Anmerkung zum Layout: durch die größeren Zeilenabstände bei gehen die eigentlich größeren Absätze zwischen sinngetrennten Abschnitten innerhalb eines Kapitels verloren. Ich werde Linien zur Trennung einziehen, sobald ich die Zeit habe, aber die Geschichte ist so lang, dass das eine Weile dauern dürfte. Bis dahin etwas Geduld. :)

Zum Inhalt: Kapitel 6-8 sind ein Crossover mit Armee der Finsternis. Daher die Zombies. :)


Kapitel I – Sandmann, lieber Sandmann

Hush little baby, don't say a word
And never mind that noise you heard
It's just the beasts under your bed
In your closet, in your head.
Exit: light
Enter: night

Metallica - Enter Sandman
CY 6919

Pfeifend drehte Harper die Intensität des Nanoschweißers etwas herunter, fixierte noch eine Naht und stellte das Gerät dann ab. Mit einem zufriedenen Grinsen schob er sich die Schutzbrille auf die Stirn und betrachtete sein Werk. „Gar nicht schlecht", murmelte er. „Wirklich nicht schlecht."

Beka hatte ihn gebeten, ein abschließbares CD-Fach zu basteln, das sich in eine freie Nische der Maru einbauen ließe und bei Bedarf mitgenommen werden konnte. Anscheinend rechnete sie immer noch damit, dass ihr Bruder Rafe ihre Sammlung eines Tages zurückbringen würde – und auch damit, dass er versuchen würde, sie ihr bei der nächsten Gelegenheit wieder abzuknöpfen. Wie dem auch sei, die Box war ausgesprochen gut gelungen und würde sich nahtlos in die Wandöffnung einfügen lassen, die Beka zu diesem Zweck auserkoren hatte.

Harper legte das Schweißgerät beiseite und wischte sich über den Nacken, auf dessen Haut sich feine Härchen aufgerichtet hatten. „Andromeda, hör auf, mich zu ärgern. Regle die Temperatur bitte ein paar Grad nach oben, ja?"

Neben ihm baute sich im Bruchteil einer Sekunde das Hologramm der Schiffs-KI auf. Ihre Miene war skeptisch. „Ich habe die Raumtemperatur bereits mehrfach auf Ihren Wunsch hin erhöht. In diesem Maschinenraum sind es inzwischen 298 Kelvin – das weicht um sechs Grad von Ihrer gewöhnlichen Indifferenztemperatur ab. Außerdem registriere ich eine Herzfrequenz von 93, das ist selbst für Sie viel. Fühlen Sie sich wohl?"

„Klar. Das Herzklopfen kommt nur von deiner atemberaubenden Schönheit, Baby." Er zog die Schutzbrille ab und warf sie auf einen bereits ziemlich beachtlichen Stapel aus Ersatzteilen, Werkzeugen und Abfall, der den größten Teil der Arbeitsfläche in der Mitte des Raumes bedeckte. „Dreh einfach noch ein bisschen höher, okay?"

Die Tür des Maschinenraums glitt mit einem Zischen auf, und ein Wartungsdroide trat ein. Schnurstracks bewegte er sich auf den Ingenieur zu und legte ihm eine Hand auf die Brust.

„Hey, was wird das, Andromeda?" Irritiert trat er einen Schritt zurück.

„Ihre Körperkerntemperatur liegt 1,6 Grad über dem Normwert. Sie sollten sich auf dem Medizindeck melden. Ich werde Trance Bescheid sagen."

„Halt, warte! Ich hab doch gesagt, mir geht's gut." Er hustete kurz, wie um seine Behauptung zu widerlegen.

„Vermutlich nicht mehr lange." Andromeda schien nicht zu Verhandlungen bereit zu sein. Das Hologramm verschwand mit einem Flackern, und der Droide gab Harper einen sanften, aber eindeutigen Stoß zwischen die Schulterblätter.

„Hey, ist ja gut", beschwerte er sich. Mit einer abwehrenden Handbewegung ging er vor dem Roboter her und fühlte sich sehr bevormundet. Obwohl er zugeben musste, dass sich das leichte Kitzeln im Hals, das er nach dem Aufstehen mit Sparky-Cola weggespült hatte, zu einem ausgewachsenen Kratzen gemausert hatte.

Auf der Krankenstation wartete Trance bereits. „Du siehst gar nicht krank aus", begrüßte sie ihn.

„Sag ich doch. Dreiecksmasern, wegfaulende Hautfetzen, Magog-Larven, das ist krank. Ich bin vollkommen fit. Kann ich wieder gehen?"

„Ich sollte dich trotzdem untersuchen. Sicher ist sicher."

Harper seufzte. „Na gut, Goldstück. Aber mach es kurz." Er kletterte auf die Liege, rutschte ein wenig hin und her und ließ gelangweilt die Beine baumeln, während Trance Scans durchführte.

Als sie fertig war, sah sie ihn vorwurfsvoll an. „Du hättest etwas sagen können."

„Wovon denn?"

„Kopfschmerzen, Halsschmerzen, gerötete Augen, Kribbeln in den Händen?"

„Ach das." Harper zuckte mit den Achseln. „Du kennst mich doch. Ich fange mir alle paar Wochen etwas ein. Das hier ist doch nicht der Rede wert."

„Doch, ist es. Du hast die unarische Grippe."

„Grippe. Das ist nichts Neues. Verpass mir eine Ladung von dem, was du sonst immer zusammenbraust, und schick mich wieder an die Arbeit."

Trance schüttelte bedauernd den Kopf. „Geht nicht. Die unarische Grippe ist tückisch. Die Viren mutieren schneller, als ich arbeiten kann. Sobald ich deine Medizin fertig habe, wird sie schon nicht mehr wirken."

„Oh." Für einen Moment fiel ihm nichts ein. „Und was machen wir jetzt?"

„Was du früher auch getan hast. Du gehst ins Bett, deckst dich warm zu und lässt deinen Körper die Viren bekämpfen."

„Äh, hallo?" Harper winkte kurz, als wolle er auf sich aufmerksam machen. „Immunsystem am Boden, keine Abwehrkräfte, ideales Opfer für jegliche Art von Keimen, sitzt genau vor dir?"

„Dabei kann ich helfen. Ich kann zwar die Viren nicht abtöten, aber ich kann dein Immunsystem kurzfristig auf die Beine bringen." Sie lud ein Dermaspray mit einer kleinen gelben Patrone, setzte es an seinen Hals und löste es aus. Mit einem leisen Zischen wurden Vitamine, Enzyme und Interleukine in seine Drosselvene gepresst. „Damit solltest du es gut überstehen. Dein Fieber wird in den nächsten Stunden noch steigen, aber das ist eine ganz normale Reaktion des Körpers."

„Schön. Aber muss ich wirklich ins Bett? In den letzten Tagen war es hier schon langweilig genug, auch im gesamten Rest des Schiffes. Und in meinem Bett ist ja nun nie was los. Leider."

„Glaub mir, es ist besser. Außerdem könntest du jemanden anstecken." Trance überlegte kurz. „Beka hat neue Romane bekommen. Ich könnte fragen..."

Harper zuckte zusammen. „Weißt du nicht mehr, was das letzte Mal passiert ist, als wir uns diese Gruselgeschichten angetan haben?"

„Aber das lag nicht an den Büchern", sagte sie nachsichtig. „Leg dich ins Bett, und ich schicke einen Droiden mit den Holoromanen."

„Soll ich etwa die ganze Zeit alleine bleiben?"

„Ich werde Sie überwachen." Das war Andromeda. Harper drehte sich zur Seite, und am Kopfende der Liege leuchtete ihm in feinen Pixeln das zur Stimme passende Gesicht entgegen. „Wenn Sie etwas brauchen, sagen Sie es einfach. Sollte es Ihnen schlechter gehen, benachrichtige ich sofort Trance."

Langsam zogen sich die Mundwinkel des Ingenieurs in Richtung Boden. „Ihr meint das ernst. Im Bett alleine mit ein paar schlechten Horrorgeschichten für – wie lange?"

„Zwei Tage. Höchstens Drei." Aufmunternd tätschelte Trance seine Schulter. „Kopf hoch."

„Das sagst du so einfach." Harper sprang von der Liege und schüttelte seine Hände aus, die wie auf Kommando zu kribbeln begonnen hatten. „Dann werde ich wohl mal tun, was der Doktor sagt. Wenn irgendetwas ist – egal was – dann ruft ihr mich, ja?" Es klang fast verzweifelt.

„Wir werden versuchen, alleine klarzukommen." Andromedas Tonfall ließ keinen Zweifel daran, dass ihr das auch gelingen würde.

Mit einem vorwurfsvollen Blick zurück über die Schulter schlurfte Harper aus dem Raum, wieder begleitet von dem Droiden, der ihn hergebracht hatte.

Trance schüttelte leicht den Kopf und begann, ihre Instrumente wegzuräumen.

„Ich werde Captain Hunt unterrichten." Andromedas Avatar verschwand, wie üblich ohne weitere Verabschiedung. Warum auch, sie war ja immer noch da. Manchmal fand Trance diesen Gedanken sehr beruhigend.

Dylan Hunt stand auf dem Kommandodeck und langweilte sich. Nicht, dass er etwas dagegen gehabt hätte, dass seit über einer Woche keine Hinterhalte, offene Kriegserklärungen oder diplomatische Missionen angestanden hatten, doch diese Ruhe brachte ihn um den Verstand. Er erinnerte sich daran, wie er einmal als Kind auf Tarn Vedra Fahrrad gefahren war. Diese Fortbewegungsmittel würden wohl nie aus der Mode kommen. Er hatte wie üblich mit voller Kraft in die Pedale getreten, und mit einem Mal war die Kette abgesprungen. Seine Anstrengungen waren in diesem Moment derart ins Leere gelaufen, dass er nach kurzem Kampf mit der Schwerkraft in einigen sehr dornigen Büschen gelandet war.

Genauso fühlte er sich jetzt. Es war eben etwas anderes, sich Urlaub zu nehmen oder einfach nichts zu tun zu haben.

Mit erfreuter Anspannung registrierte er da das vertraute Geräusch, als die Hologeneratoren das Abbild von Andromedas audiovisuellem Interface vor ihm erscheinen ließen.

„Andromeda! Hast du Neuigkeiten?"

„Keine, über die du dich freuen würdest. Harper ist krank."

„Schon wieder? Ist es ernst?"

"Er wird in ein paar Tagen wieder auf den Beinen sein. Bis dahin bleibt er wegen der Ansteckungsgefahr in seinem Quartier isoliert."

Hunt glaubte, eine gewisse Genugtuung in ihrer Stimme zu hören. „Wirst du so lange ohne Bordingenieur zurechtkommen?"

„Seit dem letzten Zwischenfall hat er bereits sämtliche Systeme repariert, die für meine Kampfbereitschaft nötig sind. Die übrigen Instandsetzungsarbeiten kann ich selbst vornehmen."

„Gut. Dann läuft ja alles fast wieder seinen gewohnten Gang." Er klang enttäuscht. Nach kurzem Überlegen wandte er sich wieder an sie. „Lokalisiere Tyr. Ich hätte Lust auf ein kleines Basketballspiel."

„Beka, da bist du." Trance steckte ihren Kopf in einen kleinen Wartungsschacht, in den Beka sich gezwängt hatte, und beobachtete fasziniert die Sohlen ihrer Stiefel, die sich auf und ab bewegten, während die Pilotin sich abmühte, eine verkeilte Dichtung zu lösen.

„Trance, was gibt's?" klang Bekas Stimme mit metallischem Widerhall aus der Röhre. „Hast du vielleicht Harper gesehen? Er soll sich hier reinquetschen, immerhin hat er mit der Maru ein Wettrennen veranstaltet und sämtliche Sicherungen verschmolzen."

„Deshalb bin ich hier. Wegen Harper, nicht wegen des Wettrennens. Er ist krank, und es wäre schön, wenn er einen Zeitvertreib hätte."

„Moment." Langsam schob Beka sich rückwärts aus dem Schacht. Sie richtete sich auf und wischte sich die blonden Haare aus der Stirn, wobei sie auf ihrem ohnehin verschmierten Gesicht eine weitere Ölspur hinterließ. „Harper ist krank?"

„Ja. Eine einfache unarische Grippe, aber es wird besser sein, wenn er die Viren nicht weiter verbreiten kann."

„Und an welchen Zeitvertreib hattest du gedacht? Ich werde sicher nicht Rommee in der Holomatrix mit ihm spielen – er schummelt."

„Du hast doch neue Flexis mit Gruselgeschichten bekommen, oder?"

„Nein, nicht das. Die Dinger sind überhaupt nur noch hier angekommen, weil ich die Bestellung nicht rechtzeitig rückgängig machen konnte. Ich möchte gar nicht daran denken, was passiert, wenn Harper sie in die Finger bekommt. Kannst du dich –„

„Ja, ich erinnere mich. Die Bücher waren es aber doch nicht schuld."

Beka seufzte. „Gut. Sie sind unter meinem Bett. Warte eine Sekunde." Sie verschwand in den Quartieren und kam kurz darauf mit einem Stapel Flexis wieder. „Hier. Sag ihm, wenn ich Colaflecken drauf finde, gebe ich ihm die leeren Dosen zu frühstücken."

„Wird gemacht", lächelte Trance. „Danke."

„Ja, ja. Ich hoffe nur, wir müssen uns dann nicht wieder mit Geistererscheinungen herumschlagen."

Missmutig trat Harper durch die Tür in den Werkstattraum, den er zu seinem Quartier umfunktioniert hatte. Er drehte sich noch einmal um und schloss die Tür, bevor seine mechanische Begleitung ihm folgen konnte. „Du bleibst draußen!"

Er trat einen undefinierbaren grünen Klumpen aus dem Weg, der prompt an seinem Stiefel kleben blieb. „Na toll. Als ob die verdammte Grippe noch nicht genug ist. Alleine eingesperrt, und meine einzige Gesellschaft ist ein großer Haufen Schleim." Langsam kam er in Fahrt. Das konnte man doch mit ihm nicht machen. Nein, Andromeda konnte ihn nicht zwingen, im Bett zu bleiben. Er hatte schon ganz andere Befehle ignoriert, da würde das hier den Brei auch nicht fett machen. Wütend rieb er sich die brennenden Augen und versuchte vergeblich, seine Lungen frei zu husten.

„Harper?" Bekas Gesicht erschien auf dem kleinen Bildschirm der Kommunikationskonsole.

Froh, dass sich doch jemand um ihn kümmerte, ging er zu dem Panel. „Hi Boss. Gibt's Arbeit für mich?"

"Eigentlich mehr als genug. Das Problem ist nur, dass du eigentlich im Bett liegen solltest."

Harper stieß einen leisen Fluch aus. Sie also auch. „Ich habe Trance ein paar Romane für dich mitgegeben", fuhr seine Brötchengeberin fort. „Wenn ich irgendwelche Unstimmigkeiten an Bord feststelle – seltsame Erscheinungen, schleimige Absonderungen", Harper rieb unauffällig seinen Stiefel am Boden, erleichtert, dass er für Beka nur bis zur Brust sichtbar war, „oder sonst welche merkwürdigen Ereignisse, komme ich persönlich vorbei und trete dir in den Hintern."

„Klar, Boss. Hast du sonst noch was, das du mir schon immer sagen wolltest? Hast du vielleicht meine Schraubensammlung entsorgt, oder willst du mir Prügel androhen, falls Dylan einen Schluckauf bekommt?"

Sie registrierte, dass er wirklich aufgebracht war. Auf seine Art hatte er auch Grund dazu, immerhin war er es nicht gewohnt, ohne Gesellschaft auf sein Quartier beschränkt zu sein. „Gute Besserung, Seamus", sagte sie sanft.

Harpers Wut verpuffte. „Danke, Beka."

„Ich melde mich bei Gelegenheit wieder. Wenn du etwas brauchst –„

„Ja ja, dann melde ich mich." Er beendete die Verbindung und ging zu seiner Koje. Dort hockte er sich auf die dünne, aber bequeme Matratze und begann, seine Stiefel auszuziehen. Weiter an sinnlosen Projekten zu arbeiten, würde ihn im Moment ohnehin nicht viel weiter bringen, und er musste gestehen, dass er sich ganz und gar nicht mehr wohl fühlte. Ein paar Stunden im Bett waren sicher nicht die schlechteste Idee.

Als er sich gerade einigermaßen bequem eingerichtet hatte, schob sich zischend die Tür auf, und ein Wartungsdroide trat ein. Er hielt einige Flexis in der Hand und steuerte damit auf Harper zu.

„Danke", sagte dieser, als er die Datenblätter entgegen nahm.

„Keine Ursache", ertönte Andromedas Stimme über Lautsprecher, dann verließ der Droide sein Quartier, und Harper war wieder allein.

Schlafen würde er nicht können, dazu war es viel zu früh am Tag, wenn man die Standardbordzeiten als Grundlage nahm. Und müde war er sowieso nicht. Also blätterte er sich durch die Flexis, bis er auf einen Titel stieß, der sein Interesse weckte. „Die blutenden Hände von Kronos", las er leise vor. Diese Geschichte würde vermutlich ebenso gut oder schlecht sein wie die anderen. Er rutschte unter seiner Decke zurecht und begann zu lesen.

Es war Nacht auf Kronos, und es war die letzte Nacht für Aenea Reuben vom Stamm der Cthulhu. Sie wusste es nur noch nicht. Langsam, aber elegant bewegte sie sich durch die dunklen Straßen der Hauptstadt des Planeten, und in der Finsternis hätte man sie für einen Schatten halten können. Sie war mit einem Ziel hier. Der Dämon, der angeblich die Stadt heimsuchte, bot ihr die Gelegenheit, ihr Ansehen unter ihren Brüdern und Schwestern zu stärken, heiratsfähige Männer auf sich aufmerksam zu machen und nebenbei etwas Geld zu verdienen.

Es war heiß hier, sogar nachts. Aenea lehnte sich gegen eine Hauswand, die noch die Wärme der abendlichen Sonne abstrahlte, und einige Schweißtropfen perlten ihren Hals hinab und rollten weiter zwischen ihre runden Brüste.

Ein breites Grinsen stahl sich auf Harpers Gesicht. Einen solch guten Geschmack hatte er Beka gar nicht zugetraut. Begierig las er weiter. Schnell hatte er sich in den Roman vertieft, und ehe er sich versah, waren zwei Stunden vergangen.

Den blutenden Stumpf ihrer rechten Hand abwehrend ausgestreckt, lag Aenea am Boden und starrte entsetzt in die rot glühenden Augen der Bestie. Schwarzer Dampf trat aus den Nüstern des Dämons, und überall auf seiner Haut regten sich die Fadenwürmer, die sie für Haare gehalten hatte. Nun gab es keinen Ausweg mehr. Die Kreatur hatte ihr mehr gezeigt, als ihr Verstand verkraften konnte, und Aenea versank in diesen brennenden Löchern, ließ sich von den Augen des Dämons aufzehren, und ihr Innerstes wurde eine weitere Trophäe in der Sammlung des Seelenjägers.

Was für eine Geschichte! Atemlos legte Harper das Flexi in seinen Schoß und blinzelte sich den Schweiß aus den Augen. Kein Wunder, dass manche Leute süchtig nach diesen Romanen wurden. Der Adrenalinkick war wirklich nicht von schlechten Eltern.

Als sich sein Herz nach fünf Minuten wehmütigem Nachsinnen über das Schicksal der Aenea Reuben immer noch nicht beruhigt hatte, wurde ihm langsam klar, dass es nicht nur die zermürbende Spannung rund um den Planeten Kronos, sondern auch das Fieber war, das ihm den Schweiß auf die Stirn trieb. Auch sein Hals fühlte sich nicht mehr rau, sondern regelrecht entzündet an, kleine Nadeln stachen in seine Finger, und eine Arterie an seiner Schläfe begann schmerzhaft zu pulsieren.

Zeit für eine Pause. Inzwischen war er müde genug, um auf der Stelle wegzudösen, und er beschloss, genau das zu tun. Trances Rat im Hinterkopf, wickelte er die Decke fest um sich und rollte sich auf die Seite.

Wenige Minuten später war er fest eingeschlafen.

Er fand sich in einer dunklen Gasse wieder, heiße Luft wehte ihm ins Gesicht. Er war hier, um den Tod von Aenea Reuben zu rächen, seiner Verlobten. Der Seelenjäger hatte sie getötet und ihre Seele gefressen, und er würde alles daran setzen, sie zu befreien und die Kreatur zu vernichten.

Seamus Zelazny Harper, weithin gefürchteter Kopfgeldjäger und der einzige Mensch, der von den Cthulhu als einer der Ihren anerkannt wurde, zog das Amulett aus der Tasche, das er einem alten Magier aus den kalten Fingern gewunden hatte. Es war die einzige Hoffnung, die gefangenen Seelen noch zu retten.

Er spürte einen heißen Hauch, der noch widerwärtiger roch als die Abfälle, die sich in der Gasse angehäuft hatten. Das war er. Harper hätte in diesem Moment alles gegeben, einen so feinen Geruchssinn wie die Nietzscheaner zu haben, um die Richtung festzustellen, aus der der üble Gestank kam.

Zu spät stellte er fest, dass ihm der Wind genau in den Rücken wehte.

Als er das dumpfe Grollen hinter sich hörte, wirbelte er herum, aber er riss das Amulett den Bruchteil einer Sekunde zu spät hoch. Wie gebannt sah er in die glühenden Augen des Dämons, in denen sich die gefangenen Seelen in einem Strudel aus Feuer drehten, immer und immer und immer wieder herum. Ein teuflisches Windspiel im Sturm des Höllenfeuers.

Langsam kam die Bestie näher, und Harper war wie gelähmt. Er versuchte wegzulaufen, doch das absurde Kaleidoskop der Seelen hielt ihn fest in seinem Bann. Dann spürte er den Sog, der ihn mitten in die Flammen riss.

Mit einem Schrei wachte Harper auf. Ein Traum! Nur ein Traum. "Bitte, nur ein Traum." Keuchend setzte er sich auf, und die Decke, die sich noch fester um ihn gewunden hatte als eine Magog-Larve um eine Darmschlinge, nahm ihm fast den Atem.

Gerade als er versuchte, sich von ihr zu befreien, durchzuckte ein blaues Licht den Raum. Harper hielt inne. Was war das? Hier stimmte doch etwas nicht.

Er wollte aufstehen, aber er verfing sich in der Decke und fiel.

Und fiel.

Und fiel.