Achtung! Spoiler für den 3. und 6. Teil!
Anmerkung: Floras Existenz wird ignoriert (Mir ging erst hinterher auf, dass sie ja eigentlich da sein müsste...).
Disclaimer: Alle Figuren gehören Nintendo/Level 5 und ich verdiene kein Geld mit diesen Geschichten.
Das Cottage
Tag 1 – 24. Dezember
Es war das erste Weihnachten ohne Luke...
Dieser Gedanke durchströmte ihn schon den ganzen Tag und zog seine Weihnachtsstimmung in den Keller. Obwohl er ein paar Einladungen zu Weihnachtsfeiern erhalten hatte, hatte er sie alle abgelehnt – er wollte nicht so tun, als sei er fröhlich, denn das war er ganz sicher nicht...
Als Emmy vor drei Jahren weggegangen war, hatte er das nur Dank Lukes Hilfe ertragen. Er hatte dem Jungen natürlich nicht verraten, wie sehr er seine ehemalige Assistentin vermisste, doch Lukes ständige, fröhliche Nähe und die Abenteuer, die sie seitdem erlebt hatten, waren ihm stets eine gute Ablenkung gewesen. Doch nun war Luke ebenfalls fort – und Professor Layton blieb allein zurück.
Er stand unschlüssig in seinem Wohnzimmer und wusste nicht so recht, was er tun sollte. Gegessen hatte er schon (eine unspektakuläre Scheibe Brot mit Käse). Normalerweise war Luke (und früher manchmal noch Emmy) irgendwann vorbeigekommen und sie hatten zu Keksen und Tee verschiedene Rätsel gelöst. Doch das alles war nun vorbei – und wer wusste schon, ob es jemals wieder geschehen würde.
Er hatte überlegt, Luke in den Staaten zu besuchen, aber er hatte keine direkte Einladung von dem Jungen in all den Briefen, die er schrieb, erhalten und wollte daher nicht unhöflich sein.
Nachdem er ein paar Minuten orientierungslos in seiner Wohnung umhergegangen war, entschied er sich für die traurigste aller Möglichkeiten: Er ging in sein Arbeitszimmer, setzte sich an seinen Schreibtisch und begann, die schriftlichen Arbeiten, die ihm seine Schüler bis zu den Ferien hatten geben müssen, zu korrigieren. Er seufzte kurz und überlegte sich, ob er nicht doch besser einer Einladung hätte zusagen sollen, doch schließlich verschloss er seinen Geist vor solch düsteren Gedanken und stürzte sich in die Ablenkung seiner Arbeit.
Nach circa zwanzig Minuten klingelte es an der Haustür.
Professor Layton hob verwundert den Kopf – wer besuchte ihn denn am Heiligen Abend?
Er stand auf, ging zu seiner Haustür, öffnete sie – und traute seinen Augen kaum: Vor ihm stand Emmy!
"Hallo, Professor", sagte sie schüchtern, aber lächelnd. „Fröhliche Weihnachten."
Er konnte es nicht fassen: Vor ihm stand Emmy! Und sie sah noch immer so bezaubernd aus wie vor drei Jahren...
Eine Weile sahen sie sich nur an, bis ihm wieder seine Manieren einfielen. "Fröhliche Weihnachten. Kommen Sie doch herein", meinte er schließlich und machte eine einladende Handbewegung.
Daraufhin strahlte Emmy ihn an und betrat dankend seine Wohnung.
Er nahm ihr ganz Gentleman den Wintermantel ab und führte sie in sein Wohnzimmer. "Darf ich Ihnen eine Tasse Tee anbieten?", fragte er höflich, aber immer noch ein wenig verunsichert, da sie so plötzlich wieder erschienen war.
"Sehr gerne", erwiderte sie mit derselben vorsichtigen Zurückhaltung.
Als sie mit ihren beiden Teetassen in der Hand sich im Wohnzimmer auf Sofa und Sessel gegenübersaßen, herrschte eine ganze Weile unangenehme Stille, doch auch wenn beide sie zu unterbrechen suchten, wollte ihnen nichts Gescheites einfallen.
Schließlich war es Emmy, die meinte: "Sagen Sie, Professor, wie geht es Ihnen eigentlich?"
"Ganz gut", log er – und anscheinend nicht besonders gut.
"Ich habe gehört, dass Luke weggezogen ist", sagte sie leise. "Das tut mir leid."
"Ja, mir auch", seufzte er traurig und schwelgte einen Moment in Erinnerungen. Dann besann er sich wieder auf seinen Gast. "Und Sie? Was haben Sie in den letzten drei Jahren so unternommen?"
Sie nahm einen Schluck Tee, bevor sie mit den Schultern zuckte und lässig meinte: "Ach, mal dies, mal das."
Er nickte nur und fragte sich, warum sie so verschlossen war. Aber, dachte er bei sich, nach drei Jahren Abwesenheit war das vermutlich auch kein Wunder...
"Wo sind Sie denn eigentlich jetzt untergebracht?", wollte er wissen.
"Ich habe eine Wohnung in Greenwich gefunden, Parkstreet 32c."
"Oh, nette Gegend", war sein einziger Kommentar.
Wieder blieb es ruhig zwischen den beiden, bis Emmy plötzlich halb verzweifelt hervorbrachte: "Sind Sie mir eigentlich noch sehr böse?"
Er starrte sie ungläubig an. Ihr böse sein? Niemals...
Sie sah ihn nervös an und er merkte, dass ihre Hand leicht zitterte.
"Weswegen?", fragte er schließlich.
"Na ja...", meinte sie leise. "Wegen damals, mit Onkel Leon."
"Ach so, das." Er nippte an seinem Tee, als die Erinnerung ihn schmerzhaft durchströmte. "Nein. Sie wissen doch, dass ich Ihnen niemals böse war, nicht einmal damals."
"Meinen Sie das ernst der sagen Sie das nur, weil Sie Sie sind?", wollte sie immer noch mit ihrer nervösen Miene wissen.
Das brachte ihn leicht zum Lachen. "Nein, ich meine es wirklich ernst. Ein Gentleman lügt nicht."
"Danke", sagte sie ernst.
Er lächelte kurz unsicher auf.
"Ähm, Professor", sagte Emmy nach einer Weile.
"Ja?"
"Ich habe gehört, dass Sie aufgehört haben, Mysterien zu lösen und Scotland Yard zu helfen. Aber um ehrlich zu sein, kann ich mir das gar nicht vorstellen. Stimmt das wirklich?"
Er blickte sie traurig an und nickte dann.
"Aber warum?", fragte sie verwundert. "Wegen Luke?"
"Ich möchte nicht darüber reden...", wehrte er ab.
Sie akzeptierte schweigend. Unangenehme Stille breitete sich aus, bis Emmy schließlich fröhlicher sagte: "Wissen Sie, was wir morgen früh machen?"
"Wie sollte ich?", ging er auf ihren Ton ein.
"Wir fahren weg. Eine Freundin von mir besitzt ein Cottage am Meer, im Süden Englands. Sie hat mir angeboten, dass wir es die nächsten Tage verwenden dürfen. Wir könnten dort hinfahren, einfach mal raus aus dem Alltag, auf andere Gedanken kommen, na ja, Sie wissen schon."
Er überlegte einen Augenblick, blickte auf die wunderschöne, junge Frau vor sich und nickte schließlich. "Abgemacht."
Sie strahlte ihn an und er erwiderte das Lächeln.
Unschlüssig saßen sie eine Weile voreinander, bis Emmy schließlich meinte: "Ich denke, ich sollte nun nach Hause, Sachen packen und so..." Sie stand auf und wollte ihren Mantel holen, als seine Stimme sie aufhielt.
"Ich hole Sie morgen früh um 9 Uhr ab, in Ordnung?"
Sie drehte sich noch einmal zu ihm um, schenkte ihm ein bezauberndes Lächeln, meinte: "Ich freu mich" und verließ seine Wohnung, die Tür hinter sich schließend.
Zuerst sah er wie angewurzelt auf die verschlossene Haustür, doch dann machte er sich mit neuem Elan daran, seinen Koffer zu packen.
