Ada Potter und der Zahn der Zeit

1. Kapitel: Eine tolle Geburtstagsparty

Es war an einem 1. März. Wahrlich kein normaler Tag im Hause Stirling. Überall liefen die Vorbereitungen für das Fest am Abend auf Hochtouren. Die Familie Stirling war hoch angesehen, deshalb musste alles perfekt sein. Mrs Stirling beobachtete ihre Angestellten mit strengem Blick und lies keine Kleinigkeit aus. Wäre sie nicht so pingelig gewesen, hätte sie wohl bemerkt, dass das Geburtstagskind sich gerade durch den Dienstboteneingang des Hexenhauses davon stahl. Doch glücklicher weise hatte das deutsche Hausmädchen Mathilde aus versehen eine sehr teure Vase übersehen und war im Arbeitseifer darüber gestolpert.

Ada war nun im Schneetreiben verschwunden und machte sich auf zur Eislaufbahn. Dort wartete ein sehr guter Freund auf sie. Es war Dan Mantens. Ada und Dan kannten sich schon so lange sie denken konnten. Dans Schwester, Mary Mantens, war lange Zeit Adas Kindermädchen gewesen. Deshalb hatten die beiden, auch wenn Mr und Mrs Stirling das nicht billigten, da es sich nicht ziemt, schon als Babys miteinander gespielt.

„Komm Ada, willst du hier Wurzeln schlagen?" Dan zog Ada mit sich zur Bahn. „Sag mal, wie hast du es geschafft, aus dem best bewachtesten Gefängnis Englands zu entkommen?" Ada kicherte: „Mom ist im Moment in die Festvorbereitungen vertieft. Wenn sie merkt dass ich abgehauen bin, kann ich was erleben." Sie seufzte.

„Los, lass uns laufen!" Dan lief auf die Eisbahn und drehte sich aber um, als Ada ihm nicht folgte. „Moment mal, sag bloß nicht, du traust dich nicht?!" Ada schaute beschämt auf den Boden. „Dir passiert schon nichts!", beteuerte Dan, als er sie mit einem Ruck auf die Fläche zog. „Los..." Er nahm ihre Hand und schleifte sie mit sich, worauf Ada rot wurde, seine Hand losließ und mit einer Pirouette eine schwungvolle Bruchlandung hinlegte. Dan grinste, half ihr auf und versuchte ihr den ganzen restlichen Nachmittag das Schlittschuhlaufen beizubringen.

„Ich muss los..." Schon bei dem Gedanken an das Fest wurde Ada schlecht. Als sie das Haus wieder betrat, hörte sie die grelle Stimme ihrer Mutter durchs ganze Haus hallen: „Ada! Wo treibst du dich schon wieder rum? Komm auf der Stelle her!" Ada schluckte. Plötzlich trat der Butler hinter sie, warf ihr einen starren Blick zu und schob sie durch eine Tür. Augenblicke später fand Ada sich angeputzt in ihrem Zimmer wieder. Verblüfft schaute sie an sich herunter, hatte aber gar keine Zeit um sich zu wundern, denn Mrs Stirling stürzte in ihr Zimmer. „Kind, warum antwortest du denn nicht? –Du bist ja schon fertig! Welch Wunder, dass du auch nur einmal tust was man dir sagt!" Damit drehte sie sich um und stolzierte hinaus. Ada hingegen stand immer noch wie versteinert am Ort und rührte sich nicht. Der Butler war ihr schon immer komisch vorgekommen, vielleicht hatte sie sogar ein bisschen Angst vor ihm, aber was gerade eben passiert war, war nun wirklich zu seltsam. Sie schauderte noch immer, wenn sie sich an seinen starren Blick erinnerte. Doch sie wollte sich nicht länger ängstigen und betrat den Salon, in dem wohl an die 100 Bediensteten herum wuselten. Keiner von ihnen wollte Mrs Stirling Grund zum Zorn geben. Schon gar nicht seit Mathildes Vasenunglück. Die Ärmste saß nun schon seit Stunden in der dunklen Besenkammer und weinte. Noch ungnädiger war allerdings Mrs Stirlings weißer Handschuh, mit dessen Hilfe sie die unmöglichsten Stellen auf Staub untersuchte. Die Stirlings wollten nur das Beste, und was sie wollten bekamen sie auch.

Später am Abend, als die Gäste endlich eintrafen und Mrs Stirling ein gestelltes Lächeln aufsetzte, kam auch der Teil des Abends heran, auf den sich Ada freute. Das Geschenke auspacken. Es war ein Berg von buntem Geschenkpapier, in dem Puppen, seidene Haarschleifen und goldene Armreifen schlummerten, jedes Päckchen mit einer Karte versehen. Die meisten von ihnen fand Ada nicht sehr interessant. Sie hatte Schränke voller Spielzeug, dass ihr Mr und Mrs Stirling gekauft hatten. Ada war auch kein verwöhntes Gör, sie wünschte sich nur von Zeit zu Zeit, keine so reichen Eltern zu haben, sondern einfach normal zu sein. Deshalb gefiel ihr das unscheinbare, in braunes Geschenkpapier gewickelte Geschenk wohl auch so gut. Es war groß, aber dünn und besaß keinen Anhänger, geschweige denn einen Absender. Ada löste vorsichtig die Schnur und schob das Papier zur Seite. Es war ein großer Spiegel in einem mit Schnitzereien verzierten Holzrahmen und Ada hätte schwören können für den Bruchteil einer Sekunde ein merkwürdiges Wesen darin gesehen zu haben, das der Spiegelung entsprechend hinter ihr stehen müsste. Doch als sie sich umdrehte, konnte sie nur noch den geheimnisvollen Butler auf den Gang treten sehen.