Es ist eine meiner weniger bekannten Angewohnheiten, dies hier. Spät ist die Stunde, lange, lange hat sich die Dunkelheit über dieses Schloss gesenkt. Die Kinder schlafen, die jungen wie die alten. Kaum jemand wacht noch um diese Uhrzeit, niemand, der nicht den Schlaf finden könnte. Ich weiß, das sie träumen. Sie sind sicher, und das spüre sie. Und so träumen sie, gutes wie schlechtes, geborgen und warm.

Ich bin alt. Manchmal vergesse ich es fast, aber ich bin es. Viele Jahre sind verstrichen, und ich bin noch da, und ich hoffe, das ich es noch lange genug sein werde, um - um dies hier zu einem Ende zu bringen. Dieses hier, diesen Kampf, diese Situation. Welche Schachfigur in diesem Spiel bin ich?

Dunkel ist es in meinem Zimmer. Tagsüber scheint die Sonne in diese Räume, taucht alles in orange-gelbes Licht und wärmt alles. Doch jetzt, in der Nacht, sind es die Strahlen des Vollmondes, der durch das große Fenster scheint und Schatten malt. Was sonst sanft scheint wirft harte Schatten. Silber, Schwarz, Dunkelblau. Die Farben der Nacht, in ihrer ganzen Palette, in ihrer verborgenen Pracht.

Müde liege ich auf meinem Sofa, den Kopf auf Kissen gestützt. Wäre es Tag, würde die Sonne scheinen, würden alle sich sorgen. Ich weiß um die Falten in meinem Gesicht. Ich weiß, das man mir jedes meiner Jahre ansieht, und es sind so viele. Mit meinen Augenlidern schirme ich mich ab gegen diese Welt, versinke in dieser wohligen Dunkelheit - nur einen Moment, nur einen winzigen Moment..

Dann raffe ich mich auf. Der Vollmond scheint durch das große Fenster, die zahllosen Sterne verkünden am Firmament die Ewigkeit und berichten und die zahllosen Sterne am Firmament von dem, was sie sahen und prophezeien das, was wir noch sehen werden.

Langsam erhebe ich mich. Nicht viel Zeit ist vergangen, und doch erscheint es mir lang, lang, so lang.

Das Schloss ist dunkel. Die Kinder ruhen, die jungen, sowie die Alten. Niemand, der es nicht müsste, wacht in dieser Nacht. Alle schlafen, warm gebettet und beschützt. Sie glauben sich sicher. Noch sind sie es. Wie lange, vermag auch ich nicht zu sagen. Was zählt der Zeitpunkt? Vielleicht warten wir alle, auf etwas, von dem wir noch nichts wissen. Sie warten, ohne es zu wissen. Ich warte.

Meine warmen Decken um mich gehüllt überlasse ich mich der Dunkelheit. Die Nacht wird nicht ewig andauern, keine Nacht kann das. Morgen werden wir weitersehen. Wenn nach dem Morgengrauen die Sonne hoch am Firmament steht, und die Schatten des Mondes ihren Strahlen gewichen sind, werde wir weitersehen.

Ich schlafe.

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29.10.2003 S/Fayet