Seid nett zu mir, es ist meine allererste Fanfiction überhaupt :-) Schön, dass ihr hierher gefunden habt. Ich habe Band of Brothers vor einigen Jahren zum ersten mal gesehen und mich hat die Geschichte sehr bewegt. Angelehnt an die Fernsehserie kam mir da so ein anderer Handlungsstrang in den Sinn. Was wäre wenn..?
Mitte Januar 1945,spätabends:
„Fräulein Lotte, das können sie wirklich nicht machen. Sie werden nur zwischen die Frontlinie geraten oder den Amerikanern in die Hände fallen! " donnerte Gustav, der Stallmeister. „Und ob ich es kann!" fauchte Lotte zurück, riss ihm die Zügel ihres geliebten Araberhengstes Wotan aus den Händen und zog ihn hinter sich her, auf den Hof, dann schmiss sie die Stalltür mit lautem Knall hinter sich zu.Überrascht von soviel Kratzbürstigkeit und Wiederstand blieb Gustav stumm.
Auf dem Hof blieb sie stehen und sah hinauf zu den Fenstern des Gutshauses. Ihr geliebter Lindenhof... Alles Fenster waren wie verordnet verdunkelt, nur hinter ein paar Fenstern ließ sich ein Lichtschimmer erahnen. Das Zimmer ihrer Mutter, die mit einer schweren Lungenentzündung im Bett lag. In der Küche saßen sicher die Mamsell und Christine und überlegte was sie in den nächsten Tagen kochen könnte. In Kriegszeiten waren sie Meisterinnen der Improvisation geworden aus dem wenigen was es gab immer ein Festmahl zu zaubern. Es gab kaum noch Zucker, Tee, Kaffee- es war gut das sie auf dem Land lebten – so gab es noch vieles was es in der Stadt schon gar nicht mehr zu bekommen war. Honig, Marmelade, Milch, Brot, Fleisch, Mehl. Alles konnten sie noch selbst produzieren..
„Ach beschissener Krieg"dachte Lotte "draußen auf dem Land geht es uns noch einigermaßen gut, kaum Bombenangriffe, lediglich ab und zu Angriffe von Stukas, nur die Nahrungsmittelknappheit und diese Menge von Flüchtlingen. Es sind alle jungen Männer eingezogen worden, es gibt so viele Familien hier im Dorf, die jemanden zu beklagen haben. Wir kommen aus dem Trauern gar nicht mehr heraus.." schoss es ihr zornig durch den Kopf.
Während Lotte sich die blonden Locken mit einem Tuch zusammenband und unter einer wollenen Mütze versteckte überlegte sie wie sie ins Dorf gelangen könnte, denn das Dorf war noch von einer deutschen Panzerbatallion besetzt, die den vorrückenden Amerikanern noch erbitterten Widerstand leisteten und die Straßen zum Dorf blockierten. Zorn überkam sie und Unverständnis. "Es war bald vorbei, die Alliierten waren dabei Europa zu überrennen,Frankreich hatten sie schon eingenommen und die Dummköpfe dieses Bataillon leisteten immer noch Widerstand..Ich gebe der ganzen Sache maximal nur noch ein paar Monate"dachte sie verärgert „Im Frühling ist es vorbei"
Und sie musste ins Dorf hinein, denn sie wusste vom Apotheker das er Penicillin hatte und das brauchte ihre Mutter dringend. Das Wetter spielte zum Glück auch noch mit. Der Schnee war vor drei Tagen geschmolzen, aber es kündigte sich erneut welcher an – denn es war klirrend kalt und die Wolken waren heute den ganzen Tag schwer und grau gewesen.Während sie die Gurte an Wotans Zaumzeug nachzog sagte Lotte leise „Na los Wotan, Mama braucht uns..." Ein leises Schnauben war für sie, als würde er sie verstehen. Sie schwang sich hinauf, nahm die Zügel auf und im Schritt ritt sie dann die Allee hinunter zum Tor "Um Himmels willen – ist das eine Kälte... Ich muss in Bewegung bleiben, sonst erfriere ich"dachte Sie bei sich.. Gegen die Eiseskälte hatte sie sich mit einer doppelten Lage Kleidung, dicken Schnürstiefeln, zwei Paar Socken, dicker Unterwäsche, einer dicken Stoffhose, einem Hemd, dickem Wollpullover, Schal, einem dicken, dunkelblaue Marinekurzmantel, einer Wollmütze und Handschuhen gewappnet – ihr Vater wollte ihr eigentlich noch zum Schutz einen Stahlhelm angedeihen lassen, aber den hatte sie abgelehnt, ihre dunklen Sachen waren ihr Schutz genug..
Wie komme ich jetzt ins Dorf ohne den Soldaten in die Arme zu laufen?
Lotte entschied sich – sie wollte links die Straße hinauf, in die Wälder, dort ein ganzes Stück gerade aus, einen großen Bogen machen und sich dann parallel zum am Fluss hinunter praktisch von der Waldseite ins Dorf hineinschleichen. Als sie am Tor angekommen war hörte sie die Turmuhr des Gutes schlagen. Halb elf.. Sie lenkte Wotan die Straße hinauf. Es war ziemlich düster, nur der Vollmond beleuchtete ihr den Weg. Aber Lotte war erstaunlicherweise sehr ruhig, die Nacht, der Wald und die Geräusche waren ihr als Landkind vertraut.Während sie sich durch den Wald kämpfte dachte sie nach uns sah ihre Familie vor sich:
Ihren Vater, 54 Jahre jung, Graf Arnd vom Löwenstein, er ist Arzt und war bis zur Machtergreifung der Nazis Professor für Chirurgie an der Universität in Heidelberg, aber da er ihnen zu regimekritisch war haben sie ihn entlassen. Die Leitung des Lindenhofs hat er sich jetzt zur Herzensaufgabe gemacht , züchtet Pferde, sorgt für die Versorgung des Gutes und tat Gutes wo er nur konnte. Sie ahnte, das ihr Vater etwas mit der französischen Résistance zu tun hatte, denn er war häufig abends oder nachts nicht zu Hause. Sie nahm an, das er Widerständler medizinisch versorgte, aber sie konnte es nicht beweisen und hütete sich zu fragen, denn je weniger Leute von so etwas wissen umso besser.
Ihre Mutter, 52 Jahre, Gräfin Dorothea. Die Herrin des Hauses, über Küche und Keller und ihrem Vater eine treue Gefährtin. Mama war Halbfranzösin, ihre Mutter, Lottes Großmutter war eine waschechte Französin, ihr Großvater Deutscher, sie lebten nur 30 km von hier, auf einem Chateau im Elsass und betrieben dort Landwirtschaft und Weinanbau.
Ihren ältesten Bruder Christoph, er zählt 29 Lenze und ist Arzt, ein Chirurg wie Vater, erarbeitet in einem Lazarett in Worms..
Johannes, der zweitälteste, er ist Ingineur und arbeitet in Hamburg bei Bloom&Voss.
Thomas, der dritte, 27, er stand im diplomatischen Dienst der deutschen Regierung, aber als Hitler an die Macht kam und es sich ein Krieg abzeichnete tauchte er unter, er kam aus New York nicht mehr zurück und sie hatte seit Beginn des Krieges nichts mehr von ihm gehört...
Martha, ihre ältere Schwester und beste Freundin. Sie ist Krankenschwester und arbeitet in Frankreich in einem Lazarett..
Und dann ist sie selbst, Lotte, das Küken in der Familie... 22 Jahre jung, mit 18 Jahren hatte sie ihr Abitur trotz Krieg absolvieren können, hatte dann ihr Arbeitsjahr bei einem Onkel auf einem Gut in Österreich absolviert und wurde dann zu Hause gebraucht.. Sie wollte eigentlich Medizin studieren um in die Fußstapfen ihres Vaters zu treten, aber sie bekam leider keine Zulassung an den Universitäten. Da es doch viel Arbeit war die Landwirtschaft und das Gut am Laufen zu halten wurden Sie auch noch unterstützt.. Es gab noch:
Die Mamsel, der gute Geist über Haus und Hof..
Christine, die Köchin
Johann, der Butler und Kammerdiener ihres Vaters, er war zu alt um eingezogen zu werden
Eva und Liese, die Küchenmädchen
Anna, das Stubenmädchen
Hans und Martin, die Haus und Stallburschen – ihr Vater hat es irgendwie geschafft sie vor einer Einberufung zu bewahren.
Gustav, der Stallmeister und Verwalter, er war vor zwei Jahren als Flüchtling aus dem Norden gekommen. Ihr Überleben sicherten ein dutzend Rindviecher,ein dutzende Schweine, etwa 30 Hühner, mehrere Getreidefelder, ein paar Bienenstöcke und ein großer Garten.
Nach eineinhalb Stunden hatte Lotte es geschafft, sie hatte sich durchs unwegsame Gelände im Wald gekämpft, war dann zu Fuß ins Dorf hineingeschlichen, hatte wie ein Hase Haken geschlagen um den deutschen Patrouillen auszuweichen, bei Apothekers bekam sie neben dem Penicillin auch noch einen Schluck Tee zum Auftauen und jetzt huschte sie den Waldweg hinauf, sie sah Wotans Umrissen schon an der Kreuzung, wo sie ihn angebunden hatte. Sie rief leise seinen Namen: "Wotan..." und hörte sein Schnauben. Gerade als Lotte sich hinauf schwingen wollte ertönte irgendwo aus dem Gebüsch neben ihr ein erbärmliches, schmerzerfülltes Stöhnen. Wotan machte ein Satz zur Seite und Lotte konnte den Sturz auf den Hintern gerade noch verhindern. Sie redetet beruhigend auf Wotan ein, es war aber wie eine Selbsthypnose- sie redete sich selbst Mut zu. Als erneut ein Stöhnen ertönte, schallte sie sich eine Närrin. Außerdem siegte so langsam ihre Neugierde. Sie band ihn erneut am Kreuzungspfosten an, nahm eine Taschenlampe aus ihrer Umhängetasche und leuchtete neben sich ins Gebüsch hinein. Sie zertrat ein Äste, schob ein paar Zweige beiseite und im Lichtkegel der Taschenlampe erschienen ein paar braune Lederstiefel. Oh mein Gott, ein amerikanischen Fallschirmjäger. Wie zur Hölle kam der hier her? Er muss hier zurückgelassen worden sein - denn vor kurzem ist das Gebiet von den Deutschen noch heftig beschossen worden - zersplitterte Bäume ragen wie große, bleiche Zahnstocher in den Himmel. Sie löschte reflexartig die Lampe, dann wandte sie sich ab, ging ein paar Schritte in Wotans Richtung. Er war ein Feind, sie sollte ihn hier liegen lassen. Aber Lotte konnte sich nicht überwinden aufzusteigen und davon zu reiten." Ach verdammt, er ist vor allem auch ein Mensch der Hilfe braucht"Zu Humanität und Nächstenliebe erzogen beschloss sie ihm zu helfen.
Sie nahm erneut die Taschenlampe und stieg ins Gebüsch, musterte ihn und ging neben ihm in die Knie. Groß, schlank, sehr muskulös, in olivgrüner Kampfuniform, im Bereich der Schulter ein großer Blutfleck, das Gesicht blass und glühend vor Fieber, er schien tief bewusstlos zu sein. Aber seine Hände und Beine – sie waren eiskalt. Weizenblonde, kurze Haare "er erinnert mich an Thomas" dachte Lotte zart. Ihr Bruder, der seit fast fünf Jahren wie vom Erdboden verschwunden war. Sie musste für einen kleinen Moment drüber nachdenken, wie sie ihn auf englisch anreden sollte, dann rüttelte sie ihn: „Hey, wake up.."Aber dafür erntete sie nur ein erneutes Aufstöhnen und ein Flattern der Lieder"Um Himmels willen, das wird so nicht funktionieren. So bekomme ich Ihn nie wieder zu Bewusstsein...Und er muss dringend hier weg.." Lotte atmete tief durch, denn sie wusste nicht wie er reagieren würde, dann nahm sie ihn am Kragen und gab ihm eine Backpfeife.
