Szenen einer Ehe
Akt I, 1. Szene
Die Wohnung der Kowalskis, spät nachts, alles ist dunkel und ruhig, bis die Türklingel Rokko aus dem Schlaf reißt. Schlaftrunken stolpert er zur Tür.
ROKKO erstaunt: „Lisa?"
LISA fröhlich: „Guten Abend, Schatz!" Mustert ihren Mann eindringlich. „Habe ich dich etwa geweckt?"
ROKKO missgelaunt: „Hast du mal auf die Uhr gesehen? Es ist fast 2 Uhr früh."
LISA: „Oh, entschuldige. Ich habe beim Arbeiten einfach die Zeit vergessen…" Zuckt hilflos mit den Schultern. Drängelt sich an ihrem Ehemann vorbei in die Wohnung.
ROKKO immer noch missgelaunt: „Sehr zufällig, dass das ausgerechnet an dem Tag passiert, an dem David Seidel seinen Weg zurück zu Kerima findet."
Lisa ist derweil in der Küche und inspiziert den Kühlschrank.
ROKKO: „Wieso hast du eigentlich geklingelt? Hast du deinen Schlüssel vergessen?"
LISA herumdrucksend: „Nein."
ROKKO: „Also alles beim Alten. Lisa, wir sind jetzt acht Wochen verheiratet. Du musst langsam aufhören, dich zu verhalten, als wärest du fremd in dieser Wohnung…"
Lisa dreht sich alarmiert um. Öffnet den Mund, aber es entweicht kein Ton, bis Rokko in Richtung Schlafzimmer aufbricht.
LISA: „Wo willst du denn hin?"
ROKKO sichtlich genervt: „Ich gehe ins Bett. Es ist mitten in der Nacht…"
LISA: „Bist du etwa sauer auf mich?"
ROKKO: „Ich glaube, du verstehst es nicht. Du kommst mitten in der Nacht nach Hause und führst dich auf die eine Fremde – außer vielleicht, dass eine Fremde nicht in den Kühlschrank sehen würde, aber genommen hast du ja nichts, von daher…"
LISA nun langsam wütend werdend: „Ich habe immer lange und viel gearbeitet. Das weißt du ganz genau. Es tut mir leid, dass ich dich geweckt habe, ich konnte ja nicht ahnen, dass du schon schläfst."
ROKKO: „Vergiss es. Lass uns reden, wenn… Lass uns morgen reden. Ich bin müde."
Akt I, 2. Szene
Die Wohnung der Kowalskis, morgens, die Sonne scheint, in der Küche läuft leise Musik. Rokko steht vor der Kaffeemaschine und wartet darauf, dass der Kaffee fertig wird. Lisa betritt den Raum, steuert sofort auf ihren Mann zu, legt die Arme um ihn und haucht ihm einen Kuss in den Nacken.
LISA genauso fröhlich wie in der vergangenen Nacht: „Guten Morgen, mein Schatz."
ROKKO kaum besser gelaunt als wenige Stunden zuvor: „Morgen. Kaffee ist gleich fertig."
LISA enttäuscht darüber, dass Rokko ihren Kuss nicht erwidert: „Schön." Nimmt das Toastbrot, um nicht völlig untätig zu sein. „Wie viele Scheiben willst du?"
ROKKO: „Zwei reichen mir erstmal."
LISA: „Okay." Mit der Musik mitsummend befördert sie zwei Scheiben in die Schlitze des Toasters.
ROKKO: „Wieso bist du eigentlich schon so gut drauf?"
LISA: „Es erwartet mich ein schöner Tag in der Firma – mit meinem Mann und mit meiner Familie und mit Freunden."
ROKKO zynisch: „Mit Freunden."
LISA: „Ja, mit Freunden – Jürgen, Hannah, Inka…"
ROKKO seiner Frau ins Wort fallend: „David."
LISA pikiert: „Fängt dieser Hahnenkampf jetzt wieder an? Ich habe doch dich geheiratet. Das wolltest du doch!"
ROKKO: „Das war doch kein Wettbewerb. Es ging nicht darum, wer Lisa Plenske letztlich den Ring anstecken darf, sondern… Ich liebe dich, deshalb wollte ich dich heiraten. Ich wollte mit dir glücklich sein."
LISA traurig: „Bist du es denn nicht?"
ROKKO: „Keine Ahnung. Du musst doch zugeben, dass etwas zwischen uns nicht stimmt."
LISA die Augen weit aufreißend: „Du hast doch gesagt, dass wir alle Zeit der Welt dafür haben!"
ROKKO in einen beruhigenden Tonfall wechselnd: „Und das meinte ich auch, aber Lisa… du bist keine 14 mehr. Du bist eine erwachsene Frau. Du musst doch erwachsene Bedürfnisse haben."
LISA aufgebracht: „Sex, Sex, immer nur Sex – gibt es auch noch andere Themen?"
ROKKO nun ebenfalls aufgebracht: „Ja, aber die haben wir alle schon abgegrast." Sein Tonfall wird ruhiger. „Lisa, es ist nicht normal, dass wir nicht miteinander schlafen und es hat etwas zu bedeuten, wenn du nicht einmal das Bedürfnis verspürst. Angst vorm ersten Mal ist das eine, aber…"
LISA mit den Augen rollend: „Nicht schon wieder diese Leier!"
ROKKO: „Doch, schon wieder diese Leier. Du benimmst dich mehr wie eine Mitbewohnerin und nicht wie meine Ehefrau."
LISA den fertigen Toast auf einen Teller knallend: „Ich muss zur Arbeit."
ROKKO: „Ganz toll, lauf weg, geh der Diskussion aus dem Weg. Das hat uns ja bisher auch immer sehr weit gebracht. Du könntest ja mal David fragen, was der empfiehlt."
