Anmerkung zur Story: Ich habe mich erdreistet, mir die Charaktere von Tränen der Sonne auszuleihen.(Falls ich mich rechtlich distanzieren muss, möchte ich das hier mit tun!)
Die Geschichte an sich hat nichts mit der Filmhandlung zu tun.
Es gibt einige Dialoge auf Englisch. Ich habe versucht sie so zu gestalten, dass man sie recht leicht übersetzen kann. Helfe bei Bedarf aber auch.
Auch habe ich mich bemüht, keinen totalen Mist zu schreiben, was die Handlung betrifft. Natürlich bin ich selbst noch nie in Afghanistan gewesen. Man möge mir also kleinere Formfehler bitte verzeihen- es ist ja schliesslich eine Fiktion.
Sollte sich jemand der Angehöriger der Bundeswehr ist, irgendwie durch diese Story negativ gestört fühlen- Auch sorry dafür. Ihr macht einen guten Job!
Nun aber viel Spass beim Lesen. Ich hoffe die Geschichte gefällt.


Er sieht durch das kleine Fenster des gepanzerten Fahrzeuges hinaus auf die staubige Straße. Links und rechts Häuser. Wenn man durch die Lücken der Gebäude schauen kann, nichts als eine karge, aber schöne hügelige Landschaft. Nachts ist der Himmel sternenklar. Tagsüber, so wie jetzt grade, brennt die Sonne. Es wäre ein schönes Land. Wenn Frieden herrschen würde. Doch davon ist es weit entfernt.
Drinnen im Humvee ist es stickig und heiss. Die Männer unterhalten sich. Machen Witze und versuchen so ein kleines bisschen die allgegenwärtige Gefahr auszublenden. Sich von ihrem Einsatz zu erholen, ihre Gemüter zu entspannen.
Er starrt aus dem Fenster und schweigt. Es ist seine Art abzuschalten. Die Strasse ist heute ungewöhnlich leer. Sonst kann man die Einheimischen beobachten wie sie ihrem Tagesgeschäft nachgehen.
Männer mit bepackten Eseln, Autos, Frauen mit ihren Kindern, die sich ihren Weg zu Fuß durch die Gassen bahnen. Heute nicht. Irgendetwas ist anders. Nur vereinzelt sieht man wen hier und dort. Etwas stimmt hier nicht.
Er runzelt die Stirn über seinen Gedanken. Sein Blick schweift weiter über die Dächer, als er oben einen Mann erkennt, der eine Panzerfaust auf sie richtet. Auf das erste Fahrzeug des Konvoi. Ehe er sich zu seinen Kameraden wenden oder eine Warnung ausrufen kann, detoniert die Waffe unter dem Wagen. Die Wucht wirft ihn auf das Dach.
Brandgeruch erfüllt die Luft. Dann geschehen die Dinge fast gleichzeitig; Die Insassen, nur leicht verletzt, versuchen sich ins Freie zu retten. Weitere Explosionen sind hör- und spürbar. Die ersten Schüsse fallen.
Soldaten springen aus den Humvees und eröffnen ihrerseits das Feuer. Sie rufen sich gegenseitig Befehle zu, suchen Deckung und müssen sich doch erst orientieren, von wo aus genau sie eigentlich angegriffen werden.
Sie waren in eine gut geplante Falle getappt. Überall brennt es. Einige Trümmerteile liegen zwischen den Häusern verteilt, die auch in Mitleidenschaft gezogen wurden.
6 gut gepanzerte Fahrzeuge sind mittlerweile nur noch besserer Schrott. Viele der Soldaten sind verletzt.

Er konnte sich nur mit Mühe befreien. Nun kniet er im Schatten des Wagens im Staub und versucht seine Sinne zu wiederzuerlangen, die ihm die Explosion kurzzeitig genommen hat.
Versucht aufzustehen. Sein Team-Commander ist offensichtlich tot, denn er blickt nur in starre Augen als er ihn ansprechen will. Dann spürt er seine Verletzung. Der brennende Schmerz nimmt ihm fast den Atem.
Irgendetwas hatte sein linkes Bein erwischt. Die Wunde blutet stark. Hellrot läuft es in einem breiten Rinnsal an seiner Hose herunter. Mit der Hand versucht er die Blutung einzudämmen.
Aber er weiss, wenn er hier bleibt, würde er entweder innerhalb kürzester Zeit verbluten oder erschossen werden –früher oder später. Also muss er da weg.
„Come on,man! Get your ass over here!" ruft ihm eine vertraute Stimme zu. Er sieht auf, dann erkennt er ein paar Leute seines Teams. Sie sind nur wenige Schritte entfernt und haben Deckung in einem Hauseingang gefunden. Von irgendwo her warnt jemand: „Bazooka! Two o´clock!" Er springt mit einem Satz auf die Beine, versucht seine Schmerzen zu unterdrücken um sich humpelnd in Sicherheit zu bringen. Doch bevor ihm das gelingt, schlägt die Panzerfaust in das Gebäude neben ihm ein. Die Wucht des Einschlages wirft ihn gegen eine Wand des Hauses, die noch standgehalten hatte. Er spürt seine Rippen brechen bevor er das Bewusstsein verliert.


Ich sitze auf meiner Bettkante. Obwohl die Bezeichnung ‚Bett' in diesem Fall etwas übertrieben ist. Eher ein Schlafplatz. Ein Feldbett eben. Auf einem alten, kleinen Fernseher sehe ich mir grad die Nachrichten bei CNN an. Zu sehen sind Bilder, die selbst mich erschrecken. Der Reporter berichtet von einem Konvoi der ISAF Truppen der vor etwa zwei Stunden angegriffen worden war. Der Bericht zeigt eine Menge brennende Fahrzeuge. Blackhawk Hubschrauber kreisen über ihnen um die Verletzen zu evakuieren. Obwohl es derzeit noch keine Angaben über die Zahl der Verwundeten oder Toten gibt, ist mir eins klar: Das ist übel. Ich hatte schon alle möglichen Wunden und Grausamkeiten zu sehen bekommen, die ein Krieg täglich produziert.

Ich bin Anästhesistin bei der Bundeswehr. Nun, in diesem Moment, sitze ich hier in Kandahar auf meinen sieben Sachen und warte auf meinen Flug nach Hause. Ich war nur für ein paar Tage von Mazar-e-Sharif hier her gekommen um mich mit Kollegen auszutauschen.
Ein Blick auf die Uhr, fünf Stunden Zeit zu schlafen, dann würde ich endlich nach Hause fliegen. Also schalte ich den Fernseher aus. Genug Schreckensbilder für heute – sogar für die nächsten drei Monate. Bei dem Gedanken an Zuhause kommt Freude auf. Ich freue mich so sehr darauf endlich meine Freunde wieder zu treffen. Und meine Eltern. Besonders die.
Sie sind immer schrecklich besorgt wenn ich in den Einsatz gehe.
„Die Armee ist nichts für Frauen!" schimpfte mein Vater, als ich vor Jahren meinen Entschluss meinen Eltern beibog. Meine Mutter bekam spontane Schnappatmung durch die Vorstellung ihre Tochter könnte erschossen oder von einer Sprengfalle in zig Stücke gerissen werden. Papa war etwas weniger realistisch.. Seiner Meinung nach würde sein kleines Mädchen sicher jeden Tag mehrfach von ihren vereinsamten Kameraden vergewaltigt werden. Ich grinse in mich hinein, als ich an ihn denke.
Die Männer denen ich begegnet bin, behandelten mich mit freundschaftlichem Respekt. Einige Soldaten verdanken mir und meinem Team ihr Leben.
Nichts desto trotz denke ich, dass ich nett anzuschauen bin. Ich stelle mich vor den kleinen, verblassten Spiegel. Langes, braunes Haar, sportliche Figur, hübsche Beine. Zwar nicht sehr groß gewachsen, aber dennoch irgendwie süss.
Doch hinter meiner weiblich-schönen Fassade steckt mehr. Ich kann unglaublich ausrasten. Jeder, der mit mir zusammen arbeiten (muss) weiss das. An sich bin ich der Meinung, fair ,freundlich und humorvoll zu sein. Doch wenn es um einen Patienten geht, dulde ich keine Fehler oder Fahrlässigkeiten. Das kommt aber auch so gut wie nie vor.
Ich erwarte 100% von meiner Mannschaft- 150% von mir selbst. Wenn ich mal wütend bin, so habe ich mir sagen lassen, glühen meine ohnehin hellblauen Augen noch heller. Jemand hatte mir wegen meines Charakters den Namen „Wildfire" verpasst.
Etwas theatralisch, wie ich finde. Aber er mochte es.

Mit einem erleichterten Seufzer knipse ich das Licht aus und lasse meinen Kopf schwungvoll auf das Kissen fallen. Nur noch ein paar Stunden...
Ich träume vom Garten meiner Eltern, von den schönen Blumen, der Ruhe und von einer duftenden Tasse Kaffee wenn ich mit meiner Mama auf der Terrasse sitze.
Grade in dem Moment in dem der Schlaf meine Träumerei ablösen wollte, werde ich durch Schritte in meiner Meditation gestört. Ich öffne genervt wieder die Augen.
Jemand rennt über den Flur. Dann.. Türklopfen.. Lautes Hämmern. Fluchend springe ich auf, ziehe meine Hose an und schlüpfe in meine ungeschnürten Stiefel. Ich stapfe wütend zur Tür.
„Verdammte Scheisse! Mitten in der Nacht! Habt ihr sie noch alle?"

Immer noch fluchend, reisse ich die Tür auf: "WAS, verdammt nochmal?" schreie ich den ahnunglosen Gefreiten an, der dort immer noch wie blöd auf das Holz pocht.
Der Soldat ringt nach Luft als er vor mir salutiert.
„T`schuldigen se die Störung, Frau Oberstabsärztin Strauss.. Das Kandahar combat hospital hat sich bei uns nach Anästhesisten erkundigt. Deren Personalkapazität ist fast erschöpft. Der Konvoi von vorhin….Es muss da schlimm zugehen"
Ich werfe ihm einen irritierten Blick zu bevor ich antwortete. „ Die haben eine große Mannschaft da.. und die fragen uns um Hilfe?" Mir wird dann aber klar, dass die Kollegen mit denen ich mich am Vormittag noch getroffen hatte, wussten, dass ich mich noch hier aufhalte.
Immer noch hechelnd zuckt er mit den Schultern: „Fahrzeug wartet schon auf Sie."

Scheisse! Das ist mein erster klarer Gedanke. Ich werde morgen nicht nach Hause fliegen. Kein Kaffee im Garten am Sonntag. Unglücklicherweise ist es meine Berufung, Ärztin zu sein. Ich kann ein solches Hilfegesuch auf gar keinen Fall ablehnen, selbst wenn ich es wollte. So wie in diesem Moment. Also greife ich nach meinen restlichen Klamotten und der Tasche und werfe sie schwungvoll über die Schulter. Auf dem Weg zum Ausgang werde ich von dem Überbringer meiner Urlaubsverschiebung begleitet. Mir fallen im Gehen noch ein paar Dinge ein : " Versuchen Sie Stabsärztin Holtmann zu finden. Schicken Sie sie nach! Wo eine helfende Hand gebraucht wird, können zwei nicht schaden! Ach ja, und rufen Sie meine Eltern an dass ich später komme und sie sich keine Sorgen machen müssen! "

„Jawohl! Wird alles erledigt! " salutiert der Gefreite als ich in den Jeep einsteige.
Der Fahrer sieht mich mit ernstem aber auch müden Blick an:
"Ma´am.. it`s hell there. We thought we´ve seen everything. But today will go into history."

Mit einer solchen Begrüßung habe ich ehrlicherweise nicht gerechnet. Nachdenklich murmele ich mehr zu mir selbst : "This will be a long night, I guess.."