A/N: Hallo meine Lieben! Das ist es also, meine erste Fanfiction. Ich hoffe ihr habt Spaß mit dieser Geschichte! Ich denke ihr werdet sofort merken, wo die Geschichte anfängt :) Die Geschichte basiert auf den Informationen aus Buch 2 (Catching Fire), wo einmal kurz erklärt wird, wie Haymitch seine Spiele gewonnen hat. Ich habe diese Informationen genommen und die Geschichte drumherum gesponnen. Da ich die Bücher auf Englisch gelesen habe, kann es sein, dass ich einige Passagen oder Begriffe falsch übersetzt habe oder sie in der deutschen Version komplett anders sind. Wenn ihr etwas findet, lasst es mich doch bitte wissen! Solltet ihr die Bücher nicht gelesen und nur den Film gesehen haben, macht das nichts. Ihr solltet trotzdem allem folgen können. Außerdem habe ich ein paar Eindrücke von dem Film hier mit einfließen lassen!

Viel Spaß beim lesen!

Disclaimer: Mir gehören weder die Figuren, noch die Geschichte. Alles gehört Suzanne Collins oder Lionsgate! I do not own these characters or the story. Everything belongs to Suzanne Collins oder Lionsgate.


Kapitel 1

Weißes, grelles Sonnenlicht blendet mich. Es brennt mir in den Augen und ich kneife meine Lieder zu. Es schmerzt. Ich versuche sie langsam wieder zu öffnen, doch das Licht wird immer heller und ich halte mir schützend die Hand vor mein Gesicht.

Ich höre wunderschönes Vogelgezwitscher über mir. Das nächste was ich wahrnehme ist der überwältigende Duft von tausenden von Blumen. Der unglaublich Drang die Quelle dieses Geruchs zu erblicken lässt mich Helligkeit vergessen und ich öffne meine Augen einen Spalt breit. Ich blicke durch meine Wimpern hindurch, aber kann so nichts erkennen. Meine Sicht ist verschwommen und alles ist Blau schattiert. Doch als meine Augen sich langsam an die Sonne gewöhnen und ich mich traue, sie ganz zu öffnen, erblicke ich ein wunderschönes Farbenmeer zu meinen Füßen. Alles leuchtet in Rosa-, Gelb-, Rot- und Orangetönen, und vereinzelt sieht man grüne und mitternachtsblaue Flecken, die ein intensives Leuchten abgeben. Die Wiese scheint aus nichts anderem als Blüten zu bestehen. Es ist nicht wie zu Hause, wo auf den Wiesen nahe des Zaunes vereinzelt Wildblümchen wachsen. Ich habe noch nie etwas schöneres in meinem Leben gesehen oder gerochen.

Ich versuche ein paar der Blumen an ihrem Aussehen und Geruch zu erkennen, doch sie sind mir alle fremd. Ich will mich schon vorwärts bewegen und eine Hand voll dieser wunderschönen Pflanzen pflücken- vielleicht könnte ich Jasmine einen Strauss mitbringen, sie liebt Blumen über alles- als eine laute Stimme „Dreißig" ruft.

Mir ist als hätte man mich in Eiswasser getaucht. In mir zieht sich alles zusammen und ich bekomme keine Luft mehr.

Die Arena!

Mein Herz scheint für einige Sekunden auszusetzen und dann umso heftiger zu schlagen.

Was war geschehen? Wie konnte ich vergessen haben wo ich mich befinde?

Hektisch blicke ich mich um.

Da stehen sie. Alle siebenundvierzig Tribute auf ihren runden Metallplattformen, die in einem exakten Kreis angeordnet sind. Ich sehe das Mädchen aus Zwölf, Maysilee Donner. Sie steht nur fünf Plattformen zu meiner Linken. Sie scheint sich ebenfalls nicht bewusst zu sein, wo sie ist und was uns bevorsteht. Ihr Blick ist starr auf die Blumen unter ihr gerichtet.

Ich schaue die Anderen an und ihnen scheint es ähnlich zu ergehen.

Zwanzig"

Ich reiße mich von dem Anblick der Tribute los und meine Aufmerksamkeit gilt nun dem Füllhorn, welches genau in der Mitte des Kreises liegt, den die Tribute bilden. Es sieht anders aus, als in den letzten Spielen. Seine Oberfläche glänzt golden statt dem üblichen matten Grau-Schwarz und es ist mit Schnörkeln und Ornamenten verziert. Seine Öffnung befindet sich fast auf einer Linie mit mir, sodass ich hineinblicken und die Rücksäcke, Päckchen und Waffen in seinem Inneren inspizieren kann.

Ein Gitter an dem verschiedene Messer hängen, ein paar Schwerter, drei Bögen mit jeweils einem Köcher, verschiedene Speere...

Um das Füllhorn herum liegen zwar ein paar Rucksäcke, doch sie sind klein und enthalten vermutlich nicht besonders viel. Die mit den wichtigen Dingen, den Dingen, die man zum überleben braucht, liegen nahe des Füllhorns und somit auch in der Nähe der Waffen.

Wenn ich ein gutes Paket erwischen will, muss ich schnell sein. Ich habe zwar gute Reflexe, doch ich bin nie ein schneller Läufer gewesen. Aber waren die anderen auf kurzen Strecken schneller?

Ich muss es wohl riskieren, wenn ich etwas brauchbares erwischen möchte.

Und wohin dann?

Eine grauer Berg mit schneebedecktem Gipfel ragt zu meiner Rechten auf. Vor mir liegt eine Ebene die in Hügeln ausläuft, welche zweifellos zu dem Berg führen. Hinter mir liegt eine Anhöhe und ich kann nicht sehen was dahinter liegt. Es könnte alles sein.

Zu meiner linken, weit entfernt ein Wald, der sich Bergab erstreckt. Ja, das ist meine beste Chance.

Zehn"

Ich richte meinen Blick wieder auf das Füllhorn. Alles um mich herum verschwimmt zu einem Tunnel und das einzige was ich sehen kann, ist die runde Öffnung des Horns, die wie das riesige Maul eines Monsters vor mir aufragt. Ein Monster, das nur darauf wartet uns zu verschlingen und welches die Päckchen in seinem Inneren als Köder benutzt.

Ich mache mich bereit loszulaufen, und spanne sämtliche Muskeln meines Körpers an. Ich bin wie die Sehne eines Bogens, die zurückgezogen wird und nur darauf wartet losgelassen zu werden.

Fünf"

Ich halte den Atem an und spüre, wie das Blut durch meinen Kopf pulsiert.

Vier"

Drei"

Es fühlt sich an, als ob eiserne Ketten sich um meinen Körper zusammenziehen und mich bewegungsunfähig machen.

Zwei"

Eins"

„KNALL"

Bevor ich überhaupt realisiere, was passiert, bin ich schon nicht mehr auf meiner Plattform und spurte direkt auf einen braunen Rucksack zu, der neben dem Gitter mit den Messern liegt.

Innerhalb weniger Sekunden erreiche ich das Füllhorn und packe mir den Beutel. Ohne groß nachzudenken schnappe ich mir zwei Messer und einen Speer und renne wieder hinaus.

Ich sehe fünf Tribute auf mich zukommen. Der erste der mich erreicht, ein dreizehnjähriger Junge aus Sieben, rennt einfach an mir vorbei. Die nächsten zwei ebenfalls. Der vierte ist ein Karriero aus Zwei. Sein Gesicht ist zu einer Grimasse verzogen und von Schweiß bedeckt. Als er näher kommt, bemerke ich, dass es weniger eine Grimasse, als vielmehr ein teuflisches Grinsen ist.

Er versucht mich im Laufen niederzuschlagen und zielt mit der Kante seiner Hand direkt auf meinen Hals. Ich werfe mich zu Boden und rolle unter seinem ausgestreckten Arm hindurch. Ich habe noch genügend Geschwindigkeit, um wieder auf die Beine zu kommen und weiter zu rennen. Der fünfte Tribut, ein Mädchen, weicht mir aus und ich habe nun freien Weg zum Wald.

Ohne mich umzusehen renne ich weiter, bis ich die Bäume erreiche.

Ich verstecke mich hinter einem großen Baumstamm und versuche mir die Träger des Rucksacks um die Schultern zu schlingen, doch ich verheddere mich immer wieder. Ich hole ein paar mal tief Luft.

Schließlich schaffe ich es. Ich schiebe die Messer in den Gürtel und mit dem Speer in meiner rechten Hand renne ich den Abhang hinunter, immer weiter in das schützende Dickicht von Bäumen.

GGGGGGGGGGGGGG

Ich bin sicher schon eine Stunde gerannt und der Abhang ist einem stetigen auf und ab des Bodens gewichen, als ich die Kanonen höre. Ich bleibe stehen um die Schüsse zu zählen. Ich weiß nicht was ich erwartet habe, aber als es selbst nach fünfzehn nicht vorbei ist, macht sich Beklommenheit in mir breit. Ohne zu atmen warte ich bis es wieder still wird. Achtzehn. Achtzehn von achtundvierzig waren tot. Wir wussten alle, dass das Blutbad am Füllhorn schlimmer werden würde als sonst, aber selbst diejenigen unter uns die am realistischsten denken, haben viel weniger erwartet.

Und dann erreichte mich die ganze Tragweite dieser Zahl. Achtzehn Tribute weniger! Achtzehn Tribute, die nun keine Gefahr mehr darstellen.

Ich frage mich, ob die anderen aus Zwölf überlebt haben.

Das jüngere der Mädchen, Claire, ist gerade erst zwölf geworden. Jasmine ist mit ihrer großen Schwester befreundet, doch ich habe nie mehr als ein paar Worte mir ihr gewechselt. Die Leute sagen immer, sie lebe in ihrer eigenen Welt und hätte eine blühende Fantasie. Aber kann man es ihr verdenken?

Das andere Mädchen ist nur um einen Monat jünger als ich. Sie geht in meine Klasse, doch ich habe sie nie wirklich bemerkt, geschweige denn mit ihr geredet. Der Junge, Micha, geht in die Klasse unter mir. Ich habe ihn nie groß beachtet, da er aus einer der wohlhabenderen Familien kommt, aber soviel ich weiß, hat er drei kleine Geschwister.

Letztendlich aber, ist das einzige was uns hier in der Arena trennt, der körperliche Zustand indem wir uns befinden. Diejenigen, die ihr ganzes Leben genug zu essen gehabt haben, sind zwar stärker, leiden aber mehr unter dem schon bald einsetzenden Hunger, und die, die sich nie haben satt essen können, macht der Hunger zwar weniger aus, aber sie sind bei weitem nicht so stark.

Ein knacken der Zweige über meinem Kopf reißt mich aus meinen Gedanken. Ich sehe hoch und bemerke den grau-braunen Vogel der mich mit seinen schwarzen Knopfaugen mustert. Ich habe noch nie so einen Vogel gesehen. Er ist nicht besonders groß, wie eine Ente vielleicht. Weiße, fast silberne Streifen durchziehen seine Federn an seiner Brust. Er stößt einen merkwürdig dunklen Schrei aus, der viel zu tief für seinen kleinen Körper zu sein scheint, dann fliegt er weg. Das lenkt meinen Blick zum Himmel.

Dem Stand der Sonne nach laufe ich nach Osten. Ich erlaube mir einen Moment um meine Gedanken zu ordnen. Ich scheine immer noch alleine in diesem Teil des Waldes zu sein, aber wer weiß, ob nicht gerade einer von ihnen auf dem Weg zu mir ist. Ich habe mir keine genaue Strategie überlegt, bevor ich in die Arena kam, da ich keine Ahnung hatte was mich erwartete. Ich sehe mich um. Die Bäume hier sind nicht besonders hoch, zumindest nicht so hoch wie ich sie gewöhnt bin. Der höchste in meiner Umgebung ragt nur etwa sechs Meter in den Himmel und außerdem sind es größtenteils Nadelbäume. Wir haben zwar nicht viele zu Hause, doch ich erinnere mich genau an das Gefühl, wie es ist durch sie hindurch zu klettern. Es ist nicht besonders angenehm. Das bedeutet zwei Dinge: Einerseits bieten sie nicht viel Schutz, wenn man auf Bäume Klettern will, um etwa auf ihnen zu übernachten. Andererseits heißt das, dass es für die anderen unmöglich sein wird, jemanden von dort oben aus aufzulauern, was ein besonderer Nachteil für die sein wird, die einen Bogen tragen.

Langsam wurde ich wieder unruhig. Ich hatte noch nicht genug Abstand zwischen mich und den Rest der Gruppe gebracht und ich sollte mich nicht ausruhen. Noch nicht.

Ich beschließe weiter nach Osten zu laufen, da mich diese Richtung weiter vom Füllhorn, und somit auch von den Tributen wegführen wird.

Also renne ich weiter. Doch schon nach einer Viertelstunde muss ich mein Tempo drosseln, da meine Beinmuskeln langsam aber sicher den Tribut für die letzte Stunde zollen.

Verdammt! Nicht einmal zwei Stunden in der Arena und schon die ersten Anzeichen von Müdigkeit.

Nichtsdestotrotz muss ich weitergehen. Ich trabe nun mehr, als ich renne und versuche stets die Sonne auf meiner rechten Seite zu haben.

Die Umgebung scheint sich nicht zu ändern. Immer die gleichen Bäume, Steine und Gräser. Seltsames Vogelgezwitscher begleitet mich, und auch das scheint sich nicht zu ändern, als ob die Vögel mich begleiten würden. Manchmal blicke ich zu den Baumspitzen hinauf, um einen Blick auf die Sänger zu erhaschen, doch ich bekommen keinen mehr zu Gesicht.

Nach weiteren dreißig Minuten beginnt meine Kehle auszutrocknen und meine Schritte werden immer unsicherer.

Ich laufe einen Hang hinauf und stoße mich so kräftig wie möglich vom Boden ab, um schnell hinauf zu gelangen.

Als ich den höchsten Punkt erreiche, stelle ich mit Entsetzten fest, dass der Hang auf der anderen Seite steil abfällt. Ich will noch bremsen, aber meine Schuhe rutschen auf den am Boden liegenden Nadeln aus und ich stürze hinunter.

Der Fall dauert nicht lange, aber der Aufprall ist dennoch schmerzhaft. Sternchen tanzen vor meinen Augen und ein stechender Schmerz durchzuckt meine linke Schulter und Hüfte.

Ich bleibe einige Minuten liegen und hoffe inständig nicht ohnmächtig zu werden. Es wäre fatal jetzt auszufallen, da ich noch nicht genug Abstand zwischen mich und die anderen gebracht habe, und ich für ungewisse Zeit vollkommen schutzlos sein würde.

Als der Nebel in meinem Kopf sich zu legen scheint und ich nicht mehr nur rote und weiße Punkte sehe, versuche ich mich langsam aufzusetzen, wobei ich darauf bedacht bin, meine linke Seite nicht zu belasten. Ich beiße die Zähne zusammen, als das Pochen in meinem Kopf wieder schlimmer wird. Das Atmen fällt schwer, doch es funktioniert. Ich unterdrücke ein Stöhnen und schaffe es mich gegen den Erdhang zu setzen, von dem ich gerade gefallen bin. Ich blicke nach oben. Es war kein tiefer Sturz, vielleicht drei Meter. Langsam streife ich den Rucksack von meinem Rücken und lege ihn neben mich.

Innerlich verfluche ich mich für meine Dummheit. Das war wirklich das letzte, was ich hatte gebrauchen können. Ich berühre vorsichtig meine Schulter. Sie scheint nicht ernsthaft verletzt zu sein. Vermutlich ist es nur eine leichte Prellung. Was mir wirklich Sorgen bereitet ist meine Hüfte. Das Luftholen schmerzt immer noch und es pocht wie verrückt.

Ich kenne mich nicht besonders gut mit Verletzungen aus. Ich erkenne eine Grippe oder Erkältung, aber das war es auch schon.

Ich hole noch ein paar mal zitternd Luft und versuche den Reißverschluss meiner Jacke mit meiner rechten Hand zu öffnen. Zu meiner Erleichterung klappt es ohne weitere Probleme. Ich fummle einige Zeit am Ende des Reißverschlusses um die zwei Teile voneinander zu lösen, doch schließlich gelingt es mir. Ich bemerke, dass das Hemd, welches ich unter der Jacke trage erstaunlicherweise nicht klitschnass ist. Gutes Material, denke ich.

Ich versuche mich so gerade wie möglich hinzusetzen. Innerlich bereite ich mich auf eine erneute Schmerzwelle vor. Ich halte den Atem an und beginne mein Hemd langsam über meine Rippen zu ziehen. Zischend stoße ich die Luft aus. Ich zwinge mich erneut zu atmen und mache weiter. Es dauert einige Minuten, doch schließlich schaffe ich es, das Hemd über die verletzte Stelle zu schieben. Ich versuche meine Rippen zu inspizieren ohne mich viel zu bewegen. Nun, es hätte schlimmer kommen können. Eine etwa faustgroße, lila-blaue Schwellung breitet sich über meinen Rippen aus. Ich taste die Stelle vorsichtig ab. Ich kann es zwar nicht so gut beurteilen, aber ich glaube nicht das etwas gebrochen ist. Ich habe nicht viel Erfahrung mit Brüchen, das einzige was ich mir je gebrochen habe, war ein Finger, doch ich hörte einmal wie unsere Heilerin meiner Mutter erklärte, wie sie einen Bruch erkennen kann und ihn behandeln soll.

Ich beginne die Rippen um die Schwellung herum abzutasten- alles in Ordnung. Nun es ist wohl nur eine Prellung. Ich habe gehört, dass solche Prellungen oft genauso schmerzen wie Brüche, wenn nicht noch schlimmer. Ich ziehe mein Hemd wieder hinunter und schlage meine Jacke darüber.

Ich werde wohl noch eine Weile hier sitzen bleiben müssen. Laufen oder rennen wäre in diesem Zustand nicht möglich. Ich würde keine zweihundert Meter weit kommen.

Ich mustere meine Umgebung. Es sieht nicht anders aus als der Wald durch den ich bisher gelaufen bin. Ca. fünf Meter vor mir fällt das Gelände wieder leicht ab, sodass ich ein Stück weit hinunter sehen kann. Der Hang unter dem ich liege zieht sich zwanzig bis dreißig Meter in die Länge. Er sieht fast wie eine riesige Schanze aus- wie die, die wir als kleine Kinder immer aus Schnee gebaut haben, um mit flachen Brettern über sie drüber zu rutschen.

Die Spitze des Hangs ist leicht vornüber gewölbt, es kann mich also keiner, der von oben hinunter blickt sehen. Außerdem würde er mich, zumindest teilweise, vor möglichem Regen schützen.

Überall um mich herum sind Bäume und dichtes Unterholz, was wohl heißt, dass ich noch mitten im Wald bin.

Ich entferne die Messer aus meinem Gürtel. Erst jetzt bemerke ich wie gefährlich es gewesen ist, sie auf diese Weise zu tragen. Ich hätte mit Leichtigkeit auf sie fallen können. Einmal mehr verfluche ich meine Leichtsinnigkeit.

Ich betrachte sie genauer. Eines hat einen Gummigriff und eine schlanke, aber sehr scharfe, zwanzig Zentimeter lange Schneide. Das zweite ist schwerer. Sein Griff ist aus Metall und die Klinge sieht um einiges gefährlicher aus. Sie ist ungefähr dreißig Zentimeter groß. Vom Griff weg, sind die ersten paar Zentimeter mit Widerhaken versehen, die zweifellos einigen Schaden anrichten können.

Ich lege beide Messer griffbereit neben mir auf den Boden und sehe mich nach dem Speer um, den ich während des Sturzes losgelassen habe. Er liegt nicht weit von mir entfernt auf dem Boden. Vielleicht... Wenn ich mich strecke, kann ich ihn vielleicht mit meinem linken Fuß erreichen und ihn zu mir rollen. Ich knirsche mit den Zähnen. Die Aussicht mich schon wieder zu bewegen, versetzt mich nicht gerade in Hochstimmung. Ich bewege mich sehr langsam und mit größtmöglicher Vorsicht. Ich stütze mich mit meinen Händen am Boden ab und versuche das meiste Gewicht auf meinen rechten Arm zu verlagern. Langsam schiebe ich meinen Körper nach vorne, wobei ich mich mit meinem rechten Bein in der Luft halte. Ich wechsele von meinen Handflächen auf die Kanten meiner Unterarme und rücke mit der Hilfe meines rechten Beines noch ein kleines Stück weiter vor.

Ich strecke mich soweit aus, wie meine Rippen es erlauben und stoße nun mit der Spitze von meinem Fuß an den Schaft des Speeres. Ich versuche ihn in meine Richtung zu rollen, doch ich stoße ihn nur noch weiter von mir weg. Genervt stöhne ich auf. Das Pochen in Schulter und Hüfte wird wieder schlimmer und die Atmung fällt immer schwerer. Ich zwinge mich tief Luft zu holen und schiebe mich noch ein kleines Stückchen weiter vor. Ich erreiche den Speer mit meinem Fußballen und lege ihn mit größter Vorsicht auf den Schaft. Dann, ganz langsam, ziehe ich den Fuß zurück in meine Richtung. Zu meiner Erleichterung bewegt sich der Speer mit ihm. Ich hebe den Fuß an und setze ihn erneut auf dem Speer ab. So mache ich ein paar mal weiter.

Anziehen, anheben, absetzen. Anziehen, anheben, absetzten.

Ich bewege mich zurück nach hinten. Stück für Stück lehne ich mich wieder an den Hang und ziehe die Waffe so nahe an mich heran, dass ich ich sie mit der Hand greifen kann.

Ich wechsle den Speer von der linken Hand in die rechte und benutze sein Ende als Stütze, um mich noch ein bisschen weiter aufzusetzen.

Ich bleibe eine Minute still sitzen und warte darauf, dass das stetige Pochen und Drücken in Schulter und Hüfte abklingt. Doch ich warte vergebens.

„Oh Gott, reiß dich zusammen!"

Verbissen nehme ich den Speer auf meinen Schoß. Ich inspiziere ihn genauer. Er ist wegen seiner Leichtigkeit vermutlich aus Aluminium gefertigt. Mit Bedauern stelle ich fest, dass er keinen Widerhaken hat. Diese sind vor allem bei der Jagd unglaublich praktisch. Das Wild würde nicht weit kommen, wenn so ein Speer sich ihn ihm verhaken würde.

Ich hätte mir mehr Zeit nehmen sollen. Nur ein paar Sekunden mehr im Füllhorn und ich hätte meine Waffen besser aussuchen können.

Seufzend lege ich den Speer zu den Messern und ziehe den Rucksack auf meine Beine. Er ist prall gefüllt. Voller Erwartung schlage ich den Deckel zurück und öffne den Reißverschluss darunter. Das erste, was ich herausziehe, ist eine dünne, zusammengerollte Decke. Ich untersuche das Material. Es fühlt sich nicht besonders weich an, eher glatt, wie die Oberfläche der Jacke die ich trage. Wasserabweisend nehme ich an. Sie sieht nicht besonders warm aus, aber wer weiß, wie kalt es hier in der Nacht werden kann. Womöglich werde ich noch sehr dankbar für sie sein. Außerdem hat sie die Farbe des Waldbodens um mich herum, ein schmutziges Braun. Das heißt es würde sich besonders Nachts gut als Tarndecke eignen.

Ich lege sie neben mich auf den Boden und widme mich wieder dem Rucksack. Ich fasse hinein und das nächste was ich in der Hand halte ist eine Flasche, vermutlich aus irgendeinem Stahl. Ich versuche sie zu öffnen, doch der Deckel ist so fest draufgeschraubt, dass ich es nicht schaffe ihn zu drehen ohne einen Schmerz in meinem linken Arm zu verursachen. Also klemme ich mir die Flasche zwischen die Beine und drehe mit der rechten Hand. Ich rieche an dem Inhalt, doch kann nichts merkwürdiges oder unnormales feststellen. Ich nippe vorsichtig daran und stelle erleichtert fest, dass es nur Wasser kühles, erfrischendes Wasser.

Ich trinke ein paar große Schlucke und zwinge mich dann aufzuhören. Ich sehe die Flasche an. Sie enthält ein bis zwei Liter, also muss ich mir das, was noch da ist, genau einteilen.

Ich lege sie zu der Decke und hole als nächstes zwei Päckchen heraus. Ich schnüre das eine auf und stelle fest, dass es getrocknete Früchte enthält. Ich schiebe mir eine Scheibe Apfel in den Mund und öffne das andere. Trockenfleisch.

Ich widerstehe dem Drang gleich einen Streifen zu essen und verschnüre beide Päckchen sorgfältig. Außerdem ziehe ich noch drei Kraftriegel aus dem Rucksack. So ähnliche gab es auf der Fahrt zum Kapitol. Sie sättigen nicht besonders, aber sie stärken und machen wacher.

Alles was sich jetzt noch in dem Rucksack befindet, sind eine Schachtel Streichhölzer, ein dünnes, aber robustes Seil und zwei längliche Stangen, die mit einer gelblich-grünen Flüssigkeit gefüllt sind. Ich weiß nicht, was ich mit ihnen anfangen soll. Ich hebe sie mir unter die Augen und beobachte durch die durchsichtige Hülle hindurch, wie die Flüssigkeit in ihnen hin und her schwappt.

Ich beschließe, sie mir ein anderes Mal genauer anzusehen und stopfe sie zurück in den Rucksack.

Das gleiche mache ich mit allen anderen Dingen, die ich gerade ausgepackt habe.

Ich befestige außerdem das kleinere der Messer an einem Gurt an der Außenseite des Rucksacks.

Ich lege ihn links von mir auf den Boden und das andere Messer auf die rechte Seite. Den Speer lege ich auf meinen Schoß- jederzeit griffbereit.

Ich lehne meinen Kopf gegen den Hang und blicke in den Himmel. Kleine, flauschig aussehende Wolken ziehen weit oben vorüber. Der Sonne nach zu urteilen ist es noch für etwa drei Stunden hell. Ich beschließe noch eine halbe Stunde hier zu warten und mir dann einen sicheren Platz für die Nacht zu suchen. Zumindest so sicher, wie es in der Arena möglich ist.

Ich versuche zu rekonstruieren, was genau am Füllhorn passiert ist. Wie konnte ich mich so sehr ablenken lassen. Ich erinnere mich an den Moment, als sich die Glasröhre um mich geschlossen hat, sobald ich mich auf die Platte stellte. Ich weiß noch, dass ich mich zu Marleen umdrehte. Auch wenn sie mir als Mentorin nicht besonders viel genutzt hat, hätte ich in diesem Moment nichts sehnlicher gebraucht, als einen kurzen, zustimmenden, aufmunternden Blick ihrerseits. Stattdessen sah ich sie aus dem Raum verschwinden. Sie blickte nicht einmal zurück. Vermutlich nimmt sie an, dass ich in ein paar Tagen einfach nur ein weiteres totes Kind sein werde, dass sie in der letzten Woche seines Lebens am Hals gehabt hatte. Nun ich habe nicht vor so schnell zu sterben.

In den seltenen Fällen, in denen ich sie etwas gefragt habe, musste ich ihr jedes Wort einzeln aus der Nase ziehen. Vielleicht liegt es an ihrem Alter oder vielleicht hat sie nur schon zu viele sterben gesehen ,aber sie, genau wie mein Team von Stylisten, hat mir in den letzten Tagen nicht wirklich geholfen. Die Stylisten waren jedenfalls genauso einfallsreich wie eh und je. In den Wagen hatten wir aus Zwölf so viel Kohlenstaub auf Körper und Gesicht, dass wir beinahe nicht mehr als menschliche Wesen zu erkennen waren. Und bei den Interviews war es nicht besser. Die Mädchen trugen schwarze Kleider, die bei jedem Schritt etwas Kohlenstaub zu Boden rieseln ließen. Wir Jungen trugen einfache, schwarze Smokings. Fantastisch. Genau so begeistert man die Masse.

Also musste ich mir selbst helfen, indem ich ganz Panem wissen ließ, was ich von meinen Gegnern halte: Dass sie ein Haufen Idioten sind. Die Möglichkeit mich erst dumm zu stellen und dann in der Arena alle zu überraschen liegt mir nicht besonders, also habe ich die Offensive gewählt. Und dem Publikum hat es natürlich gefallen. Diese naiven Kapitolmenschen. Schon bei dem Gedanken an sie wird mir schlecht.

Und unsere Mentorin scherte sich nicht besonders um uns. Da sie die einzige noch lebende Gewinnerin aus Zwölf ist, mussten wir sie uns teilen. Sie begleitete zwar mich zur Plattform, die anderen wurde von ihren Stylisten begleitet, doch schien sie mich nicht wirklich zu bevorzugen. Ich hätte jeder sein können, es hätte nichts geändert.

Also brachte sie mich zur Plattform und verließ mich ohne ein weiteres Wort.

Ich gehe weiter in meinen Gedanken. Ich erinnere mich an den Anflug von Panik, als sich die Plattform bewegte. Das nächste, an das ich mich erinnere, ist das grelle Sonnenlicht. Ich habe mir die Hand vor die Augen gehalten und dann... Der Duft! Der unbeschreibliche Duft der vielen, wunderschönen Blumen auf der Wiese. Es war ein berauschendes und lähmendes Gefühl zugleich.

Aber wie ist es möglich, dass sie mich ganze dreißig Sekunden in ihren Bann ziehen konnten. Rückblickend kommt es mir nur wie ein kurzer Moment vor. Vermutlich war das nur ein weiterer Trick der Spielmacher. Was wäre es denn für ein Jubel-Jubiläum, wenn nicht schon am Anfang etwas für die Tribute gehörig schief gehen würde. So wie es scheint, ging es nicht nur mir so. Ich war als erster am Füllhorn und die anderen waren noch ein ganzes Stück weit davon entfernt, als ich wieder hinaus rannte. Zweifellos hatten die Spielmacher vor, den Kampf um die Waffen, Lebensmittel und lebenswichtigen Dinge so groß und blutig wie möglich zu machen. Nun ja, es gab achtzehn Tote. Das heißt sie hatten vollen Erfolg.

Ich bin gespannt wie viele Karrieros überlebt haben. In der Regel bringen sie sich nicht gegenseitig beim Blutbad um, sondern eliminieren alle „leichten" Opfer zusammen, um sich anschließend zusammenzuschließen und den Rest zu jagen. Egal wie groß das Team dieses Mal ist, ich nehme an sie sind in die Richtung des Berges marschiert. Da er vom Füllhorn aus näher liegt, ist es leichter sich erst einmal dort zu verstecken, als den langen Weg zum Wald zu riskieren, auf dem man mit Leichtigkeit einen Pfeil oder Speer in den Rücken bekommen könnte. Mir wird klar, dass ich es nur geschafft habe, weil ich den Überraschungsmoment auf meiner Seite hatte.

Ich muss vorsichtiger werden. Jede weitere unbedachte Handlung könnte mir das Leben kosten.

Ich blicke wieder in den Himmel und beobachte, wie ein Schwarm Vögel vorüberzieht. Ich kann nicht erkennen welche Art von Vögeln es ist, da sie sehr hoch fliegen. Als sie hinter den Baumwipfeln aus meinem Sichtfeld verschwinden, wünsche ich mir diese Fähigkeit nur für ein paar Tage besitzen zu können. Ich könnte mich in die Luft schwingen und alle anderen Tribute mit Leichtigkeit von oben aus erledigen. Keiner würde mich kommen sehen. Ich wäre innerhalb eines Tages der Gewinner.

Doch dieser Traum wird nie in Erfüllung gehen. Wenn ich gewinnen will, werde ich es auf die harte Weise machen müssen. Ich werde dem direkten Nahkampf nicht entgehen können.

Seufzend richte ich mich auf. Ich verbanne diese Gedanken vorerst aus meinem Kopf und mache mich dazu bereit weiterzulaufen. Ich nehme den Speer in meine rechte Hand und stütze mich mit seiner Hilfe vom Boden ab. Langsam stelle ich mich auf. Ich mache immer wieder kleine Pausen, um zu sehen, ob ich einigermaßen schmerzfrei atmen kann. Ich lehne mich die ganze Zeit an den Hang hinter mir. Endlich schaffe ich es, meine Beine durchzustrecken und gerade zu stehen. Zu meiner Erleichterung stelle ich fest, dass der Schmerz in meiner Schulter fast ganz verschwunden ist. Selbst das Pochen in der Hüfte lässt schnell nach. Ich bücke mich und hebe den Rucksack auf. Vorsichtig schlüpfe ich mit den Armen durch die Träger und teste, ob die verletzte Schulter das Gewicht aushält. Sie tut es. Ich nehme das Messer vom Boden und suche nach einer geeigneten Möglichkeit es an meinem Gürtel zu befestigen. Schließlich entscheide ich mich dazu, es in der Hand zu tragen und mir später etwas anderes zu überlegen. Ich nehme den Speer, der am Hang lehnt, in meine rechte Hand. Ich orientiere mich am Stand der Sonne, in welche Richtung ich jetzt laufen muss. Ich muss durch die Senke, die vor mir liegt. Durch die Bäume kann ich nicht sehen wie groß diese Senke ist, doch im Moment ist alles besser als bergauf laufen zu müssen.

Ich atme noch ein paar mal tief durch die Nase ein und den Mund aus. Als ich mich ein kleines bisschen beruhige, gehe ich die ersten Schritte. Zu meinem Erstaunen geht es ausgesprochen gut. Es sticht nur ein bisschen, aber es ist nichts, was ich nicht durchhalten kann. Und so mache ich mich auf den Weg hinunter, die untergehende Sonne im Rücken.

GGGGGGGGGGGGGG

Langsam rutsche ich den letzten Stein hinunter. Ich bin, als ich schon weit in die Senke marschiert war, an einen weiteren Hang gekommen. Dieser besteht aber hauptsächlich aus großen, glatten Felsen. Ich habe zuerst versucht neben den Felsen hinunterzugehen, doch dort sind so dichte, mit Dornen gespickte Büsche und Sträucher, dass ein Durchkommen unmöglich ist. Also musste ich wohl oder übel über die Steine klettern. Ich habe ca. eine Stunde gebraucht um hinunter zu kommen, was ärgerlich ist, da ich wertvolle Zeit verloren habe. Ich habe nur noch für etwa fünfundvierzig Minuten Tageslicht und brauche dringend einen Schlafplatz für die Nacht. Ich könnte zwar einfach auf einem der Felsen schlafen, doch sollte ich angegriffen werden, hätte ich mit meiner Hüfte keine besonders große Chance zu fliehen. Ich gehe also weiter. Der Waldboden ist nun eben und ich komme wieder schneller voran.

Die Luft kühlt langsam ab und der Wind frischt auf. Ich steige über einen umgefallenen Baumstamm und als ich mich auf ihm abstütze, um mein linkes Bein nachzuziehen, bemerke ich, dass das Moos, welches auf seiner Rinde wächst, nass ist. Ich betrachte meine feuchte Hand. Das heißt, es hat vor nicht allzu langer Zeit geregnet. Es kann also durchaus zu Niederschlägen kommen. Ich bin zwar nicht besonders scharf darauf, im Regen weiterzulaufen, aber es würde wenigstens eine Wasserquelle sein. Der Inhalt der Flasche in meinem Rucksack reicht höchstens für eineinhalb weitere Tage. Das beste wäre natürlich einen Fluss zu finden. Ich bin sicher, dass einer aus der Berggegend fließt, da die Bergspitze von Schnee bedeckt ist. Doch wer weiß, ob er auch durch diesen Wald kommt.

Die Bäume werden hier immer Dichter. Ich muss mich durch immer mehr Geäst zwängen und das Unterholz macht das Vorankommen auch nicht gerade leichter.

Ich gehe noch ungefähr zweihundert Meter und stoße dann auf ein extrem dichtes Dickicht. Das bringt mich auf eine Idee. Was wenn ich ein Loch in der Mauer aus Ästen und Zweigen finden würde. Ich könnte in das Unterholz kriechen und meinen Weg hinein wieder verschließen. Ich wäre zwar dort drinnen gefangen, doch es wäre eine nahezu perfekte Tarnung. Da ich selbst nicht hindurchsehen kann, warum sollten es die anderen.

Ich lege meinen Rucksack ab und laufe um die Stelle herum. Dieses Dickicht ist nicht besonders groß, vielleicht fünf Quadratmeter. Aber es sollte reichen. Zu meiner Bestürzung sehe ich keine geeignete Stelle, um hineinzugelangen. Ich unterdrücke den Fluch, der mir auf der Zunge liegt und sehe mir den Boden an. Es wäre vielleicht möglich hineinzukriechen. Ich finde einen Fleck, wo die Zweige und Büsche nicht so dicht zu sein scheinen. Ich nehme den Speer und beginne mit ihm darin zu stochern. Ich steche mit ihm hinein und bewege ihn hin und her, um das Gestrüpp auseinander zuschieben. Als sich ein kleines Loch auftut, knie ich mich davor, stecke den Speer erneut hinein und positioniere mich neben ihm. Ich fasse den Schaft mit beiden Händen und lehne mich mit meinem ganzen Gewicht dagegen. Langsam erweitert sich das Loch und ich kann ein kleines Stück hineinkriechen, um das Innere unter die Lupe zunehmen.

Erfreut stelle ich fest, dass es innerhalb des Dickichts einen kleinen, engen Hohlraum gibt. Er ist zu allen Seiten von sehr dichtem Geäst umgeben. Ich muss mir also nicht noch mehr Platz schaffen, was mir sehr gelegen kommt, da just in diesem Moment, die letzten Sonnenstrahlen verschwinden und die Gegend in düsteres Zwielicht gehüllt wird. Ich krabbele wieder hinaus und schnappe mir den Rucksack. Ich quetsche ihn durch die Öffnung und drehe mich wieder um, um mein Messer und den Speer zu holen. Ich schmeiße die Waffen vor mir durchs Loch und krieche hinterher. Als ich im Hohlraum ankomme ist es dort vollkommen schwarz. Ich drehe mich zu dem hellen Fleck um, der das Loch, durch das ich gekommen bin markiert und versuche die Äste, die ich noch vor ein paar Minuten mühsam zur Seite geschoben habe, zurück in Position zu bringen, um mich ganz abzuschirmen. Als es vollkommen dunkel um mich herum ist, schiebe ich mich zurück in den Hohlraum und setzte mich erst einmal hin, um abzuwarten, bis sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben. Als ich mich einigermaßen zurechtfinde, ziehe ich den Rucksack zu mir und hole die Decke heraus. Langsam kühlt die Luft ab und sobald der Boden beginnt seine Wärme zu verlieren, wird es sicher nicht besonders angenehm werden.

Ich werfe mir die Decke um die Schultern und lege die Waffen so hin, dass ich sie jederzeit greifen kann.

Ich packe die Flasche aus und nehme ein paar Schlucke. Es ist nicht genug, um meinen Durst zu stillen, aber es benetzt wenigstens meine ausgetrocknete Kehle. Ich verstaue sie wieder im Rucksack und nehme das Päckchen Trockenfleisch in die Hand. Zögernd schnüre ich es auf. Soll ich wirklich schon jetzt etwas essen? Doch der Hunger siegt und ich nehme drei Streifen heraus. Ich beiße ein Stück von einem herunter und kaue vorsichtig. Es ist köstlich. Innerhalb weniger Minuten habe die Streifen gegessen und schiebe mir auch noch eine Trockenfrucht aus dem anderen Päckchen in den Mund.

Als ich sie zurück in den Rucksack packen will, bemerke ich, dass die merkwürdigen Röhrchen leicht glühen. Ich nehme sie heraus und betrachte sie. Die Flüssigkeit gibt ein schwaches Leuchten ab, aber nicht genug, um die Umgebung zu erhellen. Ich schüttle sie, aber es gibt keine Veränderung. Vielleicht ist es irgendein giftiger Stoff. Ich werde nicht so dumm sein und sie öffnen. Es ist ja nicht gesagt, dass der Inhalt der Taschen und Rucksäcke immer hilfreich für den Tribut sein muss.

In diesem Moment höre ich die Hymne. Ich schlage die Decke zurück und krieche zur Stelle, wo das Loch gewesen ist. Ich schiebe die Zweige wieder zur Seite und klettere hinaus. Über mir leuchtet grell das Zeichen des Kapitols. Als die Hymne verklingt, verschwindet das Wappen und an seine Stelle tritt das Gesicht von einem blonden Mädchen aus Distrikt Eins. ich sehe zu wie Gesicht um Gesicht auftaucht und wieder verschwindet. Als die Tribute aus Zwölf an der Reihe sind, halte ich den Atem an. Es waren schon siebzehn Gesichter, das heißt es kann nur einer von uns gestorben sein. Das Gesicht das aufleuchtet ist das des kleinen, zwölfjährigen Mädchens. Ich beiße mir auf die Lippen und krieche zurück ins Zelt. Sie hätte vermutlich sowieso sterben müssen, also war es nicht besser, dass sie im Blutbad starb, anstatt noch tagelang in der Arena zu leiden? Obwohl sie technisch gesehen meine Gegnerin war, erlaube ich mir einen kurzen Moment des Bedauerns. Ich hoffe sie hatte einen schnellen Tod. Außerdem sind vier mögliche Karrieros tot. Ein Mädchen aus Eins, die beiden Mädchen aus Zwei und ein Junge aus Vier. Nun, das ist schon mal nicht schlecht.

Nun, da ich mich versteckt habe, kommt langsam die Müdigkeit. Meine Hüfte pocht immer noch, aber wenigstens schmerzt die Schulter nur noch bei Berührungen. Ich vergewissere mich noch einmal, ob die Öffnung gut verschlossen ist. Danach strecke ich mich auf dem Boden aus, der mit weichen Nadeln bedeckt ist. Ich lege den Speer griffbereit auf meine rechte Seite, behalte aber das längere der Messer in meiner linken Hand. Ich schiebe den Rucksack näher an mich heran, um ihn als Kissen zu benutzen und dann erinnere ich mich an die Decke. Ich greife nach unten und ziehe sie mir bis ans Kinn.

Ich starre an das Geäst über mir und versuche ruhig und bestimmt zu atmen. Bis jetzt hast du gut überlebt, sage ich mir. Du warst der erste am Füllhorn und konntest dem Blutbad entgehen!

Ja, bis jetzt habe ich gut überlebt. Der erste Tag in der Arena ist überstanden!

Ich beruhige mich etwas und schließe die Augen.

Langsam, ganz langsam wiegen mich die Geräusche der Nacht in einen unruhigen Schlaf.


So, das war Kapitel Eins! Ich möchte hier noch schnell einer Freundin und meinem persönlichen Komma-Engel danken. Ich musste leider feststellen, dass ich nicht wirklich begabt ihn Kommasetzung bin ;) Von ihr stammt übrigens auch die Idee für den Titel, also auch danke dafür!

Bitte, hinterlasst mir eine Review und sagt mir, wie ihr es findet!

TBC