Nachtgeburt

Kapitel 1

Es war die schwärzeste Nacht seit langem.

Der Mond stand voll und groß am Himmel, doch so groß auch der Schein des Lichtes um ihn herum war, er drang nicht bis auf den Erdboden hinab, und alles schwebte in beinahe völliger Dunkelheit.

Die Kälte und der beißende Wind durchzogen die Nacht mit unerbittlicher Härte und außer dem gespenstischen Heulen des Windes war weit und breit nichts zu hören.

Nichts, ausser den alten, dumpfen Glocken die Mitternacht schlugen.

Vinya schlang sich ihren dick gefütterten, weinroten Brokatumhang enger um den Körper und versuchte auszumachen, wie weit sie wohl noch von ihrem Ziel entfernt war, doch es waren nur kaum zu erhaschende Silhouetten zu erkennen.

Schwarz auf Schwarz, umzogen von Nebel, der sich über den Boden des kargen Waldes schlängelte, als würde er die gefährlich eigenständigen Dornenranken die aus dem Boden hoch ragten verführen wollen.

Der Winter war schneller gekommen, als irgendwer damit hätte rechnen können, doch andererseits...

Wie sollte die Natur sonst auf diese Veränderungen reagieren?

Hatte sie überhaupt eine Chance gehabt nicht zu trauern und die Welt nicht einem tristen,kargen Gemälde anzugleichen, nun wo es nach so langem Kämpfen geschehen war?

Die Welt hatte sich gewandelt, in den Köpfen der Wesen die in ihr lebten, sowie auch in ihrer Substanz.

Zuviel Blut und Tränen hatte die Erde in sich aufnehmen müssen, als sie die jahrelangen Kämpfe überdauerte, nun hatten Blut und Tränen ihre Wurzeln in sie geschlagen.

Es war Winter geworden. Viel zu schnell hatten Kälte, Einsamkeit, Dunkelheit und Angst Besitz von der Welt ergriffen.

Die Welt der Magier war ein dunkler Ort geworden, in dem jeder falsche Schritt tödlich enden konnte, in dem hinter jedem verwelkten Strauch ewige Qualen lauern konnten.

Solange man nicht einer von ihnen war.

Doch die Grenze zwischen Magiern und Nichtmagiern war wie ein todbringendes Fallbeil in den bereits von zuviel Blut getränkten Boden getrieben worden, und hatte tiefe Narben hinterlassen.

Es gab keine Verbindung mehr zwischen den beiden Welten, das war das letzte Erbe des Ordens des Phoenix. Die Welt der Nichtmagier war vom Orden für immer von der der Magier getrennt worden, wohlwissend, dass die Menschen sonst als bloßes Schlachtgut für Voldemort und seine Anhänger dienen würden. Der Orden selber war gnadenlos in einer grausamen Nacht von der "schwarzen Schar" ausradiert worden. Nicht ein einziger von ihnen hatte überlebt.

Seit dem Tage, an dem alle Verfechter der Welt wie sie vorher existierte zu Tode gefoltert wurden und Tausende von anderen Seelen ihr Leben hatten lassen müssen im Auftrag des dunklen Lords, war es immer Nacht in der Welt der Magier.

Und ewig lauernd schwebte das Verderben bringende Zeichen des dunklen Lords in der Luft.

Die reinblütigen Magier die nicht Voldemorts schwarzer Schar der Todesser angehörten durften ihr Leben behalten, ihren Stand und ihre Ehre als Reinblüter, doch nur wenn sie sich der Schreckensherrschaft des dunklen Lords ergaben. Blutsverräter oder Sympathisanten der Schlammblüter wurden zusammen getrieben und in einem hoffnungslosen Spiel auf Leben und Tod in ihr unabwendbares Schicksal gejagt.

Vinya fror am ganzen Körper und wünschte sich nichts mehr, als einen Wärmezauber anwenden zu können, doch sie war bereits über die Grenze geschritten. Im Gebiet von Lord Voldemort war es niemandem außer ihm selbst möglich, einen Zauber auszusprechen.

Ihre Gliedmaßen zitterten unkontrollierbar, doch sie versuchte so behutsam wie möglich ihren Weg durch den Wald fort zu setzen, weit konnte es bis zum Haupttor nicht mehr sein.

So leise sie sich auch fort bewegte, es war als würde bei jedem Schritt Kristall auf den zugefrorenen Waldboden fallen und klirrend in Scherben zerspringen, denn im Wald gab es nichts außer ihr.

Nur völlige Stille.

Seit die Herrschaft Lord Voldemorts angebrochen war gab es auch keine Tiere mehr. Keine Vögel die im Geäst saßen und keine Füchse die durch das Dickicht schlichen, alles war kalt und trostlos.

Plötzlich hörte Vinya ein raschelndes Geräusch hinter sich.

Augenblicklich zuckte sie zusammen und versuchte in der Richtung aus der das Geräusch kam etwas zu erkennen, doch es war zu dunkel.

Die Kälte und die stumme Angst schnürten ihr die Kehle zu, doch sie drehte sich wieder um und setzte ihren Weg fort.

Dann auf einmal sah sie aus den Augenwinkeln wie ein noch weit entferntes Licht sich ihr näherte.

Sie blieb stehen und wartete.

Das Blut schoss durch ihre Venen und sie hörte, wie es pochend durch ihre Ohren rauschte.

Das Licht kam näher, und durch seinen gedämpften Schimmer, konnte sie erkennen, dass es eine Person war, die sich ihr näherte.

Hatte doch jemand von ihrer Ankunft erfahren?

Ihr unregelmäßig gehender Atem breitete sich kalt und feucht in der Luft vor ihr aus und sie kniff die Augen zusammen, im sinnlosen Versuch, dadurch besser zu erkennen wer nun schon so nah vor ihr war.

Nach ein paar Sekunden, die ihr wie eine Ewigkeit in Kälte und Dunkelheit vorkamen, stand eine düster verhüllte Gestalt vor ihr.

Eine klare Männerstimme drang aus der Schwärze der Kutte, wohl bedacht darauf, jedes Wort gewählt zu betonen.

"Guten Abend, Vinya, es freut mich zu sehen, dass du es bis hierher geschafft hast."

Sie hätte mehr Anstand bewahren sollen, doch sie wollte endlich wissen, wer das vor ihr war. Sie fand ihre Stimme und fragte ohne den leichtesten Anflug von Unsicherheit

"Wer bist du und was willst du? Woher kennst du mich? "

Der Mann der ihr gegenüber stand hob den Arm, mit dem er die Laterne hielt, näher an sein Gesicht und schob die Kapuze von seinem Kopf.

Ein leicht abfälliges Schmunzeln umspielte seine Lippen, doch in seinen Augen schimmerte ein undeutbares Funkeln.

"Dein Benehmen hast du scheinbar auf deinen Reisen verloren, du solltest dich besser daran erinnern, welche Regeln hier bei uns gelten, sonst wirst du nicht sehr lange hier verweilen können.

Aber sei's drum, ich bin Bartemius Crouch."

Der Mann machte eine kurze, bedeutungsschwangere Pause.

"Junior. Ich kenne dich, weil die rechte Hand unseres Meisters wünschte, dass ich dich abhole. Er sagte, du würdest sicher schon angekommen sein."

Vinya sah ihn skeptisch an.

"Die rechte Hand unseres Meisters?"

Bartemius musterte sie nun ebenso skeptisch und zog eine Augenbraue hoch.

"Ja, Lucius Malfoy. Den solltest du kennen."

"Oh. Er wurde also befördert..."

Vinyas Blick wurde für den Bruchteil einer Sekunde nachdenklich, dann wandte sie sich wieder ihrem Gegenüber zu.

"Gehen wir dann? Mir ist kalt..."

Bartemius Crouch nickte, und dabei trafen sich Vinyas und seine Blicke.

Vinya stockte der Atem beim Anblick dieser Augen. Nie zuvor hatte sie einen Todesser getroffen, der solch tiefschwarze Augen hatte, unter denen so eiskalte, stechende Flammen loderten.

Beim näheren Betrachten seines Gesichtes fiel auf, dass er nahezu perfekte , so unglaublich markante Gesichtszüge hatte,die aber trotz aller Perfektion nicht die Falten, die der Wahnsinn in sie geschlagen hatte, vor Vinya verstecken konnten.

Ihre Kehle war mit einem Mal wie ausgetrocknet und als ihre Augen für den Bruchteil einer Sekunde auf Bartemius' Lippen blickten, erspähte Vinya flüchtig eine flinke und gelenke Bewegung seiner Zunge, die über seine Lippen spielte.

Ihr Herz schlug schneller und schon die ganze Zeit, die er sie eindringlich ansah, hatte sie völlig die Eiseskälte um sich herum vergessen und heiße Schauer fuhren von einer Gänsehaut begleitet über ihren Körper, bei dem bloßen Gedanken daran, was diese Zunge alles tun könnte.

Verschwommen sah Vinya, wie Bartemius seinen Kopf zu ihr vorbeugte, doch sie nahm es kaum wahr, so sehr war sie im aufbrausenden Meer ihrer Gefühle versunken.

Plötzlich schoss ein heißer Blitz durch ihren Körper, direkt zwischen ihre Beine, als Bartemius in ihr Ohr hauchte.

"Wolltest du nicht gehen?"

Und wieder tat er diese Bewegung mit seiner Zunge, diesmal direkt an ihrem Ohr. Seine heiße, feuchte Zunge berührte verspielt ihr eiskaltes Ohr.

Vinya öffnete unbewusst ihren Mund und sog scharf die Luft ein.

Ihr Oberkörper hob und senkte sich unter schweren Atemzügen.

Sie versuchte sich zusammen zu reißen, presste Augen und Lippen ein letztes Mal zusammen, wie um einen klaren Kopf zu kriegen. Sie sah Bartemius an, dessen Lippen von den ihren nur noch wenige Zentimeter entfernt waren.

Ihre Stimme hatte sich verflüchtigt, und war nur ein bebendes Flüstern.

"Ich..."

Sie versuchte einen Schritt nach hinten zurück zu weichen, doch bereits beim Ansetzen zur Bewegung schnappte eine Dornenranke um ihren Knöchel und Vinya geriet ins Stolpern.

Im Bruchteil einer Sekunde schossen mehr und mehr Ranken aus dem Boden, bohrten sich durch das Material ihrer Stiefel in ihr Fleisch.

Vinya griff zu ihrem Zauberstab, wollte die Ranken verbrennen, doch es erschien nur grauer Rauch.

Aufgebracht vom versuchten Angriff schnellte eine weitere Ranke um ihr Handgelenk, wurde glücklicherweise durch den dicken Stoff ihres Umhangs abgebremst, als Vinya plötzlich nur noch etwas aufblitzen sah und leblose Pflanzenstücke von ihr abfielen.

Sie sah zu Bartemius, welcher scheinbar mit einer in seinem Zauberstab versteckten Klinge die Ranken zerschnitten hatte.

"Danke..."

Sie sah verlegen zu Boden, als plötzlich ein beißender Schmerz ihren Knöchel durchzog.

"...ah..."

Sie griff um ihren Knöchel und sah das Blut an ihren Fingern.

"...zeig mal her..." Bartemius griff schroff nach ihrer Hand und beäugte das Blut das ihre Finger benetzte."Du solltest besser aufpassen." Er sprach leiser,abschätziger, wie zu sich selber. "Und sowas soll ich im Auftrag von Lucius Malfoy abholen ."

Vinya spürte, wie ein eisiges Gefühl ihr Herz umschloss und riss wütend ihre Hand aus Bartemius'.

"Dann fass mich gefälligst nicht an, wenn ich so furchtbar bin."

Bartemius sah sie verschlagen an. "Ich habe nicht gesagt, dass du furchtbar bist, du bist nur empfindlich und ich frage mich, von welchem Nutzen du uns so sein sollst."

Sein Blick fiel auf den Ausschnitt ihres Umhangs, der während der kurzen Attacke verrutscht war und sein Grinsen wurde breiter.

"Wobei das natürlich eindeutige Argumente sind. Wenn ich dich mir ansehe, kommt mir schon so einiges in den Sinn, wofür wir dich brauchen könnten, obwohl du so zimperlich bist."

Vinya kochte immernoch vor Wut. "Ich...bin nicht zimperlich."

"Oho, die Kleine hat Temperament." Bartemius' lachte kurz auf.

Das war zuviel.

Bevor er noch ein weiteres Wort hätte sagen können, hatte Vinya ihm eine Ohrfeige verpasst.

Ein paar Sekunden sah er sie ungläubig an, dann griff er sie an den Schultern und stieß sie grob gegen den nächsten Baum.

Vinyas Rücken prallte gegen den unebenen Stamm und im selben Moment schlossen sich auch schon die Ranken um ihre Füße und fesselten sie, mit ihren Dornen schmerzhaft in die frischen Wunden schneidend, an den Baum.

Vinya schloss die Augen und versuchte den pochenden Schmerz in ihren Beinen zu ignorieren, da fühlte sie auch schon Bartemius' heißen Atem auf ihrer eisigen Haut und erschauderte.

"Wenn du spielen willst, Vinya, dann solltest du aufpassen mit wem."

Da war es wieder. Dieses undeutbare Funkeln in seinen Augen, der Anflug eines Grinsens versteckt hinter seinen Gesichtszügen.

Genoss er die ganze Situation? Wollte er spielen?

Wenn es darauf hinaus laufen sollte, sie würde sicher nicht den kürzeren ziehen.

Vinya sah ihn unterwürfig an. "Es tut mir Leid. Ich wollte nicht ungehorsam erscheinen, ich habe vor lauter Wut nicht nachgedacht. Es ist zu lange her, dass ich unter Menschen war."

Bartemius ließ ein mißfallendes Schnauben hören.

"Glaubst du tatsächlich, es ist so leicht?"

Zähneknirschend sah Vinya zu Boden.

"Bitte... Es...ist kalt, ich blute und ich möchte nicht nach allem was ich getan habe so kurz vor meinem Ziel scheitern, nur weil ich meine Hand nicht im Zaum gehalten habe. Bitte,ich tue was du willst,aber bring mich endlich ins Warme."

Ihre Stimme glich einem resignierten Wimmern. "...bitte..."

Und wieder machte er diese seltsame und doch so verführerische Bewegung mit seiner Zunge, spielte mit ihr über Vinyas Wange. "So gefällst du mir gleich viel besser..."

Vorsichtig strich er mit seinen Fingerspitzen über die Kurve ihres Schlüsselbeins und über den Ansatz ihrer Brüste.

"Alles?"

Vinya blickte hungrig ins verzehrend kalte Feuer seiner Augen.

Dann leckte sie langsam über seine rauhen Lippen,als seine schlanken,sehnigen Hände um ihre Brüste fassten und ließ sich in der Sensation dieses Gefühls fallen.

Völlig gefangen in diesem Moment hauchte sie gegen seine Lippen.

"...alles.."

Sie waren fast am Haupttor angekommen. Bartemius trug mit einer Hand die Laterne, die spärlich den Weg vor ihnen erleuchtete. Sein anderer Arm war um Vinyas Hüfte geschlungen. Keiner von beiden sagte auch nur ein Wort, beide liefen im stillen Einverständnis nebeneinander her, den Blick stur nach vorne gerichtet.

Langsam hob sich etwas aus den unergründlichen Schatten hervor, die Umrisse eines riesigen Anwesens hoben sich gegen die Dunkelheit ab, von einem gespenstischen Licht umgeben.

Vinya strauchelte, sie war gegen etwas weiches getreten und blieb stehen. Ihr Begleiter stopppte ebenfalls und sah sie an.

"Was ist?"

Vinya deutete mit einem Blick auf den Boden vor ihnen. Bartemius folgte dem Blick mit dem Licht seiner Laterne und der Lichtschein fiel auf ein unförmiges Bündel Fleisch.

Vinya bückte sich und betrachtete das Ding vor ihr genauer. Es sah aus wie ein Torso, dessen Gliedmaßen abgetrennt worden waren. Dem Anschein nach lag er schon lange dort, denn trotz der Kälte war das Fleisch schwammig,aufgebläht und teilweise von Maden zersetzt.

Eine der sehr wenigen Tierarten, die in der Welt der Magier noch lebten. Behäbig zuckend quollen sie aus vereinzelten Wunden des Fleischklumpens vor ihnen.

Vinya drehte ihren Kopf und sah zu Bartemius hoch. "Weißt du, wer oder was das einmal war?"

Er bückte sich ebenfalls und untersuchte den Klumpen, rollte ihn mit einem Ast auf die andere Seite.

Eine N-förmige Narbe aus deren lila verfärbten Kanten ebenfalls lauter Maden krochen kam zum Vorschein.

Bartemius räusperte sich, nahm Vinyas Hand und zog sie mit sich hoch.

"Das war McNair."

Vinya runzelte die Stirn. "Er war doch einer der treuesten Diener Voldemorts...was hat er getan?" Ein leichter Schauer lief über ihren Rücken bei dem Gedanken an seinen Tod.

Bartemius trat vor sie und glitt mit seinen Händen unter ihren Umhang. In seinen Augen spiegelte sich nur diese lauernde Kälte wieder. Seine Fingerspitzen strichen über die Rückseite ihrer Oberschenkel, jagten kleine Blitze durch Vinyas Nerven, weiter hoch und über ihre Rundungen.

Er zog ihren Körper dichter an sich heran, ihr Herz schlug schneller gegen ihren Brustkorb. Er öffnete vorsichtig mit einer Hand ihren Umhang und schob dessen Stoff beiseite, sodass er ihren Unterleib mit quälend leichtem Druck gegen seinen presste und die ersten Funken durch ihren Körper stoben. Mit einer Hand glitt er Millimeter für Millimeter zwischen ihre Schenkel, während seine eiskalten, stechenden Augen Vinyas Blick auf sich fixierten.

Dann leckte er langsam und verführerisch über ihren Hals, erwiderte düster ihren sich nach ihm verzehrenden Blick und schloss, mit gerade genug Kraft um das Feuer zu entfachen und Schauer durch ihren Körper zu jagen, seine Hand um ihren Hals und Vinyas Kehle wurde trocken vor Verlangen.

"Dasselbe, was ich früher oder später mit dir tun werde..." Seine Stimme war kalt und berechnend, der Griff um ihren Hals wurde fester, Vinyas Brustkorb hob und senkte sich in heftigen Schüben. Ihr Unterleib stand in Flammen. Doch er stieß sie schroff von sich und drehte sich halb von ihr weg, fuhr in bestem Plaudertonfall fort. "Allerdings hatte McNair einen Hang zu Schlammblütern." Er hob die Laterne wieder auf, die er neben die halbe Leiche gestellt hatte.

Vinya war noch benebelt von den Schauern, die sich durch ihren Leib zogen, hörte seine Stimme unklar und weit entfernt, übertönt von ihrem nervös schlagenden Herz, das hektisch und laut ihr But durch ihre Adern pumpte.

Noch immer leicht neben sich stehend, mit glasigem Blick band sie ihren Umhang in ungelenken Bewegungen zu und hörte, wie Bartemius lachte und den Weg fortsetzte.

"Du musst ja ausgehungert sein."

Vinya kam wieder zu Sinnen und stapfte ihm in ein paar Großen Schritten hinterher, um seinen Arm zu greifen.

Zynismus schwang in ihrer Stimme mit. "Du solltest wissen, dass der dunkle Lord gerade Frauen wenig Zeit für anderes als seine Dienste zu erfüllen lässt."

Bartemius warf ihr einen bloßen undeutbaren Seitenblick zu, und zog sie dann weiter. Nach ein paar weiteren Metern über klangvoll auseinander brechende Aststücke und vor Eis knirschendem Laub waren sie vor dem Tor angekommen.

Es war riesig, im Vergleich zur Größe eines normalen Menschen, zwei Hälften massives schwarzes Eisengitter, in der Mitte vereint durch ein riesiges Wappen. Es zeigte eine Schlange, die sich aus dem Mund eines Schädels schlängelte, um ihn herum, und lauernd von seiner Stirn auf die Personen die vor dem Tor standen herabsah.

Ein heiseres, gespenstisches Krächzen ertönte und die eiserne Schlange fing an sich zu bewegen, Kopf und Zunge bewegten sich langsam, doch anmutig auf Bartemius und Vinya zu. Beide blieben still stehen und warteten. Als die Schlange vor ihnen angekommen war,sprach eine dünne, hohe und menschenunähnliche Stimme, deren Klang wie geisterhafte Klingen in der Luft hängen blieb.

"Zeigt es..."

Bartemius schob seinen Ärmel hoch und das Dunkle Mal kam zum Vorschein. Die Zunge der Schlange näherte sich seinem Arm, bis sie schließlich das Dunkle Mal berührte und das deutlich schwarze Zeichen leicht zu glühen begann.

Die Schlange sah ihn mit ihren nur zu einem Schlitz geöffneten Augen an und nickte leicht, so elegant wie nur eine Schlange es konnte.

"Du darfst passieren..."Sie wandte sich Vinya zu. "Und was ist mit dir?"

Vinya sah der Schlange direkt in die Augen und schob ihren Ärmel hoch. Nackte Haut, mit kleineren Wunden von den Dornen, doch kein Dunkles Mal. "Ich habe keins."

Ein durch Mark und Bein gehendes unmenschliches Kreischen ertönte. Hoch und schmerzhafte gellte es durch Vinyas Ohren. Bartemius' Laterne zersprang in winzige Scherben die durch die Luft flogen und der Boden unter ihren Füßen begann zu beben.

Plötzlich ertönten hastige Schritte auf der anderen Seite des Tores und eine voluminöse Stimme schrie "HALT!".

Das Kreischen erlosch, die Schlange zog sich zurück und wand sich um den Schädel des Wappens, alles wurde wieder ruhig.

Auf der anderen Seite des Tores stand eine weitere verhüllte Gestalt und schien Parsel mit der Wächterin des Tores zu sprechen.

Hin und wieder hörte man ein aufgebrachtes Zischen der Schlange, doch nach ein paar Minuten war alles still.

Mit einem lauten Ächzen der Scharniere und ohrenbetäubendem Knarzen teilten sich schwer die beiden Hälften des Tores und gaben einen schmalen Weg zwischen sich frei.

Als Vinya Schritt für Schritt hinter die Grenze des Tores trat, auf die verhüllte Gestalt vor ihnen zu, machte sich ein zu lange verschwundenes Gefühl in ihr breit. Sie spürte, wie dieses einzigartige Kribbeln durch ihr Blut floss, das Wissen zu Hause zu sein. Doch es war nicht das bloße Gefühl zu Hause zu sein. Hier an diesem Ort bedeutete zu Hause zu sein, die Macht zu spüren, das Wissen dass man zu der schwarzen Schar der Todesser gehörte. Das Gefühl der ewig im Dunkel lauernden, todbringenden Macht, die man über andere hatte. Man gehörte zum ausgewählten elitären Kreis des dunklen Lords, gefürchtet und Unheil bringend. Dieses Gefühl war berauschend, floss brennend durch die Venen, es war wie ewig herrschende Lust.

Vinya sah zu Bartemius, und mit einem Mal sah er ihr wirkliches Ich. Es strahlte durch ihre Augen hindurch, sie leuchteten vor Machtgier, Arroganz, Verlangen und Genuss wieder in den Gefilden reinen Blutes zu sein. Sein Gesicht verzog sich zu einer Fratze lauernden Wahnsinns, eiskalt grinsend blickte er in die Tiefe Vinyas' Augen und in diesem Moment passierte etwas.

Das stumme Einverständnis zwischen beiden änderte sich. Sie waren von gleicher Art, und wollten spielen. Nicht nur mit Blutsverrätern, sondern mit einer Mentalität auf selber Ebene. Doch Bartemius wurde beim Blick in Vinyas von Feuer durchtränkte, begehrende Augen klar, dass dieses Spiel interessanter werden würde, als er dachte.

Die verhüllte Gestalt räusperte sich dezent und schlug seine Kapuze vom Kopf.

Vor ihnen stand Lucius Malfoy.

Kalt, distanziert und gebieterisch wie eh und je.

"Vinya..." Er sprach mit schneidend freundlicher Stimme, respektvoll und doch aufgesetzt wie eine billige Maske.

Er warf einen kühlen Blick zu Bartemius und hob fragend die Augenbraue. "Würdest du uns einen Moment allein lassen?"

Bartemius sah zwischen Lucius und Vinya hin und her. Die Luft zwischen ihnen fror beinahe ein, so offensichtlich war die beidseitige Verachtung die in der Luft lag. Keiner der beiden versuchte auch nur im Ansatz, sie zu verstecken.

"Meinst du wirklich, das ist eine so gute Idee, Lucius?" Bartemius hob nun seinerseits skeptisch und mit nicht zu wenig Arroganz seine rechte Augenbraue.

"Vergiss nicht, wo du stehst, Junior'." Lucius' Nase legte sich angewidert in Falten und das letzte Wort spuckte er regelrecht aus.

Bartemius trat mit spöttischem Blick an Lucius heran und seine Abneigung gegen Lucius wurde sehr deutlich. "Ich könnte jederzeit deinen Platz haben, wenn ich wollte, das solltest du nicht vergessen, mein lieber Lucius. Ich habe damals nicht erbärmlich vom dunklen Lord abgeschworen um meine Haut zu retten."

Mit einem letzten verächtlichen Blick zu Lucius drehte Bartemius sich um und verschwand im Eingang des Anwesens.

"Nun..." Lucius blickte abschätzig zu Vinya und dann auf seine frisch gefeilten Fingernägel. "Wie ich sehe, hast du deinen Weg zurück zu uns gefunden. " Er machte eine kurze Pause und sah sie höhnisch an. "Bedauerlich, ich dachte wir wären dich endlich los."

Vinya lächelte ihn scheinheilig an. " Du weißt doch, Lucius: Unkraut vergeht nicht. Dafür bist du doch das beste Beispiel, hm? Ich möchte mir ja gar nicht vorstellen, wie du es zu deiner jetzigen Position gebracht hast, bei der bloßen Vorstellung wird mir schlecht."

Lucius' Gesicht und Stimme blieben ungerührt und ausdruckslos. "Nachdem wir die Begrüßung dann hinter uns gebracht hätten, wieso bist du wieder zurückgekehrt? Ich habe nur Order bekommen, dich zu empfangen, aber das hat ja Bartemius schon sehr ausgedehnt getan, nicht wahr?"

Er lächelte.

"Immernoch dasselbe billige Miststück, ich hätte ihm mehr zugetraut als auf dich herein zu fallen."

Vinya lächelte genüsslich und machte eine angedeutete Verbeugung. "Charmant wie immer,Lucius." Sie räusperte sich. "Aber nun zum Grunde meiner Ankunft. Wie du sicher weißt, war ich im Auftrag unserer Organisation' unterwegs, Informationen über den Aufenthalt oder die Existenz potentieller Rebellen zu sammeln.Da ich aber aufgrund der langen Kriege die zur Machtergreifung Voldemorts führten nie offiziell den Todessern beitreten konnte, war es mir weder möglich Ergebnisse an Zwischenmänner weiter zu geben, noch meinerseits bestimmte Informationen zu erhalten. Der kleine Zwischenfall am Tor war nicht der erste dieser Art.

Also bin ich zurück gekehrt um unserem Meister meine Ergebnisse zu berichten und endlich offiziell in den Kreis der schwarzen Schar der Todesser aufgenommen zu werden."

Lucius blickte sie gelangweilt an. "Aufmerksamkeits haschend und egozentrisch wie immer. Es ist wahrlich traurig, dass du auf deinen Reisen nicht von einem der unseren getötet wurdest. Für mich völlig unverständlich, dass jemand wie du sich gegen die verschiedenen Angriffe behaupten konnte."

Vinya hingegen sah Lucius sehr interessiert an. "Damit bestätigt sich also meine Vermutung. Gut zu wissen, dass du immernoch bis zum Hals im Netz der inneren Intrigen verstrickt bist. Was wohl Voldemort dazu sagen würde?Aber typisch für dich, dass es keine Beweise gibt. Wäre ich gestorben, wäre es ein Arbeitsunfall' gewesen, wie sie häufiger passieren. Da es mich nicht erwischt hat, mussten deine Untergebenen dran glauben, womit jeder Zeuge ausgelöscht ist. Gut, Lucius."

Sie klatschte gemächlich in die Hände und räkelte sich im Anschluss.

"Würdest du mich dann, wo du jetzt ausgiebig von meiner Anwesenheit Kenntnis genommen hast, durch lassen?"

"Aber natürlich, Madame. Es ist mir eine Ehre." Lucius verbeugte sich seinerseits höhnisch und schritt dann hinter Vinya zur Eingangstür, die ihnen knarrend Einlass gewährte.