Autor:
bellalien
Rating:
M (S/J)
Spoiler: tiny ones for Solitudes & Divide and
Conquer
Staffel: 4.
Inhalt: SG1 erkundet
einen fremden Planeten. Etwas ist ihnen auf den Fersen...
Disclaimer:
Alle Charaktere und sämtliche Rechte an SG 1 gehören
MGM/UA, World Gekko Corp. Und Double Secret Production. Diese Fanfic
wurde lediglich zum Spaß geschrieben und nicht um damit Geld zu
verdienen. Jegliche Ähnlichkeiten zu Lebenden und Toten Personen
ist zufällig und nicht beabsichtigt. Alle weiteren Charaktere
sind Eigentum des Autors.
Sein
Körper war schwach vom verlorenen Blut, das immer noch aus zwei
großen Fleischwunden an seinen Flanken strömte. Sein
Brustkorb hob und senkte sich immer schneller. Der Atem kam rasselnd
und stoßweise und dickflüssiger Geifer tropfte ihm aus dem
Maul.
Es spürte, wie es den Kampf um sein Leben verlor. Es
rannte immer noch blind durch das Dickicht des dichten Waldes und
versuchte, seinen Verfolger abzuhängen. Doch die blutige Spur,
die es hinterließ, war eine eindeutige Fährte.
Es hatte
nicht mehr die Kraft, sich zu verteidigen, nicht mehr die Kraft,
weiter um sein Leben zu laufen. Das riesige, katzenartige Wesen, das
es angegriffen hatte, kam immer näher und es konnte fast schon
seinen fauligen Atem riechen.
Ein letztes Mal stemmten sich alle
Lebensgeister des kleinen Säugetieres auf und das Tier
beschleunigte. Doch sein Verfolger war sich seines Sieges bereits
sicher und nahm ebenfalls Tempo auf. Zweige und Äste streiften
das sandfarbene Fell und die Katze konnte die Beute bereits sehen. Es
war zu klein, um den Hunger lange Zeit zu stillen, doch in Zeiten wie
diesen musste man nehmen, was kam.
Es hetzte die Beute noch einige
hundert Meter weiter durch das dichte Gestrüpp, bis das
rasselnde Keuchen fast besser wahrnehmbar war als der Angstgeruch,
den das gejagte Tier exzessiv verströmte. Ein letztes Mal hielt
die große Katze die Nase hoch in die Luft, bevor es die letzten
Meter auf seine erschöpfte Beute, die am Rande einer großen
Lichtung nun endgültig zusammengebrochen war, zuschritt.
Die
Augen des kleinen Tieres waren weiß und quollen fast aus ihren
Höhlen, Schaum rann ihm aus dem Maul und der Brustkorb hob und
senkte sich in Bruchteilen von Sekunden. Das Blut aus seinen Flanken
hatte bereits kleine Lachen um den zitternden Körper gebildet
und der Jäger konnte riechen und hören, wie es mit seiner
Beute zu Ende ging.
Mit
einem einzigen kräftigen Biss trennte die Katze ihm zuvor jedoch
die Kehle durch. Das Adrenalin schoss noch durch seinen erhitzen
Körper, als es die mächtigen Reißzähne in den
weichen Unterbauch der Beute schlug und das noch warme Blut sich in
seinem Maul verteilte.
Es wollte gerade zu fressen anfangen, als
ein Geräusch es aufschrecken lies.
Die sensiblen, mit
Haarbüscheln versehenen Ohren orteten das Geräusch ganz in
der Nähe und ein drohendes Knurren entfuhr seiner Kehle.
Als
das Geräusch ein weiteres Mal zu vernehmen war, nahm der Jäger
Reißaus und warf einen letzten Blick auf die Quelle des
seltsamen Geräusches, dem großen Ring in der Mitte der
Lichtung. Dann spannten sich seine Muskeln und es machte einen großen
Satz, bevor es mit fast fliegenden Pfoten schnell das Weite suchte.
Jack
O´Neill trat als letzter durch das Stargate und lies einen
prüfenden Blick über die unmittelbare Umgebung schweifen,
bevor er sich auf seine drei Teammitglieder konzentrierte.
"Alle
Anzeigen im Normalbereich. Die Siedlung liegt laut Malp-Daten etwa 20
Meilen südlich von hier.", erklärte Sam Carter und
wies mit der rechten Hand in die angegebene Richtung.
Jack seufzte
und trat die moosigen Stufen des Stargates herab.
"Okay.
Überprüft die Ausrüstung, dann geht's los.",
kommandierte er und setzte sich die Sonnebrille auf.
Carter und
Daniel nickten, während Teal'c seinen Blick auf den Waldrand
richtete. Augenscheinlich hatte er etwas entdeckt.
Langsam ging er
darauf zu.
"Teal'c, was ist?", fragte Jack, der seinem
Freund dabei zusah.
"O'Neill. Du solltest dir das hier mal
ansehen.", gab dieser zur Antwort.
"Oh...",
war das einzige, das Jack von sich geben konnte, als er das Gemetzel
sah, das Teal'c entdeckt hatte.
"Carter, Daniel, kommt mal
her.", rief er.
"Das...sieht aus wie ein Mittagessen von
etwas, dem ich nicht unbedingt begegnen will.", entfuhr es
Daniel.
"Das...sieht aus wie ein übergroßes
Meerschweinchen mit langen Beinen.", stellte Carter fest und
versuchte das tote Tier mit einem Stock umzudrehen.
"Es ist
noch nicht lange tot. Der Körper ist sogar noch warm.",
kommentierte Teal'c.
Einige Fliegen hatten sich bereits auf dem
frischen Kadaver niedergelassen und begannen das Festmahl ihres
Lebens.
Die Bauchdecke war aufgerissen und sämtliche Gedärme
lagen ausgebreitet wie ein Nest voller Schlangen neben dem Torso. In
der Kehle klaffte ein riesiges Loch, dessen ausgefranste Ränder
getrocknetes Blut umgab. In der Flanke des Tieres befanden sich zwei
weitere schwere Wunden.
"Das muss ein ziemlich großes
Tier angerichtet haben...", überlegte Jack laut.
"In
der Tat. Die Größe der Wunden ist beeindruckend. Ich kenne
kein Tier, das solch ein Gebiss hat.", sagte Teal'c.
Jack
atmete tief durch und stand dann auf. "Okay...wir gehen los.
Aber...seid vorsichtig. Was immer das hier getötet hat,
muss noch hier sein.", befahl der Colonel und wies auf den
Kadaver, der jetzt immer mehr zum Flughafen für große
fette Fleischfliegen wurde. "Teal'c, du gehst mit Daniel,
Carter, Sie kommen mit mir.", addierte er und entsicherte sein
Maschinengewehr.
Sam
machte es ihm nach und gesellte sich an seine Seite.
Der Jaffa und
Daniel bildeten das Schlusslicht und alle äugten aufmerksam um
sich, sogar Teal'c hatte seine Finger am Auslöser der Stabwaffe.
Der große Kater wollte nach dem verstummen des angsteinflößenden Geräusches wieder zu seiner Mahlzeit zurückkehren, doch stoppte abrupt, als er den Geruch von Eindringlingen witterte. In sein gesamtes, mehrere Quadratkilometer umfassenden Revier, hatte er noch niemals solche Tiere gesehen und doch war ihm deren Geruch vertraut. Im angrenzenden Revier, das einer Kätzin gehörte, mit der er sich letztes Jahr gepaart hatte, und in dem er sich einige Wochen lang aufgehalten hatte, solange er eben in der Paarungszeit von ihr akzeptiert wurde, gab es viele davon und sie waren eine leichte Beute. Ihre Sinne waren nicht so fein wie die anderer Beutetiere und sie waren neugierig und unvorsichtig. Er hatte einige davon erlegt, bevor er sein von Natur aus einzelgängerisches Leben wieder aufnahm und in sein angestammtes Territorium zurückgekehrt war.
Noch einmal sog er den Geruch der vier Lebewesen ein, bevor er sich an deren Fersen heftete. Seine vorhin erlegte Beute wurde nebensächlich.
Nach
einer Weile entspannten sich die vier SG1 Mitglieder ein
wenig.
"Sieht nicht so aus als würde das Gate hier oft
benutzt. Keine Wege, keine Trampelpfade...nur dieses dornige
Dickicht. Sind Sie sicher, dass hier Menschen leben?",
vergewisserte sich Jack noch einmal bei seinem Major, obwohl er deren
Antwort schon lange wusste. Aber wenigstens hatte er das minutenlange
unangenehme Schweigen unterbrochen.
"Ja Sir. Es waren klare,
scharfe Bilder, die uns das Malp gesandt hat. Es sind noch ungefähr
16 Meilen.", argumentierte sie.
"Aber ich habe recht mit
dem Stargate, oder?", hakte er nach.
Eine Sekunde lang sah
ihn Sam verwirrt an.
"Ja, es wird augenscheinlich nicht oft
oder gar nicht benutzt. Aber das bedeutet vielleicht nicht viel.",
gab sie zurück.
Jack runzelte die Stirn.
"Na ja,
stellen Sie sich vor, diese Leute würden auf unseren Planeten
kommen, wenn sie durch das zweite Tor gekommen wären, als es
noch im ewigen Eis stand...die hätten wohl auch auf einen
Eisplaneten geschlossen und nicht auf einen so fortschrittlichen
Planeten wie die Erde es tatsächlich ist. Sogar ich dachte das
ja damals...", erklärte sie. Jack nickte überzeugt und
kurz huschten verschwommene Erinnerungen durch seinen Kopf.
"Sie
denken also, die haben auch ein zweites Tor?"
"Möglich
wäre es, aber es deutet nichts darauf hin. Das zweite Tor auf
der Erde war wohl eher ein Un- oder Zufall.", sagte Sam.
"Weil
unser Planet sozusagen die Goa'uld Hochburg war.", stellte Jack
fest.
Sam lächelte. "So ist es."
Eine
Weile herrschte wieder Schweigen bis auf das Gemurmel von Teal'cs
tiefer Stimme. Er und Daniel waren einige Meter zurückgefallen
und führten eine angeregte Unterhaltung über das Reich der
Inka. Teal'c schien äußerst wissbegierig zu
sein.
"Vielleicht sollten wir eine kleine Pause machen, um
Danny wieder zu Atem kommen zu lassen...", schmunzelte Jack. Sam
nickte und wie auf Kommando tat sich vor ihnen eine kleine Lichtung
auf. Das Sonnenlicht, das bisher von den dichten Baumkronen gedämpft
wurde, fiel hier ungehindert bis auf den Waldboden und erzeugte eine
abstrakte Veränderung der Vegetation.
Jack rief Daniel und
Teal'c die Neuigkeit zu und lies sich dann neben Sam auf den
aufgeheizten Boden fallen, nachdem er seine Waffe gegen einen Stein
gelehnt hatte.
Er nahm seine Mütze ab und wischte sich damit
den Schweiß von der Stirn, dann nahm er seine Wasserflasche und
trank gierig ein paar Schlucke.
Daniel gesellte sich zu ihnen. Jack wollte gerade fragen, wo Teal'c denn bliebe, als er seinen Freund bewegungslos etwa zehn Meter entfernt stehen sah, den Blick starr auf ein unsichtbares Ziel in der üppigen Vegetation gerichtet. Der steile Einfall der Sonne auf der Lichtung zauberte wabernde Schatten auf die dunklere Umgebung und ließ Umrisse wie Schemen erscheinen.
"O'Neill.",
warnte der Jaffa. Jack stand ruckartig auf und griff instinktiv nach
der MG.
Er nahm seinen Platz an Teal'cs Seite ein und richtete den
Sucher in die Richtung, die dieser ihm wies.
"Dort drüben
hat sich etwas bewegt.", flüsterte der Krieger. Jack
reagierte mit einem angedeuteten Nicken und kniff die Augen zusammen.
Aber auch er konnte nur verschwommene Schatten erkennen. "Bist
du sicher?", zischte er gedämpft, während Carter und
Daniel ebenfalls aufgetaucht waren.
Teal'c hielt seinen Blick
weiter starr auf den unsichtbaren Feind. Alle vier wagten kaum zu
atmen.
Nach
einer Weile, in der nichts geschehen war, beschloss Jack etwas zu
unternehmen. "Okay, Leute. Mich beschleicht hier ein ungutes
Gefühl. Wir sollten uns beeilen.", sagte er und wandte sich
zum Weitermarsch.
"Sollten wir nicht zum Stargate
zurückkehren?", warf Daniel ein.
Jack überdachte
die Option kurz. "Das bringt nichts. Wir würden den Rückweg
sowieso nicht vor Einbruch der Dunkelheit schaffen. Ob wir hier
schlafen oder in der Nähe des Tores macht im Prinzip keinen
Unterschied.", überlegte er.
Daniel nickte und warf
einen letzten Blick auf das schattige Waldgebiet, dass sie nun
Schritt für Schritt hinter sich ließen.
Zwei
Pausen und einige Fehlalarme später lichtete sich der Wald etwas
und wenigstens ein paar der Sonnenstrahlen erreichten den
Waldboden.
"Wie weit ist es noch bis zu der Siedlung, Major
Carter?", fragte Teal'c.
"Es müssten ungefähr
noch 6 Meilen sein. Wir sind bald da."
"Und das ist auch
gut so.", sagte Jack.
"Was er sagen will ist, dass in
etwa einer Stunde die Dämmerung einbrechen wird.", erklärte
Daniel bei Sams konfusem Blick.
Die vier beschleunigten ihre
Schritte wieder.
Der Geifer troff dem nur einen sprichwörtlichen Katzensprung von den Vieren entfernten, im Dickicht fast unsichtbaren Schatten vom Maul, der sich an die Fersen des Teams geheftet hatte. Präsent zu sein, ohne sich zu präsentieren. Sein Körper war geschaffen dazu und doch schien es einige Male so, als wäre er entdeckt worden. Doch stets bestätigten sich seine Befürchtungen nicht. Die Zweibeiner nahmen seine Präsenz nicht wirklich war, sie konnten nur seine smaragdgrünen durchdringen Augen auf sich fühlen.
Er war da. Doch niemand sah ihn. Mit der Umgebung verschmelzen war sein größter Trick – etwa wenn er in irgendeiner Baumkrone hockte und allabendlich die kleineren, Nachtaktiven Tiere ihren Weg zur Wasserquelle suchten und nicht merken sollten, dass direkt über ihren Köpfen eine tödliche Gefahr lauerte. Das war seine Art, sich unsichtbar zu machen. Bei seinem nächtlichen Treiben halfen sein dunkles, leicht silberfarbenes Fell und seine geschmeidigen Bewegungen, sich zwischen den dunklen Schatten der Bäume in der einsetzenden Finsternis zu verbergen. Wenn es sein musste, verharrte er dort stundenlang, in denen er bewegungslos auf seinen Auftritt wartete. Warten gehörte zu seinem Leben. Und diese vier Zweibeiner waren potentielle Nahrungsquellen. Er würde ihnen nahe bleiben und auf den geeigneten Augenblick warten. Irgendwann würden auch diese Vier unvorsichtig werden und das Bedürfnis nach Schlaf würde sie übermannen und sie verletzlich und angreifbar machen.
Bald. Bis dahin würde er warten. Wie immer.
"Teal'c, du übernimmst die erste Wache. Daniel wird dich in zwei Stunden ablösen, dann übernimmt Carter und dann ich.", befahl Jack und blickte in die Runde. Er erhielt ein synchrones bestätigendes Nicken und verzog sich zufrieden in sein Zelt. Er stellte die Weckfunktion an seiner Armbanduhr und kroch in seinen blauen Schlafsack, während Teal'c es sich auf einem großen Stein so bequem wie es eben ging machte und Daniel und Sam sich ebenfalls in ihre Zelte begaben. Teal'c stellte die Taschenlampe auf die hellste Stufe ein und beäugte wachsam und mit geschärften Sinnen die Umgebung des Zeltlagers.
Daniel
schreckte aus seinem nicht gerade unangenehmen Traum und starrte
verwirrt in die Dunkelheit. Nur das Feuer in der Mitte des Kreises,
den sie mit ihren Zelten gebildet hatten, erhellte auf eine schaurig
flackernde Art und Weise den Innenraum des Zeltes und Daniel lief ein
Schauer über den Rücken. Mit einem genervten Stöhnen
wuchtete er sich aus dem Schlafsack und versuchte, in den tanzenden
Schattenspielen, die das Lagerfeuer auch auf den Boden zauberte,
seine Armbanduhr zu finden, die ihm mit ihrem monotonen Weckruf
bereits durch Mark und Bein ging.
Der Mann schnaufte erleichtert,
als er den Grund seines Aufwachens endlich gefunden hatte. Er
schnappte sich seine Taschenlampe und verließ kriechend das
Zelt, um Teal'c bei der Nachtwache abzulösen.
Daniel bemühte
sich sehr, die anderen nicht zu wecken und vermied es, nach Teal'c zu
rufen, der mit dem Rücken zu ihm scheinbar regungslos auf seinem
angestammten Stein saß.
Doch bereits nach ein paar fast
lautlosen Schritten flüsterte der Jaffa seinen Namen und
bekräftigte einmal mehr die Tatsache, dass es unmöglich
war, sich unbemerkt an Teal'c heranzuschleichen.
Flüsternd
informierte Teal'c den schlaftrunkenen Daniel, dass nichts
Aufregendes vorgefallen sei, worauf Daniel ihn in sein Zelt schickte.
Gähnend
richtete er sich seinen Wachposten ein und trank erst mal von dem
lauwarmen Kaffee in der Thermoskanne, die er am Abend vorbereitet
hatte.
Trotz des Koffeins, das durch seine Adern pumpte, drohten
ihm die Augen zuzufallen. Verzweifelnd versuchte der Wissenschaftler,
sich mit dem Summen eines Liedes wach zu halten und sich so von den
einlullenden Geräuschen der Nacht abzulenken. Das funktionierte
auch, bis er die plötzlich eingetretene Stille bemerkte. Die
Eule, die mit ihrem schaurigen Ruf bis zu dieser Minute immer wieder
die Stille unerbrochen hatte, war still geworden. Ebenso hatten
sämtliche Zikaden und Grillen ihr nächtliches Lied jäh
unterbrochen.
Daniel
horchte angestrengt in die nahe Dunkelheit des Waldes. Nur das
Rauschen der sanften Brise in den Baumwipfeln, das wie der Seufzer
einer verlorenen Seele klang, war zu hören. Angst machte sich in
ihm breit.
Er realisierte plötzlich, dass seine Waffe noch im
Zelt lag und Teal'c die seine wieder mitgenommen hatte. So saß
er schutzlos da und wog seine Möglichkeiten ab. Die erste war,
sitzen zu bleiben und alles als Unsinn abzutun, als übertriebene
Reaktion, die ihm bei seinen Kollegen nur wieder ein mitleidiges
Grinsen eingebracht hätte. Die zweite war, die Waffe aus dem
Zelt zu holen und dann weiterhin angsterfüllt Wache zu halten.
Die dritte war, aufzustehen, zu den etwa 5 Meter entfernten Zelten zu
rennen und um Hilfe zu rufen.
Keine der drei Möglichkeiten stellten ihn zufrieden. Daniel fragte sich, was Jack oder Sam in so einer Situation wohl machen würden. Die beiden waren Soldaten und hatten eine jahrelange Ausbildung hinter sich. Sie waren es gewohnt, in Situationen zu geraten, die einem dazu veranlassten, die Nackenhaare zu sträuben und sich nichts sehnlicher zu wünschen als bis über die Ohren unter die Decke seines Kinderbettes zu kriechen und sich vor dem bösen Monster unter dem Bett zu verstecken. Nach dem Motto, wenn ich es nicht sehe, sieht es mich auch nicht. Der junge Wissenschafter sah weit und breit nicht auch nur etwas vergleichbar Geborgenheit spendendes wie sein Kinderbett.
Wieder
lauschte er mit gespitzten Ohren in die Stille. Kein Ton war zu
hören, aber die Brise hatte aufgefrischt und brachte das Feuer
zum knacken. Es waren nur noch wenige Holzreserven da und Sam, die
nach ihm die Wache übernahm, würde wohl weiteres besorgen
müssen. Aber das war im Moment nicht sein Problem.
Daniel
begann, nervös an seinen Fingernägeln zu kauen, was er seit
sicher 10 Jahren nicht mehr getan hatte. Wahrscheinlich lag es sogar
noch länger zurück. Jedenfalls erinnerte er sich daran, das
erste mal ein Mädchen mit abgekauten Fingernägeln geküsst
zu haben. Das schien Ewigkeiten her zu sein.
Cheryl war inzwischen
sicher zum zweiten Mal verheiratet und verdiente mehr sogar mehr als
er als unentbehrlicher archäologischer Berater des Flaggschiffes
der SG Teams.
Er seufzte und spürte, wie sich die innere
Anspannung seltsamerweise in teilnahmslose Gelassenheit verwandelte,
als plötzlich ein einzelnes, scharfes Geräusch die Stille
durchfuhr. Das Knacken eines Astes in unmittelbarer Nähe. Er
konnte es fühlen. Auch wenn er nie eine Goa'uld Larve in sich
getragen hatte und kein Naquada in seinem Blut besaß, konnte er
in diesem Moment das erste Mal wirklich begreifen, wie es sich
anfühlte, die Präsenz von etwas in seiner Nähe zu
spüren, das man nicht sehen konnte.
"Auch der Mensch,
wie jedes Säugetier, das eine potentielle Beute für einen
Prädatoren darstellt, besitzt die Fähigkeit, zu spüren,
wenn er gejagt wird.", dieses Zitat, das er letzte Woche in
irgendeiner Tierdokumentation auf dem Discovery Channel gesehen
hatte, fiel ihm ironischerweise gerade in diesem Augenblick wieder
ein.
Ängstlich sah er sich um und Schweißströme begannen ihm aus sämtlichen Poren zu fließen. Er fühlte es ganz deutlich, wie eine übersinnliche Wahrnehmung, die sich auf seine Urinstinkte auswirkte und er wusste, was auch immer dort draußen lauerte, es würde seine panische Angst riechen und nicht mehr lange auf seinen Angriff warten.
Jack war mit einem Schlag
wach und schlug mit einem Arm um sich, wie um eine lästige
Fliege zu vertreiben. Ein Blick auf seine die hellblau erleuchtete
Anzeige seiner Armbanduhr sagte ihm, dass die Zeit für seine
Wache noch nicht gekommen war. Er versuchte sich aus den Wirren
seines Schlafsackes zu befreien, während er darüber
nachdachte, was ihn wohl so plötzlich geweckt haben könnte.
Da
war es wieder. Ein panischer Hilfeschrei, der dem charakteristischen
Klang nach weder gespielt noch unbegründet war und eindeutig von
Daniel stammte.
O'Neill
nahm sich nicht die Zeit, seine Stiefel anzuziehen, packte seine MG
und stürmte aus dem Zelt. Erst sah er gar nichts außer dem
flackernden Schein des knackenden Feuers.
Dann hörte er
gedämpfte Stimmen, die man eindeutig Carter und Teal'c zuordnen
konnte. Er ging näher an die schemenhaften Gestalten seiner
Freunde heran. Beide standen mit dem Rücken zu ihm und jetzt
erkannte er auch Daniel, der sich wie ein schutzsuchendes Affenkind
an Sam gekrallt hatte. Sam versuchte, ihn loszuwerden, denn auch sie
konnte ahnen, dass Daniel nicht umsonst so aufgebracht war.
"Hey.",
rief Jack gedämpft. Sam und Daniel schreckten auf, während
Teal'c sich nicht einmal die Mühe machte, sich umzudrehen.
Langsam und mit der Stabwaffe im Anschlag verschwand er in der
Dunkelheit.
"Daniel, alles klar?", fragt Jack leise. Sam
sah ihn hilfesuchend an, doch dann löste sich der Archäologe
langsam von ihr und Jack sah, wie er zitterte.
Seine Augen waren
trotz des Fehlens der Brille groß und O'Neill konnte in diesem
Augenblick nicht sagen, ob die Dunkelheit oder die Furcht sie so
unnatürlich schwarz machten.
Er warf noch einen schnellen
Blick auf Sam, welcher ihr wortlos zu verstehen gab, sich um Daniel
zu kümmern, während er Teal'c folgte.
Der
Colonel spürte, wie die feuchte Kälte des nächtlichen
Waldbodens langsam durch seine Socken drang und beschleunigte seine
Schritte.
Er versuchte, seinen Freund auszumachen und realisierte,
dass eine Taschenlampe jetzt wohl nützlich gewesen
wäre.Plötzlich erhellte eine Stabwaffensalve die Nacht und
Jack schreckte geblendet auf. Wenigstens wusste er jetzt die
Richtung, und obwohl er fast nichts sehen konnte, vertraute er auf
die scharfen Augen seines Kameraden.
"O'Neill!", rief
dieser unweit und bald stand der Jaffa vor ihm.
"Hast du es
erwischt?", war Jacks erste Frage.
"Nein. Es war ein
Tier. Etwa so groß wie ein Mensch. Zu schnell.",
antwortete dieser keuchend.
Jack nickte und als er bemerkte, dass
Teal'c das in der Finsternis nicht sehen konnte, antwortete er: "Ja.
Gehen wir zurück zum Lager. Wenn wir Glück haben, kommt es
heute nicht mehr zurück.", beschloss er.
O'Neill und
Carter übernahmen die letzten beiden Schichten freiwillig.
Die
Dämmerung war hereingebrochen und die ersten Vögel stimmten
ihr allmorgendliches Lied an. Sam und Jack saßen auf ihren
Posten und schwiegen.
Es war nicht gerade eine sehr
diskussionsreiche Nacht gewesen. Nachdem sie den gestrigen Tag Revue
passieren hatten lassen und den heutigen Morgen planten, waren sie in
kameradschaftliches Schweigen gefallen und ihren eigenen
Gedanken nachgegangen. Sam wusste, dass man Jack O'Neill nicht
nachsagen konnte, ein Plappermaul zu sein.
"Noch etwa eine
Stunde, dann können wir die anderen wecken.", stellte Jack
fest und kramte in seinem Rucksack.
Als er die vordere kleine
Tasche öffnete, fiel ein Schlüsselbund heraus. Bevor er
sich fragen konnte, wie seine Schlüssel immer dahin kamen, wo er
sie am wenigsten vermutete, hatte Sam ihn aufgehoben und betrachtete
den kleinen, abgegriffenen Holzanhänger, der neben sämtlichen
Schlüsseln am Bund befestigt war.
Er war aus hellem Holz und
etwas dunkler war Jacks Name darauf zu lesen.
"Das ist
wunderschön.", sagte Sam andächtig und strich mit
ihren Fingern über die vier Buchstaben.
Jack nickte und
streckte fordernd seine Hand aus.
"Tschuldigung.", sagte
Sam, als wäre sie bei einem Verbrechen ertappt worden und legte
es in seine Hand. Schuldbewusst starrte sie ein letztes Mal auf den
Anhänger, der in Jacks geschlossener Faust und dann wieder im
Rucksack verschwand. Wenn sie jetzt erwartete, dass Jack wieder in
das unangenehme Schweigen zurückfiel und sie sich mit
Gewissensbissen herumschlagen musste, nur weil sie eines von Jacks
"privaten Objekten" angefasst hatte, wie es im Allgemeinen
der Fall war, wurde sie enttäuscht und als Jack seine Stimme
klärte, um zu sprechen, hob sie überrascht den Kopf.
"Nein...es
ist nur...", begann er.
Sie sah ihn immer noch überrascht
an und erwartete nicht wirklich viel von diesem Ansatz.
Wieder
wurde sie überrumpelt.
"Charlie hat ihn mir zum
Geburtstag geschenkt...in dem Jahr, als er gestorben ist.",
sagte er leise. Sam wusste nicht, wie sie reagieren sollte. Das
wusste sie bei "normalen" Menschen schon nicht, was sollte
sie dann schon bei Jack tun? Es war so selten, dass er sich anderen
Menschen anvertraute, dass es ihr fast schon ein stolzes Gefühl
gab. Aber wie sollte sie damit umgehen?
Jack war erstaunt über die Tatsache, dass er mit ihr über solche Sachen sprach. Aber Sam war ihm trotz aller unsichtbaren Mauern, die zwischen ihnen standen, doch so nah. Manchmal sah er es in ihren Augen oder fühlte es einfach an ihrer Gegenwart, dass sie genau wie er mehr empfand als nur Kameradschaft und berufliche Verpflichtung, einander zu helfen und zu unterstützen.
Aber etwas hinderte sie daran, an ihrer Distanz etwas zu ändern. Vielleicht war es die Tatsache, dass ihre Karriere, ihr Beruf, der gleichzeitig auch ihr Leben war, wichtiger war als irgendeine Beziehung zu ihrem Vorgesetzten, der noch dazu im gleichen Team war. Er selbst glaubte nach längerem Leugnen selbst nicht mehr, dass zwei sich Liebende noch genauso gut zusammen arbeiten konnten wie zwei Freunde.
Aber was würde sich dann schon ändern? Er wusste, dass er auch wenn es morgen oder übermorgen passieren würde , Sams Leben über alle anderen, auch sein eigenes, stellen würde. Er konnte sich nicht vorstellen, Sam jemals irgendwo im Stich zu lassen, und wenn alle militärischen Regeln ihm sagten, er solle andere ihm untergebene Soldaten in Sicherheit bringen.
Und aufgrund dessen, dass sich für ihn nicht wirklich etwas ändern würde und es bereits schon zu spät war, das aufzuhalten, was sich über die Jahre zwischen ihnen entwickelt hatten, war es für ihn nicht länger ein Hindernis. Und er glaubte fest daran, dass auch Sam einen anderen, einen wahren Grund haben musste.
Vielleicht konnte sie mit seiner Unfähigkeit nicht umgehen, seine Gefühle oder seine Gedanken mit jemandem zu teilen. Das konnte er manchmal selbst nicht. Ja Jack hasste sich selbst manchmal regelrecht dafür. Und er wusste auch, dass sein Sarkasmus, der seinen weichen Kern wie die harte Kalkschale einer Muschel umgab, manchmal sehr verletzend gegenüber anderen, ganz besonders Sam, sein konnte.
Ja, vielleicht war das der Grund dafür.
Aber vielleicht gelang es ihm auch, dagegen anzukämpfen und sich wenigstens einem einzigen Menschen zu öffnen. Es würde schwer werden, denn nicht einmal Sarah hatte es geschafft, in seine Seele zu blicken. Der einzige Mensch, dem das jemals gelungen war dieses Fenster zu seinem Inneren zu öffnen, war tot und der Grund dafür, dass all das nur noch schlimmer geworden war: Charlie.
Sam schwieg. Es gab keine Worte, die das ausdrücken konnten, was sie im Moment für ihn fühlte, weil sie es selber nicht genau wusste.
Jack
seufzte.
Er stand auf, streckte sich kurz und ließ seine
Blicke dann wieder prüfend durch die Gegend schweifen.
"Es
war ein ganz besonderer Tag für Charlie.", sagte er
plötzlich, als er sich wieder gesetzt hatte. Sam drehte ihren
Kopf wieder in seine Richtung und versuchte seinen Blick einzufangen.
Aber Jacks Blick war auf den Boden gerichtet, während er weiter
sprach. Er sprach langsam und mit tiefer Stimme.
"Ich werde
nie seine Augen vergessen, als er mir den Anhänger gab. Manchmal
denke ich, Charlie hat mehr Freude daran gehabt, jemanden zu
beschenken als selbst Geschenke zu bekommen.".
"Das
ist außergewöhnlich für ein Kind in seinem Alter.",
sagte Sam leise und hoffte, nichts falsches gesagt zu haben.
Jack
nickte langsam.
"Sie hätten seine Augen sehen sollen,
Sam. Wie stolz er war, als er ihn mir gab.", sagte er leise und
seine Mundwinkel umspielte ein wehmütiges Lächeln.
Sams
Blick wandte sich beim Fallen ihres Vornamens wieder von seinem
Gesicht ab, obwohl er sie nicht ansah.
"Das kann ich mir
vorstellen.", flüsterte sie und versuchte erneut
vergeblich, wieder Blickkontakt herzustellen. Dann hob Jack plötzlich
wieder den Kopf und seine ausdrucksstarken Augen bohrten sich in die
ihren.
"Haben
Sie je daran gedacht, Kinder zu haben?", fragte er
vorsichtig.
Sam dachte kurz darüber nach. Wollte sie Kinder?
Warum hatte sie sich nie wirklich Gedanken darüber gemacht?
Sämtliche ihrer Freundinnen aus vergangenen Tagen hatten schon
Kinder und die wenigen, mit denen sie noch Kontakt hatte, beschrieben
in ihren Briefen und Anrufen immer das familiäre Idyll mit dem
treu sorgenden Ehemann und den süßen Kids.
Jack
wartete geduldig auf eine Antwort, wohl bewusst der Tatsache, dass er
den Rahmen ihrer üblichen Gesprächsthemen bei Weitem
sprengte.
"Na ja. Irgendwie habe ich mir nie richtig Gedanken
darüber gemacht.", gab sie schließlich wahrheitsgemäß
zur Antwort. "Irgendwann vielleicht schon. Ich weiß nicht.
Zur Zeit sehe ich nicht, dass es möglich wäre. Ich liebe
meine Arbeit, ich meine...ich kann mir ein Leben ohne Stargate und
SG1 nicht mehr vorstellen. Ich denke, da geht es Ihnen ähnlich?",
addierte sie.
Jack
nickte abwesend.
"Ein Kind passt in mein momentanes Leben
nicht. In absehbarer Zeit plane ich also keinen Nachwuchs.",
sagte sie und lächelte nervös.
Wieder nickte
Jack.
"Außerdem habe ich keine Zeit, um mir ein
Privatleben aufzubauen. Ich sehe mein eigenes Haus eher selten von
innen, aber das wissen Sie ja sicher genauso gut wie ich.",
sagte sie nach einer Weile hinzufügend.
"Ja...das kenn
ich.", sagte er und lächelte aufmunternd. Sam gab das
Lächeln zurück und fragte nun ihrerseits, obwohl sie nicht
sicher war, ob sie nicht den wunden Punkt traf.
"Und
Sie, ich meine...haben Sie jemals wieder in Erwägung
gezogen...", deutete sie an.
"Kinder?...", er
schwieg kurz. "Ich schätze, es sind die selben Gründe
wie bei Ihnen, die dagegen sprechen. Und wenn ich mal aus dem Militär
raus bin, bin ich zu alt für solche Sachen...", sagte er
und kicherte gekünstelt.
"Manchmal
denke ich, wir versäumen etwas da draußen.", sagte
Sam wenig später.
"So als ob das Leben an einem
vorbeizieht...", fügte Jack hinzu.
Sam nickte andächtig
und wieder mied sie seinen Blick, der so durchdringend geworden war,
dass sie ihm nicht länger standhalten konnte.
Plötzlich
stand Jack auf und berührte kurz ihre Schulter.
"Ich
weck die Jungs. Sie können schon mal Kaffee für Daniel
machen. Ich glaube, er braucht ein wenig Koffein für seine
Nerven.", sagte er und lächelte ihr noch einmal zu, bevor
er zu den Zelten der beiden marschierte.
Sam
erschauderte bei seiner kurzen Berührung und fragte sich, wieso
ihr Körper so auf seine Nähe reagierte.
Die letzte
Stunde hatte ihr ein Bild von Jack O'Neill gezeigt, dass sie
vollkommen verwirrte. Sie seufzte und folgte seiner Bitte.
Die große Katze blinzelte in die aufgehende Sonne und streckte die steifen Glieder. Sie putzte sich mit schnellen Bewegungen ihrer rauen, mit kleinsten Widerhaken besetzen Zunge über das Fell und schärfte ihre Sinne.
Sie
kannte keine Reue. Die verpatzte Jagd der Nacht war zwar nicht
vergessen, aber sie hatte keinen wirklichen Fehler gemacht und sich
so leise und unsichtbar wie immer an die ahnungslose Beute
herangeschlichen. Doch kurz bevor sie in Position zum Angriff gehen
konnte, war ein erschrecktes rehartiges Tier aus seinem Versteck im
Dickicht einige Meter weiter vorne gesprungen.
Die Beute war
gewahr des Angreifers, der ihn belauerte und alarmierte die anderen
Zweibeiner. Einer von ihnen hatte etwas bei sich, das blendend heiße
Strahlen abgab und so war sie geflohen. Sie würde ihnen auf der
Spur bleiben und diese Nacht würde sie keine Fehler mehr dulden.
Mit
einem eleganten Sprung setzte der Kater von seinem Thron auf einem
vom Blitz gefällten Baum herab und streckte die feine Nase in
den Wind. Sofort stieg ihm der Unverwechselbare Geruch der Zweibeiner
in die Nase und sämtliche seiner Sinne konzentrierten sich auf
die Auffindung der Beute.
Plötzlich stutze das Raubtier. Die
Spur führte an die Grenzen seines weit reichenden Therithoriums
und überschritt sie schließlich. Die Fährte führte
ihn direkt in das Revier der Kätzin.
"Carter?",
fragte Jack zum dritten Mal in der letzten halben Stunde.
"Eigentlich
müssten wir längst da sein, Sir!", antwortete Sam
gehorsam.
Jack
seufzte, das dritte Mal in der letzten halben Stunde.
"O'Neill!",
kam Teal'cs Ruf ein paar Meter voraus.
Jack und Sam beschleunigten
ihre Schritte und holten den Jaffa und Daniel ein. Teal'c zeigte mit
dem Arm in Richtung Norden.
Jack folgte der Geste. "Es wird
ja langsam auch Zeit.", kommentierte er aber Sam sah, wie sich
seine Gesichtszüge entspannten, als er die große Mauer aus
Holz sah, die wahrscheinlich das lang gesuchte Dorf umgab.
SG1
hielten schnellen Schrittes darauf zu.
Die
Mauer entpuppte sich tatsächlich als unüberwindbarer
Schutzwall und die vier brauchten eine Weile, um den Eingang zu
finden, der durch zwei seltsame gekleidete Männer bewacht wurde,
die jedoch keinerlei Waffen trugen.
Jack winkte Daniel kurz zu.
Dieser verstand die übliche Aufforderung und winkte den beiden
Wachen freundlich zu, bevor er auf sie zuging.
Jack, Sam und Teal'c hielten sich im Hintergrund, aber stets bereit, einzugreifen, sollten die Wachen die guten Sitten der Gastfreundschaft nicht kennen. Daniel unterhielt sich wild gestikulierend mit den beiden Männern, die ebenso wild mit ihren Händen fuchtelten. Die drei konnten nichts von dem verstehen, das geredet wurde, wahrscheinlich war es irgendeine Fremdsprache. Doch plötzlich drehte sich Daniel grinsend um und auch die beiden Fremden schienen seltsam gelöst.
Daniel
winkte sie aufgeregt zu ihm. "Hebräisch!", schrie
er.
Jack legte den Kopf schief. "Was?". Daniel seufzte.
"Hebräisch, diese Leute sprechen einen alten hebräischen
Dialekt.", erklärte der Archäologe enthusiastisch.
Jack klatschte in die Hände. "Super! Dann sagen Sie den
beiden, wir wollen bitte ein kaltes Bier und eine Dusche, dann sehen
wir weiter.", sagte er sarkastisch. Daniel sah ihn einen Moment
lang konfus an, bevor er kapierte, dass es sich um einen Scherz
gehandelt hatte. Sam schmunzelte und Teal'c zog die Stirn kraus.
Die
beiden fremden Männer machten einladende Gesten und so betraten
SG1 die Stadt, die wie eine Märchenbuchausgabe einer alten
orientalischen Siedlung aussah.
Nach einigen Minuten, welche die
vier damit verbrachten, sich ein wenig umzusehen, kamen einige
Menschen neugierig auf sie zu. Ein ältere Frau baute sich
plötzlich unvermutet vor Jack auf und begann in der fremden
Sprache loszuplappern.
Jack
hob hilflos die Arme und schaute sich nach Daniel um, doch dieser war
bereits in eine angeregtes Gespräch mit ein paar jungen Männer
vor einem überdimensionalen Gemüsestand
vertieft.
Unversehens versuchte die Frau, Jack zu berühren.
Dieser wich ihren Armen aus, doch die Frau war schneller und ihre
Hände umklammerten seine Waffe.
"Daniel!", rief
Jack genervt und versuchte der Frau das Gewehr wieder zu entreißen.
Sofort kam Daniel angelaufen und redete auf die Frau ein. Sofort nahm
sie eine demütige Stellung ein und verschwand dann wieder in der
Menge.
"Okay...Daniel, Sie schmeißen sich hier weiter an die Leute ran und versuchen, rauszufinden, ob die etwas haben, das für uns von Bedeutung ist. Und äh...fragen Sie, ob sie was von einem großen Raubtier in den Wäldern wissen. Ich hab nämlich das Gefühl, die haben den riesigen Zaun hier nicht umsonst aufgezogen...Carter bleibt bei Ihnen. Teal'c und ich werden uns so ein bisschen umsehen. Wir treffen uns dann wieder hier.", befahl der Colonel und zeigte mit seinem rechten Arm auf das kleine Lehmhaus hinter ihm. Die anderen drei nickten und Daniel machte sich gleich an die Arbeit, indem er sicher einer Gruppe von plaudernden Frauen näherte.
Schnaubend ging der Kater die Grenzen seines Reviers ab und markierte die Büsche und Bäume. Die verlockende Beute konnte ihn nicht dazu bewegen, diese für menschliche Augen unsichtbare Grenze zu überschreiten. Es war nicht gesichert, dass die Kätzin ihn als Eindringling unmittelbar angreifen würde, aber dass sie es dulden würde, dass er ihn ihrem Revier jagte, war noch unwahrscheinlicher.
Natürlich war er ihr in Größe und Stärke überlegen, aber ein Kampf würde für ihn selbst auch nicht unblutig enden. Sein Körper war perfekt an diese Umwelt angepasst und er war eine Tötungsmaschine – aber nur, wenn er unverletzt und gesund war. Ein krankes Tier hatte in der Natur kaum Überlebenschancen. Das hieß, Risiken zu vermeiden.
"Wo bleibt Daniel...", murmelte Jack und trommelte mit den Fingern nervös auf seiner Waffe herum. Teal'c und er warteten seit einer halben Stunde am Treffpunkt, aber von Daniel und Sam keine Spur. "Ich kann mir schon denken, was Daniel Jackson aufgehalten hat.", kommentierte Teal'c und Jack nickte abwesend.
Endlich
sahen die beiden, wie Jackson und Carter hinter einer der Hütten
am Ende des Weges, der mitten durch die Siedlung führte,
auftauchen, flankiert von ungefähr einem Dutzend Einheimischen,
die wild und mit fuchtelnden Armen auf den Wissenschaftler
einredeten. Daniel hatte augenscheinlich große Mühe, das
Chaos aus ihm nur ansatzweise bekannten Wortfetzen zu überblicken.
Dabei war er noch gut dran. Für Carter klangen die Worte nicht
annähernd wie eine Sprache. Genervt sah sie sich hilfesuchend
nach dem Colonel und Teal'c um.
"Hey, Daniel!", rief sie
und übertonte die aufgebrachte Menge nur annähernd.
"Jack!
Also...diese Leute haben mir in den letzten zwei Stunden so viel
erzählt...wow...ich meine...ich weiß gar nicht, wo ich
anfangen soll...?", stammelte Jackson enthusiastisch.
"Wie
wär's mit: von vorne?", kam die prompte Antwort von
Jack.
"Ich werde es versuchen. Also, ihr Volk ist eindeutig
arabischen Ursprungs, es gibt noch mehr Dörfer in der Gegend,
aber sie haben nicht viel Kontakt miteinander.", begann
er.
"Warum nicht?", warf Teal'c dazwischen.
"Dazu
wollte ich gerade kommen, Teal'c!...Sie sind überzeugt davon,
dass in den Wälder rund um den Schutzzaun, den sie errichtet
haben, ein böser Dämon haust, der ihre Frauen und Kinder
bei lebendigem Leibe frisst. Nur einmal in einem Mondzyklus,
also etwa einem Monat, begibt sich ein junger Krieger freiwillig auf
den Weg zum nächsten Dorf, um Güter und Nachrichten
auszutauschen. Nur wenige der mutigen Männer wurden je
wiedergesehen.", erzählte Daniel fast feierlich.
"Sehr
theatralisch, Daniel. Sie können den Leuten sagen, dass es sich
bei dem Dämon wahrscheinlich um ein katzenartiges Raubtier
handelt.", befahl Jack.
"Ich glaube nicht, dass die sich
so leicht davon überzeugen lassen...", widersprach der
Archäologe und wies mit der rechten Hand auf die Gruppe von
Einheimischen, die sich mittlerweile etwas beruhigt hatte und sie mit
großen Augen beobachtete.
"Sir? Ich glaube nicht, dass
es sich dabei nur um ein Tier handelt. Ich meine...zum
Überleben einer Art braucht es schließlich
mehrere...Individuen...", versuchte Carter ihre Gedankengänge
zu erklären.
Daniel nickte zustimmend.
"Was sollen
wir tun?", fragte er.
"Wenn
es sich wirklich um eine Katze handelt, sind es wahrscheinlich
Einzelgänger. Es gibt nur eine Katzenart, die im Rudel lebt –
die Löwen. Es sind Tiere, also töten sie nur, wenn sie
hungrig sind, zumindest ist das auf der Erde so.", sagte Sam
wieder.
Jack hob die Augenbrauen. "Eine verlorene Zoologin?",
fragte er.
Sam grinste. "Meine Satellitenschüssel ist
kaputt, also kann ich mir seit ein paar Wochen nur noch
Videokassetten meiner Nachbarin ansehen...ihr Sortiment reicht vom
Paarungsverhalten der afrikanischen Tüpfelhyäne bis zu den
Laichwanderwegen der kanadischen Lachse.", erklärte sie.
Jack
schmunzelte.
"Also, was würden Sie...so als
Hobby-Zoologe vorschlagen...?", fragte er Sam.
"Wenn wir
auf der Erde wären, würde man den Tieren wohl
Sendehalsbänder anlegen, um sie überwachen zu können
und diejenigen, die Menschen angreifen, ausschalten.", überlegte
Sam.
"Aber wir sind nicht auf der Erde. Und es ist ein weiter
Weg zurück zum Stargate.", stellte Teal'c fest.
"Danke
Kumpel. Auf das wäre ich wirklich nicht so schnell gekommen...",
antwortete Jack.
"Daniel...die Leute hier haben keine Waffen,
oder?", fügte er im nächsten Atemzug hinzu.
"Nein,
nur landwirtschaftliche, primitive Werkzeuge...das gefährlichste
ist wahrscheinlich diese Steinaxt da, schätze ich.",
antwortete dieser und deutete auf eines der primitiven Sachen.
"Na
toll...bis jetzt sind sie aber auch alleine ganz gut zurecht
gekommen...ich meine, wir sind hier um nach einer fortschrittlichen
Kultur zu suchen...aber das scheint das letzte zu sein, was dieses
Volk hat...nichts gegen Bauern...und sollten wir uns wirklich
einmischen, wir kennen diese Tiere doch gar nicht.", dachte Jack
laut.
"Ich glaube nicht, dass die Einheimischen die
Tiere kennen.", warf Sam ein.
"Und
ich denke, wir sollten ihnen irgendwie helfen. Diese Menschen leben
in ständiger Angst um ihre Kinder und trauen sich keinen Fuß
mehr vor die Zäune zu setzen, es sei denn, um etwas zu Essen zu
finden, und dabei werden immer wieder Leute angegriffen oder
getötet.", warf Daniel ein.
"Ich denke, wir können
nichts für diese Leute tun. Wenn es viele dieser Katzen gibt,
sind auch wir chancenlos. Wir können nicht eine ganze Rasse
ausrotten, nur um diesem Volk das Überleben zu sichern.",
sagte Teal'c, der sich bisher eher im Hintergrund gehalten hatte.
Jack
nickte.
"Okay...wir können ihnen heute Nacht bei der
Bewachung des Dorfes helfen, und vielleicht fällt uns morgen
eine vernünftige Lösung ein.", befahl Jack.
"Wow...die
Honeymoon-Suite...!", stieß Jack erstaunt hervor, als er
zusammen mit den anderen die von außen unscheinbare Hütte,
die einer der älteren Männer den vier als Unterbringung für
die Nacht zugewiesen hatte, betrat. Auch Daniel pfiff bewundernd.
Teal'c nickte zufrieden und Sam sah sich mit großen Augen um.
"Außen Pfui, innen Hui!"
"Wo haben Sie das
denn her?", fragte Jack in einem fast tadelnden Tonfall.
"Das
war der erste und letzte Kommentar meines Vaters zu meiner ersten
eigenen Wohnung.", antwortete sie trocken. Jack versuchte sich
Sams erste Wohnung gedanklich auszumalen, beschloss dann aber nach
ein paar aussichtslosen Versuchen, wieder in die architektonische
Umgebung der Realität zurückzukehren.
Der Raum war vom flackernden Schein mehrer Kerzen erfüllt und wo man auch hinsah, sah man orientalisch aussehende Kissen, Polster und Decken. Die Luft roch nach einem Gewürz, dass Sam sofort mit einer Geschichte aus 1001 Nacht verband. Es hätte sie nicht gewundert, wenn auf dem Boden neben den "Betten" eine alte Wunderlampe gestanden hätte oder ein fliegender Teppich aufgetaucht wäre.
"Daniel
Jackson und ich werden die erste Schicht übernehmen. Die beiden
Wachmänner sind uns sehr dankbar für die Ablöse.",
erklärte Teal'c wenig später und Jack nickte müde. Er
klopfte eines der großen Kissen zurecht und ließ sich
seufzend darauf nieder.
Er gähnte und nahm Mütze, Waffe
und Rucksack ab, um sie achtlos auf den Boden zu werfen. Dann
entledigte er sich der Uniformjacke und gähnte erneut. Sam
beobachtete ihn mit einem seltsamen Gefühl im Bauch.
Sie
war den ganzen Tag irgendwie abwesend gewesen und die meiste Zeit
hatte sie mit Nachdenken verbracht. Und der Mann, dessen müder
Blick gerade auf ihr lag, war das Zentrum jedes einzelnen Gedankens
gewesen.
Sam hätte es nicht für möglich gehalten,
dass die Gefühle, die sie tief im inneren ihres Herzens
vermutete, so plötzlich und mit einer solchen Wucht über
sie hereinbrechen würden. Natürlich war sie sich bewusst,
dass sie schon seit den Anfängen ihrer Zusammenarbeit mit ihm
sehr viel mehr empfunden hatte, als sie normalerweise ihrem
kommandierenden Offizier gegenüber sollte. Die Karriere war ihr
aber letztendlich doch wichtiger gewesen, selbst als sich später
herausstellte, dass er auch mehr für sie empfand. Jetzt war sie
sich da nicht mehr so sicher.
Das Gespräch der letzten Nacht dürfte wohl seinen Teil dazu beigetragen haben. Unbedeutende alltägliche Gesten waren es, die ihr jetzt ganz besonders an Jack auffielen. Wenn er sich mit einer Hand durch sein silbrig meliertes Haar fuhr, musste sie plötzlich unwillkürlich daran denken, wie sich dieselben Hände wohl auf ihrem Körper anfühlen würden...und das schockierte sie.
"Einen Penny für Ihre Gedanken...", murmelte Jack mit einem verstohlenen Seitenblick auf Sam, die gerade tief in Gedanken zu sein schien.
Sehr
tief in Gedanken. "Ich sitze im Moment gerade nackt neben
Ihnen.", sagte er laut und deutlich, als er merkte, dass sie ihm
nicht ein Fünkchen ihrer Aufmerksamkeit schenkte. Doch nicht
einmal dieser Satz konnte eine Reaktion ihrerseits erzeugen und Jack
seufzte.
"Hey Carter...ich spreche mit Ihnen...",
gespielt verletzt riss er sie mit lauterer Stimme schließlich
aus ihren Gedanken.
"Entschuldigung, Sir. Was haben Sie
gesagt?", fragte sie immer noch abwesend und spürte, wie
sie rot wurde. Irgendetwas hatte sie gerade versäumt, oder? Sie
folgte dem Pfad seiner Hände, die erst seine Stirn streiften und
mit denen er sich dann die Augen rieb.
"Ich habe mich
gefragt, worüber Sie gerade nachdenken.", wiederholte er
leise.
Sam errötete noch mehr und war dem gedämpften
Licht plötzlich sehr dankbar.
"Wollen
Sie sich nicht setzen?", fragte Jack wieder.
"Was?"
"Alles
in Ordnung, Carter? Ich habe nur gefragt, ob Sie sich setzen
wollen...Sie scheinen...ein wenig nervös zu sein...", sagte
Jack mit dem Anflug eines Lächelns.
Carter schüttelte
den Kopf, nicht nur, um Jacks Annahme zu zerstreuen, sondern auch, um
die lästigen Gedanken aus ihrem Kopf zu bekommen.
Dann
imitierte sie die Handlungen des Colonels von vorhin und entledigte
sich ihrer Ausrüstung, bevor sie sich neben ihn setzte.
"Also,
woran haben Sie vorhin gedacht?", fragte Jack wieder
neugierig.
Sam zögerte und spürte, wie ihr der Schweiß
aus allen Poren drang.
"An etwas Unwichtiges.",
antwortete sie und versuchte so neutral wie möglich zu klingen.
Was ihr nicht gelang, zumindest kaufte es ihr Jack nicht
ab.
"Wirklich...das glaube ich nicht. Sie sahen...sehr
konzentriert aus.", flüsterte Jack und der Klang seiner
Stimme jagte ihr Schauer über den Rücken.
Trotzdem
nickte sie tapfer, wenn auch wenig überzeugend.
Jack rückte
ein wenig näher an sie heran und Sam fühlte sich nicht ganz
wohl dabei. Nicht dass sie seine Nähe als störend empfand,
aber sie traute ihren eigenen Gefühlen nicht mehr.
"Nein...es
war nicht...unwichtig, nicht war?", neckte Jack weiter
und spürte, wie nervös sie war, wenngleich er sich auch
noch fragte, warum.
"Ich hab gerade nachgedacht, wie wir den
Leuten hier helfen könnten.", log sie schließlich,
doch Jack schien sie schon längst durchschaut zu haben.
"Sie
sind eine schlechte Lügnerin, Sam.", raunte er und als wäre
es die normalste Sache der Welt, legte er vorsichtig seine rechte
Hand auf ihr Knie.
Sam zuckte zusammen, sowohl beim Fall ihres
Vornamens, wie auch bei seiner federleichten Berührung.
"Sie wollen also wirklich wissen, woran ich gedacht habe.", vergewisserte sie sich noch einmal, diesmal mit mehr Selbstbewusstsein in der Stimme.
Jack
nickte, und für den Bruchteil einer Sekunde konnte sie den
Schimmer eines Zweifels in den Tiefen seiner Augen erkennen, die im
schalen Licht des Raumes dunkel waren wie ein bodenloser Abgrund.
Vielleicht war sie gerade dabei, den größten Fehler
ihres bisherigen Lebens zu begehen, vielleicht legte sie gerade das
Dynamit aus, dass ihre zukunftsreiche Karriere bei der AirForce mit
einer markerschütternden Explosion zunichte machen würde,
vielleicht ruinierte sie auch seine Karriere...
Nichtsdestotrotz
hätte sie auch alle sieben Engel der Apokalypse gleichzeitig in
die Flucht geschlagen, hätten diese die Absicht gehabt, Sam in
diesem Augenblick von ihrem Tun abzubringen.
Sie hob ihren Kopf
und führte ihre Lippen an die seinen. Kurz vor der Berührung
brach sie den Blickkontakt und schloss erwartungsvoll die
Augen.
Zärtlich, mit der sanftesten aller Berührungen,
spürte Jack, wie sich Sams Lippen langsam um die seinen
schlossen, und konnte kaum glauben, was passierte.
Sanft
brach sie den Kuss und gab Jack kaum Zeit, ihn zu erwidern. Er
starrte ihr entsetzt in die Augen. Das Gefühl von Sams Lippen
auf den seinen würde wohl in das Buch seiner persönlichen
unvergessenen Momente eingehen, in die Analen seiner eigenen
Geschichte, gleich hinter der Geburt von Charlie.
Sam suchte in
seinem Blick, der immer noch zwanghaft an ihren Lippen hing,
vergeblich nach einer Reaktion. Jack, immer noch überrascht und
völlig weggetreten, war zu keiner Lautäußerung fähig.
"Daran
hab ich gerade gedacht. Unter anderem...", hauchte sie, immer
noch unschlüssig über sein Verhalten.
Jack schüttelte
kurz den Kopf, um sich zu vergewissern, dass er nicht in einem seiner
Tagträume gefangen war. Doch der hauchzarte süßliche
Geschmack von Sams Lippen auf den seinen war ein untrügliches
Indiz der Realität des Kusses.
Sam senkte enttäuscht den Kopf, aber schließlich gewann Jack wieder die Kontrolle über seine Bewegungen und streckte eine Hand aus, um ihr Kinn aufzufangen. Er hob ihren Kopf wieder und zwang sie, ihm in die Augen zu sehen, bevor nun er sie sanft und zärtlich küsste.
Sam vertiefte den Kuss und er wurde leidenschaftlicher, angespornt von der immensen Anziehungskraft, die zwischen ihnen herrschte. Ihre Zungen duellierten sich in einem verbotenen Tanz und die Hitze zwischen den beiden Körpern wurde fast unerträglich
Ein letztes Mal kamen Sam Zweifel über die Richtigkeit dessen, was sie gerade im Begriff war zu tun, doch das Bedürfnis, Jacks nackte Haut auf der ihren zu spüren, war überwältigend.
Die nächste halbe Stunde wurde für Sam zu einem Erlebnis aus der Kameraperspektive. Nackte, ineinander verschlungene Körper, die sich glänzend vor Schweiß zwischen den orientalisch anmutenden Kissen wälzten, während extatische Laute den kleinen Raum füllten. Ihr ganzes Fleisch schien in Flammen zu stehen und sie konnte nicht genug davon bekommen, Jack zu berühren, ihm so nahe wie möglich zu sein.
Erschöpft lagen sie schließlich schnell atmend nebeneinander und Sam zog kleine Kreise auf Jacks nackten Brustkorb, der sie vollkommen faszinierte. Jack starrte mit einem dämlichen Grinsen im Gesicht an die Decke der kleinen Hütte und auch Sam musste bei diesem Anblick unwillkürlich schmunzeln.
"Was ist?", hauchte sie leise. "Nichts.", flüsterte Jack fröhlich zurück.
Irgendwann
schaltete sich die Realität wieder ein und den beiden wurde die
Offensichtlichkeit ihrer Situation mit einem Schlag bewusst. Gerade
als die beiden im Begriff waren, sich anzuziehen, drangen aufgeregte
Schreie von draußen herein.
Fluchend zog sich Jack rasch
sein T-Shirt über und schnappte sich mit einem letzten Blick zu
Sam seine Waffe. Sam seufzte und beeilte sich ebenso.
Auf
halben Weg zur Quelle der Schreie kamen den beiden Daniel und Teal'c
entgegen, ebenfalls wild gestikulierend.
"Daniel, jetzt mal
langsam. Was ist passiert?", schimpfte Jack wütend.
Schnell
atmend erzählte Daniel den beiden in Stichworten von dem, was
passiert war. Teal'c hatte etwa 20 Meter vor dem Eingang der Stadt
etwas gesehen, war darauf zugerannt und dann im Wald verschwunden.
"Wieso muss er sich immer zum Helden aufspielen?", zischte
Jack mit reichlich Galgenhumor. Jack versuchte, seine Gedanken davon
abzulenken, wie die kühle Nachtluft seinen immer noch mit süßem
Schweiß überzogenen Körper abkühlte und sich auf
den ernst der Lage zu konzentrieren. Verdammt. Was war die richtige
Lösung? Was zum Teufel sollte er jetzt unternehmen? "Okay.
Daniel, Sie versuchen, die Leute zu beruhigen und so viele Lampen wie
möglich aufzutreiben. Carter, wir werden Teal'c suchen.",
bestimmte er schließlich lautstark. Er brauchte ihr Nicken in
der Dunkelheit nicht zu sehen um zu wissen, dass sie ihm folgen
würde.
Beide
schnappten sich eine Taschenlampe und rannten aus dem Dorf.
Es war
schwer, überhaupt etwas zu erkennen. Der kleine Lichtkegel der
leistungsstarken Taschenlampe erhellte nur einen weiten Bereich vor
ihnen, nicht jedoch den Boden direkt vor ihren Füßen.
Beinahe
blind rannte Jack in den Wald, Sam dicht auf den Fersen.
"Teal'c?",
rief O'Neill schließlich, erhielt aber keine Antwort.
Abrupt
blieb Jack stehen und Sam prallte fast ungebremst gegen seinen
Rücken. Jack grunzte nur kurz abwesend. "Es macht keinen
Sinn, kopflos in die Wälder zu laufen. Wir wissen nicht einmal,
in welche Richtung wir uns bewegen.", sagte er keuchend. "Hören
Sie. Es ist absolut still. Angsteinjagend.", murmelte Sam. Jack
bewunderte sie einen kurzen Moment lang für ihre
Professionalität, bevor er angestrengt lauschte. Tatsächlich.
Kein Laut war zu hören. Nicht einmal das Rauschen von Blättern
im Wind. Keine Grillen, kein Kauz. Die Stille ließ beide
Menschen frösteln.
"Teal'c!",
rief Jack wieder und Sam riss erschrocken die Augen auf.
"Teal'c?",
stimmte Sam ein.
Beide lauschten wieder in die absolute Stille. Es
war beängstigend und Sam hätte sich jetzt am liebsten an
Jack geklammert und ihn nie mehr losgelassen.
"O'Neill!",
kam plötzlich die weit entfernte Stimme des Jaffas.
"Das
ist mein Kumpel!", rief Jack freudig und lief in die Richtung,
aus welcher der Ruf gekommen war. "Wo bist du?", rief
Sam.
"Ich bin hier!", kam es zurück, näher
diesmal.
Mit
lauten Rufen kamen sie ihm immer näher, bis der Schein der
Taschenlampe die Gestalt des Kriegers anstrahlte. "Oh Mann,
Teal'c, du solltest diese Ein-Mann-Einsätze wirklich lassen.",
brachte Jack erleichtert heraus, als er feststellte, dass dem Jaffa
nicht ein (sprichwörtliches) Haar gekrümmt worden war.
Er
tätschelte den kahlen Kopf des Mannes, bevor er das Licht der
Lampe auf den Boden vor ihnen scheinen ließ. Vor ihren Füßen
lag der tote Körper des Angreifers.
Es
sah aus wie ein riesiger Puma. Die Gelenke des Tieres waren
unnatürlich verdreht und in der Seite klaffte eine große
rauchende Stabwaffenwunde, welche die Kreatur wahrscheinlich
niedergestreckt hatte.
"Gut gemacht, Teal'c.", lobte
Jack. Die Augen des verendeten Tieres leuchteten smaragdgrün,
als der Schein der Taschenlampe unbeabsichtigt darüber strick.
Dank
Teal'cs erstklassiger Orientierung befanden sich die drei bereits
eine halbe Stunde später wieder im Dorf, wo es Daniel
tatsächlich gelungen war, die Menschen ein wenig zu beruhigen.
Doch als sie SG1 sahen, begann wildes Stimmengewirr und wie eine
unbestechliche Meute von Fans stürmte die Masse auf sie zu.
"Sie
wollen wissen, ob der Dämon tot ist. Es ist nicht das erste mal,
dass er so nahe an das Dorf herangekommen ist.", rief Daniel
ihnen aufgebracht entgegen.
"Ja, Teal'c hat das Vieh mit
einem sauberen Schuss erledigt.", sagte Jack leichtfertig.
An Schlaf war nun nicht mehr zu denken und während die Einheimischen draußen sich noch lautstark unterhielten, saß SG1 geschlossen in "ihrer" Hütte und schmiedeten Pläne für den morgigen Tag.
Jack warf einen unvorsichtigen Blick auf die Ansammlung von Kissen und Polstern in der Ecke des Raumes, die auffällig zerknautscht wirkten. Als er seine Konzentration wieder seinen Teammitgliedern zuwenden wollte, starrte er plötzlich direkt in Sams Augen. Auch sie blickte kurz zu der Ecke, erwiderte seinen Blick jedoch sofort wieder. Unwillkürlich grinste er, bei der Erinnerung an die Momente, die er mit Sam genau hier in diesem Raum vor Kurzem geteilt hatte. Sam grinste zurück und sein Herz hüpfte vor Freude. Das war ein gutes Zeichen. Aber wenn er noch länger in Sam Carters strahlendes Gesicht starrte, würde er seine Körperbeherrschung verlieren und sie hier und jetzt in seine Arme ziehen und sie küssen, als gäbe es kein Morgen. Er wusste, dass sie miteinander reden mussten. Er musste ihr klarmachen, dass es für ihn nicht nur um diese kleine Nummer ging, sondern dass er sie liebte, mehr als sein eigenes Leben. Einmal mehr entsann er sich einiger heißer Szenen und spürte wie Glückshormone geradezu durch seinen Körper gepumpt wurden.
"Jack,
Sam! Habt ihr überhaupt zugehört?", wiederholte
Daniel. Seine zwei Kameraden tauschten gerade einen unerhört
langen Blick aus, den er nicht zu deuten vermochte. Was ging da
gerade zwischen den beiden vor?
Teal'c hob eine Augenbraue. Daniel
sammelte sich wieder und stellte seine Frage erneut.
"Ich
habe gerade gefragt, was wir jetzt machen sollen.", sagte er
genervt. Beide, Sam und Jack, schenkten ihm einen verständnislosen
Blick.
"Daniel
Jackson meint, was wir wegen den Tieren, die das Dorf bedrohen,
unternehmen sollen, um den Menschen hier zu helfen.", sprang
Teal'c ein.
Daniel nickte eifrig.
Jack ordnete seine Gedanken,
die immer wieder drohten, in eine ganz bestimmte Richtung
abzuschweifen.
"Tja...uhm...keine
Ahnung. Fällt Ihnen was ein, Major?", fragte er.
Sam
vermied es, ihrem Vorgesetzten in die Augen zu sehen und überlegte
fieberhaft.
"Wir sollten morgen das tote Tier untersuchen,
vielleicht hilft uns das. Ansonsten...vielleicht könnten wir
Köder auslegen? Oder den Menschen vorschlagen, sie auf einen
anderen Planeten auszusiedeln? Vielleicht kann Hammond ein Team
hierher schicken, dass den Leuten hier den Umgang mit Waffen erklärt,
dann könnten sie sich selbst verteidigen...?", überlegte
Sam und der Rest des Teams hing an ihren Lippen.
"Das mit den
Waffen halte ich für keine gute Idee.", meldete sich
Daniel.
Bei den fragenden Blicken der andern fuhr er fort: "Na
ja, wir müsste trotzdem oft hierher kommen und sehen, ob die
Waffen funktionieren und ihnen Munition schicken...außerdem...ich
weiß nicht...ich kann mich mit dem Gedanken, den Leuten hier
einfach Maschinengewehre in die Hand zu drücken, nicht
anfreunden.", schloss er. "Wir könnten ihnen Zat's
geben.", bemerkte Teal'c.
"Davon
haben wir selber nie genug.", warf Jack ein und Sam nickte
zustimmend.
"Das mit den Ködern...ist auch so eine
Sache. Wir würden die ganze Spezies vernichten...und haben keine
Ahnung von dem Ökosystem hier. Ich schätze, dieses Tier ist
der Spitzenpredator, also die Spezies, die am höchsten in der
Nahrungskette steht. Wenn wir sie eliminieren, werden vielleicht
andere Tier sich unkontrolliert vermehren und zu einer Seuche, die
ebenfalls wieder die Menschen hier bedroht. Das ist auf der Erde
schon des öfteren passiert, ich brauche wohl keine Beispiele zu
nennen.", sagte Sam.
"Bleibt
noch, sie auszusiedeln. Das hätte ich von vornherein für
die beste Lösung gehalten. Ich meine...zu sehr kann ihnen dieser
Planet nicht als Heimat vorkommen, wenn sie sich kaum aus ihrer
Verbarrikadierung hier herauswagen können, ohne als Frühstück
für eine XXL-Katze zu enden. Daniel, denken Sie, die Leute
würden zustimmen?", trug Jack zu der Diskussion bei.
Daniel
dachte kurz nach, kam dabei aber zum gleichen Schluss wie Jack. Den
Einheimischen konnte gar nicht viel an ihrem Heimatplaneten liegen,
wenn sie ihn praktisch nicht einmal vollständig bewohnen
konnten.
"Ich
denke, Sie werden damit einverstanden sein, wenn wir es schaffen,
auch die anderen Dörfer zu kontaktieren. Damit ihr gesamtes Volk
mitkommen kann.", sagte er schließlich laut.
"Wie
viele Dörfer gibt es Ihrer Meinung nach?", fragte Sam.
"Na
ja, den Beschreibungen der Leute folgend, ein halbes Dutzend,
vielleicht auch etwas mehr. Ich werde morgen noch mal den
Dorfältesten fragen.", erklärte Daniel.
"Okay...wenn
wir die Sache so regeln können, bin ich damit zufrieden.",
sagte Jack und lehnte sich entspannt zurück.
"Es
gäbe da sogar einen neuen Planeten für die Menschen, der in
Frage kommt. PQ7652 ist nicht so groß wie dieser hier,
aber unbewohnt und garantiert nicht von großen Katzen
bevölkert. Die Fauna, die wir dort beobachten konnten, hielt
sich eher im Insektenbereich auf. Ein paar kleinere Säugetiere...aber
auch jagbare Pflanzenfresser...das war's aber auch schon.",
schlug Sam vor.
"Perfekt.", bestimmte Jack und musste
sich zusammennehmen, um nicht erneut in einen angenehm süßen
Tagtraum zu verfallen.
"Es
ist ein Weibchen.", stellte Sam am nächsten Tag fest, als
SG1 ohne Daniel um den Kadaver des Tieres knieten. "Und das
hilft uns weiter?"; zweifelte Jack.
"Das war nur eine
Feststellung.", antwortete Sam ungerührt und fuhr mit ihrer
Untersuchung fort.
"Ehrlich gesagt weiß ich nicht, was
wir in diesem toten Körper finden sollen, was unsere schon
beschlossene Entscheidung revidieren könnte.", teilte
Teal'c den anderen mit.
"Du hast wahrscheinlich recht,
Teal'c. Wir werden hier nichts finden.", sagte Sam und trat
schließlich von der Leiche zurück.
"Also gut. Dann gehen wir jetzt ins Dorf zu Daniel zurück. Vielleicht hat er die Leute dazu überreden können, mit uns zu kommen.", meldete sich Jack, der bisher die Umgebung beobachtet hatte, um seine Freunde vor etwaigen felinen Attacken zu bewahren.
Wie beschlossen kehrten die Drei ins Dorf zurück. Reges Treiben war im Gange und die sonst eher gemächlich dahinwandernden Einheimischen wuselten mit Sack und Pack durch die Gegend. Für Jack, Sam und Teal'c ein eindeutiges Indiz dafür, dass Daniel erfolgreich gewesen war.
Endlich
machte Jack seinen Kameraden inmitten des Durcheinanders aus. Er
redete mit verschiedenen Leute, half hier, ein paar Kisten zu tragen
und wies die Menschen an, nicht zu viel mitzunehmen.
"Hey!
Daniel...kommen Sie mal her...!", schrie Jack durch das
Gemenge.
Daniel kam mit einem triumphierenden Grinsen im Gesicht
der Bitte nach.
"Ich schätze, die Leute sind mit unserem
Vorschlag einverstanden?", fragte Jack, nur um sicher zu
gehen.
Daniel nickte eifrig.
"Zuerst musste ich sie
überzeugen, dass der Weg zum Stargate kein Selbstmordmarsch ist.
Sie haben Angst vor dem Weg dorthin, aber sie sind bereit, das Wagnis
für eine neue, bessere Heimat einzugehen."; erklärte
der Archäologe fast feierlich.
"Gut.", kommentierte
der Colonel. " Wir werden zuerst einmal die Leute aus diesem
Dorf hier auf die Erde bringen und dann noch einmal zurückkehren,
um die anderen Dörfer zu evakuieren. Wann denken Sie sind die
Leute abmarschbereit. Ich würde gern heute noch aufbrechen. Es
ist noch nicht spät und wir könnten heute noch ein gutes
Stück des Weges zurücklegen.", fügte er
hinzu.
"Heute noch?", fragte Daniel etwas
überrascht.
"Haben Sie heute schon was anders vor? Ich
jedenfalls möchte keinen Tag mehr als nötig hier auf diesem
katzenverseuchten Grund und Boden zubringen. Wenn wir nicht heute
losgehen, verlieren wir wieder den ganzen Tag mit sinnlosem
Rumsitzen.", erwiderte er genervt.
Es stimmte. Jack würde wirklich am liebsten noch heute diesen Planeten verlassen. Nicht nur wegen der verdammten Riesenkatzen, damit kam ein Jack O'Neill klar, sondern auch, weil dieses gewisse Gespräch mit Sam noch ausstand. Er würde dieses wichtigste Gespräch seines Lebens ganz gerne auf seinem Heimatplaneten führen. Er hatte Sam heute verstohlene Blicke zugeworfen und auch bemerkt, wie sie das selbe tat. War es wirklich erst gestern gewesen, dass sie sich geliebt hatten? Es kam ihm so verdammt unwirklich vor. Natürlich war es unrealistisch, mit seinem untergebenen Offizier zu schlafen, aber so war es nun mal. Es war schließlich nicht seine Schuld. Er hatte sich nicht in Major Carter verliebt, sondern in Sam.
"Okay...ich werde sehen, was sich tun lässt.", sagte Daniel und verschwand, als er Jacks abwesenden Gesichtsausdruck bemerkte.
Zwei
Stunden später war das gesamte Dorf abmarschbereit. Jeder der
Menschen hatte sich seine ganze Existenz auf den Rücken
geschnallt und wartete auf den Aufbruch. "Carter, noch
irgendwelche Vorschläge für die Aufteilung in der Gruppe?",
fragte Jack.
"Ich weiß nicht, Sir. Wenn die Katzen uns
angreifen, werden sie sich die schwächsten Mitglieder ausspähen.
Das sind die Kinder und Alten. Die sollten wir besonders im Auge
haben.", sagte sie.
Jack nickte. "Gute Idee. Wie nehmen
die Kids und die Großeltern ganz nach vorne hinter mir und
Teal'c. Daniel, Sie gehen irgendwo in der Mitte. Carter, Sie bilden
das Schlusslicht. Alles verstanden? Ich weiß, dass ich mich auf
euch verlassen kann. Unser ganzer Trupp hier wird ziemlich lang,
schätze ich, also, bei der kleinsten Ungewöhnlichkeit
sofort Funkkontakt! Wenn irgendjemand müde wird, sofort
Funkkontakt! Riecht irgendwer auch nur die Anwesenheit von so einer
verfluchten Katze, sofort Funkkontakt!", wies Jack sein Team
noch einmal an. Die Drei nickten und stellten sich dann auf.
"Okay...los
geht's."
Der Trupp setzte sich langsam in Bewegung. Teal'c
ging einige Schritte voraus, um den richtigen Weg zum Stargate
beizubehalten. Jack funkte noch einmal zu Daniel und Sam. "Haltet
die Augen offen.", sagte er mit Besorgnis in der Stimme, wie Sam
fand. Jack wollte noch etwas hinzufügen, wohl eher um sich
selbst zu beruhigen, aber ließ es dann doch bleiben.
Schon nach weniger als zwei Stunden musste Jack einsehen, dass ein schnelles Vorwärtskommen mit so vielen Menschen unmöglich war. Jeder hatte ein großes Bündel mit Hab und Gut auf dem Rücken, beinahe alle Frauen Kinder, von denen viele noch im Säuglingsalter waren und regelmäßig gestillt werden mussten.
Es
vergingen keine 15 Minuten, ohne dass ihn Daniel oder Sam anfunkten,
um ihm zu sagen, man müsse eine Pause einlegen.
Bei diesem
Tempo würden sie Tage brauchen, um das Stargate zu erreichen.
Und Jack traute der momentanen Ruhe des umliegenden Waldes nicht. Für
ihn war das jegliche Fehlen von Vorkommnissen nur die Ruhe vor dem
Sturm.
Wie nah der Feind bereits war, konnte Jack aber nicht wissen.
Der große Kater hatte bereits vor Stunden die Fährte des riesigen Trupps Zweibeiner aufgenommen. Die unterschiedlichen und schein beinahe vertrauten Gerüche der Menschen hatte seine empfindliche Nase bereits Kilometer weit erfassen können, noch bevor sie in sein Revier eingedrungen waren. Schnell hatte er die Spur eines kleinen Säugers, die er gerade vor ein paar Minuten entdeckt hatte, vergessen und hatte sich langsam den vielen potentiellen Beutetieren genähert. Nun lauerte er, fast in Sichtweite versteckt im dichtem Unterholz und beobachtete, wie Tier um Tier in einer langen Reihe hintereinander hermarschierten. Die Katze verschaffte sich schnell einen Überblick und hatte bald das schwächste Mitglied dieses seltsamen Rudels ausgemacht. Es war ein Jungtier und hatte sich einige Meter von der Reihe entfernt.
Seine Pupillen verengten sich und das Raubtier konzentrierte alles seine Sinne voll auf jede Bewegung, die das auserwählte Opfer machte.
Sam
hatte ein ungutes Gefühl in der Magengegend. Irgend etwas
beunruhigte sie und sie versuchte, sich zu überzeugen, dass der
Grund dafür nicht Jack war.
Ihr Rücken fühlte sich
unnatürlich kalt an. Vielleicht lag dass daran, dass sie das
letzte Glied dieser scheinbar unendlichen Kette von Menschen und
keiner da war, der sie von hinten absicherte.
Natürlich. Das
war es! Dieser Gänsemarsch war ein vollkommen leichtsinniges
Unterfangen. Tiere im Rudel würden nie so ihrem Vordermann
folgen. Wenn eine Herde Zebras die einen Löwen ausmachte, gab
ein Tier einen warnenden Laut von sich und jedes der Individuen
flüchtete in eine andere Richtung. Das erschwerte es dem Jäger,
dass eine Tier, das er als sein Opfer ausgewählt hatte, im
Gemenge gleich aussehender Leiber im Auge zu behalten. Und was taten
sie Menschen? Körper um Körper bildeten sie eine Reihe, als
würden sie sich dem unsichtbaren Tod, der irgendwo in den
Wäldern lauerte, auf einem silbernen Tablett servieren!
Diese Erkenntnis erschrak Sam zutiefst und sie musste erst einmal deren Gewicht verdauen, bevor sie mit bebenden Fingern zum Funkgerät griff.
"Colonel?
Colonel! Bitte melden!", kam es blechern und laut aus Jacks
Funkgerät. Tollpatschig fischte Jack das Teil aus seiner
Brusttasche.
"Major? Was gibt es?", fragte er und war
sich Sams Aufgebrachtheit durchaus bewusst. Trotzdem blieb er
förmlich.
"Sir, Sie müssen sofort anhalten!",
kam es mit Nachdruck aus dem Gerät.
"Langsam, Carter.
Warum sollen wir schon wieder anhalten? Was ist passiert?",
fragte er, ein wenig Besorgnis schwang in seiner Stimme mit.
"Wir
haben keine Zeit. Bleiben Sie sofort stehen und sagen Sie den Leuten,
sie sollen dicht beieinander bleiben. Jack! Wir sind das perfekte
Ziel, wenn wir weiterhin so eine lange Kette bilden. Schnell!",
flehte sie.
Das
reichte. Jack war überzeugt. Der Klang ihrer Stimme hatte seine
volle Aufmerksamkeit geweckt und er wusste, dass Sam einen guten
Grund für ihr Verhalten hatte, wenn er auch nicht ganz
verstanden hatte, was dieser war.
Jack funkte Daniel an, damit er
zumindest im mittleren Teil des Trupps dafür sorgen konnte, dass
die Leute warteten und zusammen blieben, während er selbst noch
überlegte, wie er es den Menschen verständlich machen
sollte, enger aneinander zu rücken. Er blieb stehen. Die Männer,
die hinter ihm gegangen waren, sahen ihn verwundert an und waren
überrascht von der neuerlichen Pause, zumal die letzte erst gute
zehn Minuten zurück lag.
Jack gestikulierte wild mit seinen Armen, um den Leuten klar zu machen, was sie zu tun hatten. Aber es dauerte eine ganze Weile, bis die Menschen verstanden, was er wollte. Teal'c, der wie eine Statue stoisch neben ihm stand und genauso verständnislos wie die anderen wirkte, war auch keine wirkliche Hilfe.
Nach kostbaren Minuten hatten seine Bemühungen wohl endlich gefruchtet, oder Daniels Anweisungen hatten sich bis zum Kopf der Truppe herumgesprochen. Die Menschen bildeten langsam einen dichten Halbkreis um Jack und Teal'c und sahen die beiden abwartend an. Jack beschloss, auf Sam zu warten.
Sam stellte beruhigt fest, wie sich weiter vor ihr eine immer größer werdende Menschentraube bildete. Plötzlich nahm sie aus den Augenwinkeln heraus war, wie ein Schatten aus dem nahen Dickicht sprang, der sich so schnell bewegte, dass sie Mühe hatte, ihm mit den Augen zu folgen. Sekundenbruchteile nachdem sie diese Silhouette hatte auftauchen sehen, hörte sie ein hohes Kreischen. Es war die verzweifelte Stimme eines Kindes und fuhr Sam durch Mark und Bein.
Das
Geschrei vermischte sich mit den Stimmen anderer Menschen und Sam
brauchte einige Sekunden, um zu realisieren, was sich gerade vor
ihren Augen abgespielt hatte. Sie spurtete los, zu der Stelle
ungefähr 20 Meter vor ihr, wo sie den Angreifer aus dem Wald
hatte springen sehen.
Einige Frauen standen um eine Stelle herum,
an der eine große Blutlache den feuchten Waldboden zierte. Eine
der Frauen fiel auf die Knie und begann jämmerlich zu Weinen.
Wahrscheinlich war sie die Mutter des Kindes. Nur abwesend hörte
Sam das Knistern ihres Walkie-Talkies und daraufhin Jacks laute,
beunruhigte Stimme.
"Was
ist da hinten passiert, Major!", schrie er außer Atem.
Sam
war unfähig zu sprechen. Es war alles so schnell gegangen. Sie
hatte nicht einmal Zeit gehabt, ihre Waffe auf das Tier zu richten
Sie ging einige Schritte in den dichteren Wald, aber sie wusste, dass
für das Kind jede Hilfe zu spät kam. Sein Mörder war
so schnell verschwunden, wie er aufgetaucht war und selbst wenn sie
den Blutspuren durch den Wald folgen könnten, das Kind war
längst tot.
"Verdammt!
Carter, antworten Sie!", brüllte Jack in das Mikrophon
seines Funkgerätes.
Sein Herz setzte einen Schlag aus, als
ihm die Möglichkeit in den Sinn kam, dass...NEIN! Er
beschleunigte seine Schritte, er nahm nur am Rande war, dass Daniel
ihm aufgeregt zuwinkte. Er rief irgend etwas von einer Katze und Jack
war nun klar, WAS passiert war, er wusste nur nicht, mit WEM. Er nahm
nichts mehr war, auch als Teal'c plötzlich neben ihm auftauchte,
rannte er weiter. Er musste zu Sam. Was war wenn diese verdammte
Katze sie erwischt hatte...nein! Das war unmöglich! Sie hätte
auf das Vieh geschossen. Außerdem hatte sie ihn gerade Minuten
zuvor vor einem Angriff gewarnt, also musste sie doppelt so
vorsichtig gewesen sein.
Aber sie war das Schlusslicht
gewesen...mit niemandem da, der ihren Rücken schützte. ER
hatte ihr befohlen, das zu tun und er würde sich das nie
verzeihen, wenn sie...die schlimmsten Szenarien gingen ihm durch den
Kopf. Was würde er ohne sie machen? Es gab noch so viel, dass er
ihr sagen wollte. Das, was er mit ihr auf diesem Planeten geteilt
hatte, konnte er nicht vergessen. Ohne sie wollte er auch nicht mehr
leben. Er würde lieber in den Pranken dieses Monsters landen als
sich ein Leben ohne Sam auch nur vorzustellen.
Endlich kam er den Schreien und dem Wehklagen näher und er hatte Angst, was er dort finden könnte. Er spürte, wie ihm kleine Schweißperlen an den Seiten seines Gesichtes hinunterperlten. Außer Atem stoppte er seinen Lauf und sah einige Frauen, die sich die Seele aus dem Leib heulten. Er ging näher heran und sah die Blutlache auf dem Boden. Gott, wie hoffte er, dass es nicht Sams Blut war.
Plötzlich
stand Daniel neben ihm.
"Fragen Sie die Leute, wo Carter
ist!", befahl er in einer so beißenden Stimme, dass Daniel
erschrocken einen Schritt zurück tat, dann aber der Bitte des
älteren Mannes nachkam.
"Sie ist dem Dämon in den
Wald gefolgt.", antwortete er für eine der Frauen, welche
die Worte zwischen zwei tiefen Schluchzern herausbrachte.
Jack nickte und verschwand im Wald. Daniel zuckte die Schultern und versuchte dann gemeinsam mit Teal'c einigen anderen Leuten, die Mutter des getöteten Kindes zu trösten.
Jack
lief blind vor Sorge in den Wald und stolperte fast über einen
toten Baumstamm.
Er wäre an Sam vorbeigelaufen, wenn sie
nicht direkt vor seiner Nase aufgetaucht wäre.
Sie hatte mit
beiden Händen ihre Waffe umklammert und stand einfach nur so da
und starrte in die Undurchdringlichkeit des Waldes.
Langsam
näherte sich Jack.
Er legte ihr behutsam eine Hand auf die
linke Schulter und spürte, wie sie sich unter seiner Berührung
verkrampfte. Wenigstens eine Reaktion.
"Sam.", flüsterte
er. All die Erleichterung, die er in dem Moment empfunden hatte, als
er sie da stehen sah, brodelten in seinem Inneren wie heiße
Magma und er hatte den unbändigen Wunsch, sie zu umarmen. Er
ging noch ein paar Schritte, um ihr ins Gesicht sehen zu können
und erwartete fast, dass sie weinte. Aber das tat sie nicht. Wie
töricht, das zu glauben...
Er sah sie an und erkannte sie
fast nicht wieder. Ihre Gesichtszüge waren steinhart und ihre
Augen zusammengekniffen. Ihr Blick ging immer noch in die Ferne und
sie schien ihn gar nicht richtig wahrzunehmen. "Sam.",
wiederholte er und gab dem Drang, sie zu berühren, schließlich
nach. Er legte eine Hand auf ihre Wange. Plötzlich drehte sie
den Kopf leicht und ihre Augen bohrten sich in die seinen. "Mir
hätte dieser Fehler früher einfallen müssen. Ich hätte
dieses Kind retten können.", sagte sie mit einer Kälte
in der Stimme, die Jack erschaudern ließ.
Ohne
lange nachzudenken schloss er die Lücke zwischen ihren Körpern
und nahm sie in seine Arme. Er fühlte, wie sich ihr ganzer
Körper versteifte, schließlich aber ließen ihre
Hände von ihrer Waffe ab und sie schlang ihre Arme um ihn. Ihr
Kopf legte sich auf seine Schultern und sie schloss die
Augen.
"Niemand kann etwas dafür daran, Sam. Es ist
passiert und wir können nichts daran ändern. Du darfst dir
nicht die Schuld daran geben...Glaub mir.", sagte er sanft. Sam
löste sich von seiner Schulter und sah ihn aus traurigen Augen
an.
"Es
ging alles so schnell.", sagte sie leise. Jack nickte und legte
seine Hand wieder auf ihre Wange. Sanft streichelte er sie mit seinem
Daumen.
Sam versuchte ein Lächeln. "So ist es besser.",
flüsterte Jack.
"Ich möchte, dass du weißt,
dass diese Unterhaltung hier noch nicht beendet ist. Ich denke, wir
müssen über eine ganze Menge reden...aber zuerst müssen
wir Menschenleben retten.", flüsterte er zurück.
Sam
nickte. "Okay.", antwortete sie und ließ sich noch
einmal umarmen.
"Alles in Ordnung?", wisperte er leise
in ihr Ohr.
"Ja.", kam es zurück.
"Versprich
mir, dass du dir nicht die Schuld daran gibst.", sagte er.
"Ich
verspreche es.", antwortete Sam.
"Sam. Ich brauche jetzt
meinen Major da draußen. Wir müssen die Leute beruhigen
und so schnell wie möglich zum Stargate. Es tut mir leid.",
sagte er nach einigen Minuten, in denen sie beide schweigen die
Umarmung genossen hatten. Jack hatte angefangen, Sams Rücken zu
streicheln und sie hatte die Augen geschlossen.
Wie
oft hatte sich Sam in gefährlichen Situationen gewünscht,
von Jack in die Arme genommen und getröstet zu werden? Sie
wusste, mit ihm zusammen würde sie alles überstehen.
"Ja
Sir!", antwortete sie und löste sich von ihm. Jack lächelte
sie an.
"Dann gehen wir jetzt da raus und tun unsere Pflicht!
Aber vorher...", begann Jack, lehnte sich zu ihr und
versiegelte ihre Lippen mit einem feuchten Kuss. Der letztendlich
länger dauerte, als er geplant hatte.
Schließlich
gingen sie hintereinander zu den anderen zurück. Daniel und
Teal'c hatten es tatsächlich geschafft, die Leute soweit zu
beruhigen, dass sie sich leise verhielten und eng zusammen
blieben.
Jack traf die Entscheidung, sofort weiterzugehen. Auch
wenn es woanders auch nicht ungefährlicher war als hier, wollte
er diesen Ort und das was hier geschehen war so weit wie möglich
hinter sich lassen.
Sam schlug vor, den Weg ab jetzt in lockeren
Viererreihen fortzusetzen und Jack brauchte nicht lange zu überlegen,
um ihr zuzustimmen.
Er und Teal'c brauchten jetzt zwar doppelt so
lange, um den bestmöglichen Weg durch das Gestrüpp zu
suchen, um in für die nun breitere aber bei weitem nicht mehr so
lange Menschenkette begehbar zu machen, aber auch den Einheimischen
lag daran, den Vorfall hinter sich zu lassen und so wurde nicht mehr
so oft verlangt, eine Pause einzulegen.
Sam
hatte wieder die Position am Schluss des Trupps eingenommen. Jack
wusste, dass sie stark war und eines, was er überhaupt nicht
wollte, war, eine selbstständige Frau wie Sam zu bevormunden.
Obgleich er sie lieber neben sich und in relativer Sicherheit gewusst
hätte.
Trotz der Umstände kamen sie überraschend
gut voran, bis Jack wohl oder übel einsehen musste, dass bald
die Dämmerung einbrechen würde.
Schließlich gab er
den Befahl, das Lager für die Nacht aufzubauen.
Als es schließlich dunkel war, teilte er die Wachen ein. Auf jeweils vier Einheimische kam einer von seinem Team. Das zusammen mit dem C4, das Sam im Abstand von 10 Metern um die Ansammlung von provisorischen Zelten verteilt hatte, sollten ausreichen, um die Menschen zu schützen. Ungeachtet dessen konnten sie sich keinen Fehler mehr erlauben.
Obwohl er erst die vorletzte Wache weit nach Mitternacht bestreiten würde, todmüde war und sein Knie ihn fast umbrachte, konnte Jack nicht schlafen. Er döste vor sich hin, schreckte aber wieder und immer wieder hoch. Das abwechselnde Geschrei der vielen Kleinkinder hier im Lager ließ ihn immer wieder alarmiert aufwachen.
Er versuchte trotzdem, sich zu entspannen und stellte sich vor, unter den massierenden Wasserstrahlen seiner Dusche zu stehen. Das heiße Wasser, das jegliche Müdigkeit aus seinem müden Körper peitschte. Er stöhnte leise. Dann nahmen seine Gedanken ihren eigenen Lauf und schon stand er nicht mehr alleine unter dem Wasser. Mit einem Lächeln im Gesicht und dem Gedanken an die Frau im Zelt neben dem seinen schlief er schließlich doch noch ein. Zumindest bis ihn Daniel zu seiner Wache weckte. Doch die anderen vier Männer waren nicht gerade sehr gesprächig, und so zogen sich die Stunden und Minuten wie Kaugummis. Irgendwann beschloss Jack aber schließlich, dass es Zeit war, Teal'c zu wecken.
Auch Teal'cs Wache verging ohne besondere Vorkommnisse und man konnte den verschlafenen Gesichtern am nächsten Morgen buchstäblich die Erleichterung ansehen. Alle hatten Angst vor der Nacht gehabt, und SG1 waren keine Ausnahme gewesen.
Sofort nachdem alle irgend etwas gegessen hatten und die Zelte wieder abgebaut waren, drängte O'Neill zum Aufbruch.
Bis
Mittag kam der Kolonne ganz gut voran, doch nach der wohlverdienten
Pause begannen die Kinder wieder zu quengeln und sie mussten wieder
öfter rasten. Auch die Alten hatten Mühe, Schritt zu
halten.
"Kommt schon, Leute. Verdammt...macht es mir doch
nicht so schwer!", stöhnte Jack mit erhobenen Armen. Er
erntete nur verständnislose Blicke.
Er funkte Carter an.
"Major, wie läuft es bei Ihnen?", fragte er.
"Na
ja. Ich dachte erst, ich hätte da im Wald etwas gesehen. Aber
das kann mich auch getäuscht haben. Ansonsten...die Leute werden
müde.", kam es zurück.
"Ich glaube nicht, dass
Sie sich getäuscht haben. Halten Sie die Augen offen und treiben
Sie die Leute noch ein wenig weiter. Ich möchte nur noch eine
Stunde schaffen, O'Neill Ende.", bat er.
"Die
Biester werden doch nicht auf den Geschmack gekommen sein, oder
Teal'c?", wandte er sich an den Jaffa, der einige Meter vor ihm
mit monotonen Bewegungen Büsche und Sträucher aus dem Weg
schaffte.
"Was meinst du damit, O'Neill?", fragte
er.
"Uhm...bei uns auf der Erde gibt es auch Viecher, die
Menschen einmal aus einer Notlage heraus angreifen und dann...in uns
eine schmackhafte und leichte Beute finden.", erklärte
Jack. Teal'c nickte. "Dann kann das durchaus möglich
sein.", erwiderte er stoisch.
"Toll. Ich wollte
eigentlich was anderes hören...das reicht, wir werden hier über
die Nacht bleiben. Da sind wir wenigstens alle zusammen. Funk du
Daniel an, ich informiere Carter. Wir werden morgen das Stargate
erreichen und diesen Planeten hoffentlich nie wieder sehen.",
sagte er.
Teal'c nickte. "Was ist mit den anderen Dörfern?
Brauchen sie nicht unsere Hilfe?", fragte er.
"Doch.
Aber Hammond wird einen ganzen Trupp Marines schicken, bei denen jede
Katze einen Buckel macht uns so schnell wie möglich das Weite
sucht!", meinte der Colonel.
Wieder nickte der Krieger.
Jack
fühlte sich so müde wie noch nie in seinem Leben. Es schien
als würde sein Körper schließlich all den versäumten
Schlaf der letzten Tage aufholen wollen.
Heute hatte er die
Wachzeiten anders verteilt und er hatte die erste übernommen.
Teal'c die zweite, Daniel die dritte und Sam die letzte. Nachdem er
Teal'c geweckt hatte, kroch er in sein Zelt und schlief fast sofort
ein.
Beim ersten Anzeichen der Morgendämmerung blinzelte er
verschlafen, gähnte und streckte sich genüsslich.
Nachdem
er sein Zelt abgebaut hatte, wartete er darauf, dass auch die anderen
fertig wurden. Bald standen Sam, Daniel und Teal'c um ihn herum und
sie sahen zu, wie die Menschen geschäftig herumhantierten um
ihre Sachen zu packen.
"Was ist da drüben los?",
fragte plötzlich Sam und deute auf ein paar aufgebrachte Männer,
die schreiend und gestikulierend auf sie zugelaufen kamen.
Daniel
ging ein paar Schritte vor und versuchte zu verstehen, was die Männer
so wild durcheinander riefen.
"Oh
mein Gott...sie sagen, ein alter Mann wurde von dem Dämon
getötet und schreiend in den Wald gezerrt. Zwei der anderen sind
ihm gefolgt, konnten ihn aber nicht finden.", übersetzte
Daniel geschockt.
"Auch das noch. Daniel, Carter, Sie bleiben
hier bei den Leuten. Teal'c und ich werden die zwei anderen suchen.",
kommandierte er und rannte mit Teal'c im Gepäck in den
Wald.
Bald fanden die beiden die zwei älteren Männer,
die irgendwie ziellos dastanden und in die Dunkelheit des Waldes
immer und immer wieder den Namen des Vermissten riefen.
Jack und
Teal'c versuchten die beiden mit Händen und Füßen zum
Mitkommen zu bewegen und schließlich folgten sie ihnen. Als sie
wieder auf die anderen trafen, begannen viele der Menschen mit lautem
Wehklagen.
Jack
wusste nicht, wie er reagieren sollte. Nur eines wusste er. Wenn sie
sich noch länger hier im Wald aufhielten, würde es weitere
Opfer geben.
Er wies Daniel an, die Menschen zum Weitergehen zu
motivieren.
Die meisten sahen ein, dass ihr Leben in Gefahr war,
wenn sie sich dem Willen ihrer Retter nicht beugten und schließlich
kooperierten alle.
Am
frühen Nachmittag erreichten sie endlich das Stargate. Jack
stieß einen langen Seufzer der Erleichterung aus, als Daniel
seine Hand auf die glühende Mitte des DHD legte und sich das
Wurmloch etablierte.
Die Menschen raunten erstaunt, einige
sprangen erschreckt zurück und ein paar der Kinder weinten. Aber
Jack hörte das alles nicht mehr, er war nur noch froh, dass
nichts mehr passiert war...seit dem letzten 'Zwischenfall'.
"Daniel, Carter...gehen Sie vor und warnen Sie Hammond, dass wir ein paar Hundert Flüchtlinge mitbringen, die alle etwas zu Essen und eine einstweilige Unterkunft brauchen.", rief er und schon verschwanden die beiden im Ereignishorizont.
Dann drehte er sich um und lächelte in die Menge. Er weiß mit dem Arm einladend in Richtung Sternentor, und einige Mutige traten vor. Jack verlieh seiner Geste Nachdruck und die Menschen gingen zögernd auf das Tor zu. Endlich war die erste Gruppe durchgetreten und weitere fanden die Courage, es zu tun. Mit der Zeit wurden es immer mehr und schließlich bildete sich eine einzige Kette von Menschen durch das Stargate.
Abschließend traten Teal'c und Jack durch. "Auf nimmer Wiedersehen, Miezekatzen!", rief Jack noch erleichtert, als er bereits auf der Rampe des Stargates auf der anderen Seite stand und von fremdem Stimmengewirr empfangen worden war. Die Menschen wurden von einigen Airmen eskortiert und im Gateroom blieben SG1 und Hammond übrig.
"Es
tut gut, Sie wieder zu Hause zu haben.", begrüßte sie
Hammond. "Ich freue mich auf eine interessante Besprechung um
1600.", fügte er streng hinzu.
"Ja Sir.", kam
es einhellig aus aller Munde.
Daniel und Teal'c verließen
hinter dem General den Raum und Jack sah Sam an.
"Wir
müssen reden. Hammond wird uns jetzt sicher einige Tage frei
geben.", injizierte Jack vorsichtig. Sam sah sich um, ob auch
keiner zuhörte. Sie war erleichtert, dass Jack damit begonnen
hatte und es nicht ihr überließ, zu handeln.
"Ja.
Das ist eine gute Idee."
"Ich komme morgen Nachmittag
auf ein Bier vorbei.", sagte Jack und grinste.
Sam griff nach
seiner Hand, um sie kurz fest zu drücken, bevor sie aus dem Raum
verschwand.
Schließlich stand Jack unter seiner heiß ersehnten und verdienten Dusche und rieb seinen Körper mit reichlich Duschgel ein. Danach fühlte er sich wie neugeboren und ging frisch und munter Richtung Krankenstation für den routinemäßigen Check-Up.
zwei Stunden später
"Wo bleibt Daniel?", fragte Jack genervt und trommelte mit den Fingern auf der glatten Oberfläche des Tisches im Besprechungsraum. Er wollte das hier so schnell wie möglich hinter sich haben. Sam, Teal'c und der General saßen bereits am Tisch und tranken Kaffee. Das letzte, was er jetzt gebrauchen konnte, war Koffein. Er hatte mal irgendwo gelesen, dass das Gerücht, Kaffee würde munter halten, nicht stimmte. Er machte munter...aber nur äußerst kurzfristig, danach wurde man umso müder.
"Ich
habe schon nach ihm schicken lassen.", antwortete Hammond und
riss Jack aus seinen nebensächlichen Gedanken. Die Besprechung
dieser verdammt haarsträubenden Mission hätte eigentlich
schon vor 15...nein, 16 Minuten beginnen sollen und Daniel, der sonst
immer pünktlich war, fehlte. Jack seufzte. Was trieb der Junge
nur wieder...
Wie auf Befehl trottete ein verschlafen aussehender
Daniel durch die Tür. Seine Haaren sahen irgendwie zerzaust aus
und die Brille saß schief auf der Nase.
"Entschuldigung,
Leute. Ich wollte mich eigentlich nur ein paar Minuten
ausruhen...Muss wohl irgendwie eingeschlafen sein.", murmelte er
beschämt und setzte sich unauffällig neben Sam, die ihm
aufmunternd zulächelte.
Niemand konnte es dem Mann verübeln.
Jack war sich sicher, wenn er sich auch nur eine Sekunde auf sein
Bett gelegt hätte, wäre er in eine Art Ohnmacht gefallen
und durch nichts zu wecken gewesen.
Sogar Teal'c wirkte ein wenig
erschöpft und blinzelte öfter als gewöhnlich, fand
zumindest Jack.
'Halbzeit', dachte Sam und warf immer wieder einen ungeduldigen Blick auf ihre Armbanduhr. Wie konnte Zeit nur so langsam vergehen. Das musste die Relativität sein, die Einstein entdeckt hatte. Saß man mit Freunden zusammen und sah einen Film, vergingen Stunden im Fluge. Wenn man aber todmüde und erschöpft von einer tagelangen Mission zurückkehrt und dann auch noch des Langen und Breiten erklären musste, was auf diesem Trip alles vorgefallen war, kamen einem Sekunden wie Minuten und Minuten wie Stunden vor. Eine Stunde war vergangen, seit der General das Briefing begonnen hatte. Eine einzige Stunde. Das war unglaublich.
Während Hammond eine kleine Pause zwischen seinen bohrenden Fragen einlegte, schielte sie heimlich in die Runde. Daniel hing zwar mit seinen Augen an Hammonds Lippen, aber sie konnte erkennen, dass er nicht mehr ganz zuhörte. Teal'c schien ebenfalls der Konversation seine volle Aufmerksamkeit zu schenken, aber wenn man ihn besser kannte, sah man, wie seine Augen zwar stets geradeaus, sein Blick aber unruhig hin und her huschte. Sams Augen schweiften zu Jack, der ihr schräg gegenüber saß. Jack machte sich nicht die Mühe, konzentriert zu wirken, das hätte er vielleicht zumindest vorgegeben, wenn er nicht so müde und ausgelaugt gewesen wäre. Stattdessen hatte er seinen Kopf nahezu gänzlich von seinem Vorgesetzten, der mit seinen Fragen längst wieder begonnen hatte, abgewandt und starrte auf das große Fenster zum Gateroom. Wie gerne hätte Sam gewusst, was in seinem Kopf gerade vor sich ging.
"Major? Haben Sie mir zugehört?". Hammonds Stimme drang wie ein weit entferntes Echo an Sams Ohr und klang so unwirklich, dass sie ihr zunächst keine Beachtung schenkte. Erst als der General seine Worte wiederholte, klinkte sich ihr dekadenter Verstand wieder ein und sie sah ihn erschrocken an.
"Entschuldigung,
Sir...was haben Sie gesagt?", fragte sie und versuchte sich
vergeblich wieder an das Gesagte zu erinnern.
Sie spürte, wie
nun auch die Augen ihrer Kollegen auf ihr hafteten und errötete.
Sogar Jack hatte sich die Mühe gemacht, sie anzustarren. Sie
spürte seinen durchdringenden Blick und hatte mehr Mühe als
zuvor, sich auf General Hammond zu konzentrieren.
"Ich
weiß, dass Sie alle müde sind. Und ich würde nichts
lieber tun, als Sie nach Hause zu schicken. Aber ich möchte
ihnen ohnehin eine Woche Urlaub geben, und deshalb ist es wichtig,
dieses Briefing zu beenden. Wir müssen alle Einzelheiten wissen,
um die restlichen Menschen dieses Planeten ebenfalls retten zu
können.", sagte Hammond und seufzte.
"Sir, wenn Sie
das früher gesagt hätten, vor allem den Part mit dem
'Urlaub', dann...", begann Jack.
"Schon gut, Jack.",
unterbrach ihn Hammond mit einer besonderen Betonung seines
Vornamens.
"Also
Major Carter. Sie haben einen Kadaver jenen Raubtieres untersucht.
Können Sie uns irgend etwas genaueres darüber sagen?",
begann Hammond wieder.
"Nun ja. Es sah aus wie ein Berglöwe.
Man könnte ihn mit einem Puma verwechseln, wenn er nicht so
riesig wäre. Sonst konnte ich keine Besonderheiten entdecken.",
erklärte die Angesprochene.
"Sie
sagten, die Tiere seien sehr schnell."
"Ja...aber das
dürfte sich aus ihrer Größe erklären, Sir.",
erwiderte sie.
Hammond nickte nachdenklich.
"Colonel.
Können Sie noch irgend etwas nützliches hinzufügen?",
fragte Hammond sich an Jack wendend, der schon wieder dabei war,
gedanklich abzudriften.
"Nein Sir. Ich denke, für einen
Trupp Marines mit der entsprechenden Ausrüstung würde es
möglich sein, die anderen Dörfer zu erreichen und die
Menschen schrittweise auf die Erde zu schaffen.", sagte O'Neill
und atmete hörbar aus, um ein herzhaftes Gähnen zu
unterdrücken.
"Dann gehen wir weiter zu dem Gelände.
Wir wissen, dass der Planet sehr stark bewaldet ist.", stellte
er weiter fest.
"Ja General Hammond. Aber die unzähligen
Leute, die wir ihn Viererreihen durch den Wald geleitet haben dürften
eine ziemlich dauerhafte und erkennbare Spur hinterlassen haben, der
direkt zum ersten Dorf führt. Ich denke, es wird für Daniel
Jackson kein Problem sein, einen der Einheimischen zu fragen, wie es
zu den weiteren Dörfern geht.", warf Teal'c ein.
"Ganz
meine Meinung.", plapperte Jack und machte eine ausladende
Handbewegung.
Auch Sam und Daniel nickten ihre Zustimmungen.
"Wobei
wir schon beim letzten Punkt angelangt wären.", sagte
Hammond und schenkte Sam, Daniel und zum Schluss sich selbst noch
Kaffee ein. Jack beobachtete staunend, wie Sam die Tasse zum Mund
führte und fast bedächtig daran nippte. Er schüttelte
verzweifelt den Kopf und kam zu dem Schluss, dass er wirklich eine
Mütze voll Schlaf gebrauchen konnte.
"Die Unterkunft für
die Flüchtlinge ist in der Tat sehr provisorisch und uns muss so
bald wie möglich eine Endlösung für dieses 'Problem'
einfallen.", fuhr der kahlköpfige Mann schließlich
fort.
"Carter hätte da schon was im Auge.",
schaltete sich Jack ein.
Hammond sah erstaunt auf die junge
Wissenschaftlerin, die immer noch wie fasziniert auf ihren Kaffee
starrte.
"Ja...uhm...PQ7652, Sir. Er bietet die idealen
Bedingungen. Wir haben erst kürzlich eine positive
Berichterstattung eines Aufklärungsteams erhalten...",
sagte Sam abwartend.
"Ich
erinnere mich, ja.", antwortete Hammond mit einem
Stirnrunzeln.
"Also dann. Ich denke, den Rest werde ich aus
Ihren 'ausführlichen' Berichten in spätestens 8 Tagen
erfahren!", fragte der General noch, aber es klang mehr wie ein
Befehl. Jack hielt sich die Hand vor den Mund und gähnte, bevor
er aufstand und sich schließlich und endlich seinen
Teammitgliedern anschloss, die nacheinander aus dem Raum
trotteten.
"Teal'c, kann ich dich mitnehmen. Wenn dir meine
Couch nicht zu unbequem ist, kannst du bei mir übernachten. Uns
wird schon was lustiges einfallen für die Woche...", sagte
Daniel auf dem Weg zu den Aufzügen.
"Das würde ich
sehr begrüßen, Daniel Jackson. Im Moment wäre ich mit
einigen Stunden Schlaf zufrieden.", antwortete der Jaffa.
'Einige
Stunden', dachte Jack, 'Ich fühle mich, als könnte ich
JAHRE schlafen'.
Die Vier fuhren mit dem Aufzug an die Oberfläche
und Daniel und Teal'c verabschiedeten sich. Auch Jack sehnte sich
nach seinem geräumigen Schlafzimmer mit dem großartigen
Doppelbett, das ihm sonst irgendwie zu groß und fehl am Platze
vorkam, heute aber gerade gut genug war.
"Ich komme dann
morgen Nachmittag vorbei.", stellte Jack noch einmal leise
fest.
Sam nickte. "Gute Nacht.", antwortete sie.
"Gute
Nacht. Fahr vorsichtig.", gab er zurück, als sie sich
bereits umgedreht und auf den Weg zu ihrem Wagen gemacht hatte.
Sam
lächelte. 'Fahr vorsichtig', was sollte das den heißen.
Jack war mindestens genauso müde wie sie, und er hatte den
längeren Weg vor sich...mit einem müden Grinsen starte Sam
das Auto und fuhr – vorsichtiger als sonst – nach Hause.
Mit letzter Kraft schloss sie die Tür ihres Hauses auf und hängte die Jack auf. Die Schuhe folgte und blieben, wo sie waren, mitten auf dem Wohnzimmerboden.
Sam kümmerte sich nicht darum, entledigte sich ihrer restlichen Kleidung und schleppte sich ins Schlafzimmer, wo sie fast sofort einschlief, als ihr Kopf ihr Kissen berührte. Doch es war ein unruhiger Schlaf und sie wälzte sich, am ganzen Körper schwitzend, im Bett hin und her, bis sie schließlich mitten in der Nacht klatschnass senkrecht im Bett saß. Einige Sekunden lang saß Sam einfach nur da und starrte in die Dunkelheit. Schwer atmend versuchte sie, den Alptraum aus ihren Gedanken zu verdammen. Es war so real gewesen. So verdammt wirklich. Sie hatte die Szene wiedererlebt, auf der letzten Mission. Als dieses Biest den kleinen Jungen geholt hatte. Wie hilflos sie sich gefühlt hatte, wie unfähig, dem Kind zu helfen. Sie hatte es noch einmal in all seiner Härte gefühlt. Dieses Schuldgefühl. Dieses unheimliche Gefühl, dass ein unsichtbarer Feind irgendwo versteckt lauerte, beobachtete und sich dann die schwächsten und hilflosesten schnappte. Erbarmungslos. Obwohl sie nur die toten Augen dieser Katze jemals gesehen hatte, verfolgten sie auch jetzt im Wachzustand noch glühende Augen.
Sie ging auf wackeligen Knien in die Küche und trank ein Glas Milch. Danach fühlte sie sich besser. Ein wenig. Sie ging wieder ins Schlafzimmer. Noch nie in ihrem Leben hatte sich ihr Bett so leer angefühlt, noch nie hatte sie sich so stark gewünscht, dass sich starke Arme um sie legen würden. Jacks Arme. Leise Worte, zärtlich in ihr Ohr geflüstert, sanfte Berührungen, tröstliche Körperwärme des einen geliebten Menschen, das war es, das sie jetzt brauchen würde. Irgendwann überwältigte sie die Müdigkeit noch einmal und sie fiel in einen leichten aber traumlosen Schlaf.
am nächsten Tag
Mittags
Sam fragte sich manchmal wirklich, ob sie nicht doch ein Workaholic war. Sie war, trotz der unruhigen und beängstigenden Nacht, heute um neun Uhr aufgestanden. Seitdem rannte sie schon über drei Stunden lang zwischen Küche, Wohnzimmer und Schlafzimmer hin und her und suchte eine Beschäftigung. Gerade einmal drei Stunden in wachem Zustand in den eigenen vier Wänden und schon war ihr langweilig...
Vielleicht lag es auch daran, dass Jack sie am Nachmittag besuchen kam...nein...oder doch? Jedenfalls hatte sie aus genau diesem Grund heute zum Frühstück nicht mehr als einen starken Kaffee und eine Scheibe Toast hinuntergebracht und das Mittagessen ganz geschmissen.
Mittlerweile hatte sie sich an den Küchentisch gesetzt und knabberte eine Salzstange nach der anderen. Irgendwie war sie doch hungrig...
15.37 Uhr
Jack fuhr langsam die Straße zu Sams Haus hinunter. Der Wagen hinter ihm fuhr immer wieder bedrohlich nahe auf und gab ungeduldige Lichtsignale, aber Jack kümmerte das wenig. Er hatte sein Ziel ohnehin schon erreicht und blinkte in die Einfahrt. Der dunkelgraue Mustang hupte einmal kurz und brauste dann mit beachtlicher Geschwindigkeit davon.
"Ja
klar, jetzt musst du hupen...jetzt weiß sie mit Sicherheit,
dass ich da bin..."; brummte Jack leise. Er stoppte den Wagen
knapp hinter Sams und blieb noch einige Sekunden sitzen. O'Neill
atmete einmal tief durch und stieg schließlich aus.
Mit
langsamen, bedächtigen Schritten näherte er sich der
Haustür. Er versuchte, sich die passenden Worte zurecht zu
legen. Nebenbei fiel ihm auf, dass Sams Rasen mal wieder zu mähen
wäre...und er schüttelte über sich selbst den Kopf.
Als ob die Länge von Grashalmen nur annähernd so verwirrend
wäre, wie das Gespräch, das nun unmittelbar vor ihm lag.
Zögernd
stand er auf der Türmatte und fand den 'Welcome' Spruch darauf
fast etwas...fehl am Platze. Trotzdem erhob er mutig seine Rechte, um
zu klopfen.
Bevor er seine Faust gegen die Tür hämmern
konnte, stand Sam in selbiger und lächelte unsicher. Jack konnte
seine Hand gerade noch davon abhalten, ihre ursprüngliche
Mission zu erfüllen und streckte sie dafür für einen
Gruß aus.
"Hi.",
sagte er.
"Hallo. Komm rein."; sagte Sam und drehte sich
um. "Ein Bier?"
Jack nickte, aber als er realisierte,
dass Sam ihm den Rücken zugedreht hatte sagte er eilig: "Ja...ja
bitte."
Sam verschwand in der Küche und gab Jack ein
wenig Zeit, sich umzusehen.
Er war zwar nicht das erste Mal hier, aber er konnte es sich jetzt einmal ungestört ansehen, wie Sam wohnte. Wenn sie zu Hause war...was Seltenheitswert hatte. Das erkannte man auf den ersten Blick. Die meisten Pflanzen auf den Fensterbrettern ließen ihre Köpfe hängen und waren zum Teil bereits unrettbar verwelkt...außer der Kaktus, der sah noch relativ frisch aus. Vielleicht ging es ihr so wie ihm, auch er hatte das ein oder andere Grünzeug zu Hause gehabt, aber mit der Zeit hatten die Nachbarn es irgendwie vergessen, zu gießen und er hatte alle weggeschmissen. Er konnte es nicht ertragen, wenn etwas Lebendiges unter seinen Händen wegstarb, auch wenn es nur eine dämliche Blume war. Auf den zweiten Blick und wenn man etwa zwei Zentimeter Staub abzog, erkannte man, dass das Haus durchaus geschmackvoll eingerichtet war.
Jack
ließ lächelnd seine Blicke umherschweifen. "Setzen
wir uns doch!", forderte Sam ihn schließlich auf und er
wäre vor Schreck fast an die Decke gesprungen.
Trotzdem
folgte er ihrer Bitte und nahm ihr dankbar die Flasche Bier aus der
Hand.
Eine
Weile war es beängstigend still und Jack fand die Tatsache sehr
ablenkend, dass er Sams Schlucklaute hören konnte, als sie
gedankenverloren ihren ersten Schluck von dem Bier nahm.
Er
starrte auf die Flasche in seiner Hand. "So...", sagt
Sam.
"So...", kam es zurück.
"Reden wir.",
bestimmte Sam kühl.
Jack nickte.
Dann
machten beide gleichzeitig den Mund auf. Aber Sam klappte ihn
lächelnd wieder zu.
Jack nahm die Bierflasche in die linke
Hand und rieb sich mit der rechten die Schläfe.
"Ich
frage dich jetzt sicher nicht, ob wir damit klarkommen. ICH komme
nämlich damit nicht klar."; begann er schließlich und
suchte ihren Blick. Endlich sah sie ihm in die Augen und er verlor
sich in ihren.
"ICH
weiß, dass ich nicht will, dass die Sache auf dem letzten
Planeten eine einmalige war. Und DU weißt, was ich für
dich empfinde...", fuhr er fort.
"Tue ich das, Jack?",
fragte Sam fast vorwerfend.
Jack runzelte erstaunt die Stirn. "Ich
dachte, du würdest.", antwortete er, leiser.
"Ich
empfinde viel mehr für dich, Sam, als irgendwelche poetischen
Worte je sagen könnten. Ohne dich kann ich nicht leben.",
flüsterte er.
Sam schloss die Augen und holte tief Luft.
Als
sie die Augen wieder öffnete, sah sie Jacks Gesicht knapp vor
ihrem und schon fühlte sie seine Lippen auf den ihren.
Er
schmeckte leicht nach Bier, aber auch unverkennbar nach Jack. "Du
bist auch mein Grund, zu leben.", hauchte sie schließlich
in sein Ohr und spürte, wie sich sein Körper daraufhin
leicht verkrampfte.
"Weißt du, da auf dem Planeten, als diese Katze sich den Jungen geholt hat und ich ihr in den Wald gefolgt bin, habe ich zum ersten Mal verstanden, was du damals bei Charlie gefühlt haben musst. Ich stand da, mit einer Waffe in der Hand, die Hunderte Menschen töten könnte, und war absolut machtlos. Wie kann man einen so schnellen und perfekten Feind bekämpfen? Warum muss er sich die nehmen, die am unschuldigsten und hilflosesten sind? Diese Fragen habe ich mir gestellt. Ich fühlte mich so schuldig, Jack. Ich stand schließlich fast daneben, als es passiert ist.", sagte sie nach einer Weile, in der sie in kameradschaftlicher Stille nebeneinander gesessen hatten, Sams Kopf auf Jacks Schulter.
"Ich
weiß, wie du gefühlt hast. Es ist schwer, zu begreifen,
dass es Dinge gibt, die man nicht verhindern kann. Schicksale, in die
man nicht eingreifen kann. Aber sie passieren. Und man muss lernen,
damit klar zu kommen. Ich bin immer für dich da Sam. Egal was
passiert.", wisperte Jack und drückte ihre Hand fest an
seine Brust.
"Ich weiß.", sagte Sam. Jack
bemerkte, dass sie gegen das Nass in ihren Augen ankämpfte, aber
sie war noch nicht so weit, ihren Tränen freien Lauf zu lassen.
Jack beschloss, ihr nichts davon zu sagen, dass er bei jenem Vorfall für kurze Zeit geglaubt hatte, sie wäre angegriffen worden. Das hätte sie nur noch mehr verwirrt.
Sie redeten noch eine ganze Weile über Gott und die Welt und Jack überredete Sam zu einem kleinen Spaziergang im Park. Es war ein wunderschöner Tag und das saftige Grün der Pflanzen wirkte beruhigend. Schließlich schlenderten sie gemütlich zu einem kleinen Teich und wie selbstverständlich legte Jack seine Hand um Sam, als beide dastanden und zwei Schwänen dabei zusahen, wie sie anmutig ihre Bahnen zogen.
'Das
Leben', dachte Jack, 'hatte durchaus auch seine gute Seiten.'
Auf
dem Weg nach Hause griff Sam nach Jacks Hand.
Vor
Sams Haus angekommen, wollte sich Jack verabschieden.
"Ich
werde dann mal Leine ziehen.", sagte er und nickte Richtung
Auto. Die Sonne war im Begriff, unterzugehen und sie hatten wirklich
viel Zeit zusammen verbracht. Jack wollte ihr seine Gesellschaft
nicht aufzwingen.
Sam sah ihn enttäuscht an, nickte aber.
Jack nahm sich ein Herz und fuhr nach Hause. Er betrat das leere Haus und fühlte sich trotz der Stille und Leere überraschend fröhlich. Pfeifend ging er ins Wohnzimmer und schaltete den Fernseher an.
Sam war erschöpft. Sie hatte während des Tages nämlich durchaus gemerkt, dass ihrem Körper noch eine ganze Menge Schlaf fehlte. Trotzdem hatte sie ein wenig Angst vor weiteren Träumen wie letzte Nacht – auch wenn sie das niemals offen zugeben würde. Sie zog die Vorhänge zu und kroch unter ihre Decke, um zwanghaft zu versuchen, einzuschlafen.
Das
Klingeln seines Telefons riss Jack O'Neill unangenehm und gewaltsam
aus dem leichten Schlaf, in den er gefallen war. Der Fernseher lieg
noch leise vor sich hin und er lag auf der Couch. Er fluchte leise
und schwörte sich...wenn es nicht ein absolut lebensnotwendiger,
dringender Anruf war...dann Gnade Gott!
"O'Neill...",
brummte er genervt in den Hörer.
Keine
Antwort. Irgend ein Teil seines Gehirns realisierte, dass ein
Freizeichen zu hören war. Fluchend legte er den Hörer
wieder auf. Er schickte das Telefon samt Kommode zur Hölle und
lehnte sich wieder entspannt zurück. Ein weiteres Klingeln nagte
an seinen Nerven. Langsam stand er auf und stöhnte, als sich
seine Halswirbelsäule knackend beschwerte.
Er ging zögernd
auf die Haustüre und lugte durch den Spion. Sam? Was tat sie
hier?
Schnell
öffnete er die Tür.
"Sam! Komm rein.", sagte
er. Sam nickte dankbar und Jack schloss die Tür hinter ihnen.
"Was äh...", begann er. Sam blickte ihn müde
an.
"Mich verfolgen diese Katzen schon in meinen Träumen...",
versuchte sie zu scherzen, "ich möchte heute nacht einfach
nicht alleine sein. Ist das okay?", fragte sie ein wenig
beschämt.
Jack glaubte nicht, was er gehört hatte. "Ob
es...ob es okay ist...kannst du dich erinnern, was ich heute zu dir
gesagt habe?", fragte er zurück.
"Das mit
dem...dass du immer für mich da bist...?", sagte sie.
"Ja,
genau das.", raunte er und kam näher.
Sam ließ
sich bereitwillig umarmen und entspannte sich an seiner
Brust.
"Kannst du heute Nacht einfach nur die Arme um mich
legen und mich halten?", frage Sam. Jack fand ihr Verhalten zwar
etwas ungewöhnlich, aber es gefiel ihm. Sehr sogar.
"Und
du glaubst, das reicht mir?", raunte er und zupfte an ihrer
Jacke.
Sam kicherte. "Ich hätte nichts dagegen, die
Bedingungen etwas auszuweiten.", wisperte sie zurück und
bemerkte zufrieden, wie Jack ein Schauer über den Rücken
lief. "Diesmal lassen wir uns aber mehr Zeit.", sagte Jack
und Sams Jacke glitt unbeachtet zu Boden. "Einverstanden.";
schaffte Sam zu keuchen, bevor Jacks Mund sich um ihren schloss. Bald
taumelten die beiden in Richtung Schlafzimmer und hinterließen
eine Spur von Kleidungsstücken.
Sam fiel rückwärts auf das Bett und nahm Jack mit sich. Während Jack versuchte, seine Erektion so in Position zu bringen, dass die Beengtheit seiner Hose nicht so schmerzhaft war, hatte Sam damit zu tun, sein Hemd aufzuknöpfen.
Jack
spürte, wie seine Erregung größer wurde.
"Sam.
Du solltest übrigens deine Blumen wieder einmal gießen.",
raunte er heiser.
Sam lächelte. "Ach ja?", sagte
sie. Jack nickte und half Sam mit seinem Hemd, bevor er selbiges mit
ihrer Bluse machte. Sam öffnete den Reißverschluss seiner
Hose.
"Und dein Rasen...oh Gott Sam!...Dein Rasen muss auch
mal wieder gestutzt werden.", japste er. "Oh, ich wüsste
da schon jemanden für den Job.", witzelte
Sam.
"Mhm...morgen vielleicht", beschloss Jack und
machte sich an den BH, der bald ebenfalls auf dem Boden
landete.
"Heute, bin ich beschäftigt.", sagte er
und senkte seinen Kopf, um Sams Brüste zu liebkosen.
Sam
stöhnte leise. "Das ist mir aufgefallen.", erwiderte
sie heftig atmend.
Jacks Hose kam neben Sams BH zum liegen,
gefolgt von Sams Jeans.
Als nächstes flogen eine Boxershorts
und ein Slip quer durch den Raum und hungrig stürzten sich zwei
nackte Körper aufeinander.
end
