Merlin sitzt am Ufer des Sees. er hat die Knie angezogen und seinen Kopf auf ihnen abgelegt. Er trägt noch immer die gleichen Sachen. Seine Kleidung ist vollkommen durchnässt und dreckig. Seine Haare sind klatschnass und kleben an seinem Kopf. Er ist unrasiert und ungepflegt. Er sitzt einfach nur da und starrt gedankenverloren zur Insel. Die Sonne geht gerade auf. Über allem liegt ein feuchter Dunst. Eine erster Sonnenstrahl bricht durch den Nebel und hüllt Merlin ein. Im Hintergrund steht das Zelt des Königs. Auf der Wiese daneben grasen friedlich zwei Pferde. Nichts von all dem lässt ahnen, dass der König schwer verletzt zu der kleinen Insel in der Mitte des Sees gesegelt ist und seitdem bereits drei Monate vergangen sind. Es hat eher den Anschein, als erwarte Merlin den Heimweg nach einen langen Jagdausflug.
Gaius geht auf Merlin zu, er führt sein Pferd an den Zügeln. Traurig sieht er zu seinem Ziehsohn herab. Er folgt Merlins Blick zur Insel, dort ist nichts. Immernoch nichts. Sorgenvoll sieht er zu Merlin zurück: "Merlin?..Merlin, kannst du mich hören?" Aber der junge Mann hört und sieht nichts. Er starrt zur Insel, als würde er jeden Baum, jedes Gebüsch, jeden Grashalm und jedes Blatt, ja jeden Stein aus der Ferne absuchen. Er sucht nach jemandem, er sucht nach seinem Freund und König. Gaius seufzt und macht einen weiteren Schritt auf Merlin zu. Als er seine freie Hand auf dessen Schulter legt, dreht Merlin seinen Kopf zu ihm. Gaius sieht in seine leeren und einsamen Augen: "Merlin, so kann es nicht weitergehen. Sieh dich an!" Langsam sieht Merlin an sich herunter. Gaius schüttelt mit dem Kopf und fügt hinzu: "Du bist komplett durchgeweicht, dreckig und .. und du wirst dir eine Lungenentzündung holen! Deine Freunde haben dir extra das Zelt des Königs hier aufgebaut. Warum schläfst du nicht wenigstens im Trockenen?" Merlin sieht wieder auf, er lächelt: "Das macht nichts. Ich bin nunmal ein Diener. Diener schlafen ausserhalb der Zelte ihres Herrn." Verzweifelt schüttelt Gaius erneut seine Kopf: "Bitte Merlin, dein Herr ist fort. Es ist jetzt drei Monate her, als er den See überquerte. Er ist von uns gegangen, er ist tot. Er wird nicht zurückkehren." Flehend richtet er erneut seine Worte an ihn: "Merlin, wach auf. Ich bitte dich. Du musst endlich aufgeben. Du musst Arthur loslassen." Merlin steht auf, erneut findet sein Blick die Insel: "Nein, er lebt. Ich weiß es. Ich fühle es. Und er wird zurückkehren." Mit einem Seufzer gibt Gaius auf. Er macht einen weiteren Schritt auf ihn zu und nimmt ihn in die Arme. Er hält ihn fest an sich gedrückt: "Bitte Merlin, komm mit mir nach Hause. Ich brauche dich, Gwen braucht dich, Albion braucht dich. Bitte Merlin." Merlin hat seine Augen in der Schulter seines Mentors und Freundes vergraben. Er genießt die Nähe, die Wärme die seine Liebe zu ihm ausstrahlt. Für einen winzigen Augenblick erreicht Gaius seine Freund, für einen kurzen Augenblick spürt er das Leben in den jungen Mann zurückkehren. Als Merlin jedoch seinen Kopf anhebt, geht sein Blick zurück zur Insel. Leise raunt er ihm zu: "Ihr wisst, dass ich nicht mit Euch gehen kann. Ich habe ihm versprochen hier auf ihn zu warten." Gaius löst sich von seinen Ziehsohn, er weiß, er hat ihn wieder verloren. Er blickt ihm erneut tief in die Augen. Er sucht nach nach dem Jungen, den er so schmerzlich vermisst. Stattdessen findet er wieder nur Leere. Leere und Einsamkeit. Mit den Tränen kämpfend, dreht er sich zu seinem Pferd: "Merlin, ich muss gehen. Ich muss zurück ins Schloss, ich muss zurück zu Gwen." Merlin nickt, aber seine Gedanken sind bereits wieder bei der Insel. Alle seine Gedanken kreisen um sie, alle seine Gefühle sind mit dieser entsätzliche Leere gefüllt, die der Verlust seine Freundes hinterlassem hat. Sein Körper ist ausgezehrt und erschöpft. Gaius wirft einen letzten Blick zur Insel herüber. Jener Insel, die den Geist seines jungen Freundes so gefangen hält. Er streicht ihm über den Kopf: "Merlin, bitte sei vorsichtig. Du darfst dich nicht endgültig verlieren. Du musst auf dich aufpassen. Nimm ein Bad, rasiere dich, wasche deine Kleider.. egal aber mache etwas. Finde den Weg zurück aus deiner Trauer." Merlin nickt wieder nur. Plötzlich sieht er zum Zelt des Königs und lächelt: "Das werde ich. Gleich nachdem ich sein Schwert geschärft, seine Rüstung poliert, seine Stiefel gereinigt und sein Gewand gewaschen habe." Gaius zuckt nur noch mit den Schultern: "Merlin, du hast das alles bereits gestern erledigt und vorgestern und vorvorgestern. Du machst nichts anderes mehr." Merlin dreht sich zu seinem Freund, in seinen leeren Augen hat sich überraschend ein liebevoller Ausdruck eingestellt. "Es ist alles was mir von ihm geblieben ist. Wenn ich aufhöre, mich darum zu kümmern, verliere ich ihn gänzlich." Gaius ist verblüfft, die ganzen Tage hat er damit verbracht, genau danach zu suchen. Die ganzen Tage hat er damit verbracht, seinen Ziehsohn wieder ins Leben zurückzuholen, nur um jetzt zu erkennen, dass alles was ihn noch am Leben erhält, genau das ist, was er versucht hat, ihm auszureden. Alles was ihm noch am Leben erhält, ist seine unbedingte und bedingungslose Hingabe zu seinem König. Gaius schüttelt erneut den Kopf: "Auf wiedersehen Merlin. Ich werde dich vermissen." Merlin lächelt ihn an: "Ich werde Euch auch vermissen." Dann dreht er sich wieder seiner Insel zu. Seine Augen sind leer. Sein Blick ist wieder auf die Insel in der Mitte des Sees fixiert. Er sucht nach jemandem, er sucht nach seinem König. Er sucht nach seinem Leben.
