Feuerprobe
Die Idee zu dieser Geschichte kommt von einer 100 Drabbles Challenge auf .
Ich habe mir Lucius Malfoy als Claim ausgesucht, mit 100 Tagebucheinträgen, die seine Entwicklung während Deathly Hallows nachvollziehen, vom Sommer 1997 nach seiner Befreiung aus Askaban zum Sommer 1998, als sich seine Familie endgültig von Voldemorts Agenda lossagt.
Die Idee hinter den Tagebucheinträgen ist es, eine Transformation nachzuvollziehen, nicht viel anders als die Transformation der Alchemie, von der prima materia zum Elixir, von Blei zu Gold. Jeweils 10 Drabbles bilden ein Kapitel, die Orts- und Datumsangaben sind dabei in den 100 Wörtern mitgezählt.
Die überschriften und Ziffern verweisen auf die Drabblestabelle auf der Alraune Website.
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23. Schlafen
Malfoy Manor, 29. Juni
Perdurabo – ich werde durchhalten – die schlaflosen Nächte in klirrender Kälte und die beiläufige Grausamkeit der Wachen – welches Schlammblut hat schon die Gelegenheit, es einem Malfoy heimzuzahlen?
Perdurabo – ich werde durchhalten – die stumme Anklage in Narzissas Augen und das Dunkle Mal, auf Dracos Arm eingebrannt, weil ich nicht da war, ihn zu schützen.
Perdurabo – ich werde durchhalten – die zu finden, die mich für ein Jahr in die Hölle schickten, und mich an ihnen allen zu rächen.
Perdurabo – ich werde durchhalten – einem Halbblut dankbar sein zu müssen, weil seine Macht den Freibrief schickte, der mich aus Azkaban entlies.
12. Gewand
Malfoy Manor, 1. Juli
Merlins Unterhemd! Den ganzen Morgen haben mir die Hauselfen meine Roben angepasst, und nichts sitzt mehr, alles schlottert einfach nur mitleiderregend an mir herum. Wie zum Teufel soll ich mich da im Ministerium blicken lassen und einen meiner Würde entsprechenden Eindruck hinterlassen?
Narzissa schlägt einen Einkaufsbummel in London vor, aber danach steht mir wirklich nicht der Sinn. Die Familienfinanzen sehen im Moment marode aus, und außerdem habe ich nichts anzuziehen, um überhaupt aus dem Haus zu gehen!
Zeit, die Feder mit dem Zauberstab zu vertauschen – hoffentlich bin ich nach einem Jahr nicht ganz aus der übung!
72. Regen
Malfoy Manor, 3. Juli
Sie fährt mir ihren Fingern eine ihr unbekannten Narbe nach. Ich liege neben ihr, höre den Sommerregen, der gegen die Fenster flüstert.
Sie stützt sich auf einen Ellenbogen, beugt ihr Gesicht zu mir.
„Wie war es?" fragt sie leise, und ich weiss, sie meint nicht, was wir die letzte halbe Stunde getan haben. Es ist die Frage, die wir beide seit Tagen umschleichen. Tausend Erinnerungen, die ich nicht will, die sie nicht braucht. Aber ich habe sie noch nie belogen.
Ich versuche mich zu erinnern, wie man lächelt. „Ich habe dich dort vermisst, Narzissa," antworte ich.
04. Schluesselblume
Malfoy Manor, 4. Juli
Mein Sohn räkelt sich im Salon auf einem Sofa, die Schuhe auf dem Brokatbezug. Er hat mich nicht bemerkt.
Mir liegt eine schneidende Bemerkung auf den Lippen, da sehe ich, wie er seinen linken Arm anwinkelt, gegen die Brust presst. Ich kenne die Geste: es ist wie ein Kriechen von Würmern unter der Haut, aber Kratzen macht alles viel schlimmer.
Ich setze mich zu ihm, ziehe eine flache Dose aus der Westentasche. „Die Schlüsselblumensalbe deiner Mutter, Draco. Nimm, es hilft." Er sieht mich an, setzt sich gerade hin, zögert zuerst, dann rollt er den Hemdsärmel auf...
36. Vergangenheit
...Ich sehe die bekannten Umrisslinien des Schädels mit der Schlange. Dracos Mal wirkt dunkler, schärfer als meines.
„Warum?" frage ich, als er die honigfarbene Salbe einmassiert.
Er sieht mich an, zuckt die Schultern. „Warum hast du das damals gemacht, Vater?"
Ich denke zurück, versuche mich zu erinnern. Ich war nicht viel älter als Draco.
„Der Wunsch nach mehr Macht, sich zu etwas Größerem bekennen, das Wissen, das andere mich fürchten werden."
Die Worte klingen jetzt hohl, aber er nickt zustimmend als hätte ich ihm aus der Seele gesprochen. Wie kann ich seine Entscheidung verurteilen, wenn er mir so ähnlich ist?
69. Teufel
Malfoy Manor, 6. Juli
Wer einen Pakt mit dem Teufel macht, dessen Schulden werden eingetrieben. Heute habe ich bezahlt – für meine Freiheit – mit einem neuen Gefängnis. Der Kerker ist mein eigenes Haus.
Natürlich bemüht sich der Dunkle Lord nicht mehr selbst her, sondern schickt seine Lakeien, und diese elende, schleimige Ratte von einem Gryffindor hat uns heute in Kenntnis gesetzt, daß wir die „unsägliche Ehre" haben, seiner Lordschaft und dem ganzen Gefolge der Todesser als neues Hauptquartier dienen zu dürfen.
Ich hätte ihn am liebsten wie eine zertretene Kakerlake von meinem Stiefel gewischt, stattdessen hat Narzissa die Gästezimmer herrichten lassen.
32. brauen
Malfoy Manor, 14. Juli
Aller üblen Nachrede zum Trotz sind wir Slytherins eigentlich nur Pragmatiker, und damit heiligt für uns der Zweck die Mittel.
Man hat mich verschiedentlich beschuldigt nicht davor zurückzuschrecken, kleinen Mädchen tödliche, schwarzmagische Gegenstände unterzuschieben, die Unverzeilichen zu verwenden oder Todesser auf Hogwartsschüler anzusetzen, aber wenn es dazu dient, Blutsverräter zu stoppen und die bornierte, muggeldienerische Politik des Magieministeriums zu ändern, dann sah ich diese Mittel immer als gerechtfertigt an. Man kann halt keine Zaubertränke brauen, ohne Kräuter zu zerschneiden!
Nun aber haben mir meine neuen Hausgäste eine frische und sehr beunruhigende Perspektive auf die „Mittel" eröffnet...
20. Knochen
...da ist also nun McNair, der unverfroren seinen Kautabak auf unsere Perserteppiche spuckt, Greyback, der letzten Vollmond erstmal die Pfauen im Park jagen musste - ganz zu schweigen von dem hysterischen, angenagten Achtjährigen, der einen Obliviatus brauchte, bevor wir ihn laufenlassen konnten. Bellatrix und Rodolphus arbeiten kreischend an ihrer Ehekrise; und beim nächtlichen Gang aufs Badezimmer stolpert man jedesmal über Nagini, die im ganzen Haus umherkriecht, wenn sie nicht gerade irgendwelche dubiosen Knochen im Kräutergarten auswürgt.
Wenn das wirklich die Mittel zur übernahme unsere Gesellschaft sind, dann kommen mir as Slytherin nun doch so langsam die Zweifel. Diese Leute sind eine Katastrophe!
06. Verlies
Malfoy Manor, 17. Juli
Normalerweise zolle ich meinen Vorfahren den gebührenden Respekt, aber der alte Mordred Malfoy war ein kompletter Volltrottel! Wie kann man ein verdammtes Verlies direkt unter dem eigenen Wohnzimmer anlegen? Bisher hat es mich nicht gestört, weil wir es nur als Versteck fuer schwarzmagische Objekte benutzt haben, aber jetzt hat der Dunkle Lord dort Gefangene einquartiert...
Gestern haben er und Wurmschwanz sich unten um den entführten Ollivander gekümmert – irgendwas wegen Zauberstäben. Es war wohl nicht sehr angenehm fuer den Mann, denn es gab ein schreckliches Gebrüll und Theater.
Dabei soll einer in Ruhe oben den Tagespropheten lesen!
30. Pfefferminze
Malfoy Manor, 20. Juli, nachmittags
Severus ist zu Besuch. Er nippt an einem Glass Pfefferminztee und ich überlege mir, wie ich mich bei ihm bedanken soll, daß er Draco letzten Sommer das Leben gerettet hat, indem her den alten Narren Dumbledore endlich umgelegt hat. Mir fällt nichts ein, was mich als Vater nicht völlig blamiert dastehen läßt.
Schließlich lasse ich das Thema fallen: „Wenigstens werden jetzt solche Unsitten wie Muggelstudien aufhören," stelle ich zufrieden fest.
Tiefschwarze, ausdruckslose Augen fixieren mich. Severus stellt den Tee weg. „Die Lehrplanänderung hängt überm Tisch im Eßzimmer, falls du es noch nicht bemerkt haben solltest."
