1. Kapitel
Schweißgebadet schreckte Harry aus einem Alptraum hoch. Automatisch wanderte seine Hand zu seiner Narbe Diese würde jedoch nie wieder schmerzen. Voldemort war vernichtet. Er würde nicht mehr wieder kommen. Dafür hatten sie gesorgt. Es gab keine Horcruxe mehr.
Er hörte lautes Getrappel und seine Tür wurde aufgeschlagen. Dort standen Hermine und Ron.
„Was ist los, Alter?", fragte Ron.
„Schlecht geträumt."
„Schon wieder?", fragte Hermine besorgt.
„Was will man erwarten, wenn man erst vor kurzem den dunkelsten Magier des Jahrtausends vernichtet hat?"
„Aber Harry, das ist mittlerweile zwei Monate her!"
„Hermine, meine Beziehung zu Voldemort war immer anders. Die Nachwirkungen werden immer anders sein, als zum Beispiel bei euch. Er hat nicht eure Eltern getötet und tausendmal versucht euch zu töten! Er war bei euch nicht für ungefähr ein Jahrzehnt dafür verantwortlich, ein eingeschränktes Leben zu führen!"
„Ich will dir doch nur helfen", Hermine setzte sich neben ihn und legte ihm einen Arm um die Schulter. Ihre Beziehung war seit dem Beziehungsaus zwischen ihr und Ron um einiges stärker geworden. Auch die physische Ebene, jedoch nur freundschaftlich. Ron guckte die beiden nur seltsam an.
„Du könntest auch was besseres machen als nur dumm rumzustehen, Weasley!", fauchte Hermine Ron an.
„Hermine, bitte. Ich kann es grad nicht gebrauchen, dass ihr euch wieder streitet."
„Dann soll er nicht so dumm rumstehen!" Die beiden waren in einem gemeinsamen Raum unausstehlich.
„Ach, und was soll ich nach Miss Neunmalklug bitte sehr machen? Das ist ein Mädchending, das mit dem Trösten und so!", argumentierte Ron.
„Auch Männer können trösten! Und nur weil du das nicht kannst, musst du nicht von dir auf andere schließen."
„Ich... Du... Das hab ich nie gesagt!" Mit diesen Worten rauschte er davon.
„Müsst ihr euch immer so anzicken?"
„Wenn Ron öfter denken würde, würde das nicht so oft passieren."
„Ist schon gut..."
„Wenn du möchtest kann ich morgen anfangen dir einen Trank gegen Träume zu brauen", kam Hermine auf das eigentiche Thema zurück.
„Danke. Du bist die Beste!" Hermine hatte ihren Arm immer noch um Harrys Schulter geschlungen.
„Du, sag mal Hermine, wie spät ist es eigentlich mittlerweile?" Sie schaute auf die Uhr.
„Mittlerweile viertel nach fünf. Sollen wir runtergehen?"
„Ja, lass uns das machen. Vielleicht können wir ja schon mit dem Trank anfangen."
„Wir können die Zutaten schon mal vorbereiten. Der Trank selbst muss in der Abenddämmerung zubereitet werden."
„Ok, dann können wir ja schon mal Frühstücken."
„Ja, das klingt gut. Ich brauch jetzt erst einmal Kaffee."
Alleine saß Draco am Frühstückstisch. Es würde nicht mehr lange dauern und das letzte Jahr würde für ihn anfangen. Seit die Schule geendet hatte, aß er jede Mahlzeit alleine, es sei denn, wenn ihn seine Freunde besuchten. Außer ihm und ein paar Hauselfen gab es niemandem mehr in diesem großen Haus.
Es war drei Tage nach dem Finalen Kampf und ein Großteil der magischen Welt lag in Trümmern. Und dazwischen stand er, mit seinen Freunden an seiner Seite.
„Was sollen wir jetzt machen?", fragte er hilflos.
„Ich weiß es nicht." Blaise.
„Ich auch nicht." Vincent.
„Ich glaub keiner weiß es. Wie denn auch. Solche Situationen kommen nicht ganz so oft vor." Pansy. Sie saßen schweigend bei den Parkinsons im Wohnzimmer.
„Wisst ihr was, ich muss jetzt nach Hause. Meine Mum ist momentan nicht gerne alleine", sagte Blaise und mit ‚Plopp' verschwand er.
„Ich muss auch los. Die im Ministerium warten auf mich. Auf dich auch, Vincent." Er erhob sich und umarmte Pansy und reichte Gregory Goyle die Hand.
„Wir sehen uns!" Er streute Flohpulver in den Kamin, trat ein und rief ‚Zaubereiministerium'. Danach war er verschwunden. Crabbe folgte ihm kurz darauf.
In der Eingangshalle des Ministeriums angelangt herschte wie immer großes Treiben. Mehr als sonst. Es musste so viel geregelt werden. Sie gingen durch die Sicherheitskontrolle und warteten auf die Fahrstühle. Als dieser ankam, sausten ihnen ein paar Memos entgegen, traten sie mit anderen Wartenden ein. Er drückte den Knopf für die dritte Kelleretage.
„Wieder welche", murmelte einer der Anwesenden seinem Nachbar zu und schüttelte traurig den Kopf. Mit einem ‚Pling' öffneten sich die Türen und die beiden traten hinaus. Im Flur wandten sie sich nach links und gingen auf die freundlich blickende Empfangsdame zu.
„Guten Tag, ihr Lieben, was kann ich für euch tun?"
„Wir müssen zu, äh, Mrs. Bloomsfield."
„Ihr müsst einfach nur dem Gang folgen und die vierte Tür von links ist Mrs. Bloomsfields Büro." Ein mitleidiger Blick streifte die Jungs.
„Danke", sagten beide höflich und gingen in die ihnen gewiesene Richtung. Sie klopften und eine Stimme bat sie herein.
„Bitte nehmt doch noch kurz Platz. Mrs. Bloomsfield hat gleich für euch Zeit."
Sie ließen sich auf zwei Stühle nieder. Außer ihnen saßen dort noch drei weitere Kinder und Jugendliche. Zwei davon waren, wie es aussah, Brüder. Beide noch sehr jung, vielleicht fünf und neun Jahre alt. Dann gab es noch ein Mädchen. Sie saß schweigend da und starrte die gegenüberliegende Wand an.
Nach ungefähr zehn Minuten wurde die Tür geöffnet und fünf andere Jugendliche und Kinder traten erleichtert heraus.
„Ihr könnt jetzt hinein", sagte Mrs. Bloomsfields Sektretärin. Hinter dem Schreibtisch erblickten die fünf eine kleine, rundliche Frau in ihren Vierzigern. Mit einer einladenden Geste zeigte sie auf die Stühle vor ihrem Schreibtisch. Nachdem sie sich nieder gelassen hatten, fing sie auch schon ohne große Umschweife an zu reden.
„Nun, fangen wir an. Erst einmal, jeder Richtige anwesend? Es sollten hier sein: Crabbe, Vincent
Diggory, Eric
Diggory, Henry
Malfoy, Draco und
Watson, Adele.
Stimmt es?" Stummes nicken.
„Gut, kommen wir zuerst zu den leichten Fällen. Eric und Henry." Sie zog eine Akte aus einem großen Stapel von ihrem Schreibtisch.
„Beide Eltern im Kampf gefallen. Richtig?" Wieder ein nicken.
„Gut. Oh, eine gute Nachricht für euch." Die beiden guckten sie verwundert an.
„Es scheint so, als ob ihr es noch nicht wisst. Eure Tante und euer Onkel wollen euch, wenn ihr damit einverstanden seit, adoptieren. Sie schreiben, sie würden sich freuen wenn ihr ihre Kinder sein wollen, nach dem ihnen vor zwei Jahren ihr einziges Kind geraubt wurde." Die beiden sahen sich an. Beide hatten den Wunsch wieder eine Familie zu haben. Mutter und Vater, die einen liebten. Somit waren die Diggory Brüder einverstanden.
„Schön, dass das so schnell ging. Nun zu dir, Adele. Vater unbekannt, Mutter im St.-Mungo auf der geschlossenen Station für irreperable Fluchschäden?" Ein gequältes nicken. Ihr traten Tränen in die Augen.
„Auch mir liegt ein Schreiben für dich vor. Es stammt von deinem Bruder. Er möchte gerne deine Vormundschaft bis zu deiner Volljährigkeit übernehmen." Unter Tränen stimmte sie zu.
„Und nun zu den schwierigeren Fällen. Vincent Crabbe." Wieder zog sie eine Akter heraus.
„Beide Eltern mehrfach lebenslänglich in Askaban?" Schweigend stimmte er zu. Sie studierte seine Akte. Vincent räusperte sich.
„Ja?"
„Ma'am, wenn es der Fürsorge nichts ausmacht, werde ich bei einem Freund bis zu meiner Volljährigkeit unterkommen. Seine Eltern haben mir dies angeboten."
„Name der Familie? Und es wäre auch gut, wenn du mir eine Einverständniserklärung von ihnen vorzeigen könntest."
„Familie Goyle, wohnhaft in Birmingham." Er kramte in seinem Umhang und zauberte einen Umschlag heraus.
„Hier, bitte." Sie las den Brief gründlich und sprach ein paar Zauber zur Überprüfung der Richtigkeit des Briefes.
„Scheint alles in Ordnung zu sein. Und meinetwegen soll dem nichts im Wege stehen.
Und nun zum Schluss, Draco. Vater im Kampf gefallen, Mutter auf der geschlossenen Station in Askaban, danach weiterer Aufenthalt im Mungos?"
„Richtig." Sie las gründlich seine Akte.
„Nun Junge, bei dir könnte es ein wenig schwieriger werden. Fast deine ganze nähere Verwandschaft ist tot oder steckt in Askaban..."
„Ma'am", unterbrach Draco sie. „Um ihnen eine menge Arbeit zu ersparen, möchte ich ihnen vorschlagen, dass ich bis zu meiner Volljährigkeit auf mich selber aufpasse, denn sie werden niemanden in meiner Familie finden, der nicht, wie sie schon so richtig gesagt haben, entweder tot ist oder in Askaban steckt. Auch, wie ich weiß, jemanden lebendes finden werden, werden mich diese nicht aufnehmen wollen."
„Nun, wann werden sie denn Volljährig?"
„In 39 Tagen, Ma'am. Und ab nächster Woche werde ich wieder in Hogwarts sein, um mein sechstes Schuljahr zu beenden und die ZAG Prüfungen abzulegen."
„Es scheint keine bessere Lösung zu geben." Stimmte sie mit einem Seufzen zu, nachdem sie seine ganze Akte durch gewälzt hatte. Danach gab sie ihnen noch ein paar aufmunternde Worte mit auf den Weg.
Draco flohte zurück zu seinem Haus. Als er aus dem Kamin trat, sah er Severus Snape gemütlich in einem Sessel sitzen.
„Guten Abend, Draco."
„Was willst du hier?" Er hatte das Gefühl, dass Severus nicht nur da war, um zu sehen, wie es ihm ging.
„Ich soll dir vom Orden ein Angebot unterbreiten." Kam dieser ohne Umschweife auf das eigentliche Thema, denn er sah, dass Draco genervt war.
„Was will der denn schon?", fragte er abfällig.
„Für die Zeit, in der keine Schule ist, das heißt die Ferien, kannst du, wenn du möchtest, mit im Quatier des Ordens wohnen. Dort gibt es genügend Platz und du wärst nicht einsam." Ohne groß zu überlegen sagte Draco:
„Sag deinem Orden, dass ich lieber in einem Drachennest wohnen würde, als mit diesen Versagern unter einem Dach. Und scheiß auf das Alleinsein. Ich bin seit fast 17 Jahren allein und da hat es auch niemanden gestört, ob ich nicht eigentlich lieber wo anders leben würde."
„Ich werde es dem Orden mitteilen." Er erhob sich aus dem Sessel und ging an Draco vorbei, auf den Kamin zu, wo er von grünen Flamen verschluckt wurde.
Er schob sein Frühstück zur Seite, da ihm der Appetit vergangen war. Danach ging er in sein Zimmer und zog die Tür hinter sich zu und vergrub sich in ein Buch.
