Nathans Plan
Kapitel 1 - Prolog
Kate Beckett stand am Fenster und schaute auf die Straße. Sie hatte ein Glas Rotwein in der Hand und ließ ihren Tag Revue passieren. Ihr Team hatte einen Fall abgeschlossen und sie hatte allen, auch sich selber, den Rest des Tages freigegeben. So hatte sie ihren Sohn von der Schule abholen und den Rest des Nachmittags mit ihm verbringen können. Sie musste schmunzeln. Nathan war so aufgeregt gewesen und hatte die ganze Zeit von der Schule erzählt. Er ging seit Kurzem in die erste Klasse und seine Mitschüler hatten ihn zum Klassensprecher gewählt. Sie war so stolz auf ihn.
Als Kate und Nathan aus dem Park zurückgekommen waren, hatte Rick schon das Abendessen vorbereitet. Sie aßen zusammen und Nathan hatte die Möglichkeit die ganze Geschichte seiner Klassensprecherwahl noch einmal zu erzählen. Sein Vater hörte ihm aufmerksam zu. Bald nach dem Essen machte sich Nathan bettfertig und Rick brachte ihn mit einer spontan erfundenen Piratengeschichte zum Einschlafen.
Jetzt konnten Rick und Kate es sich auf dem Sofa bequem machen und den Tag gemütlich ausklingen lassen.
Kate blickte zu Rick rüber, der in der Küche noch mit Abwaschen und Aufräumen beschäftigt war und schaute dann wieder aus dem Fenster. In den letzten Jahren hatte sich so viel ereignet, so viele Dinge waren passiert. Aber das Allerbeste dieser Dinge war Nathan.
Zwei Monate nachdem sie und Rick zusammengekommen waren, hatte Kate bemerkt, dass sie schwanger war. Rick hatte sich so gefreut und Kate, nach anfänglichen Bedenken, auch. Maddox war tot und sie hatte einen Deal mit Senator Bracken. Also sprach nichts dagegen, dass Rick und Kate heirateten und ein Kind bekamen. Das war jetzt sechs Jahre her.
Kates und Ricks Leben verlief glücklich. Nathan war ein so süßes und pflegeleichtes Kind, er machte ihnen nur Freude. Er sah aus wie sein Vater, nur die grün-braunen Augen hatte er von seiner Mutter. Seit es Nathan gab, trennten sich Ricks und Kates Wege auf beruflicher Ebene. Er blieb zu Hause und kümmerte sich um ihren Sohn und Kate klärte weiter Morde auf. Eine Zeitlang war sie ohne Partner unterwegs, doch irgendwann bestimmte Captain Gates sie müsste eine neue Begleitung haben. Und so kam Detective Ann Hastings in ihr Team. Hastings war clever und verstand sich hervorragend mit Kate, Ryan und Esposito. Auch ohne Rick hatten sie weiterhin die beste Aufklärungsrate in ganz New York und Kate wurde schnell zum Sergeant befördert.
Und ihr Leben wurde noch besser. Drei Jahre nachdem Maddox bei der Explosion ums Leben kam, starb auch Senator Bracken. Er wurde Opfer eines Raubüberfalles, oder so sah es zumindest aus. Der Fall konnte nie abschließend aufgeklärt werden. Aber bei der Durchsuchung seiner Wohnung und seines Büros fanden sich alle Beweise, die nötig waren um die Verbrechen, die Bracken über Jahrzehnte hinweg begangen hatte, lückenlos aufzuklären. Es rollten diverse Köpfe. Plötzlich gab es in New York viele freie Arbeitsplätze beim NYPD, im Stadtrat und in der Stadtverwaltung.
Endlich war Kate frei und konnte ihr Leben mit Rick und Nathan unbeschwert genießen.
Kate drehte sich erneut zu Rick. „Kann ich dir da irgendwas helfen?", fragte sie ihn, machte jedoch keinerlei Anstalten ihren Platz am Fenster zu verlassen.
„Nein, nein, ich schaff das schon." Rick schaute zu ihr auf und lächelte. „Ich bin sowieso gleich fertig."
Kate schaute sich im Loft um. Nach der Hochzeit mit Rick war sie natürlich hier eingezogen. Sie hatte einiges umdekoriert, aber nicht viel. Rick und Kate hatten, was das Thema Möbel anging, im Wesentlichen den gleichen Geschmack. Seit Martha vor über einem Jahr überraschend an einem Schlaganfall verstorben war, wohnten sie jetzt zu dritt im Loft. Alexis war Assistenzärztin im Seattle Grace und Jim Beckett hatte es als Rentner in wärmere Gefilde nach Florida verschlagen. Aber Opa Jim liebte sein Enkelkind und kam so oft wie möglich zu Besuch.
Rick hatte die Arbeiten in der Küche abgeschlossen und trat zu seiner Frau ans Fenster. Er nahm ihr das Glas aus der Hand, stellte es auf den Couchtisch und umarmte sie von hinten.
„An was denkst du?", fragte er, strich ihr Haar beiseite und küsste ihren Nacken.
„Ach, an nichts Besonderes." Kate legte ihre Hände auf seine, die er vor ihrem Bauch verschränkt hatte. „Nur an dich, an Nathan, an unser Leben."
„So, unser Leben ist also nichts besonderes", murmelte er gespielt empört und Kate konnte sein Schmunzeln gegen ihre Haut spüren.
Sie drehte sich zu ihm um und ihre Lippen trafen seine. Erst war es nur ein flüchtiger Kuss, doch dann öffneten sich ihre Münder und ihre Zungen trafen sich. Je leidenschaftlicher der Kuss wurde, umso mehr drängte sich Kate an ihren Mann. Auch nach fast sieben Jahren Ehe brauchte es nicht mehr als einen einfachen Kuss, um ihr Verlangen nach ihm zu entfachen.
Als das Bedürfnis nach Sauerstoff übermächtig wurde, unterbrach Rick den Kuss. „Und gefällt dir unser Leben?", fragte er atemlos.
„Ja", antwortete Kate ohne Zögern.
„Mir auch." Rick hob seine Frau hoch und trug sie ins Schlafzimmer. Dort liebten sie sich mit einer Leidenschaft, die schier unendlich schien.
Danach lag Kate in seinen Armen, fest an ihn gekuschelt. Kurz vorm Einschlafen fiel ihr ein, dass Rick noch nicht gepackt hatte.
„Wann geht dein Flug morgen?", fragte sie.
„Erst um eins", brummte er im Halbschlaf.
Wenn Kate zu diesem Zeitpunkt gewusst hätte, was am nächsten Tag passieren würde, sie wäre mit ihm geflogen.
