals wieder aus seinem Badezimmer auftauchen würde. Es war wohl an der Zeit, das Gästezimmer in seiner Bude mit ein paar kurzen Zaubern bereit zu machen. Gerade als Sirius die Hand nach der Türklinke zum Gästezimmer ausstreckte hörte er, wie die Haustür ins Schloss fiel. Sie musste sich irgendwie an ihm vorbeigeschlichen haben. Mit wenigen Sätzen war er zur Tür raus und erwischte Robin am Umhang.

„Verdammt, Black, lass mich los! Du erwürgst mich!", fauchte sie.

„Ich denk gar nicht dran. Wo zum Troll wolltest du eigentlich hin?" war die geknurrte Antwort.

Dennoch entließ er ihren Umhangkragen seinem eisernen Griff, nur um sie am Arm zu packen und zielstrebig zurück ins Haus zu zerren. Einen Augenblick später wiederholte sich die Szenerie beinahe: Robin saß auf dem Sofa, Sirius vor ihr in der Hocke, beide Hände auf ihren Armen. Doch dieses Mal war er nicht besorgt, er war wütend und konnte nur mühsam den Drang kontrollieren, die junge Frau zu schütteln.

„Nun?" Er presste die Frage zwischen vor Zorn zusammengebissenen Zähnen hervor.

„Nun was?"

Mit hochgezogenen Augenbrauen und geblähten Nasenflügeln sah sie ihm herausfordernd in die Augen. Grundgütiger Merlin, dieses Mädchen war ja fast genau so stur wie er sein konnte! Und da Gelassenheit noch nie eine von Sirius Blacks herausragenden Eigenschaften war, ging er hochkant an die Decke.

„Nun was? NUN WAS? BIST DU SO MUTIG, ODER SO BESCHEUERT, ODER BEIDES? VOR WENIGER ALS ZWEI STUNDEN HAB ICH DEINEN ARSCH GERETTET UND DU ZIEHST ALLEN ERNSTES LOS, UM DIESEM DRECKPACK WOMÖGLICH GERADEWEGS VOR DIE ZAUBERSTÄBE ZU LAUFEN? BIST DU NOCH GANZ DICHT?"

„ICH HAB DICH NICHT DARUM GEBETEN, MIR NACHZULAUFEN! ALSO SCHREI MICH GEFÄLLIGST NICHT AN! UND IM ÜBRIGEN BIN ICH DIR KEINERLEI RECHENSCHAFT SCHULDIG! -"

Während Robin in derselben Lautstärke zurückbrüllte war sie von der Couch hochgesprungen. Da Sirius sie immer noch an den Oberarmen festhielt verlor sie jedoch das Gleichgewicht, purzelte über ihn, riss ihn mit und fand sich unversehens auf dem Fußboden wieder. Mit einem dreist grinsenden Sirius über ihr!