ANMERKUNG:
Ich besitze keine Rechte an "Avatar - der letzte Luftbändiger" oder "Avatar - der Herr der Elemente". Ich bin nur ein Fan. :)
MESSER-NÄCHTE
Mai war langweilig.
Nicht, dass das etwas Neues gewesen wäre. Mais Langeweile war in ihrem Leben so allgegenwärtig wie die Farbe ihrer Nation, Rot, oder wie das leise Klirren der Tablette in den Händen der Diener.
Eigentlich konnte sie sich gar nicht so richtig daran erinnern, wann ihr zum letzten Mal NICHT langweilig gewesen war.
Der Winter war gekommen und gegangen, mitsamt seiner Kälte. Noch so etwas, dass Mai an diesem Ort hassen konnte: Daheim, in der Feuernation, hatte es niemals echte Winter gegeben, und ganz sicher keinen Schnee! Vielmehr war „die kalte Jahreszeit" wie eine lange frische Brise gewesen. Hier, in einer geradezu lächerlich erdigen Stadt mit dem noch viel lächerlicheren Namen „Omashu", hatte sie oft gefroren, trotz der Kamine. Sie hatte sich oft in den Tiefen der Bücherei verkrochen. Dort, wo der Raum so von Büchern eingenommen wurde, dass kaum noch Platz für patriotische Symbole an den Wänden blieb. Hier konnte sie sich fast einreden, es wäre alles genau wie in der Feuernation. Fast.
Jetzt rückte der Frühling näher, aber Mai hockte noch immer die meiste Zeit über in der Bibliothek. Nur nachts ging sie oft nach draußen.
„Zeit für ein bisschen Spaß.." murmelte sie ihrem Spiegelbild zu, als sie sich wieder einmal nach dem Abendessen umzog. Als ihr Spiegelbild nur ungläubig die Augenbrauen hochzog, lachte sie leise. Gut, dass Mutter und Vater heute in feiner Gesellschaft und somit abgelenkt waren. Das bot ihr die Gelegenheit, sich selbst auch ein wenig zu amüsieren. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten, versteht sich.
Mai trug immer mindestens 52 Messer am Körper. Das war ihre goldene Regel. Acht davon an jedem Bein, an feinen Riemen um die Oberschenkel geschnallt, so dass Mai sie selbst bei Tisch sacht spürte, wenn sie die Hände vornehm in den Schoß legte.
Vier weitere Messer trug sie am Bauch, oder im Saum ihrer Kleidung an der Hüfte.
Ein paar kleine zusätzliche Messer versteckte Mai in ihren Haaren, unter dem dichten schwarz verborgen. Selbst wenn jemand ein Messer dort entdeckt hätte, konnte man den Schein der Klingen sicher leicht mit dem ihrer Haare verwechseln. Mais Mutter strotzte manchmal vor Stolz über den Glanz dieser Haare.
(„Seht nur, wie sie das Licht zurück werfen! Zauberhaft, nicht wahr?" - Mais Mutter prahlte gern vor Anderen mit ihrer Tochter, eine wahre Ironie, wie Mai fand.)
Die meisten Messer an Mais Körper jedoch verbarg sie in ihren langen, weiten Ärmeln. Manchmal zog sie, vor fremden Blicken geschützt, ein Messer hervor und ließ es durch ihre Finger wandern. Mai spielte gern mit Messern. So gut wie nichts kam für sie an das Gefühl heran, das Metall zwischen den Fingern zu spüren, die Kanten abzutasten, oder gar ein Messer zu werfen. So – genau so – muss sich ein Bändiger fühlen, dachte Mai oft.
Als sie an jenem Abend an ihrem Balkon hinabstieg, um über die Dächer einer ihr verhassten, erdigen Stadt zu klettern, hatte Mai natürlich mehr als nur 52 Messer dabei. Besondere Anlässe verlangten nach besonderem Aufwand. Unter ihrer Kleidung war sie jetzt von Kopf bis Fuß mit Klingen und Feilen bedeckt, das Metall schmiegte sich kühl an ihre Haut und gab ihr gleichzeitig ein Gefühl von Nervenkitzel und Sicherheit.
„Na kommt schon raus, ihr Widerstandskämpfer. Ich hab Lust zu spielen.", flüsterte Mai, als sie sich davon stahl, und für ein paar wenige Stunden war die Langeweile fast vergessen. Fast.
