Titel: Der Liebeszug
Autor: Cyrrer aka Laren
Disclaimer: Ich besitze absolut keine Rechte an Gundam Wing. Und ich gedenke auch keinen müden Pfennig mit diesem Geschreibsel zu verdienen.
Betadank: an die beste der besten: Zanna knuddel
Ja, eine neue Geschichte, und dass obwohl „Rollenspiel" und „The Big Easy" noch nicht zu Ende sind. Und ich die Fortsetzung zu „Das Meeting" noch nicht mal angefangen hab.
Aber was kann ich schon sagen, ich wurde hinterrücks von einem sehr aggressiven Bunny angefallen und musste das jetzt schreiben. Oder eine Blockade bei allen anderen Geschichten riskieren…
Ich hoffe es gefällt euch.
„Was machen die denn da?" fragte Heero und zeigte mit seiner Bierflasche nach draußen auf dem großen Platz der zwischen Steves Pub und der Zugstation lag. Er setzte sich an den Tisch von Wufei und Trowa und genehmigte sich einen kräftigen Schluck des kühlen Getränks. Es war Freitag Abend und wie meistens verbrachte er ihn mit seinen besten Freunden im einzigen Lokal von Blackside, der Stadt in der sie lebten.
Obwohl, Stadt war eigentlich übertrieben, da im Grunde nur knapp tausend Menschen hier lebten – und die meisten davon nicht einmal direkt in Blackside sondern wie Heero und seine Freunde auf Farmen die großzügigerweise zum Stadtgebiet dazu gezählt wurden.
Trowa und Wufei sahen beide auf und verfolgten für einige Momente das rege Treiben vor dem Fenster. Wufei genehmigte sich ebenfalls einen Schluck Bier, dann antwortete er. „Das sind Bauarbeiter aus der Stadt." Wie alle die hier in Blackside wohnten, meinte Wufei mit „der Stadt" die nächste große Stadt die knapp zwei Zugstunden entfernt von Blackside lag. Dazwischen gab es außer ein paar anderen kleinen Ort, vielen Bergen und Farmen nichts.
„Soviel ist mir klar," erklärte Heero. „Aber was machen die hier?" Es war sehr seltsam einen so großen Haufen Fremder hier zu sehen.
Wufei lehnte sich in seinen Stuhl zurück und sagte, „Na die befestigen den Platz."
Heero schüttelte verwirrt den Kopf. Er wurde immer noch nicht schlau aus der Aktion, obwohl die Bürokraten in der Stadt oft merkwürdige Entscheidungen trafen konnte er diese wirklich nicht einordnen. „Aber wieso?" hakte er deshalb noch einmal nach.
Wufei verdrehte leicht die Augen. „Ts, das kannst du doch nicht vergessen haben. Nächsten Samstag kommt doch der Liebeszug."
Heero stöhnte bei diesem Gedanken. War wirklich schon wieder ein ganzes Jahr vorbei? Mit Schaudern dachte er an den letzten Liebeszug der Blackside erreicht hatte. Er war zwar selbst nicht dabei gewesen aber was ihm die anderen darüber berichtet hatten war ziemlich erschreckend gewesen. Wenn dieses Tohuwabohu nächste Woche wieder stattfand, dann würde er sich am besten auf seiner Farm verschanzen.
„Und wieso befestigen die jetzt schon den Platz?" fragte Trowa, der damit zum ersten Mal an diesem Abend seinen Mund zum sprechen aufmachte.
Wufei seufzte wieder. „Ach stimmt ja, ihr wart letztes Jahr nicht dabei. Da hat es den ganzen Tag geregnet und deshalb war der ganze Platz aufgeweicht, auch im Festzelt. Es sind wohl von allen Frauen die Tanzschuhe ruiniert worden. So ein Fiasko will der neue Sponsor nicht erleiden. Darum wird jetzt der Platz befestigt und die nächsten Tage wird ein Holzboden aufgebaut auf dem dann das Festzelt stehen wird."
Heero musste eingestehen, dass das auf eine merkwürdige Art sogar Sinn machte. Trotzdem konnte er es nicht auf sich beruhen lassen. „Ganz schön viel Aufwand, für einen „Ball der einsamen Herzen". Und du kennst dich ganz schön in der Sache aus," neckte er seinen Freund. Wirklich, Heero konnte nicht sagen, wann Wufei jemals an so einer Sache Interesse gezeigt hatte.
„Es passiert sonst ja nichts," nuschelte Wufei in sein Bier.
Danach herrschte für einige Momente eine geradezu entspannte Ruhe am Tisch. Heero war sich sicher, dass Trowa und Wufei nicht zuletzt deshalb seine besten Freunde waren, weil sie auch die Ruhe genießen konnten und nicht sofort lärmten nachdem sie ein zwei Bier getrunken hatten – im Gegensatz zu einigen anderen aus Blackside.
Dann stellte Wufei seine Flasche auf den Tisch und schaute sie beide erwartungsvoll an. „Ich hoffe doch, dass ihr dieses Jahr auch endlich zum Ball kommen werdet. Es ist DAS Ereignis des Jahres und ganz Blackside wird kommen. Außerdem, wie wollt ihr sonst eine Frau kennen lernen? Ihr seid beide dreißig, viel zu alt um noch Junggesellen zu sein."
Wufei zog ihn und Trowa oft wegen ihres Junggesellenstatus auf. Zwar war es keine Besonderheit für Blackside, dass ein Mann keine Frau fand – immerhin war dass überhaupt der Grund wieso „der Ball" bzw. „der Liebeszug" vor vier Jahren überhaupt ins Leben gerufen wurde, aber dass Heero und Trowa die ganze Zeit über Single gewesen waren, war dann doch auffällig. Die meisten Blacksider hatten zumindest in ihrer Jugend eine Freundin, solange bis das Mädchen erkannte dass es da draußen eine weite Welt gab – und in die Stadt verschwand. Die Jungs blieben zurück, übernahmen das Land ihrer Eltern und damit das harte, einsame und arbeitsreiche Leben eines Farmers.
Wufei hielt sich in der Beziehung für weiter fortgeschritten als seine Freunde. Immerhin war er schon einmal verheiratet gewesen. Er hatte seine Jugendliebe Meiran geehelicht, noch bevor sie die Schule beendet hatten. Und sie schienen sogar sehr glücklich gewesen zu sein. Solange bis Meiran vor zehn Jahren bei der schrecklichen Überschwemmung – ein Unglück indem Heero auch seine beiden Eltern verloren hatte – gestorben war.
Wufei war natürlich am Boden zerstört gewesen. Und hatte verkündet das niemand jemals seine Meiran würde ersetzten können. Schließlich war sie ein sehr traditionell erzogenes chinesisches Mädchen gewesen und hatte genau gewusst was ihre Stellung war. Etwas was man von den anderen Onnas nicht behaupten konnte. Scheinbar hatte sich Wufeis Einstellung jetzt ein wenig gelockert. „Du gehst also auf den Ball?" fragte Heero nach.
„Natürlich nur um zu sehen wie die ganzen Onnas verrückt spielen."
„Natürlich nur deshalb," wiederholte Trowa mit leicht sarkastischem Ton.
Wufei seufzte. „Ich will ehrlich sein. Ich hätte auch nichts dagegen eine ruhige, scheue Frau kennen zulernen. Eine die das Leben und die Arbeit auf der Farm mit mir teilt. Die mich versorgt. Es ist verdammt einsam da draußen und ich hab lang genug um Meiran getrauert."
„Wufei wir sind im 21 Jahrhundert. So eine Frau gibt es nicht," erklärte Heero.
„Und wenn, dann findest du die sicher nicht im Liebeszug. Was ich so von den anderen gehört hab sind die teilweise sehr ausgelassen," fügte Trowa hinzu.
„Es gibt auch gut erzogene," widersprach Wufei. „Aber ihr habt Recht. Wenn ich dieses Jahr keine Frau finde die weiß wo ihr Platz ist, dann werde ich Onkel Lee in der Stadt bitten eine Heirat für mich zu arrangieren."
Heero sah Trowa an, aber beide hielten sich zurück. Der Abend war zu schön um Wufei stundenlang darüber referieren zu hören, dass die Frauen von heute schlecht erzogen waren.
„Aber ihr zwei solltet wirklich dieses mal dorthin gehen. Es ist schon allen aufgefallen, dass ihr die letzten Jahre nicht dabei wart. Wie gesagt, wie wollt ihr jemals eine Frau finden, wenn ihr nicht wenigstens sucht?"
„Findet da überhaupt jemand einen Partner?" zweifelte Heero.
Wufei zuckte mit den Schultern. „Sicher doch. James, Harry und Chris haben da letztes Jahr ihre Frauen kennen gelernt. Patrick hat mir verraten, dass er seiner Freundin dort nächste Woche einen Antrag machen will. Und etliche hatten zumindest für einige Monate eine Beziehung. Kein schlechtes Ergebnis für ein Ball. Die anderen Jahre waren ähnlich erfolgreich."
„Hn," machte Heero, sagte aber nichts weiter.
„Also, werdet ihr kommen?" hakte Wufei noch einmal nach.
Heeros Gedanken wirbelten. Er wusste nicht, wie er einem seiner besten Freunde mitteilen konnte, dass er wirklich keine Lust hatte auf diesen Ball zu gehen, ohne ihm zu erklären warum es ihn nicht reizte. Allein schon der Gedanke in einem Festzelt mit circa 200 heiratswilligen und leicht überdrehten Frauen gefangen zu sein ließ ihn schweißnasse Hände bekommen.
„Ich würde gerne mal wieder tanzen," erklärte in diesem Moment Trowa.
Heero schaute seinen Freund ungläubig an. Er hatte eigentlich felsenfest damit gerechnet, dass Trowa genauso wenig Lust auf diese Veranstaltung hatte wie er. Immerhin verband ihn und Trowa ein großes Geheimnis. Ein Geheimnis, dass sie in dem kleinen Blackside zu Außenseitern machen würde, wenn es bekannt würde.
Sie waren nämlich beide schwul. Nicht dass Heero sich dafür schämte auf Männer zu stehen, aber in so einem kleinen Ort wie Blackside war es wirklich etwas außergewöhnliches. Statistisch gesehen waren er und Trowa sogar die einzigen Schwulen ihrer Generation.
Umso besser, dass sie schon immer befreundet gewesen waren und dieses Anderssein auch im jeweils anderen erkannt hatten. So waren sie sich nicht wirklich wie Außenseiter vorgekommen, waren nicht ganz so einsam.
Sie waren sogar soweit gegangen, dass sie als Teenager miteinander und ihren erwachenden Körpern experimentiert hatten. Aber über ein paar flüchtige Streicheleinheiten und Küsse war es nie hinausgegangen. Irgendwie hatte es nie zwischen ihnen gefunkt.
Nach der Schule war Heero dann in die Stadt gegangen um dort Computerwissenschaften zu studieren. Er war ein richtiges Genie auf dem Gebiet und seine Eltern hatten Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt um ihren Sohn ein Studium zu ermöglichen.
Und dort in der Großstadt hatte Heero dann endlich in relativer Freiheit seine Sexualität erforschen können. Es hatte etliche Flirts, ein paar One Night Stands und auch eine längere Beziehung gegeben.
Doch dann als seine Eltern kurz vor seinem Studiumsende so tragisch ums Leben kamen, da wusste er dass er nicht in der Stadt bleiben würde. Er liebte das Land dass seiner Familie gehörte und jetzt da es außer ihm niemand gab der sich darum kümmern konnte, wusste er, dass er nach Blackside zurück kehren musste.
Und so schlug er nach dem erfolgreichen Ende seines Studiums etliche großzügige Angebote von angesehenen Computerfirmen aus und ging zurück aufs Land. Aber er konnte auch nicht nur Farmer sein. Da er alleine sowieso nicht in der Lage gewesen wäre die große Farm zu bewirtschaften veränderte er einiges. Er verkaufte das meiste Vieh und bepflanzte nur wenige der Felder. Genug um die Farm in Schuss zu halten, aber ihm blieb trotzdem noch genug Zeit um als freischaffender Programmierer zu arbeiten. Mit seinen Auftraggebern blieb er über Internet in Kontakt und konnte trotzdem auf seinem geliebten Land bleiben.
Alles andere war unwichtig. Und mit alles andere meinte er sein Liebesleben. Er und Trowa hatten es nach seiner Rückkehr noch einmal versucht, doch die Funken waren immer noch nicht da. Und so entschieden sie lieber beste Freunde zu bleiben. Und immer wenn es Heero überkam – so alle paar Monate einmal – fuhr er am Wochenende in die Stadt und riss jemand für eine Nacht auf. Mit seinem Aussehen hatte er nie Schwierigkeiten jemand zu finden. Gab so seinem Körper die Befriedigung die er benötigte. An eine Beziehung war einfach nicht zu denken, wer würde schon freiwillig in die Einsamkeit kommen? Es gab ja schon genug Schwierigkeiten genügend Frauen für die Bewohner zu finden.
All das rannte durch Heeros Kopf während er versuchte zu verstehen, wieso Trowa freiwillig zu dieser Brautschau gehen wollte. War wirklich das tanzen der einzige Grund, oder wollte Tro nicht auffallen?
Aber der Blick auf Trowas Gesichtsausdruck ließ nur einen Schluss zu, sein großer Freund freute sich wirklich auf das Fest. Wie Wufei schon gesagt hatte, es war DAS Ereignis in Blackside. Wer würde schon in einem Ort wo nie etwas passierte freiwillig auf so etwas verzichten?
„Sehr gut. Heero, was ist, wirst du auch kommen?" fragte Wufei.
Heero seufzte. Wenn sogar Trowa bei diesem Ball der einsamen Herzen mitmachte, würde Wufei keine Ausrede von ihm gelten lassen. Wahrscheinlich war es wirklich einfacher mit dem Strom zu schwimmen. Er würde dort auftauchen, sich kurz blicken lassen, vielleicht sogar ein paar Mal tanzen und dann wieder auf seine ruhige Farm zurückgehen. Und dafür sorgen, dass er nächstes Jahr um diese Zeit ganz weit weg war. Im Urlaub oder so.
Und während er seine Zusage gab, hoffte er inbrünstig, dass die heiratswilligen Frauen nicht zu kreischig waren.
