Abschied und Ankunft

So schlimm wird es schon nicht werden. So schlimm kann es gar nicht werden.

Immer wieder ließ Narcissa sich diese Sätze durch den Kopf gehen. Zu ihrer eigenen Beruhigung.

Sie kam weg von ihrer Mutter und dieser Plage von älterer Schwester.

Seit Andromeda abgehauen war und sie im Stich gelassen hatte, hatte das blonde Mädchen zu hause nicht wirklich viel zu lachen gehabt.

Ihre Mutter und Bellatrix hielten zusammen wie Pech und Schwefel und Narcissas einziger Lichtblick im Familienleben war das nächtliche Heimkommen ihres Vaters gewesen.

Oft war sie, seit sie die Schule beendet hatte, morgens mit ihm aufgestanden, nur um mit ihm zusammen frühstücken zu können.

Sirius war schon lange nicht mehr da gewesen. Hausverbot. Von ihrer eigenen Mutter erteilt.

‚Das Kind muss vor schlechten Einflüssen von außen geschützt werden.', hatte sie immer gesagt.

Wenigstens ihren eigenen Interessen konnte sie nachgehen. Niemand hatte etwas dagegen, aber es interessierte sich außer ihrem Vater auch niemand dafür.

Die beiden weiblichen Blacks ignorierten die hübsche Blondine regelmäßig, wenn sie etwas zu sagen hatte und so war der einzige Mensch, der sich im Hause Black noch für die 17-Jährige Narcissa interessierte ihr Vater.

Und der war leider viel zu selten zu hause.

Und dann kam die dumme Sache mit der Hochzeit.

Mr. Black war dagegen gewesen.

‚Aus dem Kind kann was werden! Sie ist klug. Überdurchschnittlich intelligent würde ich sagen. Sie würde im Business eine gute Figur machen.'

Doch gegen seine Frau hatte er keine Chance gehabt. Mrs. Black war eine unerträgliche Furie mit ihren ganz eigenen Erziehungsmethoden.

Letztendlich hatte sie die Hochzeit einfach hinter seinem Rücken organisiert und als er von seiner Geschäftsreise zurückgekehrt war, war es schon zu spät gewesen.

So hatte er für seine kleine Tochter nur ein paar tröstende Worte gehabt, wie: ‚ Die Malfoys sind keine schlechten Menschen. Es wird dir gut dort gehen und an nichts fehlen.'

Es tat ihm in der Seele weh seinen kleinen Sonnenschein wegschicken zu müssen, aber jeder Versuch von seiner oder Sirius Seite aus, die Ehe zu verhindern waren kläglich gescheitert.

Und so ging Narcissa nun, wie in Zeitlupe die marmornen Stufen hinunter auf die schwarze Kutsche zu.

„Nun mach schon Narcissa. Die Malfoys hassen Unpünktlichkeit.", schnauzte ihre Mutter, die mit Bellatrix zusammen vor der Kutschentüre standen.

Noch eine Stufe… Narcissas Schuhe trafen auf Kies.

Würde er kommen? Oder hatte er sie, wie sooft vergessen?

„Nun steig schon ein.", Mrs. Black drängte ihre Tochter in die Kutsche.

Plöpp.

„Daddy.", Narcissa sprang aus der Kutsche mitten in eine Pfütze. Der Dreck bespritzte sie von oben bis unten, aber wen kümmerte das schon?

Glücklich drückte sie sich an den etwas kugeligen Bauch ihres Vaters und vergrub das tränennasse Gesicht in seinem Umhang.

„Wenn er dich schlecht behandelt, mein kleines Goldstück, dann sagst du mir bescheid hörst du? Dann kommt Daddy dich holen, Sonnenscheinchen, ja?"

Sie nickte und ließ sich von ihrem Vater die Tränen abwischen.

„Aber glaub mir, es wird dir gut gehen. Und wenn ich Zeit habe, dann komme ich dich mit Sirius zusammen besuchen, ja? Wirst schon sehen, die Zeit bis wir uns an deiner Hochzeit sehen vergeht wie im Fluge."

Er drückte seine zierliche Tochter ein letztes Mal an seinen Bauch und gab ihr dann einen Kuss auf das offene blonde Haar.

„Wie hübsch du aussiehst, mein Bienchen. So…und jetzt wird's Zeit. Deine Mum guckt schon wieder so böse.", flüsterte er ihr ins Ohr und säuberte ihr mit einem Spruch das leichte hellblaue Sommerkleid.

Wehmütig führte er sie zu Kutsche und schlug die Türe zu. Einmal nahm er noch ihre zarte Hand in seine und drückte einen, durch seinen Bart, kratzigen Kuss darauf.

„Und sei nett zu dem Mädchen, Lucius. Hörst du?", sagte Lucius Großvater und hob mahnend den Zeigefinger.

„Unser Junge wird das Mädchen so behandeln, wie sie es verdient. Einer Frau müssen ihre Grenzen gezeigt werden, stimmt's Sohn?"

Lucius Malfoy nickte grinsend.

„Ganz recht.", warf seine Mutter ein. „ Wenn wir jetzt ein so verzogenes Gör bekommen, dann…"

Knirschen von Kies vor der Türe.

Narcissa holte tief Luft und klopfte dann zaghaft gegen die schwere Eichentür.

Augenblicklich wurde sie von einer knuffigen kleinen Hauselfe geöffnet. Narcissa mochte Hauselfen. Kleine knuddelige Kreaturen, die einem das Leben eigentlich immer versüßten…

„Nun treten Sie schon ein, Miss Black.", kam es genervt aus dem Wohnzimmer.

Na großartig! Das fing ja gut an.

Narcissa tat, wie ihr geheißen und betrat die große Eingangshalle. Mit großen Augen sah sie an die kunstvoll beschnitzte und mit Plattgold verzierte Decke.

„Nun starren Sie keine Löcher in die Luft. Kommen Sie schon herein, etwas zügig, wenn ich bitten darf."

Die Frauenstimme war Narcissa auf Anhieb unsympathisch.

Zaghaft öffnete sie die Türe zu dem Raum, aus dem die Stimme drang und trat ein.

Prompt starrten sie 4 Paar Augen an. Niemand sagte ein Wort.

Zu ihrer linken vor dem Kamin saß ein Mann fortgeschrittenen Alters mit mittellangem blond-grau gesträhntem Haar und schwarzem Umhang.

Neben ihm stand eine Frau. Mittelgroß, blondes Haar, das zu einem strengem Kranz geflochten war.

Zu ihrer rechten saß ein alter Mann, der große Ähnlichkeit mit dem jüngeren Mann im Sessel hatte. Sein graues Haar fiel locker auf seine Schultern und seine grauen Augen waren die einzigen, die Narcissa wenigstens etwas Wärme und Freundlichkeit entgegenbringen mochten.

In der Mitte des Raumes stand die jüngste Ausführung des Herrenmodels.

Groß, muskulös, attraktiv. Langes, blondes Haar. Dunkelgrüner Umhang.

Eine äußerst attraktive Erscheinung, doch seine Augen brachten ihr Nichts als Kälte und Berechnung entgegen.

„Wie schön, Miss Black.", sagte der alte Mann endlich und stand, wenn auch mit einigem Ächzen und Stöhnen, auf.

Galant nahm er ihre ausgestreckte Hand und gab ihr einen Handkuss.

„Sie sehen ganz großartig aus, Miss. So ein hübsches Mädchen.", sagte er und lächelte sie an.

Ein Lächeln erhellte nun auch Narcissas Gesicht.

„Vielen Dank", sagte sie leise. Etwas selbstbewusster drehte sie sich nun zu dem Ehepaar um.

Der Mann tat es seinem Vater gleich und küsste Narcissa ebenfalls die Hand.

Die Frau blieb demonstrativ am Kamin stehen und beobachtete Narcissa mit einigem Missgefallen.

Der Jüngste der Männer hatte sich nach eindringlichen Blicken seines Großvaters endlich auch in Bewegung gesetzt und drückte Narcissas Hand einen flüchtigen Kuss auf.

„Willkommen, Miss Black.", sagte der Älteste von ihnen und strahlte Narcissa immer noch breit an.

Einen Fan hatte sie schon mal.

„Stellen Sie sich gefälligste gerade hin.", eine Hand drückte sich in Narcissas Rücken.

Entrüstet drehte sie sich um.

„Ich stehe gerade, Mam.", sagte Narcissa bissig.

„Mir gefällt ihr Ton nicht, Miss Black. Das werden Sie sich noch abgewöhnen müssen. Und ein wenig dürr sind sie."

Das kam Narcissa gut zu Pass. Kaum angekommen und schon von der Schwiegermutter in Spe auseinander genommen werden.

Reiß dich zusammen. Bleib ganz ruhig. Das wird schon.

„Ich werde gleich mal nach einem Heiler schicken, der soll sie untersuchen. Nicht dass sie noch krank sind."

Sie sagte das nicht etwa aus Sorge sondern eher in der Art, wie es Käufer auf dem Pferdemarkt taten.

Narcissa hielt das zunächst für einen Scherz bis die Frau sich zu ihrem Mann umdrehte.

„Würdest du bitte in St. Mungo Bescheid sagen, Abraxas?"

Ein kurzes Nicken und der Mann ging aus dem Raum.

„Entschuldigen Sie Madam, aber ich fühle mich völlig-"

„Das würde ich doch lieber von einem Fachmann hören. Sie sind wirklich sehr zierlich. Wie ihre Mutter sagte. Wie eine Elfe. Hoffentlich können Sie mit dieser Statur auch Kinder bekommen."

Narcissa klappte der Mund auf. Sonst war sie außerordentlich schlagfertig, aber darauf fiel ihr nun wirklich gar nichts mehr ein.

Ihr Verlobter machte hinter ihr eine Bewegung. Na endlich. Er wird mich sicher verteidigen gegen diese Schlange.

„Macht es dir etwas aus Mutter, wenn ich gehe?"

So etwas Unhöfliches hatte Narcissa schon lange nicht mehr erlebt. Sein ganz offensichtliches Desinteresse konnte man deutlich heraushören.

„Ohja, das macht es. Du wirst Miss Black nach Oben bringen. Ich komme gleich auch. Zeig ihr schon mal das Zimmer."

„Kann das nicht eine der Hauselfen tun? Ich habe noch einen Termin-"

Der alte Mann erhob sich wütend.

„Lucius!", sagte er warnend.

Der junge Mann zuckte die Achseln und wies Narcissa an ihm zu folgen.

Lucius Malfoy brachte sie in seinen Flügel des Manors. Vorbei an düsteren Gemälden und Vitrinen mit merkwürdigen Gegenständen, von denen Narcissa lieber nicht wissen wollte, was sie für Funktionen hatten.

Er öffnete die Türe und ließ sie eintreten. Ein wunderschönes Zimmer.

Deckenmalerei.

Narcissa sah hinauf und lächelte angesichts der schönen funkelnden Muster und Sterne.

„Das…das ist ja wunderschön."

Lucius Malfoy sah nur flüchtig hinauf zur Decke. Ein kaltes Nicken und er schloss die Türe hinter sich.