"Then the heart of Éowyn changed, or else at last she understood it." The Return of the King
A/N: Man möge mir nachsehen, dass ich aus plot-technischen Gründen Faramirs und Éowyns Hochzeit vor- und nach Gondor verlegt habe.
Für das einzigartige Ereignis der Doppelhochzeit von Königs- und Truchsesspaar schien das Land seine letzten Reserven mobilisiert zu haben.
Faramir wusste, dass die Gondorrim für die Pracht dieses Festes bereit waren zu darben, fest entschlossen waren, ihre letzten Vorräte zur Bereicherung der Festtafel herzugeben, um der Einmaligkeit und Pracht einer Feier willen, von der sie noch ihren Urenkeln berichten würden.
Aber der Truchsess von Gondor wollte verdammt sein, wenn er nicht alles unternahm, um dieses Opfer zu verhindern. Das Hochzeitsgeschenk der Rohirrim - eine dreißigköpfige Herde ihrer zottigen, schwarzen Rinder - war in dieser Lage mehr als willkommen. Schweren Herzens entschied Faramir, dass lediglich zwei Färsen und einer der Stiere zur Zucht eingesetzt werden sollten, und übergab den Rest der Herde dem Küchenmeister.
Wundersamerweise stellten sich entgegen Faramirs Befürchtungen viele andere Aspekte der Ausstattung des Festes nicht als Problem heraus. So waren Fässer mit Wein des besten Jahrgangs, kostbare Tuche, Gewürze und andere Luxusgüter wie durch Zauberhand auf einem Markt erschienen, der doch gerade erst wieder begann, den alltäglichen Bedarf der Menschen zu decken.
Auch was die Aufbauarbeiten betraf, war die Lage besser als erwartet. Neben den vorrangigen Instandsetzungen der Wohnhäuser war genügend Material, Zeit und Arbeitskraft verblieben, um die Unterkünfte für die vielen Besucher rechtzeitig so weit herzurichten, dass die Einwohner von Minas Tirith sich nicht für ihre Gastfreundschaft zu schämen brauchten.
Sogar die Natur - oder die Mächte, die über sie walteten - schien dem anstehenden Ereignis wohlgesonnen. Nicht ganz drei Monate waren vergangen seit der großen Schlacht, und dennoch waren die schrecklichsten Narben verheilt; der Pelennor war wieder grün von jungem Gras und den ersten Austrieben anderer schnell wachsender Pflanzen.
Scharen von Kindern waren die letzten Tage damit beschäftigt gewesen, die Stadt mit Girlanden, Kränzen und Bouquets immergrüner Pflanzen zu schmücken, die nun sowohl die noch von der Belagerung gezeichneten Häuser, die wieder hergerichteten Bauten, deren Mörtel kaum getrocknet war, als auch die Ruinen, die aufzubauen sich bisher niemand gefunden hatten, verbrämten.
Faramir hatte den Tag damit zugebracht, unaufschiebbare Entscheidungen zu treffen, und Fürsten weit entfernter Provinzen zu empfangen, die ihren kurzen Aufenthalt in der Stadt dazu nutzen wollten, rechtliche Angelegenheiten vor Ort zu klären. Die Audienzen zogen sich aufgrund der unvermeidlichen Unterbrechungen in die Länge - wenn es nicht der Kämmerer war, der sich leicht panisch einen letzten Rat einholen wollte, was das Protokoll im Umgang mit den Elben betraf, so war es der Hauptmann der Stadtwache, der kam sich zu vergewissern, auf wen sich die Generalamnestie, die der König zu diesem Ehrentag erlassen hatte, im Detail erstreckte.
Als Denethors Sohn sich endlich von seinen Pflichten lösen konnte, berührte die Sonne bereits die Flanke des Mindolluin.
Nach einem hastigen Bad versuchte Faramir, sich mit einem Bimsstein die letzten Schatten eines Tintenflecks von den Fingern zu entfernen, während seine betagte Amme an dem Faltenwurf seines Umhangs herumzupfte, der einfach nicht zu ihrer Zufriedenheit ausfallen wollte.
„Ihr werdet noch zu spät zu Eurer eigenen Hochzeit kommen!", klagte die alte Frau, ohne zu bemerken, dass sie dies selbst mit verursachte, indem sie mit ihrem Herumscharwenzeln den Diener, der sich um Faramirs Haar kümmerte, weiter in seiner Arbeit behinderte. „Ich wünschte nur, Eure Mutter hätte diesen Tag miterlebt!", seufzte sie, „Die Herrin wäre so stolz auf Euch gewesen!"
„Ja, das wünschte ich auch", entgegnete Faramir und ließ sich ein Tuch reichen, um sich die Hände abzutrocknen und seinen Siegelring überzustreifen. Aber wer in Minas Tirith sehnte sich dieser Tage nicht danach, dass ein nun verlorener Mensch heute bei ihm sein könnte?
Cwenhild trat einige Schritte zurück, um ihn von oben bis unten zu mustern. Ihr Blick blieb schließlich an seinem Gesicht hängen.
„Ach Herr, Ihr seht ganz übernächtigt aus!", bemerkte sie mit der schonungslosen Offenheit, die das Vorrecht kleiner Kinder und der ganz Alten war. „Es ist nicht recht, dass der König Euch so viel Arbeit aufbürdet!"
Faramir wandte ruckartig den Kopf, was dem Diener hinter ihm einen unwilligen Laut entlockte, da die Bewegung den nur halb geflochtenen Zopf aus dem Griff des Mannes riss. Cwenhild merkte, dass sie mit ihrer Kritik am König zu weit gegangen war, sie starrte Faramir jedoch so erschrocken an, dass er die scharfen Worte der Schelte, die ihm auf der Zunge lagen, unausgesprochen ließ.
„Geh jetzt", wies er seine alte Amme stattdessen an.
Sie leistete ihm eilig Folge. Der Kammerdiener nahm seine unterbrochene Arbeit wieder auf - wenigstens hatte sich der Zopf nicht gänzlich gelöst, so dass es nicht nötig war, wieder ganz von vorne anzufangen.
Faramir warf einen Blick in den Spiegel. Cwenhild hatte ja recht, was sein Aussehen betraf, doch dagegen konnte er nichts unternehmen, und er musste darauf vertrauen, dass es bei den Lichtverhältnissen nicht so auffällig war: Die Feier fand nicht im Merethrond statt, sondern auf dem Hof des Springbrunnens im Freien, sehr zur Freude der Elben.
Wie am Mittjahrstag nicht anders zu erwarten, war der Himmel wolkenlos, sie würden unter dem Licht der Sterne und dem eines fast vollen Mondes tafeln.
Gondors Truchsess kam nicht zu spät, trat jedoch als Letzter zur Gruppe der Hauptpersonen des Abends.
Lächelnde Gesichter wandten sich ihm zu, fröhliche und scherzhafte Begrüßungen hießen ihn willkommen. Faramir bedankte sich mit einem Nicken, bevor seine Aufmerksamkeit von Éowyn gefesselt wurde. Hätten seine Pflichten ihn nicht daran gehindert, so wäre es die Tradition gewesen, die dafür gesorgt hätte, dass er seiner Zukünftigen vor der Trauung nicht zu Gesicht bekam: Hier war sie nun, trug den sternenbedeckten Mantel Finduilas', und darunter ein Kleid von der Farbe junger Birkenblätter. Es war schlicht geschnitten für gondorische Verhältnisse, die Ärmelaufschläge und der Halsausschnitt waren von Goldfäden durchwirkt. Éowyns Haar war zu einer kunstvollen Frisur aufgesteckt und wurde von einem Stirnreif umwunden, dessen Muster dieselben verflochtenen Tierleiber aufwies wie die Stickereien ihres Kleides.
Faramir ergriff ihre beiden Hände und führte sie an seine Lippen. Éowyn quittierte seine Stummheit mit einem strahlenden Lächeln - sein Blick schien genug zu sagen.
„Nun, da wir schließlich vollzählig sind, können wir ja beginnen", bemerkte Mithrandir schmunzelnd über das Gespräch der Zeugen hinweg.
Gondors Truchsess reihte sich mit seiner Zukünftigen hinter das Hauptpaar ein, dass sich noch einmal lächelnd zu ihnen umdrehte, bevor sie die Stufen des Weißen Turms hinab ins Freie schritten.
Beide, König und Königin, waren in dunklem Weinrot gekleidet, das Haar der Elbenfrau floss ihr wie ein Stück Nachthimmel offen über den Rücken. Hätte jemand Faramir die Frage gestellt, welche der beiden Frauen schöner war, er hätte nicht zu antworten vermocht - ihr Liebreiz war nicht vergleichbar, so wenig wie es die Makellosigkeit einer einzigartigen Perle mit der Anmut eines Singvogels gewesen wäre.
Auf dem Hof war eine lange Tafel in Hufeisenform errichtet worden, mit der Basis am Fuße des Weißen Turms. Dort, auf einem Podest, befanden sich die Plätze der Ehrengäste.
Der Hornstoß, der ihr Kommen angekündigt hatte, war verklungen, und sie schritten in erwartungsvoller Stille durch die Reihen der Geladenen, allein die Schabracken der Baldachine, die Wimpel, Girlanden, und Banner flatterten im Wind, der wie immer zum Abend hin aufgefrischt war.
Schließlich standen König und Truchsess Rücken an Rücken auf der unteren Stufe des Podiums, die Angesichter ihren zukünftigen Frauen zugewandt. Faramir streckte seine Rechte aus, Éowyn ergriff sie, und Éomer trat als ihr Zeuge vor, um ein seidenes Band um ihre Handgelenke zu binden. Elrond tat zur gleichen Zeit dasselbe bei Aragorn und seiner Tochter.
Faramir sah zu Mithrandir auf, der einige Stufen über den beiden Brautpaaren stand, auf seinen Stab gestützt, und mit vom Wind zerzausten Haar und Bart. Faramirs Blick traf den seines alten Mentors, der im selben Moment zu ihm sah und ihm lächelnd zunickte, ihm wortlos Zustimmung und Bestätigung vermittelte.
Dann räusperte der alte Zauberer sich, und als er sprach, trug seine Stimme mühelos bis in die hintersten Winkel des Hofes: „Über euch die Sterne, unter euch der Fels. Wenn die Zeit verstreicht, erinnert euch: Beständig wie die Sterne soll eure Liebe sein, unerschütterlich wie der Fels. Habt Geduld miteinander, seit standhaft in den Stürmen, die kommen werden, auf das diese Unwetter schnell verstreichen. Seid freizügig wie die Sonne im Spenden von Zuneigung und Wärme, gebt der Sinnlichkeit Raum. Seid furchtlos und lasst die Samen dunkler Worte nicht gedeihen, so wird der Segen der Vala auf euren Verbindungen ruhen. Jetzt und für immer."
Die Paare bekräftigten ihren Bund mit gegenseitigen Schwüren und tauschten schließlich ihre Ringe. Es gestaltete sich nicht ganz einfach, mit immer noch aneinandergebundenen Händen und der Linken das Schmuckstück an die Hand des anderen zu stecken. Ein Seufzen ging durch die Reihen der Zuschauer, als Éowyn der Ring Faramirs aus der Hand glitt; es war allein den schnellen Reflexen ihres Bruders zu verdanken, dass das Kleinod nicht auf den Boden fiel - was als äußerst schlechtes Vorzeichen der Ehe gegolten hätte.
Schließlich war es jedoch ohne weitere Zwischenfälle vollbracht: Die Bänder um ihre Handgelenke wurden wieder entfernt, um sorgsam aufbewahrt und irgendwann als Bordüre in die Kleidung ihrer Erstgeborenen genäht zu werden - dem Beweis, dass ihre Verbindung greifbar Frucht getragen hatte.
Die beiden Paare drehten sich der wartenden Menge zu, und der laute Jubel ließ einen Schwarm Stare erschrocken in den indigoblauen Himmel aufsteigen, die unter dem Dach des Turms von Ecthelion nisteten.
