Ein
fauliger Geruch stieg Hermine in die Nase. Sie verzog angeekelt das
Gesicht.
„Es tut mir Leid… Ich hab es vermasselt."
Geknickt sah ihr Partner, Neville Longbottom, zu Boden.
Hermine
zwang sich zu einem Lächeln.
„Ist doch nicht so
schlimm…"
„Nicht so schlimm, Miss Granger?"
Beide
Gryffindorschüler zuckten zusammen, als sie die schadenfrohe
Stimme ihres Zaubertranklehrers vernahmen.
Dieser beugte sich
etwas zu ihren Kessel herunter und zog angewidert seine Hakennase
hoch. Seine Augen funkelten voller Abscheu.
„10 Punkte
Abzug für Gryffindor für dieses… widerliche Gebräu."
Mit diesen Worten rauschte Snape an ihnen vorbei und die
Slytherin feixten.
Hermine seufzte.
Es
war ihre erste Doppelstunde Zaubertränke nach dem Schulbeginn
ihres sechsten Jahres. Snape hatte sie einen besonders schweren Trank
zubereiten lassen, der nach seiner Meinung angemessen war in dieser
Jahrgangsstufe.
Leider hatte Hermine sich breitschlagen lassen,
Neville als Partner zu nehmen, um ihn unter die Arme zu greifen.
Und
wie es vorauszusehnen war, hatte Neville es geschafft, trotz Hermines
Hilfe, den Trank zu einer mittleren Katastrophe
zusammenzumischen.
Rosa Qualm, der einen Gestank von verfaulten
Eiern hatte, stieg von ihrem Kessel auf. Und von Minute zu Minute
wurde der Geruch schwerer zu ertragen.
Die Gryffindorschülerin
hob sich die Nase zu und ihr Partner wurde bereits etwas blass. Er
erweckte den Eintrug, als würde er gleich umkippen.
Harry
und Ron hatten sich bereits Wäscheklammern auf die Nase gesetzt.
Bemitleidend warfen sie ihren beiden Freunden einen Blick zu.
Ron
räusperte sich. „Ich möchte euch ja nicht beleidigen,
aber dieser Gestank ist kaum auszuhalten."
Seine Freundin gab
nur sarkastisch zur Antwort: „Ach wirklich? Vor einer Minute habe
ich noch darüber nachgedacht mir etwas von dem Trank abzufüllen
und ihn von nun an als mein neues Parfüm zu benutzen."
„Da hast du einmal Recht, Granger. Diese Duftnote passt
hervorragend zu einem Schlammblut wie dir."
Draco Malfoy hatte
sich ihnen genähert. Seine Lippen waren zu einem überheblichen
Grinsen verzogen.
„Malfoy… duu…" Ron funkelte den
Slytherinschüler wütend an.
„Ron, lass es bleiben.
Wir bekommen nur Ärger.", versuchte Hermine ihren Freund zu
beschwichtigen. Es war äußerst unklug mit dem Slytherin
während des Zaubertranksunterrichts Streit anzufangen.
„Und
schon wieder hat das Schlammblut Recht." Das Grinsen auf Malfoys
Gesicht wurde immer größer.
Keiner achtete in diesem
Moment auf Neville, der, ungeschickt wie er war, mit seinem
Ellenbogen gegen ein Glas gestoßen war. Dessen Inhalt ergoss
sich nun in den Kessel.
Bedrohlich zischte der Trank und
veränderte seine Farbe von einem rosa zu einem schönen
dunkelblau.
„Neville, was hast du nun schon wieder
angestellt?"
Hermine verdrehte etwas genervt die Augen und warf
einen Blick in den Kessel. Malfoy schubste Neville zur Seite und sah
ebenfalls in den Kessel. Er setzte gerade an, einen bissigen
Kommentar abzugeben, als der Trank übersprudelte. Blaue
Flüssigkeit spritzte auf Hermine und Draco.
Die beiden rissen
erschrocken die Arme hoch und stolperten ein paar Schritte rückwärts.
Snape kam auf sie zu geschossen. „Malfoy, Granger! Was
ist hier los?"
Ärgerlich fixierte er die beiden Schüler,
besser gesagt Hermine.
Draco antwortete ohne mit der Wimper zu
zucken: „Granger und Longbottom sind Schuld!"
„Professor
Snape, Malfoy…"
„Ruhe, ich möchte nichts mehr hören!
Gehen Sie auf ihre Plätze! Sofort!! Wir sprechen uns noch nach
der Stunde."
Wütend sahen sich die beiden Schüler noch
einen Moment an, bevor sie sich umdrehten und zu ihrem Platz zurück
wollten.
Hermine stapfte wutentbrannt auf den Tisch zu, wo
Neville, Harry und Ron sie schon mit bemitleidenden Blicken
erwarteten.
Doch nach einem Meter zog sie etwas mit
aller Macht zurück. Verwirrt drehte sie den Kopf und sah nur
noch, dass auch Malfoy durch den Raum auf sie zu gezogen wurde.
Beide knallten Rücken an Rücken aneinander.
„Was
soll das, Granger? Hast du mich verhext?"
Der Slytherin drehte
sich wütend zu dem braunhaarigen Mädchen um, das genauso
verwirrt war wie er.
„Ich habe nichts gemacht!"
„Das
wirst du noch büßen!"
Mit diesen Worten wendete sich
der Blonde wieder ab und ging abermals auf seinen Platz zu. Doch nach
einem Meter wurde er wiederum von einer unsichtbaren Macht
zurückgezogen, zu Hermine hin.
„Lass diesen Trick,
Granger!", bluffte der Slytherin nun die Braunhaarige an. Diese
zuckte nur mit den Schultern. „Ich tue wirklich nichts!"
Snape
kam abermals auf sie zugeschossen.
„Granger, Malfoy! Was für
eine Schmierenkomödie führen Sie hier auf?"
Der
Zaubertranklehrer wurde zunehmend wütender.
„Professor
Snape, Granger hat mich verhext! Irgendwas zieht mich immer wieder zu
ihr!", begann Malfoy zu gleich die Gryffindor zu beschuldigen.
„Professor Snape, ich habe damit wirklich nicht das Geringste
zu tun!"
Der Zaubertranklehrer drehte sich zu dem Kessel
von Neville und Hermine. Kritisch betrachtete er das Gebräu.
Dann schnaubte er kurz.
„Es passieren doch tatsächlich noch
Wunder. Longbottom ist es wirklich gelungen, einen Trank zu brauen,
der etwas bewirkt. Ich nehme an, Sie, Granger und Sie, Malfoy, haben
etwas von diesem Trank abbekommen?"
Neville starrte wie
von allen guten Geistern verlassen auf den Kessel vor ihm. Harry und
Ron wirkten verwirrt und der Rest der Klasse musterte Draco und
Hermine. Sie warteten gespannt drauf, dass Snape weiter sprach.
„Ja, wir haben beiden etwas davon abgekriegt.",
bestätigte der blonde Slytherin.
„Dann folgt mir bitte in
mein Büro. Ihr anderen räumt auf, die Stunde ist gleich zu
ende."
Mit diesen Worten rauschte Snape aus dem Klassenzimmer.
Hermine und Draco sahen sich für einen Moment irritiert an,
folgten dann aber ihren Lehrer. Ihre Freunde versprachen, ihre Sachen
für sie mitzunehmen.
Auf dem Weg zum Büro versuchte
der Blonde wieder einmal die Gryffindorschülerin zu provozieren.
„Na Granger, was haben du und das Mondgesicht da
zusammengepanscht?"
„Du kannst es nicht lassen oder, Malfoy?",
erwiderte Hermine gelangweilt.
Sie musterte den Jungen, der neben
ihr lief. Der Slytherin war ein ganzes Stück gewachsen und hatte
ebenfalls einiges an Muskeln zugelegt. Auch seine Haare gelte er nun
nicht mehr zurück und die Hautfarbe wirkte gesund. Hermine
unterdrückte ein Grinsen. Nur noch wenig erinnerte an den
Malfoy, der ihr letztes Jahr gegenüber gestanden war. Ein
blasser, schmaler Junge, ja das war er gewesen. Was ihn wohl zu
dieser Veränderung bewegt hatte?
Nun, aber auch sie hatte
sich über die Sommerferien verändert. Sie hatte einen
Zauber gefunden mit dem sich ihre wilden Locken endlich etwas
bändigen ließen. Auch war sie etwas gewachsen und hatte
das Schminken für sich entdeckt. Hermine schminkte sich
allerdings nur dezent, weil ihr diese angemalten Farbtöpfe immer
suspekt waren.
Nach einer Ewigkeit, so kam es Hermine vor,
erreichten sie endlich Snapes Büro. Malfoy klopfte an und die
beiden Schüler traten ein.
„Da sind Sie ja
endlich."
Hermine hob eine Augenbraue. Snape konnte noch nicht
lange hier sein.
Ihr Lehrer saß an seinem Schreibtisch und
steckte seine Hakennase in ein Buch. Er blickte nicht auf, als die
beiden sich auf die Stühle vor seinem Tisch fallen ließen.
„Ich habe schlechte Nachrichten für Sie."
Der
Schwarzhaarige sah auf.
„Longbottom hat einen Trank
hinbekommen, den wir „colle universelle" nennen. Er klebt
sozusagen die Dinge aneinander, die mit den Trank außerhalb des
Kessels in Berührung kommen."
„Das heißt Granger
und ich werden durch den Trank zueinander gezogen?"
Malfoys
Stirn lag in Falten.
„Richtig. Der Trank war allerdings etwas
abgeschwächt, weshalb Sie sich immer noch ein paar Meter
voneinander entfernen können und nicht wirklich aneinander
kleben."
„Also noch mal Glück im Unglück gehabt",
schoss es Hermine durch den Kopf.
„Es wird Sie freuen zu hören,
dass es einen Gegentrank gibt.", fuhr Snape fort.
Hermine
atmete erleichtert aus. Ein Leben lang in der Nähe vom Draco
Malfoy zu verbringen… Sie erschauderte.
„Dieser Trank benötigt
aber eine gewisse Zeit. Um genau zu sein: 44 Stunden. Für diesen
Zeitraum müssen Sie wohl irgendwie versuchen miteinander
auszukommen."
Die beiden Schüler waren erst einmal
sprachlos. 44 Stunden in der Nähe des jeweils anderen zu
verbringen… Das war nahezu unmöglich! Früher oder später
würden sie sich gegenseitig in die Luft sprengen.
„Professor!
Gibt es keinen schnellern Weg?"
Malfoy sah seinen
Lieblingslehrer verzweifelt an.
„Nein, den gibt es nicht. Aber
Sie werden wohl erwachsen genug sein, um mit der Situation umzugehen.
Immerhin sind Sie bereits im sechsten Jahrgang."
Der
Zaubertranklehrer musterte die beiden Schüler scharf.
„Und
nun verlassen Sie bitte mein Büro. Ich werde mich so gleich an
die Herstellung des Trankes machen."
Hermine und Malfoy erhoben
sich und verließen verstört den Raum. Sobald die Tür
hinter ihnen geschlossen war, begann Draco seiner Wut Luft zu
machen.
„Das habt ihr doch geplant! Das war mit Absicht!"
Die
Braunhaarige schnappte nach Luft.
„Ich bitte dich, meinst du ich
bin scharf darauf mit dir 44 Stunden zu verbringen?!"
Malfoy
verzog seine Lippen zu einem Grinsen.
„Weshalb nicht? Immerhin
bin ich ein anbetungswürdiger Mann. Viele würden für
deinen Platz töten."
Sein Gegenüber rümpfte die
Nase. Wie konnte man nur so eingebildet sein?
„Nur in deinen
Träumen, Malfoy! Übrigens, ich habe jetzt Hunger. Lass uns
in die Große Halle gehen und zu Mittag essen."
Der
Slytherin nickte.
„Aber eins ist ja wohl klar: Wir sitzen am
Slytherintisch!"
„Das glaubst aber auch nur du!"
Hermines
Augen verengten sich und sie ging in Richtung Große Halle. Da
kam ihr ein Gedanke. Mit einem gemeinen Grinsen begann sie zu rennen.
Malfoy, der völlig verdutzt immer noch an seinen Platz stand,
wurde mit einem Ruck hinter ihr her gezogen. Vor Überraschung
und der Wucht der Anziehungskraft verlor er das Gleichgewicht und
stürzte auf den Boden. Doch Hermine rannte weiter und so wurde
der blonde Slytherin über den Kerkerboden gezerrt. Dessen
Gesicht nahm einem grimmigen Ausdruck an und er schrie: „Hör
verdammt noch mal auf damit, Granger!"
Hermine stoppte und
drehte sich um.
„Oh, bist du etwa hingefallen? Ist mir gar nicht
aufgefallen!" Mühselig unterdrückte sie ein lautes
Auflachen. Es sah aber auch einfach zu komisch aus!
Draco
rappelte sich auf. Dieses Schlammblut hatte gewagt, ihn zu
demütigen!
Sein Kopf rauchte nahezu vor Wut. Die konnte was
erleben!
„Auch schon da?",
fragte die Braunhaarige, als der Blonde wutschnaubend bei ihr
ankam.
„Das büßt du, Granger! Ich werde dir diese 44
Stunden zur Hölle machen!"
„Danke gleichfalls!", damit
drehte sich Hermine um und lief weiter.
´Na, das kann ja
lustig werden…, schoss es beiden gleichzeitig durch den Kopf.
