Harry Potter und der Vergessens-Fluch

Harry Potter, Ron Weasley und Hermine Granger waren im 6ten Schuljahr auf der Zauberschule Hogwarts und saßen gerade am Frühstückstisch der Gryffindors, als die Eulen hereinflatterten und die Post verteilten. Hermine bekam jeden Tag den Tagespropheten, doch heute war noch eine Eule vor ihrem Platz gelandet. Im Schnabel hatte sie einen Brief, den sie auch gleich vor Hermine fallen ließ und wieder wegflog. Hermine legte den Tagespropheten bei Seite und sah sich den Brief genauer an.

Ron, der auch neugierig auf den Umschlag starrte, drängelte: „Nun mach' ihn schon auf! Von wem ist der denn überhaupt? Ist ja echt merkwürdig…"

Hermine schaute kurz, aber genervt, zu Ron hinüber und machte anschließend den Brief auf. Sie las ihn sich mindestens drei Mal durch, dann grinste sie und ihre Augen leuchteten zu Harry und Ron.

„Er kommt mich besuchen, hier auf Hogwarts!"

Sie wandte sich gerade wieder den Brief zu, als sie bemerkte, dass die Beiden nicht so recht verstanden, wen sie meinte.

„Viktor Krum!" frohlockte sie nun und las den Brief ein viertes Mal.

Harry starrte instinktiv zu Ron, da er sich schon denken konnte, was jetzt kam.

Ron schien erst ganz ruhig, doch dann holte er tief Luft und sagte: „Oh, wie schön! Vicky will sein Herzblatt besuchen kommen! Hat der denn nichts Besseres zu tun?"

Hermine wandte sich vom Brief ab, drehte sich dem neben ihr sitzenden Ron zu und schaute ihn böse an: „Jetzt hab ich aber die Nase voll, Ronald Weasley! Immer wenn …Vicky… mir schreibt, führst du dich grässlich auf! Ich bin nicht sein Herzblatt! Wir sind- und bitte merk dir das Ausnahmsweise mal- nur befreundet, mehr nicht!" Sie brummte kurz auf und verließ dann aufgebracht den Saal mit den Worten:

„Manchmal wünschte ich mir echt, dich nicht zu kennen, Ronald Weasley!"

Rons Mund stand noch eine weile offen. Er war so rot geworden, dass seine Haare dagegen blass erschienen. Harry wusste, dass Ron jetzt keine Kritik vertragen konnte, doch er fand, dass Hermine recht hatte.

„Ron, schau doch mal: Jedes Mal geratet ihr wegen Krum in Streit! Was ist denn daran so schlimm, dass er uns besuchen kommt?"

„Er ist ein Angeber und … und … Er kann doch noch nicht mal Hermines Namen richtig aussprechen!"

„Er ist Ausländer!"

„Erminne …" äffte Ron Krum nach.

„Du solltest dich bei Hermine entschuldigen!" Harry stand schnell auf und ging, bevor Ron etwas erwidern konnte.

„Er hat ganz Recht." Ginny, Rons jüngere Schwester, meldete sich nun auch. Sie hatte wahrscheinlich den ganzen Streit mitbekommen. Ron schaute sie halb gelangweilt an und murmelte: „Was weißt du denn schon davon?"

„Ich weiß, dass Hermine immer sehr traurig ist, wenn du dich wegen Viktor so anstellst und würde sich mal darüber freuen, wenn kein blöder Spruch von dir kommen würde, sobald das Thema Krum eröffnet wird."

Ron stand völlig genervt von den Ratschlägen, aber auch etwas nachdenklich, auf und ging in Richtung Klassenzimmer.

Als Erstes hatten sie Geschichte bei Professor Binns. Der las mal wieder aus seinem Buch vor und würdigte der Klasse keines Blickes. Dadurch konnten die Schüler machen, was sie wollten: Lavender Brown erzählte ihrer Freundin Parvati Patil von den angesagtesten Frisuren in Frankreich, wo sie ihre Ferien verbracht hatte, andere wiederum waren kurz vorm Einschlafen, nur Hermine kritzelte fleißig Notizen auf ihr Pergament vor ihr. Doch heute sah sie weniger interessiert, als vielmehr verärgert aus, so dass Ron sich nicht traute sich sofort bei ihr zu entschuldigen.

Doch auch beim Mittagessen war Hermines Stirn noch in tiefe Falten gelegt. Sie hatte sich ziemlich weit von Ron - und so auch zwangsläufig von Harry - weggesetzt und sprach kein Wort mit jemandem.

„Los, Ron, jetzt!" Ginny stupste ihren Bruder von der Bank in Richtung Hermine.

So langsam er konnte trottete er auf sie zu. Er fand zwar nach wie vor, dass Krum ein Blödmann war, doch mit Hermine streiten wollte er schon gar nicht. Nicht zuletzt, weil sie immer alle Hausaufgaben hatte und ihm „helfen" konnte.

Als er hinter ihr stand, räusperte er sich nervös. Sie drehte sich um und sah Ron erwartungsvoll an. Ihre Stirn war immer noch von Falten bedeckt, die gar nicht gut für Ron aussahen.

„Ich …Ähh… ich wollte mich für heute morgen entschuldigen. Ich freu mich, dass Krum dich …Ähm… besuchen kommt und …Ähh… ja …. Wann wollte er denn kommen?"

Hermine lächelte schwach, aber dennoch erleichtert.

„Ist schon gut, Ron, schon vergessen. Er kommt …Ähm… ich glaube eine Woche vor dem ersten Quiddich Spiel…"

Mit zittrigen Händen nahm sie den Brief aus ihrer Tasche und nickte.

Nach einer schweigsamen Pause sagte Hermine schnell: „Wir müssen uns beeilen, oder wir kommen zu spät zu Snape!"