0: Was einem der Spiegel zeigt

Skull de Mort konnte es nicht glauben. Wie lange war es her seit er sich so gesehen hatte? Zaghaft streckte er seine Finger der makellosen Reflexion entgegen, die zeitgleich ihre Finger ihm entgegenstreckte. Lange, schmale Finger, wie gemacht für einen Musiker. Reflexion und Original starren sich an.

Er konnte es immer noch nicht glauben.

Hier stand er in seinem Zimmer in dem Haus, in dem sie alle zusammen gelebt hatten – es schien ein ganzes Leben entfernt zu sein. Er war zurück, wie die anderen auch, und fragte sich was er jetzt machen sollte. Nur wie von weit her nahm er die leisen Geräusche der anderen wahr, den Beweis dass sie alle wieder hier waren. In diesem Haus.

Noch immer starrte er seinen Gegenüber an und sein Gegenüber starrte zurück, traute sich nicht zu zwinkern oder den Blick abzuwenden, aus Angst, dies sei nur eine Illusion, die sich im nächsten Augenblick ins Nichts verflüchtigen könnte.

Ein Zittern durchfuhr seinen schlaksigen, beinahe unterernährten Körper. Was sollte er jetzt nur tun? Was konnte er tun? Nie hätte er gedacht sich je wieder so zu sehen. So wie er war bevor das zweite große Drama seines erbärmlichen Lebens angefangen hatte.

Also stand er hier und starrte ungläubig in den Spiegel. Da war er nun in seiner vollen Größe, die zugegebenermaßen nicht sehr beeindruckend war, und wusste weder ein noch aus. Die anderen hatten Pläne. Das wusste er. Reborn würde weiterhin den nächsten Boss der Vongola Famiglia ausbilden, Lal war bei der CEDEF, Collonello bei COMSUBIN, Verde würde seine Forschungen weiterbetreiben, Fon zu den Triaden zurückgehen, Mammon – oder war es wieder Viper? – hatte einen Platz bei den Assassinen der Varia und Yuni, süße, starke Yuni, hatte ihre eigene Famiglia.

Doch was hatte er zu dem er zurückkehren konnte? Seine Arbeit als Stuntman? Konnte er das? Zurück zu den Massen, die er begeisterte, und doch allein ohne tiefe Bindungen an irgendjemanden, immer über die Schulter schauend aus Angst dass Sie ihn finden könnten?

Zurück zu dem Trümmerhaufen eines Lebens, das nie wirklich gelebt wurde? Zu Freunden mit leeren Worten und den Erwartungen eine Gesellschaft, die glaubte zu wissen er war? Zurück zu den Zwängen und Fesseln, die ihn zu ersticken drohten bis er vergaß wer er war, eine Hülle seiner selbst?

Ein bitteres Lächeln kam ihm über die Lippen. Der Selbsthass brodelt tief in seiner Brust, droht ihn zu überwältigen und ihn über den letzten Abgrund zu stoßen. Er war eine Wolke. Dazu bestimmt frei unter dem Himmel zu schweben wohin auch immer es ihn trieb und doch schien ihm dies verwehrt zu sein. Als Kind in seinem dunklen, engen Schrank unter der Treppe hatte er davon geträumt frei zu sein. Dorthin zugehen wo der Wind ihn trieb. Das Lächeln wurde bitterer.

Nicht jeder Traum ging in Erfüllung. Das hatte er vor sehr langer Zeit gelernt.

Verde hatte ein Serum hergestellt um sie schneller wieder ihre originale Gestalt annehmen zu lassen. Es hatte das Wachstum auf wenige Wochen verkürzt. Die Schmerzen waren ein ständiger Begleiter gewesen. Ein dumpfes Pochen in den Knochen, das einen nicht zur Ruhe kommen ließ. Alle waren sie gereizt gewesen. Sechs der Stärksten Sieben waren durch das Haus gestreift wie verwundete Tiere. Hatten sich gegenseitig belauert und darauf gewartet, dass einer Schwäche zeigte um diese auszunutzen. In ihren Augen war dies Skull gewesen. Sie hatten an ihm ihre Aggressionen ausgelassen. Er war ihr Ventil für den Schmerz und das unstete Gefühl ihrer Flammen gewesen. Ein Schmerz, dessen ununterbrochenes Dasein ihn zu sehr an die Nachwirkungen eines zu lange gewirkten Cruciatus erinnerten um sich gegen die anderen wehren zu können. Ja, es sogar zu wollen.

Die anderen hatten nichts davon gemerkt wie er an manchen Tagen mit leerem Blick durch das Haus ging seine Gedanken weit in der Vergangenheit, oder er still in einer Ecke saß, scheinbar ohne etwas wahrzunehmen. Ausgerechnet sie, die sich damit rühmten solche Dinge zu bemerken. Skull wusste nicht ob er Lachen oder Weinen sollte.

Außerdem hatte er mit seiner wiederkehrenden Magie zu kämpfen, die durch den Fluch unterdrückt worden war und nun mit ihrer wiedergewonnenen Freiheit drohte förmlich aus ihm herauszubrechen. Vieles seiner Konzentration war darauf gerichtet genau dies zu verhindern. Was wohl auch der Grund dafür war, dass seine Maske, diese perfekte Maske des Stuntmans Skull de Mort, anfing zu bröckeln und die anderen Arcobaleno (endlich, endlich, endlich) zu bemerken begannen, dass etwas mit ihrer arroganten, selbstsicheren, schwachen Wolke ganz und gar nicht in Ordnung war.


Hallo meine lieben Leser.

Mir ist bewusst, dass ich nicht die erste Person bin, die sich an einer Skull-ist-Harry Geschichte versucht, doch durch einige sehr beeindruckende Werke in diese Richtung dachte ich mich einmal selbst daran zu versuchen. Wer weiß, vielleicht wird es ja sogar was.
Mir selbst gehört keine der Figuren. Sie gehören alle ihren Autoren und somit leider nicht mir... Sollten eigene Charaktere auftauchen werde ich dies rechtzeitig angeben.
Ich hoffe euch hat der Prolog gefallen. Konstruktive Kritik wird immer gern gesehen.

(Überarbeitet am 31.3.18)