1. Aufnahme
Als Harry an diesem Morgen erwachte, hatte sich eine Menge für ihn geändert. Gestern war er siebzehn Jahre alt und somit in der Zaubererwelt volljährig geworden. Damit erlosch der Zauber seiner Mutter und er musste nie mehr zu den Dursleys zurück kehren.
Zu seiner Geburtstagsparty im Grimmauldplatz 12, jetzt bedeutend bewohnbarer als vor einem Jahr, waren die Weasleys, Hermine, Lupin, Tonks und noch andere Mitglieder des Ordens gekommen. Später am Tag tauchten sogar Professor McGonagall und Dumbledore auf.
Als schließlich alle zum Abendessen versammelt waren, hatte Dumbledore ihm in einer kleinen Rede gratuliert und ihn gefragt, was er sich an seinem Ehrentag von ihm wünsche. Harry hatte daraufhin um die Aufnahme in den Orden gebeten.
Nach einer hitzigen Diskussion am Tisch meinte Dumbledore: „Harry, du bist zwar volljährig, aber du gehst noch zur Schule und die Regeln des Ordens sagen in diesem Fall klar, dass eine Aufnahme nicht möglich ist. Allerdings hast du Voldemort schon mehr als einmal erfolgreich die Stirn geboten. Darum werde ich dich in den Orden aufnehmen, aber du wirst nicht alle Rechten und Pflichten eines vollwertigen Mitglieds haben. Deine Ausbildung hat bei all deinen Aktivitäten Vorrang. Du darfst an den Sitzungen teilnehmen und kleine Aufträge innerhalb der Schule ausführen. Missionen außerhalb von Hogwarts wirst du nur in meiner Gegenwart begleiten, bei denen du dann genau auf meine Anweisungen hörst ... keine eigenmächtigen Handlungen. Hast du mich verstanden?"
Harry hatte natürlich genickt – besser im Orden mit eingeschränkten Befugnissen sein, als gar nicht. Also wurde für den nächsten Tag Harrys Aufnahmezeremonie in den Orden angesetzt.
Selbstverständlich hatten Ron, Hermine, Ginny und die Zwillinge noch bis tief in die Nacht mit ihm erzählt und diskutiert. Harry musste unwillkürlich grinsen, als er an die ganzen Spinnereien dachte, die sie sich alle ausgedacht hatten - von den Aufgaben der Aufnahmezeremonie bis hin zu gefährlichen Missionen im Auftrag des Ordens.
Als er noch eine Weile vor sich hin gedöst hatte, zog er sich an und ging leise um Sirius Mutter nicht zu wecken, zum Frühstück. In der Küche füllte ihm eine sehr wortkarge Mrs. Weasley den Teller voll. Sie hatte sich gestern am stärksten gegen Harrys Aufnahme in den Orden ausgesprochen, aber von ihrem beharrlichen Schweigen wollte er sich nicht seine Vorfreude auf den heutigen Abend verderben lassen.
Deshalb bedankte er sich nach dem Essen und verschwand dann jedoch sofort wieder in seinem Zimmer. Dort hielt Harry es allerdings nicht lange aus und so versuchte er zusammen mit Ron, Hermine und Ginny eines der wenigen schmutzigen Zimmer zu putzen.
Auf diese Weise verging der Tag schnell und schließlich wurde er von Dumbledore zur Aufnahmezeremonie abgeholt. Im Versammlungsraum saßen um die 20 Ordensmitglieder und warteten. Die meisten kannte Harry, aber es waren auch ein paar unbekannte Gesichter darunter.
Dumbledore führte ihn nach vorne und sagte: „Nun Harry, hier siehst du die für dich wichtigsten Ordensmitglieder. Falls du mich einmal nicht erreichen solltest, wird Professor McGonagall dein nächster Ansprechpartner sein. Da sie deine Hauslehrerin ist, fällt es nicht weiter auf, wenn du sie kontaktierst. Sollten wir beide aus irgendwelchen Gründen nicht anwesend sein, wirst du bitte zu Professor Snape gehen und ihm Bericht erstatten."
Bei diesen Worten sah sich Harry genauer um und entdeckte Snape im hinteren Teil des Raums. Sein Gesichtsausdruck zeigte deutlich, was er von Harrys Aufnahme in den Orden und seiner eigenen Rolle als Ansprechpartner hielt – rein gar nichts.
Harry hoffte, dass es niemals so weit kommen würde und er zu Snape gehen müsste. Während dessen fuhr Dumbledore fort: „Wie ich gestern bereits andeutete, wirst du an den Außenmissionen nur selten und wenn dann ausschließlich mit mir teil nehmen und strikt meinen Anweisungen folgen. Außerdem werden wir uns, so oft es geht sehen, damit du noch ein wenig Privatunterricht bekommst. Die Schule und vor allem deine bevorstehenden UTZ – Prüfungen haben allerdings absoluten Vorrang. Ich frage dich jetzt noch einmal: Bist du bereit dich voll und ganz an diese Regeln zu halten?"
Harry blickte ihm ernst in die Augen und meinte: „Ja bin ich!" Er konnte regelrecht spüren wie Snapes Blick sagte ´Seit wann hält sich der berühmte Harry Potter an Regeln?´ Aber er ignorierte ihn so gut es ging und konzentrierte sich ganz auf Dumbledore. Er nickte Harry kurz zu und führte ihn zu Fawkes, der auf einer Stange saß.
Der Phönix stieß eine Reihe heller Laute aus und Harry streckte instinktiv seine Hand nach ihm aus, um ihn zu streicheln. Als er das weiche Gefieder berührte, spürte er wie eine warme Welle seinen Arm hinauf lief. Sie breitete sich in seinem Körper aus und Harry fühlte sich seit langer Zeit wieder geborgen und zufrieden. Plötzlich erschienen Bilder vor seinen Augen: seine Eltern, Sirius, Dumbledore und seine Freunde.
In diesem Moment wusste Harry, dass er alles tun würde um seine Freunde zu beschützen. Er würde tun, was immer Dumbledore ihm sagen würde, wenn er dadurch nur lernen könnte Voldemort zu besiegen.
Mit einem Mal wünschte er sich nichts sehnlicher als ein Auror zu sein. Aber gleichzeitig wusste Harry, dass das dank Snape nicht ging. Er hatte es ja nicht in den UTZ – Kurs für Zaubertränke geschafft. Doch bevor die negativen Gefühle die Oberhand gewinnen konnten, spülte die Wärmewelle sie einfach fort, hinaus aus seinem Kopf und seinem Denken. Als Harry sich wieder zu Dumbledore drehte, blitzten dessen Augen hinter der Halbmondbrille amüsiert auf und er sagte: „Herzlich Willkommen im Phönixorden, Harry."
Damit war er in den Orden aufgenommen. Die Versammlung ging mit den Berichten der einzelnen Mitglieder weiter. Harry bemerkte überrascht wie viele Informationen bei Dumbledore ankamen. Vor allem Snapes Einsätze waren von unschätzbarem Wert. So erzählte er, dass Voldemort plane eine größere Muggelfamilie erst zu quälen und dann zu töten.
Dumbledore wählte neun Mitglieder aus, die die Muggel abwechselnd im Auge behalten sollten und im Notfall Alarm geben konnten. Nach einer Stunde schwirrte Harry der Kopf vor lauter Neuigkeiten und er war froh, als die Sitzung endlich zu Ende ging. Die meisten verließen auch sofort den Raum, nachdem sie sich kurz von Dumbledore verabschiedet hatten.
Harry wartete etwas abseits und beobachtete alles, als plötzlich Snape vor ihm stand: „Es erstaunt mich doch immer wieder, wie Sie es schaffen Ihren Willen durch zu setzen, Potter. Bedauerlicherweise werden Sie in der nächsten Zeit nicht den Helden spielen dürfen. Das muss doch eine wahre Enttäuschung für Sie sein ... genauso nutzlos wie Black es gewesen ist."
Harry hatte die ganze Zeit darauf gewartet, dass er wütend wurde, aber selbst bei der Erwähnung von Sirius blieb er völlig ruhig und gelassen. Der Hass, den er sonst so schnell fühlte und der ihn dann völlig ausfüllte, blieb einfach aus. Stattdessen kam die Erkenntnis, dass Snape zu wichtig für den Orden war und so sagte Harry nur: „Gute Nacht, Professor." und ließ diesen verwirrt stehen.
Er ging nochmal zu Fawkes, der ihn fröhlich begrüßte und ihn aus intelligenten Augen musterte. So bemerkte Harry gar nicht, dass sich der Raum immer mehr leerte, bis nur noch Dumbledore bei ihm war.
„Deinem verdutzten Gesichtsausdruck von vorhin nach zu schließen, beinhaltete die Aufnahmezeremonie einige Überraschungen für dich.", bemerkte der Direktor leise. „Was hat Fawkes mit mir gemacht, Professor?", fragte Harry. Dumbledore lächelte verschmitzt: „Er hat dir gezeigt, was es bedeutet in seinem Orden zu sein und dass man für das gemeinsame Ziel manchmal seine eigenen Wünsche zurück stecken muss."
„Kann er auch meine Gefühle manipulieren, zum Wohl des Ordens?" „Was meinst du damit, Harry?" „Vielleicht war es einfach nur meine Nervosität und die ganzen Informationen danach. Am besten ich geh ins Bett. Gute Nacht, Professor.", erwiderte Harry nach einigem Zögern und trottete müde in Richtung Tür. „Gute Nacht, Harry.", rief ihm Dumbledore nach, während er nachdenklich seinen Phönix ansah.
