Wie jeden Tag verschwand die Sonne auch heute am Horizont und überließ die Städte Aureaeta's der Dunkelheit. In diesen Stunden, in denen sich der Tag und die Nacht den Himmel teilten. Regierte heimlich die Angst über die Sterblichen. Sie fürchteten sich vor den Kreaturen die erwachten, wenn sie sich in ihre schützenden Wohnungen flüchteten und den nächsten Tag herbei sehnten.
Doch er verstand nicht, wieso sie sich vor etwas fürchteten, was sie kannten, was ein Ende hatte. Denn was war schon ein halber Tag ohne die Wärme der Sonne. Wenn man tausende Jahre ohne Licht in einem kalten Loch eingesperrt war. Wie ein wildes Tier, das von Jägern gefangen wurde, ohne Wasser und ohne die liebenden Hände seiner Liebsten. Doch er spürte, dass der heutige Tag der letzte war, den er missen musste. Schon bald würde er seine Freiheit zurück haben.
Anmutig, ihres Gewichts in keinster Relation, schwebte die Hoheitsfähre Phoenix über die kantigen Klippen der roten Küste hinweg. Vom tosenden Meer und den verwobenen Wolken unbeeindruckt näherte, sie sich ihren Ziel der Hauptstadt Halosis. Ein unerwarteter Ausfall eines der Hilfstriebwerke war Grund für diese Unannehmlichkeit für die sich die Crew mehrmalig und reuevoll bei den Fluggästen und vor allem beim Kaiser Angelo Gor und dessen Sohn Sora entschuldigten, bevor sie wieder in den versteckten Zwischengängen verschwand, um ihre Arbeit fortzuführen.
Doch nicht alle waren erleichtert darüber. Einer von den Besorgten saß grübelnd in seinem Sitz und murmelte vor sich hin, ehe er seinen Gedanken laut aussprach. „Ich will mir nicht anmaßen, die Entscheidungen des Kapitäns anzuzweifeln aber dennoch frage ich mich, ob es richtig war die Reise ohne das Ersatztriebwerk fortzusetzen, schließlich …", flüsterte der Leutnant der Raumfähre fast lautlos seinem Nebenmann zu und seufzte letztendlich auf. „ Mach dich keine Sorgen George, alles wird gut. Wie oft sind wir diese Route schon geflogen? Einmal, Zweimal? Nein schon alleine diese Woche ganze 29 Mal!", unterbrach der andere ihn schließlich um ihn zu beruhigen. „Du hast ja Recht!", beteuerte George nach längerer Bedenkzeit und sein Blick verlor sich im Tiefblau des Himmels was sich nur wenige Nuancen vom Azurblau des Meeres abhob „Du hast ja Recht", wiederholte er leiser und nahm einen tiefen Atemzug und wandte seine volle Konzentration den Geräten seiner Steuerkonsole zu.
Einen Moment voller Ruhe konnte er seine Bedenken unterdrücken dann jedoch überkam ihn wieder ein mulmiges Gefühl welches er mit dem routinierten Check der Geräte verdrängen wollte. Doch die Anzeigen dessen waren alles anderen als beruhigend. „Wir verlieren stetig an Höhe!", platze es aus ihm heraus und er sprang voller Panik auf. „Ich wusste es!", zischte er den Anderen Piloten im Cockpit zu und wusste nicht dass seine Reaktion nicht natürlich sondern von einer höheren Macht beeinflusst war. Einer Macht die, schon sehnsüchtig auf das Eintreffen der Fähre wartete und einen unplanmäßigen Halt erzwingen wollte.
„Calm down, George!", versuchte eine der Flugbegleiterinnen den blonden Nephilim zu beruhigen und ihn von den Konsolen zu seinem Platz zu dirigieren. All die beschwichtigenden Worte zeigten jedoch keine Wirkung. Wie von fremder Hand gelenkt versucht George immer noch verzweifelt die Fähre anzuhalten. „Bringt ihn weg!", befahl einer der Kapitän die junge Frau, die wie angewurzelt zwischen den beiden Männern stand. Abwechselnd sah sie die Beiden an. Zwar wusste sie, dass jeder Handgriff die Lage verschlimmern konnte, doch nicht, wie sie den immer panischer werden deren Blonden beruhigen konnte.
„Wenn du das nicht kannst, mach ich es! Geh wieder nach vorne und kümmere dich um deine Aufgaben!", sprach einer der Männer zu Paula und schob sie mit einer kräftigen Handbewegung zur Seite und ging an ihr vorbei.
Entgegen ihres Gefühls verließ die junge Frau ohne Widerspruch das Cockpit und schlich den Gang zu den Gasträumen entlang. Doch nur wenige Schritte später wurde sie von den gedämpften Schreien Georges überrascht. Es schien als hätte der sonst so kühne Leutnant nun völlig die Kontrolle über seinen Körper verloren. Unsicher wanderte der Blick der Frau zu der hinter ihr liegenden Tür, die gerade eben noch ins Schloss gefallen war. Die Stewardess wusste, dass es ihr Befehl es war sich ihren eigentlichen Aufgaben zuzuwenden doch ihr Gefühl flehte sie an, nach George zu sehen. Angestrengt blieb Paula stehen, starrte in die Leere und lauschte den Geräuschen, die aus der Kabine drangen. „George", hauchte sie, drückte ihre Hand gegen ihr Brustbein und drehte sich dennoch um. Ihre Pflichten riefen sie lauter als der Mann, mit dem sie heimliche sympathisierte, es jemals hätte tun können. Zögernd blickte sie zurück und wandte sich schließlich mit zitternden Knien endgültig ab um durch die zweite Sicherheitstür für immer zu verschwinden. Denn ein Wiedersehen mit George würde es für sich nicht geben.
