„House, MD" oder die Charaktere gehören mir nicht, ich verdiene mit dieser Story kein Geld. Eine Verletzung des Copyrights ist nicht beabsichtigt.
„Wie faszinierend!" Das war etwa das zehnte Mal an diesem Abend, dass Dr. Lisa Cuddy Interesse an den Selbstbeweihräucherungen ihres Gegenübers heuchelte.
Thomas Shelton – so hieß der junge Mann - hatte ein recht ansprechendes Profil auf einer Singlebörse im Internet. Er war heterosexuell und hatte einen Job, und allein diese Fakten stellten ihn in ein weit besseres Licht als alle anderen Bewerber, die Dr. Cuddy in Betracht gezogen hatte.
Unhörbar seufzte sie. Eigentlich hätte er ‚Großkotz' oder etwas Ähnliches als Vornamen angeben müssen, denn er war mit Abstand der selbstverliebteste Mensch, den sie je kennen gelernt hatte.
Sie hatte schon vergessen, was er eigentlich von Beruf war, aber so beeindruckt, wie er selbst davon sprach, musste er wohl der Präsident eines mittelgroßen Landes sein.
Um nicht noch einen Kommentar in seinen Monolog einwerfen zu müssen, stopfte sie sich einen Bissen ihres 50 Dollar Steaks in den Mund. Naja, Geschmack hatte er wenigstens, er hatte sie in ein sehr teures Restaurant ausgeführt, und zumindest ein gutes Essen war bei so einem Date allemal drin.
Langsam begann sie sich zu fragen, ob sie jemals einen netten, normalen Kerl kennen lernen würde, der sie mochte und irgendwann bereit war, eine Familie mit ihr zu gründen. War das denn soviel verlangt? So irrational schienen ihr ihre Wünsche nun wirklich nicht. Aber so wie es aussah, schien ihr „Märchenprinz" höchstens Gefühle für sich selbst zu hegen. Cuddy wartete nur darauf, dass er einen Spiegel aus der Tasche zog und seine Frisur überprüfte.
„…und die Aufstiegschancen in meinem Job sind für einen Mann wie mich ja beinahe unbegrenzt, und wenn ich erst…"
Sie hörte eigentlich nur Bruchteile von dem, was er sagte, nur mit Mühe unterdrückte sie den nächsten Seufzer.
Da fiel ihr Blink zufällig auf die Menschen, die an der Bar saßen. Nun, eigentlich bemerkte sie nur einen bestimmten Mann der dort auf der Kante eines Barstuhls lehnte, einen Drink – vermutlich Scotch – neben sich und die Finger in den glänzenden, rabenschwarzen Haaren seiner Sitznachbarin verworren.
House.
Sie zuckte kurz zusammen (nein, ihr Date bemerkte das nicht), denn im ersten Moment dachte sie, er wäre ihr wieder gefolgt, um sie erneut wegen dem Date mit einer Internetbekanntschaft zu verhöhnen. Aber er schien nicht einmal zu wissen, dass sie auch hier war. Das Risiko, entdeckt zu werden, war ebenfalls gering, da er sie von seinem Blickwinkel aus unmöglich sehen konnte.
Er unterhielt sich angeregt mit der - wie Cuddy fand - viel jüngeren Frau, und ließ eine lange Locke ganz nebenbei durch seine Finger gleiten.
Cuddy war sich sicher, dass sich die zwei nicht über Shampoo unterhielten.
An der Frau war alles recht natürlich, sie war schlicht, aber geschmackvoll gekleidet, was es sehr schwer machte, ihr Alter wirklich einzuschätzen. Cuddy hätte sie nicht als übermäßig schön bezeichnet, aber sie hatte definitiv hübsche Gesichtszüge und eine starke Ausstrahlung.
Sie trug nicht übermäßig viel Make-up, aber sie schien sich ihres Aussehens sehr wohl bewusst, und es schien ihr egal zu sein, dass House ihre Haare befummelte, denn sie lächelte ihn nur dauernd an.
Lisa Cuddy hatte Greg House einige Male flirten sehen, aber meistens nur mit Patientinnen, die ihm durch ihr Verhalten seine Aufmerksamkeit erregten. Dies hier war jedoch anders. Die beiden führten ein richtiges Gespräch, House hörte ihr zu und sie schien ihn zum Lachen zu bringen.
Ein merkwürdiges Gefühl stieg in ihr auf, und sie war sich nicht sicher, was es war. Neugier, auf jeden Fall, aber auch noch etwas anderes.
Ein kurzer Blick zurück zu Thomas versicherte ihr, dass er immer noch damit beschäftigt war, sich einen Tempel zu erbauen, so konnte Cuddy also wieder ruhig ihre Aufmerksamkeit den beiden an der Bar widmen.
Krampfhaft versuchte sie sich zu erinnern, ob sie die Frau schon einmal gesehen hatte, aber sie konnte ihr Gesicht nicht zuordnen. Kurz überlegte sie vielleicht, ob die Frau eine Nutte war, aber sie wirkte nicht so.
Cuddy war sich nur einer Sache sicher: eine Spannung bestand zwischen den beiden, das war schon aus der aneinander zugewandten Körperhaltung zu erkennen. Außerdem stieß ihr Knie fast an das von House.
In diesem Moment hob House sein Glas und leerte es in einem Zug. Er legte dem Typen hinter der Bar ein paar Geldscheine auf den Tresen, und zog sich sein Jackett an.
Auch seine Begleitung machte sich zum Gehen bereit und brachte House irgendwie dazu, ihr den linken Arm um die schmalen Schultern zu legen. House protestierte nicht. Gemeinsam verließen sie das Restaurant.
Lisa Cuddy biss sich kurz auf die Unterlippe. Es wurde wohl langsam Zeit, auch dieses Date dem Ende zuzuführen. Allerdings, so dachte Cuddy, wurde ihres ein anderes Ende haben als das von House.
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Am nächsten Vormittag blickte Cuddy während ihrer kurzen Kaffeepause aus dem Fenster ihres Büros. Draußen fiel gerade Schnee, und alles schien in eine weiße, weiche Decke gehüllt. Cuddy mochte Schnee. Sie assoziierte ihn aus irgendeinem Grund mit den schönen Dingen die einem im Leben so passieren könnten..
Sie blickte nach unten auf den Parkplatz und sah House, der sich endlich zur Arbeit bequemte. Es war viertel nach Zehn.
Wegen des Schnees trug er seine Mütze und den schwarzen Mantel. Irgendwie sah er ja schon gut aus. Sie fragte sich, was aus seinem Date gestern geworden war. Cuddy wollte sich für House freuen, als er damals mit Stacy zusammen gewesen war, schien er etwas glücklicher zu sein. Und wenn House glücklich war, so war auch ihr Leben leichter. Aber was wusste man schon genau, so wie sie House kannte, hatte er das arme Mädchen wahrscheinlich schon vergrault. Schade eigentlich.
In genau diesem Moment blieb House stehen und drehte sich um. Jemand schien ihn gerufen zu haben, und es stellte sich heraus, dass dieser Jemand niemand anderes war als die Frau von gestern. Sie trug ebenfalls einen Mantel und eine Mütze, die schwarzen Haare hingen darunter lose ihren Rücken hinunter. Sie sagte etwas, und fischte einen Schlüsselbund aus ihrer Tasche. House lächelte sie an und nahm die Schlüssel, es waren wohl seine. Die beiden standen sich kurz gegenüber, doch dann plötzlich wie aus heiterem Himmel fiel sie ihm in die Arme, was Cuddy dazu veranlasste, die Luft gespannt anzuhalten.
House umarmte nicht, niemanden, aber für sie schien er eine Ausnahme zu machen. Sie blickte zu ihm auf, und er legte ihr den rechten Zeigefinger unter das Kinn. Dann küsste er sie. Es war ganz sanft, fast zaghaft, aber Cuddy lief ein Schauer über den Rücken.
Die Namenlose lächelte ein letztes Mal, und ging.
House blickte ihr nach.
Und Cuddy erkannte endlich das Gefühl, dass sie gestern Abend empfunden hatte, als sie die beiden zum ersten Mal gesehen hatte. Eifersucht.
