Sonnentanz

Autorin: silverbullet27

Rating: ab 18 Jahre

Genre: Wraith-FF

Zeitlinie: irgendwo zwischen „Das Wiedersehen" und „Auf der Mittelstation" (Season 4)

Disclaimer: alle aus SGA wieder erkannten Figuren gehören MGM, 20th Century Fox, Mr. Wright, Mr. Cooper und wer auch immer noch Ansprüche angemeldet hat. Ich amüsiere mich nur ein bisschen mit den Figuren, staube sie ab, bringe ihre Haare etwas durcheinander und lege sie dann mit frisch geflochtenen Zöpfchen und Bärtchen wieder zurück in die Schublade, versprochen! Finanzielle Absichten? Nö, hab ich keine.

A/N: Der Sonnentanz ist eine Form der Initiation bei den Sioux gewesen – eine recht ähnliche Darstellung findet sich im Film „Der Mann, den sie Pferd nannten" und hat wenig mit einem Tanz zu tun. Wer dazu mehr wissen möchte, sollte selbst googeln oder den Film anschauen. Erklären möchte ich hier so früh noch nichts, ich hoffe, ihr versteht das.

Blueface taucht bereits in einer meiner früheren FFs auf („Während ihr schlieft"). Gelesen haben muss man sie nicht unbedingt, erklärt aber einen Teil seiner Vorgeschichte. Er ist der Brückenoffizier, der das erste Mal kurz in „Große und kleine Sünden" beim Angriff der Allianz auf den Replikatoren-Planeten zu sehen ist und später auf der Mittelstation sein Geschick im Umgang mit Computersystemen beweist. Seinen Namen erhielt er von mir.

Sonst übernehme ich die Wraith-Namen und einige andere Begriffe aus „Homecoming – Book one of the LEGACY SERIES", von Melissa Scott und Jo Graham. Auch wenn es mir nicht so ganz in den Kram passt, lasse ich die Namen im Englischen. Für alle, die dieses Buch noch nicht gelesen haben: Todd heißt Guide, Kenny heißt Bonewhite, alle anderen kennt man nicht aus SGA bzw. sind OCs von mir. Ich erkläre alles Notwendige in den Fußnoten. Nachfragen sind natürlich jederzeit erwünscht!

Ausgesprochene Sätze sind mit normalen Anführungszeichen („") gekennzeichnet, telepathische mit dem einfachen (‚') und nicht übermittelte Gedanken in kursivem Text dargestellt. Innerhalb eines Gesprächs kann dieses durchaus wechseln – je nachdem, wie prekär der Inhalt ist.

Prolog

Blueface schwieg und ertrug geduldig, was immer sein neuer Commander ihm anzutun in der Lage war. Weniger, weil ihm gefiel, was mit ihm geschah – und noch weniger, weil er ein Held war. Aber er hatte sich für diesen Weg entschieden und wenigstens schon einen Teil seiner Rache bekommen. Der Rest würde folgen, vielleicht nicht heute, aber sein Tag würde kommen, dessen war er sich sicher.

„Wünsche werden immer erst dann gefährlich, wenn sie sich erfüllen" lautete ein Sprichwort der Wraith. Früher hatte Blueface dies als Unsinn abgetan, heute wusste er es besser. Er hatte sich etwas anderes vorgestellt, aber es stimmte schon: ein Teil seiner Wünsche war wahr geworden. Schmerzhaft, demütigend, aber real. Und doch hatte er gleichzeitig mehr Macht inne, als jemals zuvor. In den letzten Wochen und Monaten hatte er gelernt, sie einzusetzen. Zunächst zögerlich, aber mittlerweile recht gezielt. Manchmal fragte er sich, ob der Commander durchschaute, was Blueface tat und das Spiel nur mitspielte, solang es ihm gefiel, oder aber, ob er den Cleverman unterschätzte, wie schon früher. Vielleicht gehörte diese Unsicherheit aber auch zum Spiel dazu, Blueface wusste es nicht.

Bald würden die Kreuzer aus dem Hyperraum fallen und auf der Oberfläche des Planeten landen, den er ausgewählt hatte. Bis dahin musste er sich wieder zusammengerissen haben, den Schmerz abschütteln und seine unterwürfige Miene aufsetzen. Unglaublich, dass er früher einmal mit hocherhobenen Kopf auf Snows Hive durch die Gänge gelaufen war. Als Schützling von Guide und Bonewhite sogar einen gewissen Grad der Unantastbarkeit erreicht hatte. Seit Monaten huschte er fast nur noch geduckt zwischen seinem Labor, der Brücke und dem Quartier, das man ihm zugewiesen hatte, hin und her. Nie war er längere Zeit allein, stand immer unter Beobachtung oder Schlimmerem. Früher hatte ihm seine Einsamkeit zu schaffen gemacht, heute wünschte er sie sich beinahe herbei.

Er seufzte innerlich. Nein, ich sollte mir nichts mehr wünschen, dachte er und schloss die Augen, als er eine Bewegung neben sich spürte. Gut, vielleicht war er gleich allein. Für einige wenige Minuten, bestenfalls ein oder zwei Stunden, in denen er das Spiel nicht mitspielen musste. Vorausgesetzt, man nahm ihm ab, dass er noch schlief. Zusammengerollt wie ein Schlüpfling, die Hände über der Brust gekreuzt, die Knie fast bis zur Nase angezogen, den Knochenkamm auf dem Rücken weit herausgestreckt. Eine sich selbst beschützende Kugel.

Kapitel 1

Als Guide damals verschwunden war, gefangen genommen von den Genii, wie sie später erfuhren, hatte Blueface für einige Zeit gehofft, dass sich die Dinge vielleicht mehr seinen Wünschen gemäß entwickeln würden. Doch dann hatte die Königin ihre langen Krallen ausgestreckt und sich das genommen, was er für seins gehalten hatte. Mit Guide's Rückkehr hatte er dann endgültig einsehen müssen, dass er verloren hatte. Je mehr er sich bemühte, desto kälter wurde er abgewiesen. Irgendwann hatte er aufgegeben und nur noch abgewartet, was geschehen würde.

Wenigstens hatte er jetzt viel Zeit, die er mit den anderen Flüchtlingen verbringen konnte, die damals mit ihm auf Snows Hive aufgenommen worden waren. Stormeye war eine grausame und unberechenbare Königin gewesen, aber gegen ihre Tochter und Nachfolgerin hatte sie beinahe sanftmütig gewirkt. Sundancer hatte gnadenlos ausgewählt und über einhundert Wraith von ihrem Hive verwiesen, verfolgt von einem Dutzend Jägern, die sie quer durch die Galaxie gejagt hatten, bis nur noch acht von ihnen übrig waren. Blueface war einer davon.

Mit letzter Kraft hatten sie sich Snow unterworfen, auf Gnade gehofft und erhalten.

Dann hatte Guide sich seiner angenommen, ihn protegiert und schließlich war er zum ranghöchsten Cleverman aufgestiegen. Er, der kleine Techniker, der früher nur durch Versorgungstunnel hatte kriechen dürfen, eben weil er so klein war. Was für eine Karriere!

Und noch dazu die tiefe Freundschaft mit Guides anderem Günstling, Bonewhite. Nach einem unglücklichen Start hatten sie sich zusammengerauft und über lange Jahrhunderte die Wachen in den Winterschlafphasen geführt. Dann kam das Große Erwachen und die Dinge änderten sich wieder einmal. Aber wahrlich nicht zum Vorteil.

„Was ist? Setzt du jetzt endlich?", fragte Sweep ungeduldig und schob Blueface erneut den Spielstein unter die Nase, den er auf dem Spielfeld unterzubringen hatte.

„Ja doch… lass mich überlegen…" Blueface mochte seine Schlupfbrüder Sweep und Morose wirklich gern, aber an manchen Tagen wäre er ihnen lieber aus dem Weg gegangen. Äußerlich glichen sie sich die drei fast bis aufs Haar, alle waren Cleverman geworden, aber nur Blueface hatte es wirklich zu etwas gebracht. Trotzdem neideten sie ihm seinen Erfolg nicht. Sie waren zufrieden mit dem, was sie erreicht hatten. Und das wiederum machte ihre Gegenwart für Blueface so angenehm.

„Was gibt es da noch groß zu überlegen? Ich sehe drei Stellen, wo du anlegen kannst. Ich habe Nachtdienst und nicht mehr viel Zeit…", knurrte Morose und kratzte mit seinen Fingernägeln über die Platte des Spieltischs.

„Und ich sehe eine vierte…" Blueface legte an und seine Mitspieler starrten ungläubig auf das Spielfeld. „Gewonnen, würde ich sagen." Er grinste und erhob sich. „Tut mir Leid, aber ich muss ins Bett. Morgen Abend wieder?"

Blueface hasste dieses Spiel. Früher hatte er es geliebt, weil er es so oft mit Bonewhite gespielt hatte und viel lernen konnte. Die Blades verbrachten in ihrer Ausbildung etliche Jahre damit, Taktikspiele zu spielen und fanden fast nur noch an Würfeln Gefallen, die sie nicht berechnen konnten. Aber Bonewhite hatte ihm geduldig die feineren Kniffe beigebracht, bis er ein beinahe gleichwertiger Gegner geworden war. Für die meisten Clevermen waren Würfel der Inbegriff von Langeweile. Sie zogen Taktikspiele vor.

In Gedanken versunken suchte Blueface sein Quartier auf. Wie seit längerer Zeit gewohnt, wartete nur ein leeres Zimmer auf ihn. Kein überraschender Besucher, keine Mitteilung, nicht einmal eine Arbeitsanweisung empfingen ihn. Müde legte er seine Kleidung ab, hängte sie über einen Stuhl und zog sich Bequemeres für die Nacht an. Eine weitere einsame Nacht, in der ihn bestenfalls Schwärze umfing, schlimmstenfalls die Albträume wiederkehrten. Seit Wochen schon quälten ihn Erinnerungen an ihre Flucht und er fragte sich, ob das nicht zuletzt auch damit zu tun hatte, dass er sich in seiner freien Zeit nur noch mit seinen damaligen Begleitern traf.

Sweep und Morose, seine äußerlichen Ebenbilder. Heat, Tremble und Swirl, die Dartpiloten. Locket und Cud, die Wachoffiziere. Alle waren sie vertrieben worden, weil sie Sundancer aus irgendwelchen Gründen nicht gefallen hatten. Minderwertig hatte sie sie genannt. Zorn stieg in Blueface auf und er knurrte die Wand an. Was sollte er auch anderes tun? Er konnte wohl schwerlich eine Königin für ihre Widerwärtigkeiten strafen.

Manchmal stellte er sich vor, dass Snow ihm befehlen würde, eine Waffe zu erfinden, die Sundancers Hive aus dem All fegen konnte. Aber so war Snow nicht. Sie war eine großartige Königin, wenn auch nicht besonders mächtig. Ihre Schönheit lag vor allem im Inneren: sie war sanft und streng zugleich, zärtlich und rau, von kühler Überlegtheit und reiner Wissbegier. Sie erinnerte ihn ein wenig an Guide und damit klärte sich für ihn auch, wieso dieser ihr Gefährte war. Bonewhite war einer ihrer Pallax, schon seit ewigen Zeiten. Warum Blueface dies aber erst seit wenigen Jahren so zu schaffen machte, konnte er nicht sagen.

Wie jeder Wraith verspürte er die Kraft und Anziehung seiner Königin, aber trotzdem verstand er nicht, wie manche von ihr wie von einer Verheißung sprechen konnten. Er hatte oft genug mit ihr zu tun, bewunderte sie und ihren Verstand, aber damit hatte es sich auch schon. Bei seiner ersten Begegnung mit ihr hatte er nicht einmal zu atmen gewagt, heute vergaß er sogar gelegentlich, auf sein Äußeres zu achten, bevor er zu ihr gerufen wurde. Einmal hatten sich die Drohnen ihrer Leibgarde sogar geweigert, ihn zu ihr vorzulassen, weil er über und über mit Schiffsinnereien besudelt war und er es gar nicht bemerkt hatte.

Bonewhite hatte ihn oft als „den kleinen Verrückten" bezeichnet, immer mit Humor und einem Grinsen, aber vielleicht hatte er Recht. Vielleicht war er verrückt. Warum sonst fühlte er sich so einsam, wo er doch sieben wirklich gute Freunde hatte, die mit ihm durch die Hölle gegangen waren? Nur, weil er kaum noch mit Bonewhite sprach und Guide ihm mittlerweile misstraute, statt ihn zu unterstützen wie früher?

Guide hatte sich während seiner Gefangenschaft verändert, das sagten alle. Und er hatte Bonewhite verändert, ihn beeinflusst, ganz sicher! Damit dieser keine Zeit mehr für ihn hatte – oder verbrachte. Vor Monaten hatten sie zuletzt längere Zeit miteinander geredet. Nicht über die Arbeit, sondern was sie sonst bewegte. Es war ein höchst unangenehmer Abend gewesen und Blueface beinahe froh, als er vorüber war. Es hatte nicht mehr viel gefehlt, und er hätte angefangen zu betteln. Um mehr Zeit, mehr Aufmerksamkeit, mehr Zuwendung. Aber damit hätte er Bonewhite nur verärgert. Nein, es war würdevoller, alles in Schweigen ausklingen zu lassen.

Trotzdem hoffte immer noch ein kleiner Teil seiner Seele, dass es wieder wie früher werden könnte. Manchmal träumte er davon, doch dann befand er sich wieder auf der Flucht, in Wäldern, Wüsten und Seenlandschaften von Planeten, die er weder davor noch danach je wieder betreten hatte. Darum nahm er sich fast jeden Abend vor dem Schlafen vor, nicht zu träumen. Besser Schwärze als noch einmal gehetzt und gejagt zu werden. Oder noch schlimmer: gefunden zu werden.

Traurig und müde rollte er sich unter seinen Decken zusammen wie ein Schlüpfling. Die Hände über der Brust gekreuzt, die Knie fast bis zur Nase angezogen, den Knochenkamm auf dem Rücken weit herausgestreckt.

A/N: Seit „Vegas" wissen wir, dass die Wraith eine Art Knochenkamm auf dem Rücken haben. Seit „38 Minutes", dass die Iratus-Käfer auf der Bauchseite sehr empfindlich sind – was liegt also näher, als die Embryonalhaltung bei einem Wraith wie bei einem Igel als Schutzhaltung anzusehen?

Blades sind die Militärs, Clevermen sind die Wissenschaftler, Ingenieure und Techniker. Drohnen sind Drohnen und werden von den männlichen Wraith befehligt.

Pallax sind männliche Mätressen, die sich die Königin hält und wie die Gefährten in der Zenana wohnen. Die Zenana ist eine Art Harem in unmittelbarer Nähe der Gemächer der Königin – die Idee stammt nicht von mir sondern ist aus „Homecoming" entliehen. Ein Gefährte ist eine Art „feste Beziehung" einer Königin, die durchaus mehrere haben kann.

Prolog und Kapitel 1 sind sehr kurz geworden, darum habe ich sie hier zusammengefasst.