Titel: Rest Now, Weary Head, You Will Get Well Soon
Genre: Drama/Angst/Romanze
Rating: R
Pairing: House/Cuddy
Spoiler: keine
Kapitel: 5
Zusammenfassung: Es ist eine stille Welt in die House und Cuddy geworfen wurden und die sie nur zusammen wieder mit Geräuschen und Farben füllen können. Doch in der Stille ist jeder Rückschlag doppelt so laut.
Kommentar: Titel entliehen von der wunderbaren deutschen Band Get Well Soon.
Signalweiß: Stille
"Dr. Cuddy!", rief die Schwester aufgeregt, als sie in Cuddys Büro stürmte. "Wir haben einen Notfall."
Cuddy bemühte sich gar nicht erst ihren Frust zu verbergen und seufzte laut. Nach einem anstrengenden Tag war das das Letzte, was sie jetzt gebrauchen konnte. Sie nickte der Schwester kurz zu, die schnell wieder aus ihrem Büro verschwand, und ging hinüber zum Garderobenständer. Angespannt streifte sie sich ihren Arztkittel über und sah dann kurz auf die Uhr. Mist, dachte sie sich nur. Sie wollte ihn nicht warten lassen.
In der Notaufnahme ging es hektisch zu, als sie dort ankam. Schwestern und Ärzte rannten aufgeregt hin und her, holten medizinische Geräte und riefen sich Kommandos zu. Der Tumult zehrte an ihren Nerven.
Sie bahnte sich ihren Weg durch die Menschen, vorbei an Ärzten, Schwestern und anderen neugierigen Patienten, bis sie die Liege mit dem Notfallpatienten erreichte, der mit Rettungsdecken warm gehalten wurde. Einige Schwestern bereiteten gerade das Bett für ihn vor und hievten ihn dann mit Hilfe der Sanitäter vorsichtig darauf.
"Was ist passiert?", fragte Cuddy laut in den Raum hinein.
"Autounfall", sagte einer der Sanitäter und stabilisierte das Genick des Mannes.
Cuddy musste schwer schlucken und wurde von einem heraneilenden Arzt ein Stück zur Seite gedrängt.
"Sieht nicht gut aus", murmelte eine der Notaufnahme-Schwestern am Bett des Patienten und überprüfte seine Reflexe.
Cuddy starrte auf das farblose Gesicht des Mannes, umgeben von Stabilisatoren, die seinen Kopf in Position hielten. Von einem plötzlichen Schock getroffen und übermannt, stolperte sie unkontrolliert ein paar Schritte nach hinten und konnte ihren Blick dabei nicht von dem Patienten abwenden.
Sie taumelte direkt in die Arme einer Schwester hinter ihr, die sie kurz festhielt. "Passen Sie auf Dr. Cuddy, dort ist jede Menge Blut." Sie deutete auf den Fußboden.
Wie in Trance verlagerte Cuddy ihren Blick auf die Stelle, auf die die Schwester zeigte, und sah das Blut des Unfallopfers, wie es glänzend und feucht den Boden benetzte. Ein weiterer Arzt kam
herangeeilt und hatte keine Augen für die Blutlache auf dem Fußboden. Sein linker Fuß trat genau hinein und hinterließ dann signalrote Spuren bis zum Bett des Patienten.
Alles was Cuddy dann noch sah, waren jene rote Spuren auf dem weißen Untergrund. Sie spürte wie ihr schlecht wurde und das Bewusstsein langsam ihren Körper verließ. Ihr wurde nicht schwarz vor Augen. Für einen Moment lang war alles einfach nur weiß. So weiß, dass ihre Augen begannen zu schmerzen. Sie fühlte, wie alles um sie herum verschwand und am Ende verschwand auch sie.
Und dann, Stille.
"Puls ist stabil."
"Dr. Cuddy?"
"Atmung normal."
"Dr. Cuddy?"
"Sie hatte viel Stress in den letzten zwei Monaten. Wahrscheinlich ein Schwächeanfall."
"Dr. Cuddy?"
"Sie kommt wieder zu sich."
Cuddy öffnete langsam ihre Augen und wollte sie gleich wieder zukneifen bei dem gleißenden Licht, das ihr plötzlich entgegenkam. Doch sie wurde daran gehindert und stöhnte leise.
"Pupillenreaktion in Ordnung."
"Dr. Cuddy, wissen Sie wo Sie sind?"
Sie spürte einen Anflug von Panik in sich aufsteigen bei dem verschwommenen Anblick der vielen Menschen um sie herum. "Notaufnahme", murmelte sie.
"Ja, können Sie mir sagen, was passiert ist?"
Sie blinzelte ein paar Mal heftig um ihren Blick zu schärfen. "Ich… Mir ist plötzlich schlecht geworden. Ich weiß nicht."
"Haben Sie irgendwo Schmerzen?"
Sie leitete die Frage an ihren Körper weiter. "Nein, ich glaube nicht." Ihr Verstand wurde langsam wieder etwas klarer. "Was ist mit dem Patienten?"
"Wird versorgt. Können Sie sich aufsetzen?"
Langsam hob Cuddy ihren Kopf an und ließ sich dabei von einer der Schwestern helfen. Sie blickte sich flüchtig um und sah nur all die Gesichter, die sie anstarrten. Es war ihr mehr als unangenehm, dass so etwas passiert war.
Einer der Ärzte, der direkt neben ihr kniete, bemerkte ihren verlegenen Ausdruck und deutete den umstehenden Menschen mit einer Handbewegung an, dass sie gehen sollten. "Alles in Ordnung hier. Gehen Sie zurück an die Arbeit."
Cuddy versuchte ihre Atmung zu beruhigen und flüsterte ein leises "Danke" in seine Richtung.
Nur er und eine der Schwestern waren jetzt noch bei ihr. Der Arzt nahm Cuddys Hand, um ihren Puls nochmals zu überprüfen und streichelte dabei zärtlich über ihre Haut. Eine Geste, die sie fast zum Weinen brachte, ihre in ein Vakuum gepackten Emotionen zum Überlauf.
"Besser?", fragte er sie.
Cuddy nickte.
"Denken Sie, Sie können aufstehen?"
Sie nickte nochmals. Die Schwester und der Arzt griffen ihr unter die Schultern und halfen ihr auf. Als sie stand, zitterten ihre Beine unter ihr, doch sie vermied es nach unten zu sehen, denn dort war immer noch das Blut. Abwesend strich sie ihren Rock glatt und atmete einmal tief ein.
"Kommen Sie, ich bringe Sie in Ihr Büro." Er packte sie sanft am Oberarm und führte sie durch die immer noch hektische Notaufnahme zurück zu ihrem Büro.
Dort angekommen ließ er sie auf dem Sofa Platz nehmen und kniete sich dann vor ihr auf den Boden, um ihren Puls nochmals zu überprüfen.
"Schon gut, Dr. Nedza", sagte sie, doch die Erschöpfung in ihrer Stimme sprach ganz andere Worte.
"Nur ein kurzer Check", sagte er und sah auf seine Uhr während er zählte. "98."
"Ich bin etwas im Stress", erwiderte sie fast schon entschuldigend. "Kein Grund zur Sorge."
Er sah ihr direkt in die Augen. "Fühlen Sie sich besser?"
"Ja. Es war nur ein Schwächeanfall."
"Okay." Er stand wieder vom Boden auf. "Versprechen Sie mir, dass Sie sich in den nächsten Tagen noch einmal gründlicher durchchecken lassen."
Cuddy nickte schwach und machte Anstalten sich vom Sofa zu erheben.
Nedza reichte ihr eine helfende Hand und zog sie nach oben.
"Danke", sagte Cuddy und lächelte. "Auch für die Diskretion."
"Kein Problem", erwiderte er ebenfalls mit einem Lächeln, das eher Besorgnis gleichkam.
Sie ging die wenigen Schritte bis zu ihrem Schreibtisch und ließ sich dort auf dem Stuhl nieder, während Nedza zur Tür lief.
"Sie arbeiten zu viel, Dr. Cuddy", stellte er fest.
"Ich muss."
"Denken Sie trotzdem auch mal an sich und nicht nur an andere."
"Die letzen Wochen waren hart."
"Ich weiß", antwortete er mitfühlend und nickte ihr zu. "Wenn Sie etwas brauchen, dann geben Sie mir Bescheid." Er lächelte kurz und trat dann durch die Tür. Kurz bevor er sie schloss, steckte er seinen Kopf nochmal in ihr Büro, wo sie immer noch erschöpft und blass auf ihrem Stuhl saß. "Ach, und gehen Sie nach Hause."
Cuddy nickte und wurde wieder an etwas erinnert. Rasch sah sie auf ihre Uhr und verfluchte die Zeit. Durch den Notfall und ihren Zusammenbruch war sie jetzt schon fast eine Viertelstunde zu spät und sie würde noch einige Zeit mit dem Auto brauchen.
Hektisch nahm sie ihre Tasche vom Boden und stopfte ein paar wichtige Unterlagen hinein. Sie stand auf und merkte, dass ihre Beine immer noch zitterten. Ihren Kittel streifte sie an der Garderobe wieder ab und zog sich die Jacke ihres Kostüms über. Ein flaues Gefühl pochte in ihrem Magen, doch sie konnte sich jetzt keine kurze Pause erlauben.
Mit schnellen Schritten verließ sie ihr Büro und das Krankenhaus. Sie spürte all die bohrenden Blicke, die auf ihr lagen und es ließ sie nur noch schneller gehen, noch schneller flüchten. Auf dem Weg zu
ihrem Auto suchte sie in der Tasche nach ihrem Handy. Als sie es fand wählte sie sofort seine Nummer.
Sie musste das Telefon ganz nah an ihr Ohr drücken und merkte schließlich an einem Geräusch, das klang als wäre es durch den Wind verursacht, der sanft in den Hörer wehte, dass er abgenommen hatte.
"Hey", sagte sie und versuchte dabei ihre ganzen Sorgen aus der Stimme zu verbannen. "Tut mir Leid, ich bin spät. Ich bin jetzt auf dem Weg, aber ich brauche wahrscheinlich noch eine halbe Stunde." Sie seufzte kaum hörbar. "Wenn du willst, dann geh wieder rein. Du musst nicht draußen auf mich warten."
Sie wartete ein paar Sekunden in denen nichts als eisige Stille aus dem Lautsprecher ihres Handys kam.
"Dann bis gleich."
Sie klappte ihr Handy zu und steckte den Schlüssel ins Schloss ihres Autos, das sie inzwischen erreicht hatte. Die Tasche schmiss sie kurzerhand auf den Hintersitz und startete dann den Motor. Als sie rückwärts ausparkte, sah sie sich im Rückspiegel kurz selbst und war bestürzt von dem blassen Antlitz, das ihr dort entgegen blickte.
Auch wenn sie viel zu spät war, fuhr sie nicht schnell, sondern hielt sich bedächtig an alle Tempovorgaben und versuchte all ihre Gedanken abzustellen, um sich nur auf den Verkehr konzentrieren zu können.
Ihre Uhr sagte ihr, dass sie genau 32 Minuten gebraucht hatte, als sie schließlich auf den Parkplatz fuhr. Sie sah ihn schon von weitem, wie er verloren und abwesend, das Gewicht fast gänzlich auf seinen Stock verlagert, in der Nähe des Eingangs stand. Sie hielt mit dem Auto direkt vor ihm an und er öffnete die Tür.
"Tut mir wirklich Leid", sagte sie mit einem sanften Lächeln. "Wir hatten einen Notfall."
Er stieg vorsichtig in ihr Auto und musste sein rechtes Bein dabei mit beiden Händen stützen. Dann machte er die Tür zu und das Geräusch hallte noch lange in Cuddys Ohren.
"Du hättest nicht draußen auf mich warten müssen. Warum hast du dich nicht wieder rein in die Lobby gesetzt?"
Er starrte gedankenverloren zu seinem Beifahrerfenster hinaus und zuckte einfach nur mit den Schultern.
"Setz dich beim nächsten Mal einfach wieder rein, okay?", befahl sie behutsam und fuhr los, doch er reagierte nicht.
Als Cuddy an die nächste Kreuzung kam, drängte sich ein Auto direkt vor ihr auf die linke Spur und sie musste rasch abbremsen um nicht aufzufahren.
Aufgeschreckt von dem plötzlichen Manöver, schnellte Houses Kopf nach vorne und Cuddy hörte wie er kurz hektisch Luft in seine Lungen pumpte.
Cuddy nahm ihre rechte Hand vom Lenkrad und legte sie ihm sanft auf den Oberschenkel. "Schon gut. Alles okay", beruhigte sie ihn.
Sein Körper entspannte sich unter ihrer Hand und sie nahm sie wieder weg. Kaum merklich sah er sie von der Seite an und studierte ihren angespannten Gesichtsausdruck, die rot unterlaufenen Augen und ihre Unterlippe, die leicht zitterte.
Sie bemerkte erst nach einiger Zeit, dass er sie beobachtete und warf ihm einen kurzen Blick zu. "Alles in Ordnung. Kein Grund zur Sorge", log sie und ihr Magen zog sie dabei langsam und schmerzvoll zusammen. "Wie war's heute?", fragte sie ihn interessiert um abzulenken, und sah erneut kurz zu ihm rüber.
Wieder war es nur ein Schulterzucken, das er andeutete.
Jeden Tag hoffte sie auf eine Antwort, die doch nie kam. Er blieb stumm.
