„Was soll das heißen, ich soll von heute bis Sonntag im Slytherin-Kerker
wohnen?"
Ich konnte es nicht fassen. Zur Salzsäule erstarrt saß ich auf einem Stuhl im
Zimmer von Severus Snape, seines Zeichens Lehrer für Zaubertränke.
Links von mir Zabini und Neville, ebenso schockiert wie ich. Und rechts neben
mir niemand geringer als er, der Eisprinz von Slytherin, Draco Lucius Malfoy.
„Tja", erwiderte Snape und grinste genüsslich. „Da dürfen sie sich bei
Mister Malfoy bedanken. Oder doch eher bei Mister Longbotton!? Da sein Trank
explodiert ist, denkt jetzt der ganze Jahrgang, Sie seien Blaise Zabini. Ebenso
denken alle, Blaise Zabini wäre Harry Potter."
„Aber…", stammelte Blaise. „Muss ich dann auch nach Gryffindor!?"
„Natürlich", höhnte Snape. „Oder denken Sie, Sie bleiben lange am Leben,
wenn Harry Potter durch den Kerker der Slytherins läuft?"
Der Slytherin vergrub sein Gesicht in den Händen, die langen Haare verdeckten
es völlig.
„Sie sollten froh sein, dass sie nicht wirklich in Potters Körper stecken,
Zabini.", höhnte der Zaubertrankprofessor. „Ich habe Longbottom und Malfoy
ein Gegenmittel gegeben, die zwei wissen also, wer Sie wirklich sind. Um das
Ganze auf die gesamte Schule auszuweiten, trinken Sie beide den missglückten
Trank noch einmal in der großen Halle, damit die ganze Schule denkt, Sie seien
der jeweils andere. Nur gut, dass unser Longbottom so ein miserabler
Zaubertrankbrauer ist, dadurch dürfte das Ganze in etwa 3 Tagen seine Wirkung
verloren haben. Wenn sie also Montag früh aufwachen, geht jeder Schüler hier
davon aus, Harry Potter ist Harry Potter und Blaise Zabini ist Blaise Zabini.
„Ahm… Professor Snape…", setzte ich vorsichtig an. „Warum geben Sie
nicht einfach allen, die in unserem Kurs waren, das Gegengift!?"
„Denken Sie vielleicht, ich habe nichts Besseres zu tun!? Los, beeilen Sie
sich und schaffen sie ihre Klamotten aus ihren alten Schlafräumen, solange die
Anderen noch beim Mittagessen sind. Longbottom, Malfoy, Sie beide werden auf
Potter und Zabini acht geben, dass diese in den fremden Häusern keinen Unsinn
machen."
Blaise und ich nickten ergeben und standen auf. Malfoy warf noch einen genervten
Blick auf Longbottom und sagte dann: „Wir treffen uns in 5 Minuten in der
Eingangshalle."
Ich nickte nur leicht und stapfte missmutig die Treppe hinauf, während Zabini
und Malfoy eine andere Treppe hinab stiegen. Neville holte mich ein und setzte
an: „Harry, es tut mir so Leid. Wirklich. Ich wollte das Zweihorn-Horn da noch
nicht rein werfen, Malfoy hat mir seinen Ellenbogen in den Rücken gerammt und
ich hab etwas davon reinfallen lassen. Ich wollte das doch gar nicht. Ich…"
Ich seufzte und unterbrach ihn.
„Ist schon okay, Neville, es sind ja nur noch zweieinhalb Tage, die werde ich
schon überleben. Sieh bloß zu, dass Zabini nicht zu viel Unsinn anstellt. Und
pass auf, dass Hermione und Ron ihm nicht aus Versehen etwas sagen, was er gar
nicht wissen dürfte! Es wäre doch zu blöd, wenn diese Schlangen etwas von der
Karte des Rumtreibers oder meinem Tarnumhang erfahren würden… Los, sieh nach,
ob jemand im Gemeinschaftsraum ist."
Gehorsam stieg Neville als Erster durch den Eingang und rief mich nur kurze Zeit
später. Es waren wirklich noch alle beim Mittagessen.
Ich kletterte durch das Portraitloch und ging die Treppen in den Schlafsaal
hinauf. Dort schnappte ich mir meine Sporttasche und warf alle Sachen, die ich
über das Wochenende brauchen würde, hinein. dann legte ich noch die Karte des
Rumtreibers, den Tarnumhang und das Fotoalbum von Hagrid oben drauf.
Schließlich schloss ich sie seufzend und warf sie mir über die Schulter.
„Na dann los", sagte ich. „Bevor unser Prinz noch warten muss."
Abermals rief mich Neville erst, nachdem er überzeugt war, dass alle
Gryffindors noch in der großen Halle waren. Als wir am Treffpunkt ankamen,
warteten Malfoy und Zabini schon, ebenso wie Professor Snape.
„Nun gut", sagte er. „Sie beide werden jetzt in die große Halle gehen und
sofort den Trank nehmen. Die Schüler müssen sie nicht ansehen, es wird
automatisch funktionieren. Danach drehen sie wieder um und kommen zurück."
Er drückte uns beiden eine Phiole mit Nevilles Zaubertrank in die Hand und wir
stießen die Tür zur Großen Halle auf. Kaum jemand achtete auf uns. Mit
Todesverachtung kippte ich mir den Inhalt der Phiole in den Mund und schluckte,
ebenso wie Zabini. Obwohl ich keine Reaktion merkte, kam kurze Zeit später der
untrügliche Beweis.
Colin Creevey kam nämlich auf uns zu und sagte, wie immer „Hi Harry!"
jedoch nicht zu mir, sondern zu Zabini. Dieser lächelte dem Kleinen unsicher
zu, der daraufhin fröhlich zur Tür hinausging.
