Alex II – Amour Fou
Kapitel 1 Ce Soir
Freitag
21.14
Uhr
Jack fuhr, auf der Suche nach einem Parkplatz, nun schon
zum dritten Mal um den Block. Diesmal schien er endlich Glück zu
haben. Der Fahrer eines alten Ford Scorpio wuchtete seinen Wagen aus
einer verhältnismäßig kleinen Parklücke. Sofort
nahm Jack die Lücke in Beschlag und war erstaunt, dass er
Carters Wagen tatsächlich drei Autos weiter vorfand. Sie waren
zwar nahezu gleichzeitig von der Basis aus gestartet, aber irgendwie
hatte Jack den kleinen weißen Wagen wohl aus den Augen
verloren. Und Sam schien mehr Glück bei der Parkplatzsuche
gehabt zu haben als er mit seinem massigen Truck. O'Neill atmete ein
letztes Mal tief durch und war sich der Kuriosität dieser
Situation mit einem Mal sehr bewusst. Die Neonreklame des Lokals, in
dem sie sich treffen wollten, bestand aus zwei Worten und blinkte in
einem unangenehmen Rot vom Dach des niedrigen Hauses am
Stadtrand.
'Für diesen Namen ein sehr gut besuchtes Pub',
dachte Jack sich wieder einmal. Er öffnete die nostalgisch
anmutende Tür und trat mitten in das Nachtleben des 'Ce
Soir'.
Um an die Bar zu kommen, musste er zuerst an den Toiletten,
der Garderobe und am Stammtisch vorbei, wo ihm einige nicht mehr ganz
nüchterne Kerle zuprosteten. Endlich entdeckte er Carter, die
breitbeinig auf einem Barhocker saß und gelangweilt den Kopf
auf ihre Hände stützte. Sie gab ein seltsam verlorenes Bild
ab und Jack trat auf sie zu. "Hi!", warf er ihr an den
Kopf. Sie zuckte erschreckt zusammen, lächelte dann aber
erleichtert. "Hi Sir, ich dachte schon, Sie kommen gar nicht
mehr.", sagte sie mit einem tadelnden Unterton in der Stimme.
Schweigend wies sie auf den Tisch mit den angetrunkenen Männern,
die keinen Hehl daraus machten, dass sie Sam hier noch nicht oft
gesehen hatten, sie hier aber sehr begrüßten. Jack seufzte
und warf den Kerlen einen warnenden Blick zu. "Sie haben mich
mit ihrem Flitzer ganz schön abgehängt...", murmelte
er abwesend. Sam sah ihn grinsend an.
"Okay...ich hab' keinen
Parkplatz gefunden.", gab er schließlich zu. Carters
Grinsen verbreiterte sich.
"Wollen wir?", meinte Jack kurz darauf und wies mit dem Kopf auf den Barkeeper. "Au ja, ich bin schon fast am Verdursten.", erwiderte Sam eifrig und winkte den Ober herbei. Keineswegs überrascht von ihrer Initiative verfolgte O'Neill, wie seine Begleiterin zwei Bier bestellte.
Berieselt von den Hintergrundgeräuschen verfielen die beiden in ein unangenehmes Schweigen. Während Jack die schrumpfende Schaumkrone seines Bieres sehr interessant fand, warf Sam dem Billardtisch sehnsüchtige Blicke zu. "Lust auf Pool?", fragte sie schließlich. Jacks Kopf schnellte überrascht nach oben. Sam nickte ihm aufmunternd zu. "Sie sind unschlagbar, Carter.", sagte er und grinste. Sam wiegte den Kopf. "Seien Sie kein Hasenfuß, Sir!", meinte sie und ergriff sein Handgelenk, um ihn vom Hocker zu zerren. Widerwillig folgte Jack seinem 2IC und war überrascht, wie intensiv die bloße Berührung ihrer Hände auf ihn wirkte. Immer noch lächelnd drückte sie ihm einen Queue in die Hand und deutete auf die bereits im Dreieck geordneten Kugeln. Jack seufzte und trat letztendlich doch freiwillig an den Tisch heran.
"Der Verlierer bezahlt die nächste Runde.", kündigte Sam an und zeigte auf ihr leeres Bierglas, welches sie auf den Rand des Billardtisches gestellt hatte. Jack runzelte die Stirn. "Sie wollen mich wohl ausnehmen...", murmelte er gespielt missmutig. "So voller Selbstzweifel heute?", witzelte sie. Er schielte sie böse an, konzentrierte sich dann aber auf die weiße Kugel, die Sam für ihn auf dem Tisch platziert hatte. Er kniff die Augen zusammen und ließ den Queue zwischen seinen Fingern mehrmals hin- und hergleiten, bevor er den Schuss schließlich ausführte. Besser als erwartet verteilten sich die Kugeln auf dem Tisch.
Sam nahm ein Stückchen Kreide und spitzte ihren Stock, bevor sie versuchte, die beste Position zu finden. Einige Male wechselte sie die Seiten. "Sie wissen, dass das nur ein Spiel ist, nicht wahr, Major?", zog O'Neill sie auf. Sam sah ihn grinsend an. "Ja Sir...durchaus...", gab sie konzentriert zurück. Jack blieben seine Worte im Hals stecken, als er beobachtete, wie Sam sich nervös mit der Zunge über die Lippen fuhr. Sein Blick wanderte zu ihren Fingern, die den Queue auf eine talentierte Art und Weise balancierten, die auf ihn fast erotisch wirkte. Vielleicht war dieser Abend ein einziger großer Fehler...
Fünfzehn Minuten später waren alle Kugeln
bis auf die schwarze versenkt. Nur drei davon gingen auf Jacks Konto.
Er hatte also schon verloren - und Sam war an der Reihe. Die weiße
Kugel lag an der Kippe zu einem Loch, während sich die schwarze
am anderen Ende des Tisches in der Mitte befand. Carter bewegte sich
grazil an ihm vorbei und ließ dabei die Kugeln nicht aus den
Augen. Konzentriert versuchte sie, die Bahn der weißen im
Voraus zu berechnen. Jack sah ebenso fasziniert zu, aber sein Blick
fokussierte sich auf Sams Hintern, der verführerisch leicht hin-
und herwippte. Er befand sich wie in einer Art Trance-Zustand, nicht
fähig, seinen Blick abzuwenden. Die Zeit schien sich zu
verlangsamen und die Hintergrundgeräusche schwollen zu einer
unverständlichen Kakophonie an. Bis Sam sich - übers ganze
Gesicht strahlend - zu ihm umdrehte. Mit einem gekonnten Bandenspiel
hatte sie die schwarze gefolgt von der weißen Kugel eingelocht.
Jack schüttelte verwirrt den Kopf und gewann seine
Fassung
nur langsam wieder.
"Das nenne ich einen haushohen Sieg.",
meinte er und fuhr sich nervös durch sein Haar. Plötzlich
verspürte er einen unbändige Drang, an die frische Luft zu
gehen zu müssen...
"Sir?", riss ihn Carters Stimme
aus den Gedanken. Wie er dieses Wort doch hasste!
"Sir, alles
in Ordnung?", fragte sie.
"Ja...ja. Ich dachte nur eben
darüber nach...ach vergessen Sie's.", erwiderte er und
suchte nach den richtigen Worten.
"Okay, dann warte ich jetzt
auf mein Bier!", verlangte sie dreist. Ihre Augen blitzten
triumphierend.
Jack ging mit bedächtigen Schritten an
die Bar und bestellte zwei Bier. Schließlich aber ließ er
die beiden Gläser auf der Theke stehen und flüchtete nach
draußen...
Die feuchtkühle Nacht klärte seine
Gedanken und er atmete sie gierig ein. Wie weit war er nun schon
gesunken, dass er nicht einmal einen freundschaftlichen Abend mit
seiner Kollegin verbringen konnte, ohne verwerfliche Gedanken zu
hegen? Als er so ihren in enge Jeans verpackten Hintern bewundert
hatte, war vor seinem geistigen Auge ein ziemlich verwirrendes Bild
aufgetaucht. Er hatte seine eigenen Arme gesehen, die sich mit einer
fast alltäglichen Sicherheit um Sams nackte Hüften
geschlossen hatten. Ihr Rücken hatte schweißnass geglänzt
und...
"Colonel?", erneut ließ Sams Stimme ihn
aufschrecken. Sie war ihm nach draußen gefolgt und sah ihn nun
stirnrunzelnd an, wie er, mit einer Hand an die Wand gestützt,
gebeugt dastand. Ihr Gesicht war in das unnatürliche rote
Neonlicht getaucht. "Was ist mit Ihnen?", fragte sie
besorgt und kam näher. Jack richtete sich auf und räusperte
sich. "Nichts. Ich hab nur eben...es...mir würde nur
plötzlich schlecht. Muss wohl das Bier gewesen sein...",
log er stotternd, sah aber an ihrem Gesichtsausdruck, dass sie ihm
das keineswegs abkaufte. "EIN Bier hat noch niemanden umgehauen.
Und Sie schon gar nicht.", meinte sie. Ihre Mimik schwankte
zwischen Amüsiertheit und Besorgnis. O'Neill schloss kurz die
Augen, als Sam seine Schulter berührte. "Ist wirklich alles
okay?...Soll ich Sie nach Hause fahren?", bot sie an. Jack
stöhnte. Er hatte gerade fluchtartig das Lokal verlassen, um
seine unerlaubten Visionen, die sich um sie gedreht hatten, aus dem
Kopf zu bekommen. Und sie bot ihm an, ihn nach
Hause zu
fahren!
"Nein. Nein. Es geht mir gut. Wirklich. Gehen wir wieder rein.", wiegelte er schnell ab. Sam nickte langsam, ließ seine Schulter aber nicht los. "Sie müssen mir immerhin noch davon erzählen, was Thor gesagt hat.", sagte sie und lächelte. Jack grinste gequält und wünschte sich inbrünstig, sie würde ihre Hände von ihm nehmen. Obwohl sich die Hitze ihrer Berührung durch den Stoff seiner Kleidung mittlerweile in seinem ganzen Körper ausgebreitet hatte. Abwesend hatte Sam angefangen, ihre Hand langsam an seinem Oberarm auf- und abgleiten zu lassen. Jack zog scharf Luft ein und sah sie verwundert an. Seine Selbstkontrolle glitt ihm zunehmenden aus den Händen. Auf ihrem Gesicht lag immer noch ein Ausdruck von Besorgnis, plötzlich aber schien ihr erst bewusst zu werden, was sie gerade tat und erschrocken über sich selbst drehte sie sich abrupt um. Langsam ging sie auf den Eingang zu. Jack packte sie unsanft am Arm und drehte sie wieder zu sich herum. Ihre Augen weiteten sich überrascht.
Unfähig, der Versuchung weiterhin zu widerstehen, drückte Jack seinen Körper gegen sie und presste seine Lippen rau und verlangend auf die ihren. Vollkommen überrumpelt war Sam im ersten Moment zu perplex, um reagieren zu können. Dann aber befreite sie sich aus seiner Umklammerung und drückte mit beiden Händen gegen seinen Oberkörper, um von ihm loszukommen. Empört tat sie ein paar Schritte zurück und sah ihn entsetzt an.
Jack traf die
Gewissheit seines unverantwortbaren Verhaltens wie ein Keulenschlag.
Er senkte beschämt den Kopf. Er hörte Sams unregelmäßigen
Atem und sein eigenes Herz, das mit schnellen, lauten Schlägen
gegen seinen Brustkorb hämmerte. Eine Weile starrte auch er sie
nur an. "Es tut mir leid.", flüsterte Jack schließlich
nur so laut, dass Sam es gerade noch verstehen konnte und ballte
seine Hände zu Fäusten.
"Das...Sir...ich...",
stotterte sie zur Antwort, verstummte dann aber und schüttelte
konfus den Kopf. Dann machte sie auf dem Absatz kehrt und verschwand
im Pub. Jack presste sich die Handballen auf die Augen und verzog den
Mund zu einem tonlosen Schrei. Was hatte er nur getan?
Er stützte
sich wieder an die Mauer, um zu verhindern, dass seine Knie unter ihm
nachgaben. Wenige Sekunden später sah er, wie Carter mit ihrer
Jacke in der Hand wieder aus dem Lokal kam und auf ihren Wagen
zusteuerte. Im gespenstischen Licht der Neonreklame sah er, wie sie
ihm einen verständnislosen Blick zuwarf. Jacks Augen verfolgten
den weißen Wagen die Straße entlang, bis die Dunkelheit
die Rücklichter verschluckte.
Es dauerte einige Minuten,
bis er wieder in der Lage war, die Bar zu betreten, um seine Sachen
zu holen. Zu seinem Bedauern stellte er fest, dass Sam auch seine
Getränke bezahlt hatte. Und das, nachdem er sie eigentlich
eingeladen hatte...
"Oh Gott...", seufzte Jack, als er
endlich in seinem Wagen saß. Sein Oberkörper sank auf das
Lenkrad und er versuchte mit aller Gewalt, die Gedanken in seinem
Hirn zu vernichten. Erfolglos schlug er seinen Kopf wieder
und wieder gegen das Lenkrad. Wie sollte er je wieder fähig
sein, ihr in die Augen zu sehen? Geschweige denn mit ihr zu arbeiten?
Wie konnte ihm das passieren? Ihm, der es sonst so bravourös
schaffte, seine Gefühle zu verstecken? Es kam ihm wieder in den
Sinn, wie aufgeregt und fröhlich er am Nachmittag gewesen war,
als Sam zugestimmt hatte, ihn auf einen Drink zu begleiten. Wie
glücklich er gewesen war, dass sie Ja gesagt hatte. Nun wünschte
er, sie hätte ihn abblitzen lassen. Es war ein Fehler gewesen,
seit ihrer Zusage. Ein vorhersehbarer Fehler. Er hätte wissen
müssen, dass er zu schwach war, so einen Abend in bloßer
Kameradschaft zu verbringen. Dann hätte er wenigstens noch das
GEFÜHL, ihr Freund sein zu können. Jetzt hatte er sogar das
Wenige verloren, was
zwischen ihnen bestanden hatte...
Er
fühlte sich, als würde er in ein bodenloses, schwarzes Loch
fallen, aus dem es kein Entrinnen gab.
Kapitel 2 Ein denkbar schlechter Zeitpunkt
Samstag,
06.34
Uhr
Jack wurde durch ein Geräusch geweckt. Blinzelnd
richtete er sich auf der Couch auf und versuchte zu ergründen,
was ihn um den Schlaf gebracht hatte. Plötzlich durchfuhr ein
pochender Schmerz seinen Schädel und ihm wurde schwarz vor
Augen. Stöhnend ließ er sich wieder zurück auf das
Sofa fallen. Er war also gestern doch noch irgendwie nach Hause
gekommen...
Sein Blick fiel auf die zahlreichen leeren
Bierflaschen, die sich auf dem Couchtisch stapelten und er hielt sich
stöhnend den schmerzenden Kopf. Da war es wieder - das Geräusch,
welches ihn geweckt hatte. Langsam versuchte Jack wieder,
aufzustehen. Diesmal schaffte er es keuchend und erkannte, dass es
sich um die Türglocke handelte. Die Türglocke? Er warf
einen angestrengten Blick auf die Wohnzimmeruhr. Halb sieben Uhr
morgens! Wer in Gottes Namen...Sam? Konnte das möglich
sein?
Jack hechtete zur Tür und wurde vom Schwindel fast in
die Knie gezwungen. Tapfer schüttelte er den Kopf und fuhr sich
über seine Bartstoppeln. Dann drehte er am Türknopf und
öffnete seinem frühen Besucher. Seine Kinnlade klappte nach
unten, als er sah, wer auf seinem Abstreifer stand.
Schwanzwedelnd
sprang Momo an ihm hoch und versuchte, mit ihrer schlabbernden Zunge
sein Gesicht zu erreichen. Jack kniff die Augen zu und öffnete
sie wieder, aber das Bild, das er sah, änderte sich nicht. Alex
stand, mit zerzaustem Haar, schmutzigem Gesicht und ihrem
unverkennbarem Lächeln vor ihm. "Hi Jack!", rief sie
und umarmte ihn, so fest sie konnte. O'Neill versuchte, seine
Kopfschmerzen zu verdrängen und bückte sich, um seine
beiden Besucher zu begrüßen.
"Alex! Was machst du
denn hier?", fragte er erstaunt. Die Augen des kleinen Mädchens
nahmen plötzlich einen traurigen Ausdruck an. "Das erkläre
ich dir später. Lässt du mich zu dir ins Haus?",
fragte sie keck.
"Natürlich...", antwortete Jack
langsam und hielt dem über und über mit Staub bedeckten
Mädchen und ihrer Hündin die Tür auf.
"Schön
warm hier drin.", stellte Alex fest und fröstelte noch von
der kalten Morgenluft. Ihr Blick fiel auf die leeren Flaschen auf dem
Couchtisch. 'Verdammt!', dachte Jack. Ihm fiel plötzlich wieder
die Tatsache ein, dass Alex Vater ein Alkoholproblem gehabt hatte,
bevor die Kleine ihre Familie verlassen hatte.
Eigentlich müsste
sie jetzt ja bei einer Pflegefamilie sein...
"Ein paar
Freunde waren gestern hier, wir...uhm...haben gefeiert!",
erklärte Jack hastig. Alex sah ihn an und lächelte. Jack
atmete erleichtert auf.
Momo erschnupperte sich interessiert den
Weg durch Jacks Wohnzimmer in die Küche.
"Jack?"
"Hm?"
"Bitte
versprich mir, dass ich bei dir bleiben darf.", bat Alex und sah
ihn aus großen, dunklen Augen an.
'Du hast dir einen denkbar
schlechten Zeitpunkt ausgesucht, meine Kleine', dachte Jack und
lächelte gequält. "So wie du aussiehst, meine Liebe,
nimmst du jetzt erst mal ein Bad. Ich werde inzwischen Frühstück
machen, 'kay?", bot er an. Alex nickte gehorsam und ließ
sich von ihm ins Badezimmer scheuchen.
Eine halbe Stunde später
tappte Alex in die Küche. Ihr Haar war ordentlich nach hinten
gekämmt und glänzte frisch gewaschen. Jack deutete auf den
Tisch. "Kakao und Marmeladebrot. Mehr hat mein Kühlschrank
nicht zu bieten.", erklärte er und rührte
gedankenverloren in seinem schwarzen Kaffee herum. Die Tablette, die
er genommen hatte, verursachte rumpelnde Geräusche in seinem
Magen, die Kopfschmerzen linderte sie aber noch nicht. Er holte eine
Wurst aus dem Kühlschrank und warf sie Momo zu, die ihn die
ganze Zeit schon mit Argusaugen beobachtet hatte.
"Wie
hast du eigentlich hergefunden?", wollte er schließlich
wissen. Alex schmatzte geräuschvoll und schluckte hart. "Hey,
wofür hältst du mich? Ich war schließlich schon mal
hier!", verteidigte sich Alex. Jack nickte. "Klar, aber ich
dachte ,deine Pflegefamilie wohnt auch in Aurora?", entgegnete
er. "Sicher. Traust du mir nicht zu, den Bus zu nehmen?",
fragte sie dreist. "Du glaubst gar nicht, wie leicht es ist,
gratis Bus zu fahren. Vor allem bei Nacht.", fügte Alex
stolz hinzu. Jack hob die Augenbrauen. Alex setzte einen
herausfordernden Blick auf. Ihre großen Augen wirkten fast
flehend und ihre vollen Lippen waren leicht nach unten gezogen. "Mit
diesem Dackelblick - ja, ich glaube dir.", sagte Jack
schließlich überzeugt.
Die beiden fielen in eine
kameradschaftliche Stille und Jack stellte mit Erleichterung fest,
dass die Gesellschaft des Mädchens ihn von seinen anderen -
wehmütigen - Gedanken ablenkte. Trotzdem wusste er, dass Alex
hier nicht bleiben würde können. Jemand musste ihren
Pflegeeltern Bescheid geben.
"Alex? Warum bist du von
deinen neuen Pflegeeltern weggelaufen?", fragte Jack nach einer
Weile und sah sie über den Rand seiner Kaffeetasse nachdenklich
an. Das Mädchen trank den letzten Rest ihres Kakaos aus und
starrte trotzig zur Seite. "Sie wollten Momo in ein Tierheim
bringen lassen!", empörte sie sich. Die Hündin spitzte
beim Fallen ihres Namens aufmerksam die Ohren. Jack runzelte die
Stirn. "Ich dachte, sie würden sich über den Hund
freuen?", setzte er entgegen. "Ja. Das habe ich auch
geglaubt. Aber sie hassen Momo. Dabei ist sie doch so brav. Sie bellt
niemals, ist stubenrein...", erklärte Alex. Jack fuhr sich
durch sein ergrautes Haar. "Das verstehe ich nicht.",
murmelte er.
"Sie haben sie sogar geschlagen!", fuhr
Alex mit jetzt weinerlicher Stimme fort. "Geschlagen...warum?"
"Weil
sie im Garten ein Loch graben wollte.", sagte die Kleine. "Alex.
Haben sie dir auch was getan?", hakte Jack weiter nach. Das
Mädchen schüttelte den Kopf. "Sie haben mich nur
angeschrieen, weil ich Momo beschützt habe. Und später, als
ich eigentlich im Bett sein sollte, habe ich gehört, wie Mr.
Green zu Mrs. Green gesagt hat, er würde Momo ins Tierheim
geben, sobald ich in die Schule gehen muss.", antwortete sie.
Jack seufzte. Und er hatte so gehofft, die neue Familie würde
Alex endlich die Stabilität geben, die sie brauchte.
"Und
dann bist du einfach weggelaufen?"
"Was sollte ich denn
sonst machen?", entgegnete sie. "Bitte, bitte. Zwing mich
nicht dazu, zurückzugehen. Die Greens mögen mich nicht. Und
ohne Momo kann ich nicht leben.", flehte sie.
Jack lächelte
und strich ihr eine einzelne Träne von der Wange. "Schon
gut. Wir werden uns schon was einfallen lassen.", versicherte er
ihr.
Wenig später war Alex vor dem Fernseher im
Wohnzimmer eingeschlafen. 'Kein Wunder, schließlich war sie die
ganze Nacht auf den Beinen.', dachte Jack und lächelte bei dem
Anblick. Er musste jemanden in die Sache einweihen. Als erstes fiel
ihm Daniel ein und nach kurzem Zögern wählte er die Nummer
des Archäologen. "Hallo. Hier ist Daniel Jackson. Ich bin
im Moment nicht da. Bitte hinterlassen Sie eine Nachricht nach dem
Signalton, ich werde Sie dann zurückrufen.", kam die
blecherne Ansage seines Anrufbeantworters. Fluchend knallte Jack den
Hörer zurück auf die Gabel. "Toll!", knurrte er.
Teal'c fiel aus. Er befand sich wahrscheinlich in der Basis und
brauchte eine 'Sondergenehmigung' um den Stützpunkt verlassen zu
dürfen. Oder er war mit Daniel unterwegs. Er konnte also warten,
bis er den Wissenschaftler erreichte oder...
Oder er versuchte es
bei Sam. "Oh Gott...", stöhnte er. Der bloße
Gedanke daran verschlimmerte seine Kopfschmerzen. Aber er konnte
alleine nicht entscheiden, was nun mit Alex geschehen sollte. Und er
konnte nicht einschätzen, was Hammond von der Idee halten würde,
wieder eine Pflegefamilie für Alex finden zu müssen. Nicht,
dass solche nämlich vom Himmel fallen würden...
Schließlich
nahm er den Hörer und wählte kurzerhand die ihm
wohlbekannte Nummer.
Erst nach dem neunten Läuten meldete
sich ihre verschlafen klingende Stimme. "Carter?", krächzte
sie.
"Carter.", wiederholte Jack zögernd. Schweigen
am anderen Ende. Jack hatte schon Angst, sie hätte aufgelegt,
als er ein leises Seufzen vernahm.
"Sie brauchen sich nicht
zu entschuldigen, Sir. Wenn...", begann sie. Ihre Stimme klang
trotzdem frostig. "Nein. Darum geht es nicht!", unterbrach
Jack sie barsch. "Oh.", kam es genuschelt zurück.
"Alex ist heute hier bei mir aufgetaucht.", sagte
er.
"Alex?", fragte Sam ungläubig. "Würde
es Ihnen etwas ausmachen, vorbei zu kommen? Ich erkläre Ihnen
dann alles...", fragte er vorsichtig. "Ich bin in einer
halben Stunde bei Ihnen.", versprach Carter sofort.
Kapitel 3 Überlegungen
8.03 Uhr
"Danke, dass Sie gekommen sind.", sagte Jack
steif und bat Sam herein. Sam nickte und winkte ab. Sofort spürte
Jack die Kälte, die zwischen ihnen herrschte. Betrübt
senkte er den Kopf.
"Im Moment schläft sie.",
erklärte er und gab ihr ein Zeichen, mit in die Küche zu
kommen. Momo folgte den beiden und begrüßte Sam, indem sie
sie fordernd anstupste. Sam bückte sich und kraulte die Hündin
liebevoll. "Haben Sie schon gefrühstückt?",
fragte Jack jovial. Sam nickte. "Kann ich Ihnen sonst was
anbieten?". Diesmal schüttelte sie den Kopf und ließ
von dem Hund ab, um sich an den Küchentisch zu setzen. Jack ließ
sich seufzend ihr gegenüber auf den Stuhl fallen. "Warum
ist sie hier?", fragte Sam schließlich. Jack sah Sam einen
Moment lang weggetreten an. "Sie stand heute morgen um halb
sieben vor meiner Haustür. Ihre Pflegefamilie kommt mit dem Hund
nicht klar. Alex hat sie belauscht, als sie sagten, sie würden
Momo ins Tierheim bringen. Daraufhin ist sie einfach abgehauen und
irgendwie hat sie hierher gefunden...", fasste O'Neill zusammen.
"Nachts, ganz alleine?", fragte sich Sam laut. Jack nickte.
"Mit dem Bus.", addierte er. Sam hob ungläubig die
Augenbrauen.
"Ich wollte eigentlich Daniel anrufen, um zu
fragen, was ich unternehmen soll, aber er ist nicht zu Hause...",
sagte er nach kurzer Pause. "Schon gut.", unterbrach Sam
ihn und lächelte knapp. Eine kalte Stille trat ein.
Jacks
Gedanken rasten. Sollte er das Thema auf den Tisch bringen? Sein
unkontrolliertes, unentschuldbares Verhalten von gestern Abend, das
ihm ihre Freundschaft kosten konnte, erwähnen? Sich für den
wahrscheinlich gröbsten Fehler seines Lebens
entschuldigen?
Seine Gedanken wurden von einem lauten Gähnen
unterbrochen. Alex kam in die Küche getapst und lächelte,
als sie Sam erblickte. "Hallo Sam!", rief sie fröhlich.
"Hi Kleine.", gab diese zurück und drückte das
Mädchen kurz an sich. "Ich kann auf deiner Couch nicht
schlafen.", beschwerte sich das Mädchen. "Nein? Dann
komm mal mit!". Jack lächelte triumphierend und stand auf,
um sie in sein Schlafzimmer zu führen. Sam folgte den
beiden.
"Wow!", entfuhr es Alex, als Jack die Türen
zum Schlafzimmer öffnete. Auch Sam hob beide Augenbrauen beim
Anblick des riesigen Wasserbettes. "Da passen mindestens vier
Leute rein!", rief Alex übermütig, nahm Anlauf und
hüpfte auf das Bett. Glucksende Geräusche waren zu hören
und Alex verlor sofort das Gleichgewicht. Einige Male wogte sie
mitsamt dem ganzen Bett auf und ab, bevor das Wasser zur Ruhe kam.
Das Mädchen streckte sich gemütlich in den fast unbenützten
Laken aus und seufzte. "So ein Bett will ich auch einmal!",
sagte sie leise. "Besser als die Couch, was?", fragte
Jack.
"Au ja!", kam es zurück.
"Na dann,
schlaf gut!", wünschte er und grinste, bevor er die Tür
zumachte und sich umdrehte. Überrascht, dass Sam direkt hinter
ihm gestanden hatte, zuckte er zusammen.
Sie kehrten in die Küche
zurück.
"Was sollen wir jetzt tun, ich meine, sie
hat ganz klar gesagt, dass sie nicht zurück zu der Pflegefamilie
will. Sie wird wieder weglaufen, wenn wir sie zwingen. Und ich will
sie auch gar nicht zwingen. Ich kann sie verstehen. Die Greens haben
sie schon am ersten Tag angeschrieen, nur weil der Hund ein Loch
graben wollte.", eröffnete Jack entrüstet und zuckte
die Achseln. Sam stieß hörbar Luft aus. "Vielleicht
sollten wir es erst mal Hammond sagen.", schlug Sam vor. Jack
verzog den Mund. "Ich weiß nicht. Er wird sicher nicht
begeistert sein, wieder eine neue Pflegefamilie finden zu müssen.
Vielleicht...vielleicht sollten wir zuerst...ich weiß auch
nicht.", stotterte O'Neill.
"Hammond wird es als Erster
erfahren, wenn die Greens Alex Verschwinden melden.", gab sie zu
denken. Jack sah sie nachdenklich an. "Wir müssen ihm ja
nicht sagen, dass sie bei mir ist...zumindest nicht sofort.",
meinte er schließlich. "Vielleicht sollte ich es noch mal
bei Daniel versuchen?", seufzte er nach einer Weile. "Was
ist mit Janet?", sagte Sam plötzlich. Jack nickte langsam.
Daran hatte er gar nicht gedacht!
Kapitel 4 Frauengespräche
11.11 Uhr
"Kann ich Alex jetzt endlich aufwecken?", fragte
Cassandra ungeduldig. "Schatz, lass die Kleine doch noch ein
bisschen schlafen. Du hast doch gehört, dass sie eine lange
Nacht hatte!", versuchte Janet ihre Adoptivtochter zu
besänftigen. Diese rollte die Augen und widmete sich wieder
gelangweilt den beiden Hunden, die vergnügt durch Jacks Wohnung
tollten. Jack folgte ihr mit seinem Blick. "Deine Sandy versteht
sich gut mit Momo...", sagte er und lächelte. Das Mädchen
nickte abwesend und beobachtete, wie ihre Hündin der anderen
frech ins Hinterteil biss. Janet verfolgte zufrieden, wie sich ein
Lächeln auf ihrem Gesicht ausbreitete und sie mit den Hunden im
Wohnzimmer verschwand. "Ich kann Ihnen auch nicht sagen, was die
vernünftigste Lösung in diesem Fall ist. Ich finde, wir
sollten Hammond unbedingt in Kenntnis setzen. Er will auch nur das
Beste für Alex, daran gibt es doch keinen Zweifel.", setzte
die Ärztin an. Jack seufzte.
"Okay. Ich werde Hammond
anrufen...", lenkte er schließlich ein. Sam und Janet
nickten. Jack verschwand ins Wohnzimmer, sprach ein paar Worte mit
Cassandra und ging dann ins Vorzimmer, wo sein Telefon stand.
"Gibt
es noch etwas, was Sie mir NICHT gesagt haben?", hakte Janet
nach und musterte Sam fragend. Ihr war die Spannung zwischen ihr und
Jack nicht entgangen, sich konnte sich aber keinen Reim darauf
machen. "Was? Wieso?", erwiderte Carter überrascht.
"Ich hab irgendwie das Gefühl, Sie haben mir etwas
verschwiegen.", erklärte Frasier. Sam hob die Augenbrauen.
"Wie kommen Sie darauf?", wollte sie wissen. "Ich weiß
nicht, irgendwie ist die Stimmung etwas angespannt und ich habe stark
den Eindruck, Jack hat gestern einen über den Durst
getrunken...", äußerte Janet ihre Bedenken. "Ja.",
war Sams knappe Antwort.
"Ja? Einfach ja?", wiederholte
die Ärztin mit gerunzelter Stirn. Sam zuckte die Schultern. "Ja,
die Stimmung ist angespannt. Und ja, ich denke auch, Jack war gestern
betrunken.", erwiderte Sam nachdrücklich. Janet nickte
langsam. "Aber Sie können sich auch nicht erklären
wieso, oder...?", fragte sie. Carter wiederholte ihr
Achselzucken. "Oder?"
"Ich wüsste, wieso ICH
mich gestern betrinken hätte können, um es mal so
auszudrücken. Und das hängt...mit ihm zusammen, um ehrlich
zu sein. Also könnte das wohl auch ein Grund für ihn sein,
um sich...", brabbelte Sam los. "Also wissen Sie etwas, was
ich nicht weiß?", unterbrach Janet sie ungeduldig und
musterte sie amüsiert. Sam atmete hörbar aus. "Er hat
mich gestern geküsst...", murmelte sie schließlich.
"Was?
Wer? Der Colonel?", überschlugen sich Janets Worte vor
Überraschung. In diesem Moment betrat Jack die Küche. Er
war gerade dabei, sich die Jacke anzuziehen. Sam und Janet sahen ihn
fragend an. "In Hammonds Büro meldet sich niemand. Ich
werde in die Basis fahren und es ihm persönlich sagen.", er
seufzte tief, "Ist vielleicht sogar besser so.", addierte
er. Die beiden Frauen nickten. "Bin in einer Stunde wieder hier.
Sollte Alex aufwachen...Sie wissen ja, was ihr Spaß macht.",
sagte er und holte seine Autoschlüssel vom Schlüsselbrett.
Er nickte den beiden noch einmal kurz zu und verließ dann ohne
ein weiteres Wort das Haus.
Sofort stützte Janet beide
Ellbogen auf den Tisch und sah Sam fordernd an. "Natürlich
der Colonel. Wer denn sonst.", knurrte Sam. "Warum...ich
verstehe nicht ganz...", stotterte die Ärztin und
versicherte sich mit einem schnellen Blick ins Wohnzimmer, dass
Cassandra nicht lauschte. Das Mädchen hatte nämlich
neuerdings ziemlich großes Interesse an 'Erwachsenendingen'
angekündigt.
"Nach der ganzen Aufregung um den Absturz
des Asgard-Raumschiffs, Thors...'Wiederauferstehung' und nicht
zuletzt Alex hat er es wohl für eine gute Idee gehalten, mich
auf ein Bier einzuladen.", begann Carter und schloss kurz die
Augen, als sie sich die Ereignisse von letzter Nacht wieder ins
Gedächtnis rief. "Und Sie haben angenommen...", half
Janet ihrer Freundin auf die Sprünge.
"Ja. Ich habe mich
sogar auf den Abend gefreut.", seufzte Sam.
"Und?",
hakte Frasier nach. "Und...irgendwann hat er überstürzt
das Lokal verlassen. Ich dachte, ihm wäre schlecht oder sonst
was und bin ihm nachgegangen.", erzählte Sam missmutig.
"Aber ihm war gar nicht schlecht...", schlussfolgerte ihr
Gegenüber. Sam nickte. "Ich war wirklich besorgt und habe
damit vielleicht etwas...angedeutet, dass er falsch interpretiert
hat.", grübelte sie.
"Und weiter?", hakte
Janet neugierig nach. "Und dann...hat er gemeint, wir sollten
wieder zurück an die Bar gehen. Also habe ich mich umgedreht und
wollte wieder rein. Aber plötzlich hat er mich gepackt, an sich
gezogen und...geküsst.", sagte sie und senkte beschämt
den Kopf. Eine Weile trat Schweigen ein.
"Aber ist es
wirklich so schlimm, von Jack geküsst zu werden?", fragte
Janet plötzlich. Sam sah überrascht auf. Die Augen ihres
Gegenübers blitzen schalkhaft und sie konnte sich ein knappes
Lächeln nicht verkneifen. "Janet!", rief sie aus.
"Tschuldigung...", sagte Janet kleinlaut und wurde wieder
ernst. Erneut herrschte Stille zwischen den beiden.
"Eigentlich
wäre es ja auch nicht so schlimm. Es ist nur...es hatte weder
etwas Zärtliches noch etwa Romantisches an sich. Es war eine
Kurzschlusshandlung. Keine Ahnung, was über ihn gekommen ist.
Jedenfalls habe ich ihn weggestoßen...ich...ich weiß
nicht. Er war so fordernd. Ich habe es mir immer vollkommen anders
vorgestellt, ihn...zu küssen...", gab Sam schließlich
zu. Janet war überrascht von ihrer Offenheit. "Gott...ich
kann nicht glauben, dass ich Ihnen das alles erzähle...";
murmelte Carter kurz darauf und lächelte nervös.
"Sam,
ich bitte Sie!", rief Janet empört und legte ihre Hand
beruhigend auf die ihrer Freundin. Doch dann grinste sie wieder vor
sich hin.
"Sie haben es sich vorher schon vorgestellt,
ihn...", begann Janet mit einem Mal. Da war wieder dieses
Blinken in ihren Augen, stellte Sam fest. "Na
ja...eigentlich...", stammelte sie zur Antwort. Ihr Gegenüber
grinste noch breiter. "Schon gut. Ich kann sie gut verstehen.",
gab sie zu. Diesmal war Sam überrascht. Dann senkte sie jedoch
wieder betrübt den Kopf. "Wahrscheinlich habe ich einfach
nur zu romantische Vorstellungen, von der...von der 'Liebe'...",
meinte sie und zog das letzte Wort in die Länge. "Mal ganz
davon abgesehen, dass diese 'Liebe' verboten ist.", murmelte sie
leise und rollte mit den Augen.
"Es ist schwer, dazu
etwas Vernünftiges zu sagen. Aber ich will es mal versuchen,
okay?", holte sich Janet das Einverständnis ihrer Freundin.
Sam nickte langsam.
"Die Regeln der AirForce verbieten
jegliche Art von Fraternisation zwischen Offizieren. Aus welchem
Grund?", begann die Medizinerin und sah Sam fragend an. Diese
dachte kurz nach. Die Antwort fiel ihr nicht schwer, schließlich
hatte sie sich selbst diese Frage schon öfters gestellt. "Um
zu verhindern, dass ein Offizier in einer Situation auf Leben und Tod
die falsche Entscheidung trifft, weil er durch persönliche
Gefühle beeinflusst wurde. Weil die strenge Struktur des
Militärs es nicht zulässt, dass einzelne Offiziere von
ranghöheren bevorzugt behandelt werden. Weil persönliche
Beziehungen unter den Offizieren die einzelnen Personen am korrekten
Ausführen ihrer Arbeit hindern...", redete Sam steif
drauflos. "Schon gut!", unterbrach Janet genervt, "Wir
wissen also, wieso?", fragte sie. Ohne Sams Antwort abzuwarten,
fuhr sie fort: "Weil...es gefährlich ist. Könnte man
das so zusammenfassen?"
Sam nickte. "Ja.", sagte
sie langsam.
"Es ist kein Geheimnis mehr, dass so eine
persönliche Beziehung zwischen Ihnen und Colonel O'Neill
besteht. Wir wissen beide, dass es ein...Ereignis gegeben hat, dass
diese für Sie beide belegt hat.", sprach Janet weiter. Und
ob Sam sich daran erinnerte...was für eine Frage. Sie knurrte
etwas Unverständliches. Janet lächelte kurz. "Ich
glaube, die Unterdrückung dieser beiderseitiger Gefühle...besser
gesagt...die Unfähigkeit, diese Emotionen an die Oberfläche
kommen zu lassen, ist gefährlicher, als...sie sich entwickeln zu
lassen.", sagte die Ärztin. 'Weise Worte, nur leider nützen
die mir nichts', dachte Sam und seufzte tief.
"Sie haben
gestern erlebt, was passieren kann, wenn diese Gefühle jahrelang
unterdrückt werden. Es kommt so oder so zu einer
Äußerung...dafür sind sie einfach zu
stark...beiderseits, wie ich glaube. Die Frage ist nur, ob man sie
kontrolliert zum Vorschein kommen - oder ausbrechen lässt.",
endigte Frasier.
"War das jetzt die Einschätzung der
Situation aus der Sicht einer Ärztin oder der eines Majors der
US-AirForce?", fragte Sam ein wenig abwesend. "Ich weiß
es nicht. Machen Sie sich selbst einen Reim darauf. Ich kann Ihnen
nur sagen, dass es so nicht mehr lange weitergehen kann. Sehen Sie
sich an, was es mit O'Neill macht...was es mit Ihnen macht...",
meinte sie und gestikulierte wild in der Luft herum. Janet hatte
recht. Es fraß Sam innerlich auf. Dieser Druck, der in ihrem
Brustkorb pulsierte, wie ein zweites Herz - ein schmerzendes, Herz,
das sie immer schwächer werden ließ. "Ich soll ihm
also eine Chance geben?", fragte sie seufzend. Janet zuckte die
Schultern. Das musste sie schon selber wissen...
"Sam?",
riss Alex Stimme die beiden Frauen plötzlich aus ihren Gedanken.
"Kann ich ein Glas Wasser haben?", fragte das kleine
Mädchen. "Aber klar.", sagte Sam und stand lächelnd
auf, um ihr ein Glas in die Hand zu drücken. Cassandra stand
hinter ihr und die beiden Hunde jagten sich jetzt schwanzwedelnd
durch die Küche.
Im nächsten Augenblick läutete
Sams Mobiltelefon.
"Carter?", meldete sie
sich.
"Ja...uhm...hier O'Neill. Sie sollen bitte sofort in
die Basis kommen. Nehmen Sie den Doc und Alex mit. Daniel und Teal'c
wurden auch schon herbeordert.", sagte Jack.
"Ja Sir,
geht in Ordnung.", versicherte Sam.
Jack hatte bereits
aufgelegt. Sam steckte ihr Handy seufzend wieder zurück in ihre
Tasche und stand auf.
Kapitel 5 Diskussionen
"Schön, dass Sie gekommen sind. Major, Doctor.", begrüßte Hammond die beiden Frauen. Alex und Cassandra hatten versprochen, solange ein Übergangsquartier für Alex einzurichten. Siler sollte den beiden Mädchen dabei helfen.
Die beiden
nickten den Männern kurz zu und setzen sich. Sam tauschte einen
kurzen Blick mit Jack, der sofort den Kopf senkte.
"Die
Greens haben Alex Abgängigkeit bereits gemeldet. Wir haben Ihnen
noch nicht mitgeteilt, dass sie bei uns ist. Ich kann die Leute aber
nicht im Dunkeln über Alex Verbleiben lassen. Aber, wie sie alle
sicher ebenfalls, denke ich, dass der Grund, den Alex für ihre
'Flucht' genannt hat, einleuchtend und verständlich ist. Die
Greens haben uns versichert, dass es mit dem Hund keine Probleme
geben würde. Sie auch noch anzuschreien...war natürlich ein
Fehler. Es wäre natürlich naheliegend, eine neue
Pflegefamilie für Alex zu suchen, man könnte die Familien
dieses Mal noch eingehender prüfen.", begann Hammond.
"Aber...?", hakte Daniel ungeduldig nach. "Aber...es
ist für Alex schwer geworden, irgend jemandem zu vertrauen. Sie
wurde zu oft enttäuscht. Die Stabilität, die sie, so
hofften wir, von den Greens bekommen würde, ging mit einem
Schlag ins Gesicht wieder verloren...", fuhr der General
fort.
"Vielleicht sollten wir einige Zeit abwarten, um Alex
psychisch soweit zu festigen, dass sie die Greens vergisst und sich
für ihre Zukunft öffnet.", meinte Frasier. Hammond
nickte. "Genau das würde ich auch vorschlagen.",
stimmte er ihr zu.
"Dann soll Alex inzwischen hier in der
Basis bleiben?", fragte Teal'c. "Ja. Wobei es sich damit
nur um eine vorübergehende Lösung handelt.", erwiderte
der General.
"Ich denke nicht, dass hier ein geeigneter
Platz für ein Kind ist.", murmelte Jack missmutig. Janet
nickte zustimmend.
"Sie muss zur Schule...und was ist mit dem
Hund?", fragte sie. "Ihr Unterricht wird kein Problem
sein...und das mit dem Hund...lässt sich ebenfalls regeln.",
seufzte Hammond und wandte sich an Janet. "Im Allgemeinen stimme
ich Ihnen aber zu. Darum würde ich Sie bitten, wenn es keine
Umstände macht...", fügte er fragend hinzu und
unterbrach sich. "Sie meinen, dass ich Alex mit zu uns nach
Hause mitnehme?", fragte Janet und lächelte. Hammond nickte
zögernd. "Es wäre natürlich nur abends...und wir
würden ihre Auslagen decken.", sagte er schnell. Janet
machte eine wegwerfende Geste. "Ich mache es gerne. Alex
versteht sich ausgezeichnet mit Cassandra...und mit den Hunden gibt
es auch keine Probleme.", antwortete Janet. "Das weiß
ich sehr zu schätzen.", kommentierte Hammond ehrlich. Sein
Blick fiel auf Sam, die die ganze Zeit schon einen ziemlich
abwesenden Eindruck gemacht und noch kein Wort verloren
hatte.
"Major, was sagen Sie dazu?", fragte er. Sams Kopf schnellte nach oben. Sie war der Diskussion zwar gefolgt, doch Hammonds plötzlicher Aufruf überrumpelte sie. Sie spürte, wie sich sämtliche Augen auf sie richteten. "Ich habe nichts dagegen einzuwenden.", sagte sie schließlich und sah sich hilfesuchend zu Janet um. Diese nickte ihr beruhigend zu.
Kapitel 6 Ablenkungen
Montag
10.14
Uhr
Mit einer einzigen wütenden Bewegung schleuderte Jack
sein Jojo gegen die Wand und verfolgte zufrieden, wie das Plastik in
mehrere Teile zersprang. Er hatte die überflüssigen Auf-
und Abbewegungen des Spielzeugs satt. Jack war mehr als nur wütend!
Auf sich, auf Sam...auf die ganze verdammte Welt. In dieser
Reihenfolge. Er hatte genug von dem ewigen Versteckspiel, dieser
täglichen Maskerade...am liebsten würde er laut schreien.
So laut, dass es sogar die Tok'ra noch hören könnten. Doch
er gab sich mit einem zittrigen Seufzen zufrieden. Er beschloss, dass
er sich mit irgend etwas ablenken musste, wenn er nicht explodieren
wollte. Daniel konnte er nicht besuchen, ihn hatte er den ganzen
gestrigen Nachmittag lang mit seiner Gesellschaft genervt. Alex war
mit Janet und Cassy irgendwo auf Vergnügungstour...die nächste
Mission stand erst übermorgen auf dem Programm...Teal'c! Mit
einem Ruck stand Jack vom Bett auf und rauschte aus der Tür. Mit
langen Schritten legte er die kurze Distanz
zwischen seinem und
Teal'cs Quartier zurück und trat ohne zu klopfen ein.
Teal'c
saß mit überkreuzten Knien auf einem kleinen Teppich und
stierte in das Licht einer der Kerzen, die im gesamten Raum verteilt
waren und durch den Wind, den Jacks Eintritt verursachte, gefährlich
flackerten. Jack zog sich einen Stuhl heran und beobachtete den
Jaffa, der ihm mit keiner Miene zu erkennen gab, ob er seine
Anwesenheit bemerkt hatte. "Kann ich irgend etwas für dich
tun, O'Neill?", fragte Teal'c plötzlich. Jack wäre
fast vom Stuhl gekippt und zuckte erschrocken zusammen.
"Nein...uhm...nein. Ich...sehe dir nur ein wenig zu, okay?",
antwortete er und fuhr sich über sein noch unrasiertes Gesicht.
Teal'c schwieg und starrte weiterhin ungerührt auf die
Kerze.
Bereits nach wenigen Minuten begann Jack, gelangweilt auf
dem Stuhl hin und her zu rutschen. Er seufzte tief und gähnte
verhalten.
"Du störst meine Konzentration.", sagte
Teal'c plötzlich mit tiefer Stimme. "Tu ich das?",
fragte Jack erstaunt. Der Jaffa sagte nichts.
"Ich schätze,
es würde deiner Konzentration zu Gute kommen, wenn ich jetzt
verschwinde?", meinte er. "In der Tat.", antwortete
Teal'c kühl.
"Oh.", machte Jack und stand langsam
auf. "War nett, mit dir zu plaudern, mein Freund.", sagte
er sarkastisch und verließ dann den Raum.
Draußen
lehnte er sich seufzend an die kalte Mauer und überlegte.
Schließlich beschloss er, in die Cafeteria zu gehen und einen
Happen zu essen. Seine Füße trugen ihn unwillkürlich
- und auf Umwegen - zu Sams Labor. Die Tür stand weit offen und
er riskierte einen Blick. Sie saß vor ihrem Computer und hatte
Ähnlichkeit mit Teal'c, nur dass ihre Kerze der Bildschirm war.
Schnell ging Jack weiter, bevor sie seine Anwesenheit bemerkte.
Endlich landete er an seinem geplanten Ziel. Doch er brachte keinen
Bissen hinunter. Das Essen schmeckte ihm schon seit zwei Tagen nicht
mehr...woran das wohl lag?
Er stand wieder auf und ging zurück
zu seinem Quartier. Irgendwie stand er plötzlich wieder vor
Carters Labor. Wie zuvor saß sie immer noch vor ihrem Computer
und fragte irgendwelche Daten ab. Jack schloss kurz die Augen und
ging dann leisen Schrittes weiter. An der nächsten Ecke
begegneten ihm mehrer Offiziere, die sich angeregt unterhielten. Er
salutierte zackig und heftete sich - ohne nachzudenken - an ihre
Fersen. Erst als er wieder vor Sams Tür stand, fragte er sich,
was nur mit ihm los war. So konnte es jedenfalls nicht mehr
weitergehen. Er sah auf seinen blondhaarigen Major und erwog für
Sekundenbruchteile, zu klopfen. Dann schüttelte er langsam den
Kopf und drehte sich um.
"Sie könnten genauso gut
hereinkommen, statt da draußen herumzuschleichen.", sagte
Sam plötzlich. Und er hatte gedacht, sie hätte ihn nicht
bemerkt! Wie dumm von ihm...
Zögernd trat er ein, schloss die
Tür hinter sich und suchte sich einen Stuhl, der so weit von Sam
entfernt stand wie nur möglich. Diese würdigte ihm keines
Blickes und stierte weiterhin auf den Monitor. Was Jack nicht wusste,
war, dass Sam jedes Wort dreimal lesen musste, damit es einen Sinn
ergab.
Das Schweigen im Raum hätte kameradschaftlich
wirken können, wenn nicht eine frostige Spannung in der Luft
gelegen hätte. Die Kälte zwischen den beiden hätte
einem die Seele gefrieren lassen können.
"Alex hat sich
in ihrem Zimmer gut eingelebt.", verkündete Jack plötzlich,
um die Stille zu brechen.
"Mhm...", machte Sam abwesend
und gab weiterhin vor, in die Zahlen und Worte auf dem Bildschirm
vertieft zu sein. Jack ballte die Fäuste und musste alle
Selbstkontrolle aufwenden, um nicht auszurasten. Doch schließlich
stand er stampfend auf und warf die Hände in die Luft. "Gott!
Ich halte das nicht mehr aus!", schrie er.
Jetzt hatte er
Sams volle Aufmerksamkeit.
"Ich wollte es nicht, okay? Es
war ein...ein großer Fehler...vielleicht der größte
meines Lebens. Es tut mir leid...ich würde wirklich alles tun,
damit ich es rückgängig machen zu können!", sagte
er und fasste sich langsam wieder. Sam, die rechte Hand immer noch
auf der Maus, starrte ihn mit offenem Mund an. Dann wendete sie sich
wieder dem Bildschirm zu. "Wovon sprechen Sie, Colonel?",
fragte sie emotionslos.
Jack schloss kurz die Augen. Das war eine
neue Taktik. "Tun Sie mir das nicht an, Sam. Bitte. Schreien Sie
mich an, schlagen Sie mich. Aber bitte, nicht so...", flehte er
und schüttelte den Kopf. Sam sah wieder erstaunt auf. So hatte
sie Jack noch nie gesehen. Sie schluckte hart und spürte, wie
ihre freie Hand zu zittern begann. Ihr Herz pochte in ihrer
Brust.
"Ich wollte unsere...unsere...Freundschaft nicht aufs
Spiel setzen. Sie müssen mir glauben...! Können Sie mir
verzeihen?", fragte Jack. Sein Gesicht nahm einen leidenden
Ausdruck an. Sam schloss kurz die Augen. Ab diesem Moment konnte und
wollte sie ihm nicht mehr böse sein. "Es ist nichts
passiert, was unsere Freundschaft gefährdet hätte.",
behauptete sie.
"Doch. Ist es. Und das wissen Sie genauso gut
wie ich.", gab O'Neill zurück.
"Okay...",
sagte Sam langsam. Ihr Blick wanderte von seinen Füßen
aufwärts und trafen schließlich auf seinen. "Okay?",
wiederholte er fragend und streckte ihr beide Handflächen
entgegen. "Vergessen wir das Ganze.", meinte sie
schließlich. Jack atmete erleichtert aus und wandte sich zum
gehen. 'Flüchten' würde es wohl eher bezeichnen...
"Ach,
Colonel?", hielt sie ihn auf. Er drehte sich überrascht um.
"Sie sind mir noch ein Bier schuldig. Genauer gesagt
eigentlich...zwei...", warf sie ihm keck an den Kopf. Jack
grinste sie an. Sam konnte spüren, wie der Stein, der ihm vom
Herzen gefallen war, auf ihrem Fuß landete. Konnte man
denselben Fehler zweimal begehen?
"Darauf können Sie
sich verlassen, Carter!", versprach Jack und drehte sich wieder
um. Sam stand auf und beschloss, nun alles auf eine Karte zu setzen
und sich Janets versteckten Ratschlag zu Herzen zu nehmen.
"Sir?",
hielt sie ihn erneut auf. "Ja?", sagte er, drehte sich
jedoch nicht mehr um. Er spürte, wie eine Gänsehaut über
seinen Körper jagte, als er sie hinter sich stehen fühlte.
Sie war so nahe, dass er ihren Atem in seinem Nacken fühlen
konnte. Er schloss die Augen und seine Knie fühlten sich
plötzlich an wie Wackelpudding. Ihre Lippen waren Zentimeter von
seinem Ohr entfernt. Hätte er sich umgedreht...aber dieses Mal
wollte er nichts überstürzen...
"Wenn Sie mich das
nächste Mal küssen wollen, machen Sie es langsamer.",
hauchte sie ihm ins Ohr. Jack stöhnte leise. Er spürte, wie
sich ein Kribbeln in seinem Körper ausbreitete. Er würde
jeden Moment einfach umfallen...
Mit diesen Worten schob Sam ihn
mit beiden Händen zur Tür hinaus und schloss diese
nachdrücklich. Jack öffnete langsam die Augen und zwickte
sich in den Unterarm. Entgegen seinen Befürchtungen tat es
tatsächlich weh...
Schnell rannte er zurück in sein
Quartier und versperrte vorsorglich die Tür. Er sank an der ihr
entlang nach unten und schüttelte langsam den Kopf.
Kapitel 7 Alex' Happy End
Mittwoch
8.56
Uhr
Jack murmelte einen leisen Fluch und drehte sich
demonstrativ auf die andere Seite, um das resolute Klopfen aus seinen
Träumen zu verscheuchen. Die Bettfedern kommentierten diese
plötzliche Gewichtsverlagerung mit einem quengelndem Quietschen.
Der Mann seufzte und schlug blind mit der rechten Hand um sich, als
versuche er, einen Schwarm lästiger Mücken zu
vertreiben.
Das Klopfen hörte nicht auf. O'Neill stöhnte
und riss die Augen auf. Der Raum war dunkel. Trotzdem konnte er auch
so sagen, dass er sich im SGC befand. Das spürte er, nicht nur
wegen des unbequemen Bettes. Er gähnte herzhaft und rieb sich
verschlafen die Augen.
"O'Neill!", hörte er nun
auch die Stimme des Mannes, dem das Klopfgeräusch zuzuordnen
war. "Ja Teal'c. Ich komme ja schon.", gab er genervt
zurück und hievte seinen Körper vom Bett. Die Federn
quietschten wieder. Der Colonel tastete sich bis zur Tür vor,
fuhr sich noch einmal durch die Haare und öffnete dann mit einer
einzigen schnellen Bewegung die Tür. Mit einem genervten
Ausdruck auf dem Gesicht sah er auf die Gestalt, die den Türrahmen
fast zur Gänze ausfüllte. Teal'c tat einen Schritt zur
Seite, um seinen Freund neben sich treten zu lassen. Jack riss eine
Grimasse und sah geblendet in das gleißende Licht der
Leuchtstoffröhren, welche scheinbar allgegenwärtig von den
Decken im SGC strahlten.
"Was gibt's denn?", fragte er
ungeduldig.
"Hammond erwartet uns in fünf Minuten im
Besprechungsraum", informierte ihn der Jaffa.
"Eine
Besprechung? Um Mitternacht?", gab Jack zurück und gähnte
erneut.
Teal'c bedachte seinen Freund mit einer gehobenen
Augenbraue. Dieser hatte immer noch Mühe, seine Augen offen zu
halten. "Es ist bereits 9 Uhr, O'Neill. In zwei Stunden startete
unsere Mission nach PX9162.", sagte der Jaffa schließlich.
"Ach Tatsächlich?", fragte Jack erstaunt und sah sich
nach einer imaginären Uhr um, als würde er den Worten
seines Freundes nicht trauen.
"Kam mir gar nicht so vor.",
fügte er hinzu.
"Du solltest dich beeilen.", fuhr
Teal'c fort und wandte sich schließlich ab, nicht ohne seinen
Freund noch einmal verwundert zu mustern.
Jack nickte abwesend
und unterdrückte ein weiteres Gähnen. Warum war er nur so
müde? Vielleicht, weil er die letzten beiden Nächte kein
Auge zu getan hatte? Er schüttelte nachdenklich den Kopf und sah
an sich hinunter. Er sollte sich wohl auch umziehen. Seine Uniform
sah ziemlich zerknittert aus. Seufzend entledigte er sich ihrer und
schlüpfte in eine neue Montur, bis er sich endlich auf den Weg
in den Besprechungsraum machte. Erst als er um die erste Kurve bog
und beinahe ausrutschte, fiel ihm auf, dass er nur Socken
trug.
Irgendwie stand er in letzter Zeit buchstäblich neben
seinen Schuhen.
Als Jack endlich atemlos den Besprechungsraum
betrat, spürte er sofort Sams amüsierten Blick auf ihm.
Offenbar hatte er doch nicht alle Makel ausgebügelt. Zweifelnd
fuhr er sich übers Gesicht. Er hatte vergessen, sich zu
rasieren.
"Morgen.", murmelte er schließlich und
setzte sich Carter gegenüber in einen der ledernen Sessel. Seine
Verwirrtheit musste nicht nur für Carter offensichtlich sein,
auch seine anderen beiden Teamkollegen und vor allem Hammond
musterten ihn mit gerunzelten Stirnen. Und...oh Mann, war er
verwirrt! Zuerst glaubte er Sams Freundschaft nahezu verloren...und
jetzt machte sie solche Andeutungen! Sollte sich noch ein Mensch
auskennen...
"Ich habe Sie herbestellt, weil ich Ihnen
mitteilen wollte, dass sich in Alex Fall eine überraschende
Wendung ergeben hat. Eine äußerst positive...Wendung",
begann der General verheißungsvoll. Jack riss seinen Blick von
seinem 2IC und sah seinen Vorgesetzten verwundert an. "Tatsächlich?",
nahm Daniel ihm die Frage aus dem Mund. Jack schloss seinen Mund
wieder. Sams Gesichtsausdruck wirkte sehr wissend.
"Doctor
Frasier hat sich bereiterklärt, Alex bei sich aufzunehmen.",
platzte Hammond schließlich heraus. Ein zufriedenes Lächeln
machte sich auf dem Gesicht des Generals breit. Jack konnte es kaum
glauben. Auch Daniel und Teal'c wirkten angenehm überrascht.
"Das heißt...", deutete Jack an.
"Das heißt,
dass die Formalitäten zwar noch laufen, aber eigentlich alles
glatt gehen sollte.", erklärte Hammond. "Nur damit es
hier keine Missverständnisse gibt, Janet hat Alex adoptiert?",
hakte Daniel immer noch ein wenig ungläubig nach. Hammond
nickte. Jack lächelte. Das war wirklich eine sehr erfreuliche
Neuigkeit.
Nachdem die Besprechung endlich zu einem Ende gekommen war, konnte O'Neill es trotz allem kaum erwarten, den Raum zu verlassen. Sofort kamen Cassandra und Alex auf ihn zugelaufen. Er winkte Janet kurz zu, die lächelnd an ihm vorbei in den Besprechungsraum ging. "Na ihr beiden...Schwestern.", begrüßte Jack die beiden Mädchen. "Toll nicht?", freute sich Alex. Sie sprang an ihm hoch und schlang ihre Arme um seinen Nacken. Überrascht taumelte er ein paar Schritte rückwärts. "Hossa, langsam...", murmelte er in das dunkle Haar der Kleinen, die ihn aus lauter Eifer fast erdrückte. "Schade, dass du nicht mein Vater bist...", flüsterte Alex ihm ins Ohr. Jack schloss kurz die Augen. "...aber ich denke, bei Janet und Cass lässt es sich auch gut aushalten. Außerdem hat Momo jetzt Sandy als neue Freundin.", fügte sie hinzu. Jack klopfte dem Mädchen beruhigend auf den Rücken. "Schön, dass du das so siehst.", meinte er leise.
"Sie wird ja jetzt wahrscheinlich öfter hier sein...", implizierte Janet plötzlich hinter ihm. Jack ließ Alex langsam an ihm hinunter auf den Boden gleiten. Beide grinsten. "Ja.", sagten sie in Einklang. Sam stand in der Tür und lächelte. Ihr war ganz warm ums Herz geworden, als sie Jack und das kleine Mädchen gesehen hatte.
Kapitel 8 Vergeltung
15.12 Uhr
"Wie weit sind Sie, Daniel?", fauchte Jack
ungeduldig in sein Funkgerät. Er hatte keine Lust, unnötige
Zeit auf diesem Planeten zu vergeuden. Außer Sand, ein paar
vereinzelten Büschen und Hitze hatte dieser nämlich nicht
viel zu bieten. "Daniel!", rief der Colonel und fächelte
sich mit seiner Baseballkappe Luft zu. Sam hockte neben ihm auf einem
schmalen Ast am Boden und goss sich mit ihrer Feldflasche Wasser über
den Kopf. Eine Sekunde lang starrte Jack ungläubig auf das Bild,
das sich ihm vor seinen Füßen bot. Sam sah auf und
schüttelte den Kopf. Wassertropfen sprühten in alle
Richtungen. Sie grinste. Ihre Haare standen wild vom Kopf ab und ein
paar einzelne Tropfen fanden ihren Weg über ihre Wangen nach
unten. Jack konnte sich nicht erinnern, jemals etwas Erotischeres
gesehen zu haben. "Jack? Teal'c und ich brauchen hier noch ein
bisschen Zeit.", kam endlich die Stimme des Archäologen
eigenartig verzerrt aus dem Walkie Talkie und rettete die Situation.
Jack stöhnte. "Daniel. Ich
habe gesagt eine Stunde...was
haben Sie an dem Satz nicht verstanden?", knurrte er. Wieder
herrschte sekundenlang Funkstille. "Es ist nicht so
einfach...wie sie glauben. Es geht nicht um die Schriftzeichen auf
den Felsen hier...wir uhm...sind von Einheimischen umzingelt. Sie
wollen uns nicht gehen lassen, ehe wir nicht ihren 'Häuptling'
besucht haben.", behauptete Jackson. Jack zog eine Grimasse.
"Auch das noch.", murrte er. "Das haben die also
gesagt, ja?", versicherte er sich ein weiteres Mal. "Auf
einer Sprache, die Sie wahrscheinlich nicht verstehen würden...aber
ja, das haben sie.", kam es zurück.
"Dann sollen
die ihren verdammten Häuptling eben zu Ihnen tragen. Wo ist das
Problem?", fragte Jack und wurde langsam ungeduldig. Die Sonne
heizte unerbärmlich vom Himmel. Sein schwarzes T-Shirt wirkte
dabei nicht unbedingt kühlend. "Wir sind schon fast in
ihrem Dorf. Ich würde vorschlagen, dass Sie uns entweder
folgen...oder am Basiscamp auf uns warten. Es dürfte sich
höchstens um einige Stunden handeln...", schlug Daniel
vor.
"Schön, dass Sie hier das Kommando haben.",
murmelte Jack mürrisch und traf Sams amüsierten Blick. "Was
ist so witzig?", fragte er halb verärgert, halb verwirrt.
"Was?", kam es knackend aus dem Funkgerät.
"Nichts.",
knurrte Jack.
"Wenn Sie heute Abend nicht zurück sind,
werden Carter und ich morgen alleine nach Hause zurückkehren.
Geben Sie mir mal Teal'c!", forderte er kurz darauf. Die Antwort
war statisches Rauschen.
"Melden Sie sich!", schrie
Jack, erhielt aber keine Reaktion.
"Das sieht ihm wieder
ähnlich.", stöhnte O'Neill. "Kommen Sie Carter,
gehen wir zum Basiscamp.", forderte er sie auf.
Sam grinste
immer noch. "Also, was ist nun so komisch?", fragte Jack
und versuchte, die Hand zu ignorieren, die sie ihm entgegenstreckte.
"Gar nichts.", wiegelte sie ab und wies mit dem Kopf
nachdrücklich auf ihren ausgestreckten Arm. Jack schluckte hart,
ergriff schließlich aber ihre Hand und zog sie auf die Füße.
"Danke."
Jack grunzte unverständlich und ging
voraus.
Nach etwas mehr als einer halben Stunde hatten sie das
Basislager erreicht.
"Lust auf Dosenfutter?", fragte
O'Neill und klopfte obligatorisch an Sams Zeltstange. Er erhielt
keine Antwort. "Hey, ich habe Sie was gefragt!", rief Jack.
"Sie haben den ganzen Nachmittag verschlafen!", fügte
er mit einem Blick auf seine Uhr hinzu. Es war bereits sieben und
langsam brach die Dämmerung auf dem Planeten herein.
Als
wieder keine Reaktion folgte, zog Jack kurz entschlossen den
Reißverschluss an der Öffnung zu Sams Zelt auf. Und
bereute es ihm nächsten Moment. Sam lag, nackt bis auf ihre
Unterwäsche, mitten ihm Zelt. Die sengende Sonne machte auch vor
der dunklen Zeltplane nicht halt und erwärmte das Innere auf
eine unerträglich hohe Temperatur. Sam hatte augenscheinlich
Abhilfe gefunden...einzig ihre Mitte war von einer dünnen Decke
verhüllt und betonte die Rundungen, die sich unter einem dünnen
Sport-BH abzeichneten, nur noch. Ihr Brustkorb hob und senkte sich
annähernd gleichmäßig und, ohne es zu wollen, war
Jack in ihrem Anblick gefangen. Sein Blick glitt über ihren
wohlgeformten Körper. Von ihren langen Beinen aufwärts zu
ihren Oberschenkeln. Die Decke verweigerte ihm, mehr zu sehen, und er
musste sich mit der seidig schimmernden Haut ihres Brustkorbes
begnügen. Ihr Atem war immer noch rhythmisch, während sein
eigener mittlerweile stoßweise kam. Jack spürte eine Woge
der Erregung durch
seinen Körper schwappen und schloss kurz
die Augen. Seine Hände zitterten unkontrolliert.
"Colonel!",
riss ihn Carters erschrockene Stimme aus seinem Trancezustand. Sie
war aufgeschossen und zog sich plötzlich verlegen die Decke
weiter nach oben. Jack spürte, wie ihm sein Herz in die Hose
rutschte. Trotzdem brauchte er ein paar Sekunden, um seinen Blick von
ihrem Körper reißen zu können. "Ich...uhm...es
tut mir leid.", stammelte er und zog seinen Kopf zurück.
Daher
sah er das Grinsen nicht mehr, dass sich auf Sams Gesicht
ausbreitete.
"Das hat sie doch absichtlich gemacht.",
murmelte Jack zu sich selber und versuchte dieses verbotene Bild
wieder aus seinem Kopf zu bekommen. Er machte das 'Dosenfutter', das
er Sam angeboten hatte, auf, und stierte in die züngelnden
Flammen des Lagerfeuers, die ihn so sehr an das erinnerten, was in
ihm gerade vorging.
Schließlich kam Sam gähnend aus
ihrem Zelt - voll angezogen. Jack senkte den Kopf und nahm das Essen
vom Feuer. Dabei verbrennte er sich seine Finger und fluchte laut.
Sam setzte sich grinsend neben ihn. "Nervös?", fragte
sie herausfordernd. Jack sah sie aus großen Augen an. War das
ihre Art von Vergeltung? Das war eine Frage, die er nicht zu
beantworten wagte. Was er wusste, war, dass das nicht mehr lange so
weitergehen konnte. Noch behielt er die Kontrolle über seine
Reaktionen, aber...wie lange noch? Seine Selbstbeherrschung war ihm
schließlich schon einmal entglitten...
"Jack?",
wieder rettete Daniel den Moment mit seinem unglaublichen Timing.
Jack stand auf und holte das Funkgerät aus dem Rucksack.
"Hier.", meldete er sich forsch und wollte gerade zu einer
Standpauke ansetzen, als Daniel ihn unterbrach. "Die
Einheimischen wollen unbedingt, dass wir über Nacht bleiben. Ich
denke nicht, dass sie böse Absichten haben. Außerdem...haben
die einen ziemlichen Respekt vor Teal'c.", brabbelte der
Wissenschafter los. "Schon gut. Das heißt, wir können
morgen Hammond ausrichten, dass Sie...erst später kommen?",
fragte er sarkastisch. "Na ja...ja.", kam es zurück.
Jack knurrte etwas Unverständliches ins Mikrophon und warf das
Funkgerät schließlich wieder zu seinen Sachen.
Kapitel 9 Ein Unfall
"Einen
Penny für ihre Gedanken...", murmelte Sam und riss ihren
Colonel aus seinem minutenlangen Schweigen. Sein Kopf schnellte nach
oben und traf ihre Augen. "Was?", fragte er überrumpelt.
Er hatte grade daran gedacht, was denn nun eigentlich so schlimm
wäre, dieser Macht nachzugeben, die seit Jahren seine Seele
zerfraß - die wie ein Virus in seinem Körper wütete.
Er war nun überzeugt davon, dass Sam auch mit dieser
ungestillten Sehnsucht zu kämpfen hatte, vielleicht nicht so
sehr wie er selber, aber auch sie hatte Mühe, die Oberhand in
dieser Schlacht zu behalten. Nur - in diesem Krieg waren Waffen und
ausgeklügelte Taktiken...wertlos.
"Woran denken Sie
gerade, Jack?", wisperte sie erneut. Er schloss die Augen und
versuchte gegen den Schauer anzukämpfen, den Sams Stimme über
seinen Rücken jagte. Erfolglos. Sein Körper bebte.
"Soll
das eine Art von Rache sein? Worauf legen Sie es eigentlich an?",
fragte er und versuchte seine Stimme einigermaßen neutral zu
halten. Ein letztes Mal nahm er all seine Selbstbeherrschung zusammen
und sammelte sie wie einen unsichtbaren Schild vor seinem Herzen. Sam
starrte ihn an. "Worauf ich es anlege?", fragte sie zurück.
Jack reagierte nicht. Er war gefangen vom ihren Lippen, die im
flackernden Licht des Feuers feucht glänzten.
"Das
fragen SIE?", fuhr Sam fort. Sie dachte, nach dem Gespräch
in ihrem Labor wäre alles geklärt. Und nun tat er so, als
würde ihn das alles nicht mehr interessieren. Sie hätte
alles, was er damals gesagt hatte, aufzeichnen sollen! Herrgott noch
mal! Wie dumm war dieser Mann eigentlich?
"Wer hat denn damit
angefangen?", wollte sie wissen. "Womit?", murmelte
Jack abwesend. Sam rollte die Augen. "Wissen Sie gar nicht mehr,
dass sie mich geküsst haben?"
Als könnte er das
vergessen...
"Das war ein Unfall.", murrte er und
spürte, wie die Mauern um sein Herz langsam zu bröckeln
begannen.
"Ein Unfall also...", wiederholte Sam
nachdenklich. Es war unglaublich! Diesen Unfall würde sie ihm
schon geben!
Langsam beugte sie sich zu ihm hinüber und ehe
er es sich versah, hatte ihre Hand ihn unsanft am Kragen gepackt und
zerrte ihn mit einer schnellen Bewegung zu sich. Sie schlang ihre
Hände um seinen Nacken und zog seinen Mund auf den
ihren. Vor Überraschung ließ Jack den Löffel fallen,
den er in der Hand gehalten hatte.
Sam spürte zufrieden, wie
sich sämtliche seiner Muskeln versteiften und er nicht fähig
war, zu reagieren...
Die Intensität der Emotionen, die in
ihm aufwallten, waren zu überwältigend, um auf ihren Kuss
zu antworten. Schließlich ließ Sam von ihm ab und
räusperte sich. Dann wagte sie einen Blick auf sein
Gesicht.
Seine Augen waren immer noch geschlossen und er saß
in einer eigenartig stocksteifen Haltung da. "Ein Unfall...das
war es also, ja? Jetzt weißt du, wie es sich angefühlt
hat, so überfallen zu werden!", warf sie dem immer noch
perplexen Jack an den Kopf und bemerkte selbst kaum, dass sie zum Du
übergegangen war. Langsam öffneten sich seine Augen und er
blinzelte.
"Was zum...wow..."; stammelte er. Er hatte
nie zuvor in seinem Leben etwas tiefer empfunden als diesen Kuss.
Alles andere war verblasst, in dem Moment, als ihre Lippen sich
getroffen hatten. Er war in einen Strudel aus warmen Farbtönen
eingetaucht und mitgerissen worden...
"Ich kann nicht
mehr...", flüsterte er. Sam sah auf. Einen ähnlichen
Gesichtsausdruck wie den, der sich auf Jacks Gesicht zeigte, hatte
sie noch nie bei ihm gesehen. Teils befriedigt, teils beunruhigt
beobachtete sie, wie er den Blick von seinen geballten Fäusten
abwendete und sich schließlich mit ihrem traf.
Wie in
Zeitlupe streckte er den Arm aus. Er legte sich um ihre Schultern und
sie spürte, wie sie ruckartig an seinen Körper gezogen
wurde. Dieses Mal kam es weniger überraschend und sie spürte,
wie ein starkes Verlangen in ihrem Inneren erwachte. Ohne zu zögern
trafen ihre Lippen auf die seinen. Jacks Zunge schob sich gierig in
ihren Mund. Sam stöhnte leise und schlang ihre Arme erneut um
seinen Nacken. Die Bartstoppel auf seinen Wangen strichen rau über
die ihren, während seine Küsse immer wilder wurden.
Irgendwann brach sie die Verbindung und rang atemlos nach Luft. Jacks
Augen waren schwarz vor Begierde und spiegelten das wieder, was er
wohl in den ihren lesen konnte.
Nervös fuhr sie sich mit der
Zunge über ihre geschwollenen Lippen und versuchte, ihren
zitternden Körper wieder zur Ruhe kommen zu lassen. Wie konnte
es zwischen zwei Menschen, die sich schon so lange kannten, eine
dermaßen hohe Spannung geben? Sie beobachtete staunend, wie
auch Jack keuchend nach Luft schnappte. Auf seiner Stirn hatten sich
Schweißtropfen gebildet. Sam wusste, wenn sie jetzt noch einen
Schritt weiter gehen würden, könnten sie die ganze Nacht
nicht aufhören, sich zu lieben. Sie versuchte, ihre Emotionen
unter Kontrolle zu bekommen und all das aufgeflammte Begehren zu
zügeln, das sich auf den Mann, der nur einen halben Meter von
ihre entfernt war, fokussierte.
Dasselbe schien auch Jack zu ahnen
und stand mit dem letzten Funken Verstand, der noch nicht von dem
unbändigem Verlangen weggeschwemmt worden war, auf.
Seufzend
blieb Sam alleine am Feuer sitzen und fröstelte plötzlich
trotz der Hitze, die ihr Inneres immer noch erfüllte. Beide
fanden in dieser Nacht keinen Schlaf und wälzten sich, von
beunruhigend realen Träumen gebeutelt, hin und her.
Kapitel 10 Urlaubspläne
Donnerstag 10.17 Uhr
"Also gut. Wenn das was Sie sagen wahr ist,
dann werden die Auswertungen von Dr. Jacksons Schriftzeichen einige
interessante Rückschlüsse über die Art und Weise
zulassen, wie die Einwohner von PX9162 die Invasion der Goa'uld auf
ihren Heimatplaneten abwenden konnten?", fragte Hammond. Teal'c
nickte. "In der Tat. Das Volk macht einen einfach Eindruck, aber
Daniel Jackson und ich sind uns einig, dass es ein bemerkenswert
hohes Potential birgt.", antwortete er sachlich. Der General
nickte. "Sobald Daniel sich von seinen Verletzungen erholt hat,
soll er sich an die Arbeit machen.", bestimmte er.
In diesem
Moment ging die Tür zum Besprechungsraum auf und Daniel kam
herein. Seine rechte Hand befand sich in einer Schlinge, er humpelte
leicht und hatte mehrere Kratzer im Gesicht. Sein Anblick war so
mitleiderregend, das Jack an sich halten musste, um nicht laut
loszulachen. Es waren keine ernsten Verletzungen, die Daniel sich
geholt hatte. Trotzdem weigerte er sich, Hammond, Jack oder Sam zu
erzählen, woher sie stammten. Und Teal'c schwieg wie ein
Grab...
"In Anbetracht der Situation...hat SG1 die nächste
Woche Urlaub.", seufzte Hammond und musterte den Archäologen
von oben bis unten, der sich ächzend in einen Stuhl fallen ließ,
nur um wenige Sekunden später wieder aufzustehen, als es
"Wegtreten!" hieß.
Die anderen Vier rauschten aus
dem Raum und Daniel hatte Mühe, seinen Freunden zu folgen, die
sich in den verschlängelten Gängen des SGC langsam
zerstreuten, sich aber spätestens am Aufzug wieder treffen
würden.
"Also, was werden Sie machen?", fragte
er neugierig und humpelte neben Jack her. "Ach, ich habe da
schon eine sehr gute Idee...", erwiderte O'Neill verheißungsvoll
und grinste dämlich.
"Ach ja?", fragte Daniel,
"und...es hat nichts mit einem weiblichen Wesen zu tun?",
hakte er nach. Jack blieb abrupt stehen und musterte seinen Freund
durchdringend.
"Woher...wissen Sie das...", stammelte
er verlegen.
"Man braucht keine hellseherischen Fähigkeiten
dafür. Ich meine, man hat doch gesehen, wie sehr Sie an Alex
hängen. Und sie mag Sie ja auch sehr.", bemerkte Daniel mit
einer wegwerfenden Geste. Jack nickte eifrig. "Ja...ja.".
"Das
meinten Sie doch, oder?", fragte Daniel verwirrt. "Natürlich.
Ich...uhm...freu mich schon auf die Kleine.", sagte er schnell
und grinste.
Daniel runzelte die Stirn und blickte seinem Kollegen
nach, der pfeifend und außerordentlich erheiterten Schrittes um
die Ecke verschwand.
Völlig konfus blieb Daniel noch einige
Sekunden lang im Gang stehen, bis er wieder loshumpelte, um Teal'c
einzuladen, die kürzlich zwangsweise abgebrochene Museumstour zu
beenden.
Kapitel 11 Déjà-vu
20.14 Uhr
Diesmal fand Jack überraschenderweise sofort einen Parkplatz vor dem am Donnerstag scheinbar nicht so stark frequentierten 'Ce Soir'. Doch als er das Lokal mit einem starken Déjà-vu Erlebnis betrat, waren die meisten Tische besetzt. Er setzte sich an die Bar. Dieses Mal war er der Erste und bestellte schon einmal zwei Bier. Ein anerkennendes Pfeifen vom Stammtisch ließ ihn sich umdrehen. Wie erwartet war es Sam, welche die Aufmerksamkeit der Kerle auf sich gelenkt hatte. Jack musterte sie lächelnd. Sie trug die selben Klamotten wie an jenem verhängnisvollen Abend, an dem sie sich das erste Mal auf ein Bier im 'Ce Soir' getroffen hatten. Ohne sich abzusprechen, hatte er dasselbe getan...
"Hi!", rief Sam freudig und
setzte sich auf den Hocker neben Jack.
Danach begann ein
angeregter Dialog zwischen den beiden. Beide amüsierten sich und
schließlich schlug JACK vor, eine Runde Billard zu
spielen.
Natürlich gewann wieder Sam, doch diesmal war Jack
gelassen und spendierte ihr ein Bier.
23.17 Uhr
Kichernd
stolperten die beiden endlich aus dem Lokal. Mittlerweile war es
ihnen zu voll geworden. "Danke.", wisperte Sam und berührte
Jack an der Schulter. Auch dieser selbstverständliche Kontakt
weckte Erinnerungen an ihren ersten Abend...
Sie standen vor Sams
Auto. Jack hatte die Hände tief in die Taschen seiner Hosen
vergraben und wandte seinen Blick von der aufdringlichen Neonreklame
ab. Lächelnd sah er seiner Begleiterin in die Augen. "Wofür?",
fragte er leise.
"Für den schönen Abend. Das
hat...Einiges wieder gutgemacht.", ließ sie verheißen.
Jacks Lächeln verbreiterte sich. Er fasste nach Sams Hand, die
immer noch auf seiner Schulter lag, und drückte sie sanft. Sam
erwiderte sein Lächeln, das sie viel zu selten auf seinem
Gesicht sah. Sie sah ihn verliebt an, aber Jack zögerte.
Schließlich
übernahm sie die Initiative und zog seinen Kopf für einen
zärtlichen Kuss zu sich. Als sie wieder voneinander ließen,
war Jack erstaunt, wie viel sogar so eine simple Berührung ihrer
Lippen in ihm auslösen konnte.
"Und, kann ich dich noch
für einen Kaffee bei mir gewinnen?", flüsterte er ihr
leise ins Ohr. Sie kicherte und rieb ihre Wange verführerisch an
die seine.
"Nur Kaffee?", hakte sie nach. Ihre Hände
wanderten um seine Taille. Er streichelte mit zittrigen Fingern ihre
Wange. "Das kommt ganz auf meinen Major an...", entgegnete
Jack zögernd. "Der Major hätte nichts gegen
einen...Mitternachtssnack einzuwenden...", sagte Sam und
kicherte bei seinem überraschten Rückzug. Er sah sie
fragend an. Sam zog ihn wieder an sich. "Also? Was sagt der
große Häuptling?", wollte sie wissen.
"Der
große Häuptling sagt, wir sollen schnell auf seinen
Mustang steigen und nach Hause reiten...", murmelte er mit
rauchiger Stimme. "Oh...", machte Sam und ließ sich
zu Jacks 'Mustang' geleiten.
Jack war beinahe zu nervös,
um den Haustürschlüssel ins Schloss zu bugsieren. Sam
gluckste aufgekratzt. Endlich fand er das Loch, seufzte erleichtert
und hielt ihr die Tür auf. Er hängte ihre Jacken auf und
ging dann in die Küche, um die Autoschlüssel zu deponieren.
"Carter, Bier?", rief er ins Wohnzimmer. Sam runzelte
amüsiert die Stirn. "Carter?", wiederholte sie.
Jack
dachte kurz nach und zuckte dann die Achseln. Doch 'Carter' ließ
das nicht einfach so auf sich sitzen und stand auf. "Komm her,
O'Neill...und lass das Bier im Kühlschrank. Ich habe Lust auf
etwas Heißeres...etwas...Süßeres...", säuselte
sie und drängte ihn rückwärts an die Wand.
"Sam!",
rief er überrascht aus, als sein Rücken an die kalten
Mauern stieß. "Du erinnerst dich also doch an meinen
Namen...", murmelte sie zufrieden und fing seine Lippen in einen
anfangs zärtlichen Kuss ein. Jack antwortete gierig und sie
erinnerten sich an PX9162, wo beide die selben Begierden wie in
diesem Moment in sich aufflammen hatten spüren können. Nur
diesmal war es kein fremder Planet mit eventuellen Gefahren, der sie
daran hinderte, den Hunger auszuleben, der sie beide schon so lange
Zeit trieb...
Und als sie ihren Körper gierig an den seinen
presste, konnte sie den pulsierenden Beweis seiner Erregung durch den
Stoff seiner Hose spüren. Sie lächelte in den Kuss hinein
und spürte, wie ein neuer heißer Schwall ihren Körper
flutete. "Colonel...", sagte sie gespielt tadelnd. Jack
drückte seine Hüften zur Antwort noch enger an die ihren,
bis sie leise aufstöhnte. Seine Hände fuhren um ihre Taille
und hoben sie hoch. Sam grunzte überrascht, als sie sich in
seinen Armen wiederfand.
Jack trug sie zum Schlafzimmer und
versuchte, trotz seiner Last, die Tür aufzubekommen. Irgendwann
stürzte er zusammen mit Sam in das Zimmer und warf sie mit einer
schnellen Bewegung auf das große Wasserbett. Blubbernd und
wogend kam das Bett schließlich zur Ruhe. Sam aber grinste
immer noch und streckte sich bequem darauf aus. Jack zog seine Schuhe
aus und kletterte ebenfalls aufs Bett. Sofort sank dieser Teil nach
unten, Sam rutschte zu ihm und Jack beugte sich über sie.
Seine
Lippen öffneten sich und sie spürte das Flattern seiner
Zunge an der Innenseite ihrer Unterlippe. Sie fasste in sein Haar und
zog ihn näher zu sich heran. Sie konnte das Blut in ihren Ohren
pulsieren hören. Langsam sanken seine Küsse tiefer und er
öffnete Knopf für Knopf ihre Bluse.
Warme, forschende
Hände streichelten sanft über das bloßgelegte
Fleisch. Sam half ihm, ihre Bluse und BH loszuwerden. Seine Lippen
legten sich hauchzart auf eine ihrer harten Brustwarzen. Ihr Körper
krümmte sich unter ihm und er fuhr fort, sie mit seinen
talentierten Lippen zu verwöhnen.
Nach wenigen Minuten waren beide nackt und Jack gefangen in ihrem Anblick. "Du bist so wunderschön, Sam.", wisperte er mit einer tiefen Stimme, die sie noch nie gehört hatte und die ihr eine Gänsehaut verursachte. Ungeduldig fasste sie zur Antwort nach seinem erigierten Penis, der in einem unnatürlichen Winkeln vom Rest seines Körpers abstand.. Er stöhnte ungehalten auf und schloss die Augen.
Mit einer einzigen gleitenden Bewegung drang er tief
in sie ein und wurde fast von den Gefühlen überwältigt,
die ihre Verschmelzung in ihm auslöste. Ihre Blicke trafen sich
und ließen sich nicht mehr los.
Die Zeit wurde zu einer
unwichtigen Nebensache und glitt in einem Chaos übersättigter
Lust an ihnen vorbei. Ein Durcheinander von tastenden Beinen,
forschenden Händen und murmelnden Lippen. Zwei schweißbedeckte
Körper wälzten sich über das große Bett und
brachten das Wasser darin fast zum Kochen...
Sam empfand eine Lust, wie sie sie nie zuvor erfahren hatte. Ein Sehnen, das befriedigt werden musste. Jack machte Dinge mit ihr, von denen sie nie gewusst hatte, dass sie sich danach sehnte. Und ohne nachzudenken fügte sie sich. Mehr als das, sie gab ihm zurück, soviel sie konnte.
Jack entdeckte Instinkte, von denen er nicht einmal geahnt hatte, dass er sie besaß. Sein Mund, seine Hände taten Dinge mit einer Sicherheit, die er nicht für möglich gehalten hätte. Nie ihm Leben hatte ihm ein anderer Mensch so viel Vertrauen, Liebe und Zärtlichkeit entgegengebracht. Und nie hatte er es geschafft, sich jemandem völlig zu öffnen, sich auf eine Art und Weise hinzugeben, die es nicht mehr nötig machte, sich mit Worten zu verständigen.
Ihre
Kommunikation war auf einzelne Wortfetzen reduziert. Die
Eingespieltheit als Team machte es den beiden Körpern leicht,
einen gemeinsamen Rhythmus zu finden.
Fingernägel
hinterließen ihre Spuren auf Jacks Haut wie Kondensstreifen
eines Tieffliegers am wolkelosen Himmel. Sein Rücken glänzte
verschwitzt unter dem aus dem Wohnzimmer einfallenden Licht im sonst
dunklen Raum. Auch Sams Haut schimmerte golden unter seinem
Körper.
Zähne knabbern zart an Sams Ohrläppchen.
Pure Lust grub sich immer tiefer in ihr Inneres und die Luft wurde
fast flüssig. Die Welt war auf sie beide konzentriert. Das
Wasserbett unter Sams Rücken schwappte mit jeder von Jacks
fordernder werdenden Bewegungen vor und zurück und unterstützte
die Härte seiner Stöße noch. Ihre Hände krallten
sich in seinen Rücken und sie spreizte ihre Beine, um ihm noch
größeren Zutritt zu ermöglichen. Sie hörte sein
schwerer werdendes Stöhnen nur noch als Hintergrundgeräusch.
Gemeinsam schraubten sie sich weit in den Himmel der Lust empor und
Sam fand mit einem fast entsetzten Schrei über die Intensität
ihres Höhepunktes endlich Erlösung. Ihr bebender Körper
gab Jack das letzte, was er brauchte, um sich mit einem letzten
harten Stoß tief in ihren willigen Körper zu ergießen.
Die wogenden Wellen des Bettes setzten Jacks verebbte Stöße
noch sekundenlang fort und trieben seinen pochenden Penis noch
mehrmals tief in sie. Sein Mund formte sich zu einem
tonlosen
Schrei und er brach ausgepumpt auf ihr zusammen. Sam schloss die
Augen, um dieses neue Gefühl zu genießen, das durch ihren
Körper strömte. Diese tiefe Zufriedenheit. Dieser Hunger,
der tief in ihr seit Jahren wie ein Tumor gewachsen war, war nun
endlich gestillt. Diese neue Erfahrung war mehr, als sie fassen zu
können glaubte.
Kaum kamen ihre zitternden Körper
zur Ruhe und verlangsamte sich ihr rasselnder Atem, entflammte neue
Lust in ihnen und sie gaben sich erneut willenlos dem Verlangen
hin.
Irgendwann, als es schon dämmert, schliefen sie
erschöpft ein.
Freitag
13.19 Uhr
Jack wachte
auf und sah Sam ausgestreckt auf dem Bauch liegen, ein Zipfel des
Lakens über ihr Kreuz gebreitet. Das Zimmer war immer noch vom
Geruch nach Sex erfüllt. Er versuchte, keine Bewegung zu machen,
dass das Wasser unter seinem Körper dazu veranlassen konnte, Sam
zu wecken. Die Uhr zeigte ihm, dass es bereits zu spät war, um
mit dem angebrochenen Tag noch etwas Vernünftiges anfangen zu
können. Außerdem gab es für ihn im Moment nichts
Besseres, als mit der Frau, die er liebte, in seinem Luxusbett zu
liegen. Und sollte sie erst in vier Stunden aufwachen, so war es ihm
doch genug, ihren göttlichen Körper nur anzusehen. Mit
diesem Gedanken und mit Vorfreude, auf die freien Tage, die noch
folgten, ließ er sich bedächtig langsam wieder zurück
ins Kissen fallen und schloss grinsend die Augen, als er spürte,
wie sich seine erste Erektion des Tages ankündigte. Sie würde
sicher nicht die letzte bleiben...Schlussendlich hatte diese
verrückte Liebe doch noch ein befriedigendes Ende
gefunden.
Erlösung. Der Schmerz in seinem verloren geglaubten Herzen war
gelindert und einem Gefühl gewichen, das sich nicht einmal in
seinen Ansätzen mit Worten beschreiben ließ.
