Titel: Unter schwarzer Flagge
Autorin: Viper
Inhaltsangabe: Sechs Monate nach dem ´Fluch der Karibik`. Will ist mit
seiner Frau Elizabeth in Port Royal, während Jack auf seiner Pearl über die
Meere segelt. Der Commodore hat ihn nicht vergessen und verfolgt ihn. Doch es
warten noch andere Abenteuer auf Jack, seine Crew, Will und Elizabeth...
Anmerkung: Dies ist meine erste Fluch-der-Karibik-Fanfiction. Ich hoffe,
die nautischen Begriffe stimmen so in ihrer Bedeutung...
Disclaimer: Alle wiedererkannten Figuren gehören Walt Disney Pictures
und den Machern von "Pirates of the Caribbean. The Curse of the Black
Pearl". Ich verdiene mit der Story kein Geld.
FSK: ab 12.
Feedback: dark_viper4@yahoo.de ~
Unter schwarzer Flagge
"Reichtum ist zu wertvoll, um ihn den Reichen zu überlassen.
Nimm' dir, was du kriegen kannst.
Und gib' es nie wieder her."
1. Kapitel_Die Schatten schlafen nur
Kristallklar
blitzte das tiefblaue Meereswasser in der karibischen Sonne. Es funkelte ihm
unschuldig, aber verlockend zugleich entgegen und schien voller Geheimnisse zu
sein, die keine Menschenseele jemals in Erfahrung bringen würde.
Hier auf offener See konnte Jack – Captain Jack Sparrow – die Freiheit
geradezu in der Luft spüren. Er konnte den Horizont zwar sehen, doch seine
Grenzen rückten immer weiter in unerreichbarer Ferne, je mehr er versuchte,
eben diesen hellblauen Streifen am Ende des Halbkreisbogens zu erreichen. Doch
es machte ihm nichts aus. Stattdessen bewies ihm diese Tatsache, dass es hier
draußen keine Grenzen.
Er stand am Steuerrad seiner geliebten Black Pearl und ließ sich die
Meeresbrise um die Nase wehen. Die Sonne schien ihm warm ins Gesicht. Ein
kurzer Blick auf seinen Kompass, dessen Nadel nie nach Norden zeigte,
vergewisserte ihn, dass sie auf dem richtigen Kurs waren.
Jack grinste verwegen. Seine dunklen, aufgeweckten Augen waren auf die anmutige
Meeresoberfläche gerichtet. „Yo ho", sang er leise. „Yo ho. A
pirates life for me."
„Jack?", drang Gibbs
Stimme an sein Ohr.
Langsam wandte Jack den Kopf, erfasste Gibbs mit einem Blick und kniff die
Augen zusammen.
„Captain Jack, meinte ich natürlich", verbesserte Gibbs sich hastig.
Doch Schalk funkelte in seinen Augen und kurz darauf verzog sein Mund sich zu
einem breiten Grinsen.
Jack wedelte blasiert mit seiner rechten Hand. „Was ist?"
„Der Papagei sagt, jemand würde uns folgen."
Jack hob seine linke Augenbraue. „So?"
Gibbs nickte. „Ein Vogel."
Jack grinste. „Wie... aufmerksam von ihm." Leiser Spott schwang in
seiner Stimme mit. Er hatte ihren kleinen Verfolger schon seit Tagen bemerkt.
Dann tat er so, als dächte er nach. „Moment mal, ein Vogel, sagtest du?"
Gibbs nickte eifrig.
Jack legte seinen schlanken Zeigefinger an seinem Mundwinkel. „Hmm... klein,
und ungewöhnlich schwarz? Mit hellblauen Augen?"
„Aye!" Gibbs sah ihn verblüfft an. „Du hast ihn bemerkt?"
„Natürlich."
„Ich habe noch keine Spur von ihm gesehen." Gibbs legte den Kopf in den Nacken,
schirmte sich mit seiner rechten Hand das Sonnenlicht ab und beobachtete den
Himmel.
Jack lachte leise. „Deswegen bin ich hier auch der Captain."
„Was ist mit dem Vogel? Warum verfolgt er uns?" Gibbs ließ seinen Blick wieder
zu Jack schweifen. Seine buschigen Augenbrauen waren verwirrt zusammen gezogen.
„Müssen wir uns Sorgen machen?"
Jack hob die Schultern, seufzte und riss dabei seine Augen auf. „Wwer wweiß das
schon?", lallte er.
.
* * * * * * * * * * * * * *
.
In der Nacht. Port Royal.
Will Turner stand am offenen Fenster der kleinen Festung von Port Royal im
Schlafzimmer und schaute hinaus. Das dunkle Meer glitzerte im goldsilbrigen
Mondlicht geheimnisvoll. Schwarz schien sich mit Gold zu vermischen und
erweckte etwas Mysteriöses, so derart, dass es beinahe unwirklich wirkte.
Er hörte das Meeresrauschen. Sanft, verlockend und unschuldig zugleich. Es
schien zu rufen, immer wieder zu rufen. Nach ihm. Tag für Tag, und besonders in
der Nacht. Er hörte, wie die schaumigen Wellen an der Bucht klatschten und sein
Herz zog sich mit einem Male schmerzhaft zusammen. Es zog sich zusammen, weil
es den Ruf des Meeres hörte, er jedoch nichts tat, um ihm zu folgen. Um sich
ein Schiff zu nehmen und dem Horizont entgegen zu segeln. Es zog sich zusammen,
weil er es vermisste...
Aber was? Die Freiheit auf dem Meer? Die Freiheit hatte er auch hier. Hier, in
Port Royal, wo er glücklich mit Elizabeth zusammen lebte. Doch was vermisste er
sonst? Das unbesonnene Leben als Pirat, zu tun, wonach einem der Sinn stand,
durch keine Gesetze eingeschränkt zu sein? Lächerlich, er war nicht der Typ von
Pirat, der zudem mordend und plündernd durch die Gegend zog.
Aber was war es dann? Will seufzte schwer und spürte die Sehnsucht in seinem
Herzen, die er empfand, seit das Abenteuer mit Barbossa und seinen
Geisterpiraten ein Ende genommen hatte. Seit er Jack geholfen hatte zu fliehen.
Die Nachtluft war frisch, sie roch nach dem salzigen Meer, mit dem Hauch eines
leicht exotischen Duftes, der von den exotischen Nachtblumen drang, die nicht
weit von hier wuchsen. Will atmete tief ein. Er genoss das unbefleckte Aroma,
welches seltsam erfrischend und dunkel beseligend zugleich war.
Plötzlich blitzte zu seiner Rechten ein heller Schimmer auf und er wandte
leicht den Kopf. Aus halb geschlossenen Lidern sah er seine Frau Elizabeth, die
auf ihn zukam. Sie trug ein Nachthemd und ihr braunes Haar fiel offen und
seicht den Rücken herunter. Sie sagte nichts, stattdessen glitt sie nur noch
näher. Unschuldige Verführung lag in jeder ihrer Bewegungen, still und anmutig
wie die Mitternachtsbrise.
Ein liebliches Lächeln lag auf ihren vollen Lippen, als sie neben ihm zum
Stehen kam. Sie sah ihn an, dann huschte ihr Blick kurz aus dem Fenster und
über das funkelnde Meer, nur, um anschließend wieder ihren Geliebten anzuschauen.
Will bemerkte einen Ausdruck von leiser Traurigkeit in ihren braunen Augen,
vermischt mit einer Akzeptanz, von der er nicht wusste, was sie zu bedeuten
hatte. Er hob seine rechte Hand und strich mit seinen Fingern sanft über ihre
weiche Wange.
Elizabeth hob ihre Hand und umschloss die Seine. „Du bist ein Pirat, Will",
sagte sie schließlich leise. Stolz schwang in ihrer Stimme mit.
Will lächelte. Ja, das war er. Auch wenn er sich so lange dagegen gewehrt
hatte. Doch sein Platz war hier. Bei Elizabeth. Er stand nun mal zwischen einem
normalen Leben und dem eines Piraten. Und dort würde er wohl immer stehen.
„Und das Meer ruft dich, nicht wahr?", fuhr Elizabeth sanft fort. Ihre großen,
haselnussbraunen Augen waren fest auf ihn gerichtet.
Will sah sie verdutzt an. Ihre Frage, die mehr wie eine Feststellung klang,
konfrontierte ihn zu sehr, als dass er automatisch hätte darauf antworten
können. „Was?", fragte er stattdessen.
Elizabeths Augen verengten sich. „Leugne es nicht, Will", erwiderte sie ruhig.
„Ich sehe es doch. Nacht für Nacht stehst du hier, kannst dich nicht von dem
Anblick des Meeres losreißen und in deinen Augen spiegelt sich unendliche
Sehnsucht wider, nach etwas, welches du für unerreichbar hältst."
Ihre Worte brachten Will nun komplett aus der Fassung. „Aber Elizabeth", fing
er stotternd an. Er versuchte, seine Gedanken, die wie ein Wirbelsturm durch
seinen Kopf fegten, in Ordnung zu bringen. Was redete sie da? „Ich liebe dich",
fuhr er fort, jede Nuance ehrlich meinend. „Und ich bin lieber hier bei dir,
als dort draußen..." Er löste kurz seinen Blick von seiner Frau, um auf das
Meer zu schauen.
Elizabeth lächelte wieder. „Ich weiß, Will. Doch am liebsten würdest du das
eine mit dem anderen kombinieren wollen, nicht wahr?"
Will nickte ohne zu Überlegen. Erst dann fragte er sich, ob es richtig war,
dies so unumwunden zuzugeben. Doch dann schalt er sich innerlich. Sie war seine
Frau und er war bisher immer ehrlich zu ihr gewesen. Daran sollte sich auch
nichts ändern.
Elizabeth sanft drückte seine Hand, die sie noch immer hielt. „Und was gedenkst
du zu tun?"
Will blickte ihr fest in die Augen. Warum stellte sie solch' eine Frage? Es war
doch selbstverständlich, was er tun würde. Er konnte Elizabeth schlecht mit auf
das Meer nehmen, sie war immer noch eine feine Dame, zumal Tochter des
Gouverneur von Port Royal. Und alleine zu gehen kam natürlich nicht in Frage.
Er würde Elizabeth mehr vermissen, als er hier das Meer misste. „Ich verzichte
auf das Meer. Wir bleiben hier, es macht mir nichts aus." Und er meinte das
auch so.
„Lügner", erwiderte Elizabeth schalkhaft, doch in ihren Augen lag Ernst.
Er blinzelte verwirrt. Er hatte seine Worte ehrlich gemeint und sah, dass sie
es wusste. Warum sagte sie dann so etwas? „Ich bin kein Lügner."
Sie seufzte, trat näher und ließ seine Hand los. Sie schlang ihre Arme um
seinen Hals und legte ihren Kopf auf seiner Schulter.
Will spürte ihre Wärme und umarmte sie. Er liebte Elizabeth und er wusste, dass
sie für ihn wichtiger war, als das Meer. Er würde wirklich auf das Meer
verzichten können, ohne das Gefühl zu verspüren, irgendetwas zu verpassen, und
ohne die schmerzende Sehnsucht in seinem Herzen, dessen war er sich sicher.
Der Mond warf silbrige Fäden, die zugleich die Dunkelheit durchzogen, auf die
beiden hinab, die so ineinander verschlungen da standen, dass ihre Silhouetten
sich vermischten und nur einen Schatten in den Raum warfen, als seien sie eine
Person.
„Doch, du bist einer", widersprach sie ihm murmelnd. „Du weißt es nur nicht,
weil du dich selbst anlügst."
.
* * * * * * * * * * * * * *
.
Zur selben Zeit. Black Pearl.
Das Bug teilte das nachtschwarze Wasser so spielerisch einfach, als wäre es
brüchiges Papier. Oder in Wirklichkeit gar nicht da.
Die Sterne spiegelten sich auf der Meeresoberfläche wider und der Mond tauchte
die Dunkelheit in goldsilbriges Licht.
Jack stand an der Reling gelehnt und beobachtete die sanften, anmutigen Wellen,
die spielerisch das Schiff umgarnten. Es war einer dieser klaren Nächte, die zu
schön waren, um zu schlafen und selbst wenn man es versuchte, es nicht möglich
war.
Er nahm einen Schatten zu seiner Linken wahr, der so schnell wieder verschwand,
wie er gekommen wahr. Jack warf einen scharfen Blick in diese Richtung, doch
nichts regte sich mehr.
Etwas später regte sich schmaler Schatten, erneut zu seiner Linken, doch
diesmal er wandte den Blick nicht von der Meeresoberfläche. Diesmal hatte ein
süßer Duft sie bereits verraten, noch ehe er ihren Schatten bemerkt hatte.
Sie schien ihn allerdings erst jetzt zu bemerken. „Oh, Jack", entfuhr es ihr.
Sie klang überrascht, etwas zu überrascht, nach Jacks Geschmack, so dass er
endlich aufschaute und in Anamarias große, schöne Augen schaute, so dunkel,
dass sie besonders in der Nacht fast schwarz wirkten.
Ein weißes Hemd verhüllte ihre schlanken Körper und ihre dunklen Hosen und
Stiefeln passten ihr wie angegossen. Ein Hut bedeckte ihr Haar und als Jack sie
anschaute, hob sie automatisch ihre Hand und zog die Hutkrempe tiefer ins
Gesicht. Als wollte sie es verbergen, doch dabei wusste Jack, dass sie die
Fähigkeit arrogante, kühle Masken aufzusetzen, die ihre wahren Gefühle
verbargen, überaus gut beherrschte. Demnach bräuchte sie eigentlich ihr Gesicht
nicht zu verstecken.
„Hallo", lächelte sie dann.
Jack hob die Augenbrauen, während er sich mit dem rechten Unterarm auf der
Reling stützte. „Du dachtest wohl, du seiest hier oben alleine, hm?", stellte
er amüsiert fest.
Sie presste ihre vollen Lippen zusammen. „Oh, ich verzeihe dir deine
Anwesendheit aber", gab sie etwas giftig zurück.
Jack grinste. „Warum, frage ich mich?"
„Warum?", wiederholte sie, gespielt verwundert. „Na, dank meiner Großzügigkeit,
meiner - "
Jack
wedelte hastig mit seiner linken Hand. „Ich meine, warum wolltest du hier oben
alleine sein?"
Anamaria hielt inne und warf ihm einen spöttischen Blick zu. Sie schien genau
gewusst zu haben, was er meinte. Doch dann veränderte sich ihr Ausdruck in
ihren dunklen Augen. Vergeblich versuchte Jack ihn zu deuten.
„Und das fragt mich ausgerechnet der größte Alleingänger unter der karibischen
Sonne?" Sie lächelte ein schwaches Lächeln, welches ihre Augen nicht ganz
erreichte. „Wirklich seltsam, hm?" Und ohne ihn eines weiteren Blickes zu
würdigen, drehte sie sich um und ging mit schnellen, jedoch leichten Schritten
davon.
Jack sah ihr nachdenklich hinterher. Dann hörte er ein leises Tschilpen. Einmal
nur und kurz. Er richtete sich leise auf, dann verharrte er. Und plötzlich
sprang er nach vorne, packte zu und ein empörtes Piepen durchbrach die Stille
der Nacht.
„Habe ich dich endlich, kleiner Freund", lächelte Jack und schaute sich den
schwarzen, kleinen Vogel an, mit den seltsamen hellblauen Augen. „Ich
bin Captain Jack Sparrow. Und
wer du wohl sein magst?" Erwartungsvoll sah er den Verfolger an. Doch dieser
dachte nicht im Entferntesten daran zu antworten – zumindest nicht in einer
Sprache, die Jack verstand, wie auch – und hackte plötzlich mit seinem spitzen
Schnabel nach seiner Hand.
„Au!", rief Jack empört, ließ den Vogel jedoch nicht los.
Wieder hackte der Vogel nach Jacks Hand.
„Au! Au!"
„Captain?", kam es von dem Piraten, der das Steuerrad hielt. „Probleme?"
„Nee, nee." Jack beeilte sich, samt seinen Gefangenen, in seine Kajüte zu
rennen, bevor dieses kleine Monster weiter seinen Schnabel in sein Fleisch
rammte. Mit dem Fuß schlug er die Tür zu und gewahr mit seinen Augen den Käfig,
den er bereits vorsorglich gestohlen hatte. Seine Hand blutete inzwischen, doch
Jack warf den Vogel hastig in den Käfig hinein und verschloss das Torchen.
Der Vogel setzte sich auf eine Stange, tschilpte entrüstet und beäugte Jack
unfreundlich.
„Das war überhaupt nicht nett von dir", setzte Jack den Vogel vorwurfsvoll zur
Kenntnis und wischte sich die blutende Hand an seiner Hose ab.
Ein spöttisches Tschilpen war die Antwort.
Jack neigte den Kopf und beobachtete seinen Gefangenen. „Ich frage mich, ob du
sprechen kannst oder nur so tust, als könntest du es eben nicht." Wenn er in
genauer betrachtete, sah er eine einzelne rote Feder auf seiner Brust, sehr
klein und meist von den anderen Federn überdeckt, aber manchmal kam sie hervor
und leuchtete wie loderndes Feuer auf. „Wer hätte Interesse, die Black Pearl zu
verfolgen?"
Wenn Jack es sich ehrlich eingestand, fielen ihm ein Haufen Namen ein, doch er
konnte wohl kaum jede Spur nachgehen. So entschloss er sich, sich überraschen
zu lassen. Die Pearl war gewappnet, wenn irgendwelche Piraten oder Soldaten
kamen, um das Schiff zu entern, würde ihnen kein leichtes Spiel erwarten.
Plötzlich klopfte es an seiner Tür.
„Aye?", sagte er gerade, doch die Tür war bereits aufgerissen worden. „Jack,
wir werden verfolgt", gab Anamaria Alarm. Sie war etwas außer Atem. „Jim hat
ein Schiff gesichtet."
´Das geht ja schneller, als ich dachte.` „Freund oder Feind?", fragte
Jack neutral.
Sie warf ihm einen irritierten Blick zu. „Wir haben keine Freunde. Natürlich
ein Feind. Es scheint die Royal Navy zu sein, Jack." Anamaria hielt kurz inne,
als sie den Vogel im Käfig sah. „Ist das...?"
„Unser kleiner Verfolger?", vollendete Jack ihre Frage und nickte.
„Offensichtlich hat er seine Arbeit schon getan."
„Die Navy setzt Vögel als Spione ein?" Anamaria lachte ungläubig. „Ich hätte ihn als Maskottchen einer
Piratenbande gehalten."
Jack nickte nachdenklich. Dann schob er den Gedanken auf später. „Los, wir
müssen Segel setzen und den Soldaten entwischen."
Anamaria nickte und huschte davon, um die restliche Crew zu wecken.
Als alle an Bord waren, war Jacks schon dabei, das Nötigste zu tun. „Jim, volle
Fahrt voraus, los!" Auch den anderen gab er Befehle und schon bald blähten die
schwarzen Segel der Black Pearl in der Mitternachtsbrise auf und das Schiff
gewann an Fahrt.
Die Crew arbeitete leise, aber schnell. Jeder Laut würde unnötig weit über die
Stille der Meeresoberfläche zum feindlichen Schiff getragen werden, etwas, das
sie sich nicht leisten konnten.
Jack eilte zur Rückseite und schaute durch sein Fernrohr. Plötzlich
aufkommender Nebel verhinderte teilweise die Sicht, doch er konnte schemenhafte
Schatten entdecken, groß genug und in der Form eines Militärschiffes. Doch noch
war es weit genug entfernt, um eine ernstliche Gefahr darzustellen.
Anamarias ungläubiges Lachen rief er sich in Erinnerung, als er herumspekuliert
hatte, ob der Vogel von der Navy eingesetzt worden sei. Er selbst konnte es
auch nicht glauben. Anamaria wird mit ihrer Vermutung da schon nicht ganz
Unrecht mit gehabt haben: ´Ich hätte ihn als Maskottchen einer Piratenbande
gehalten.`
Irgendetwas war falsch. Und zwar ganz gehörig falsch. Es fing an bei dem Vogel,
der nicht gerade sein Bestes gegeben hatte, um sich zu befreien. Und es hörte
auf bei dem Schiff, welches von der Navy gesteuert wurde.
Und plötzlich hörte er ein Zischen. Entsetzt erkannte Jack darin ein Kanonenlaut.
„Sie feuern auf uuuuns", brüllte jemand aus seiner Crew.
´Ach, was du nicht sagst`, kommentierte Jack in Gedanken.
Das Schiff war näher, als er gedacht hatte.
Unter dem Kanonentreffer wackelte und erzitterte die hiesige Black Pearl. Jack
wankte um sein Gleichgewicht, die Augenbrauen empört zusammen gezogen.
Getroffen.
„Hey, hört sofort auf Löcher in mein Schiff zu schießen!", rief er
erzürnt über das Meer.
Die Antwort war ein nächster Kanonenschuss.
„Das heißt wohl ´Nein´"murmelte Jack. „Sie drücken sich klar aus, das muss man
den Dreckshunden lassen." Er sah sich schnell um. „Gibbs, los, zu den Kanonen
und feuert zurück!", brüllte er dann. Bewegung kam in seinen Beinen und er lief
eilig davon, um seiner Crew Befehle zu geben.
Wieder durchlief ein mächtiges Zittern der Pearl, als sie getroffen wurde.
„Anamaria, übernimm das Steuerrad!", fuhr er fort. Er beorderte das Schiff hart
Steuerbord zu bringen, zur rechten Seite, um dem feindlichen Schiff mit
Kanonenschüssen antworten zu können.
Jenes war auf einmal sehr Nahe. Jack konnte die bedrohlichen Schatten sehen,
die das Schiff im Mondlicht warf, so nah… zu nah.
Und schon schwangen sich Männer per Taue von ihrem Schiff zur Black Pearl. Wie
Schemen tauchten sie auf, geschmeidig, die Schwerter und Säbel im Mondlicht
funkelnd, zu allem bereit.
„Entert die Pearl", brüllte jemand und unter lautem Gejohle kamen die Feinde
dem Befehl nach.
Jack und seine Crew griffen zu ihren Waffen, schossen und parierten, denn im Nu
war ein hitziger Kampf im Gange.
Es waren keine Soldaten, diese naive Annahme wurde Jack nun schmerzhaft
bewusst. Es waren verdammte Piraten.
Und dieser verdammte Vogel gehörte zu ihnen.
Gerade rechtzeitig schwang er sein Schwert hoch, um einen Angriff abprallen zu
lassen und machte einen Verteidigungsschritt nach hinten.
„Hallo, Sparrow", grinste der Pirat. Er war schlank, etwas kleiner als Jack und
noch überraschend jung. Sein schwarzer Mantel ging ihm bis zum Boden. Darunter
trug er ein besches, dreckiges Hemd und eine dunkle Hose. Das blonde kurze Haar
war unter einem roten Tuch verdeckt und im Mondlicht konnte Jack seine
blitzenden Augen und sein sonnengebräuntes Gesicht erkennen.
„Captain Sparrow, wenn ich bitten darf", korrigierte er höflich.
„Du bist nicht mehr länger ´Captain`", erwiderte der andere mit seiner
jugendlichen Stimme lachend, einen Ausfallschritt machend.
Jack fing den Schlag ab und griff nun seinerseits an. Um ihn herum war das
reinste Chaos ausgebrochen. Jeder kämpfte, Mann gegen Mann, Anamaria müsste
hoffentlich noch sein Schiff steuern und Kanonenschüsse durchbohrten Löcher in
beide Schiffe.
„Aber kein Grund zur Besorgnis", fuhr der Junge unbekümmert fort, während sie
weiter fechteten. „Und selbst wenn ein Grund bestünde, würde euch das nicht im
Geringsten nützen."
„Ach?", machte Jack spöttisch. „Da bin ich ja beruhigt."
„Wo ist Fraggle?", rief ein anderer Pirat dem Gegner Jacks zu.
„Das fragen wir am Besten Sparrow", rief der Junge zurück.
Der andere wurde gerade von zweien seiner Crew angegriffen und war wieder
abgelenkt.
Jack hatte indes genug. Er täuschte einen Schlag von unten vor und gerade als
der Junge darauf hereinfiel und sein Schwert senkte, riss Jack seine Waffe nach
oben und setzte sie ihm am Hals des Jungen. Gleichzeitig schoss er mit seiner
anderen Waffe auf des Jungen Hand. Es war nur ein Streifschuss gewesen, reichte jedoch bei
weitem aus, damit der Junge seine Klinge fallen ließ.
„Captain! Jack Sparrow, verdammt noch mal, wie oft muss ich das dir das
noch sagen, Junge!" Er ritzte mit seiner Waffe leicht in die Haut des Jungen
und beobachtete kurz das rote Blut, welches hervor quoll. Dann sah er wieder in
dessen große Augen und deutete eine armausschweifende Verbeugung an.
„Willkommen am Bord der Black Pearl", begrüßte Jack ihn nun übertrieben
freundlich. „Ich wünsche dir einen angenehmen Aufenthalt." Er riss den Jungen
zu sich und stieß ihn in Cottons Arme. „Sperr' ihn ein."
Jack sah sich um und drang sich mit erhobenen Degen ins Kampfgetümmel.
Die feindlichen Piraten waren an der Unterzahl. Sie waren nur in den ersten
Augenblicken überlegen gewesen, weil sie den Überraschungseffekt eindeutig auf
ihrer Seite hatten. Schon bald traten sie den Rückzug an, ihr Schiff drohte zu
sinken, und Anamaria steuerte die Black Pearl fort.
Wind kam auf, so dass sich die Segel aufblähten.
„Mann, Mann, diese Piraten", grinste Gibbs, als er neben Jack trat, der
auf Deck stand und beobachtete, wie die gescheiterten Freibeuter sich auf ihre
Boote retteten, als das von der Pearl tödlich getroffene Schiff langsam, aber
sicher in die Tiefen des Ozeans tauchte.
„Glauben, einfach unser Schiff entern zu können", fuhr Gibbs amüsiert fort.
Überfälle dieser Art hatten sie hin und wieder mal. Nicht oft, eher selten,
aber sie kamen vor. Seit die Royal Navy feststellen musste, dass die Black
Pearl ganz und gar kein Schiff aus dem Land der Gruselmärchen war, hatte es –
so kam es Jack vor – im ganzen karibischen Inselreich die Runde gemacht, dass
das schwarze Schiff Realität sei und jeder, der mutig genug war, sie zu
steuern, als Legende eingehen würde. Doch Jack wusste seine Pearl zu
verteidigen und konnte bisher jedes Piratenschiff versenken, welches wagte,
Löcher in seinen Schatz zu schießen. Als ´unbesiegbar` galt die Pearl dadurch.
Und etwas Unerreichbares weckte Motivation und Anreiz, sie doch noch zu
besiegen.
Es musste also in der Tat etwas geschehen. Etwas, welches die Pearl nicht nur
als unbesiegbar, sondern auch als wieder gefürchtet einstufte, so dass jeder
Reißaus nahm, wenn jemand allein schon die Schwarzen Segeln wahrnahm.
Jack grinste flüchtig. „Wie viele Gefangene?", fragte er dann.
„Zwei." Gibbs sah ihn fragend an. „Du machst sonst nie Gefangene."
„Ich habe Fragen an sie", entgegnete Jack etwas schroff.
„Wegen dem Vogel, aye?"
„Hmpf." ´Auch. Unter anderem.` Aber hauptsächlich fragte er sich, warum
die Piraten sich die Mühe mit dem Vogel machten, sich zudem als
Möchtegern-Navy-Schiff zu tarnten, nur um so schnell zu verlieren? So viel
Aufwand für solch' einen hastigen Rückzug? So viel Aufbietung für eine Crew,
die seiner noch dazu an der Zahl unterlegen war? Jack entschied, nachher
darüber weiterzugrübeln. Er warf Gibbs einen Blick zu. „Was stehst du da so
rum, du fauler Hund? Los, an die Arbeit. Das Schiff muss wieder in Ordnung
gebacht werden!"
Gibbs grinste wieder. „Aye, Captain."
Jack warf noch einen letzten Blick über das Meer. Es war wieder ruhig, die
Black Pearl segelte von dannen und die Crew war leise beim Aufräumen.
Gerade, als er sich zum Gehen wenden wollte, merkte Jack, wie er auf etwas
trat. Er sah nach unten und sah eine Kette. Ein Lederband, an dem ein Anhänger
befestigt war.
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Zur gleichen Zeit. Port Royal.
Elizabeth und Will standen noch immer am Fenster, sich nicht mehr umarmend,
aber Hand in Hand. Schweigend schauten sie einträchtig hinaus auf das Meer. Die
im Hafen verankerten Schiffe schaukelten im seichten Wellengang.
Dann löste sich Elizabeth von der Fensterbank, ohne Wills Hand loszulassen und
drehte sich zu ihrem Bett um. „Ich gehe ins Bett, kommst du auch?"
Sie wandte den Kopf wieder zu ihrem Geliebten, der immer noch hinaus schaute.
„Ja", sagte er. Er ließ sie los, um das Fenster zu schließen, und hielt
plötzlich inne.
Ein Zischen durchbrach die Stille der Nacht.
„Was?", murmelte Will.
Elizabeth stand wieder neben ihm und schaute alarmiert hinaus. Dieses Geräusch
kannte sie doch... vermisst hatte sie es allerdings nicht unbedingt.
Eine orange Feuerwalze folgte dem Geräusch, kurz darauf erfolgte eine
Explosion.
„Jemand greift Port Royal an!", rief Elizabeth entrüstet.
Will hetzte zum Nachttisch und holte sein Fernrohr heraus. Am Fenster
angelangt, suchte er den Hafen ab. Der Kanonenschuss kam von dort.
Elizabeth hörte bereits, wie die Soldaten der Navy in den Hafen stürmten, sich
gegenseitig Befehle zuriefen und wie die britische Armee bereits ihre Kanonen
besetzt, um zurück zu schießen.
„Es ist die Malice", rief Will.
Elizabeth sah ihn verwirrt an. In dessen dunklen Augen funkelte es.
„Es ist ein Schiff, welches heute anlegte. Sie ist es, die Port Royal
angreift!"
Will gab ihr sein Fernglas und griff nach seinem Schwert und Schusswaffe.
„Du gehst da hinunter?", fragte Elizabeth entsetzt.
„Was soll ich sonst tun?", fragte Will zurück. „Die Festung ist sicher."
Ein Poltern ließ beide zusammen fahren. Es kam von unten, Schreie ertönten und
etwas explodierte.
Ein Schlafzimmerfenster zerbarst und zwei Gestalten schwangen sich hinein.
Elizabeth schrie erschrocken auf und Will packte sie am Arm und zog sie
schützend hinter sich.
„So viel dazu, die Festung sei sicher", murmelte er.
Die zwei Gestalten entpuppten sich als Männer, in schwarzen Mänteln eingehüllt
und bedrohlichen Säbeln in den Händen haltend. Der große, breite Mann mit
dunkler Haut trug einen Hut, der andere, schlanker und kleiner, eine
Augenklappe.
„Tadaaa, tadaaa, die Piraten sind daaa", grinste der mit dem Hut. Schwarze
Rastazöpfe hatte er zu einem Zopf zusammengebunden.
„Hehehehe", kicherte der andere. Im Gegensatz zu seinem Schiffskameraden hatte
er gelbe Zähne, nur ein einziger Goldzahn blinkte funkelnd auf. Unter dem
schwarzen Tuch, welches er sich auf dem Kopf zusammengebunden hatte, guckten
aschblonde Haarfransen hervor.
Draußen hörte Elizabeth Kanonenschüsse und entsetzte Schreie. Sie hörte
Männerstimmen, die etwas befahlen, Schwerthiebe, und grässliches Lachen. ´Wenn
die Malice hier anlegen durfte, ist die Crew wohl teils in Port Royal und teils
auf dem Schiff. Jemand musste ja auf dem Schiff sein und die Kanonenschüsse
abfeuern. Sie hatten sich demnach in Port Royal eingeschlichen, um es von innen
und außen anzugreifen.` Sie fragte sich, was sich der Hafenmeister dabei
gedacht hatte, Piraten in Port Royal einzulassen.
Will bedrohte die beiden inzwischen mit Schwert und Schusswaffe.
„Sieh an, der Kleine will mit uns kämpfen", grinste der Schwarzhaarige.
„Ganz schön mutig, niemand wagt es sonst, die Klinge mit einem Piraten zu
kreuzen", kicherte der Blonde.
„Er ist ein Pirat", mischte sich Elizabeth mit scharfer Stimme ein. „Und was
fällt euch ein, Port Royal anzugreifen?"
„Höhöhö", machte der Blonde. „Weil der Captain es befohlen hat."
„Und wo ist euer Captain?" Elizabeth sah ihn böse an.
„Auf dem Schiff. Er wartet auf die Beute."
Elizabeth stieß einen langen, zischenden Atem aus. „In diesem Schlafzimmer
findet ihr keine Beute, du Hohlkopf."
„Oh, doch", widersprach der Pirat mit den Rastas ihr. Er grinste und entblößte
zwei Reihen weißer Zähne. „Ihr beide seid es, die wir wollen."
Elizabeth erstarrte.
In diesem Augenblick hatte Will offensichtlich entschieden, genug gehört zu
haben: Er griff die Piraten an. „Dazu müsstet ihr uns erst einmal kriegen."
Will hatte genug Ausbildung im Umgang mit Waffen, dass er beide Piraten
zunächst in Schach halten konnte. Er griff an und verteidigte sich, hieb und
parierte, täuschte Schläge vor und machte Ausfallschritte.
Doch er hatte nur ein Schwert und seine Gegner verfügten über Säbel. Lange
würde seine Waffe das nicht durchhalten, egal, wie gut er sie geschmiedet
hatte.
Elizabeth nutzte die Gelegenheit des Kampfes und holte eine weitere
Schusswaffe. Sie wollte gerade auf die Piraten zielen und sie auffordern, ihre
Waffen wegzulegen, als die Tür hinter ihr gesprengt wurde.
Sie schrie auf und fuhr herum. Ein riesiges Loch klaffte dort und drei
schwarzgekleidete Piraten lugten hinein. Nacheinander und unverschämt grinsend
traten sie ein.
Elizabeth feuerte blind.
Hastig ging sie in Deckung, als diese mit Schüssen antworteten.
Sie sah, wie Will sich immer mehr verteidigen musste – abgelenkt durch seine
Sorge was sie betraf – ihm kein Raum für Angriffe blieb und sein Schwert den
Wuchten der massiven Säbel nicht lange Stand halten würde.
Anderswo in der Festung lärmte es genauso sehr, wie hier. Sie hoffte, dass
ihrem Vater nichts geschehen war und er angemessen vom Commodore beschützt
wurde.
Elizabeth sah, wie Will seine ehernen Grundsätze über Bord warf und mit seiner
Schusswaffe feuerte. Sie tat es ihm nach, doch ihnen blieb keine Chance, als
alle fünf zurück feuerten.
Durch den Rauch kamen zwei Piraten auf sie zu. Elizabeth kreischte auf. Sie
schoss, doch ihre Waffe wurde einfach aus der Hand geschlagen. Sie wurde
gepackt und hochgerissen, sie sah, wie Will sich von den beiden anderen Piraten
los riss, zu ihr eilte, einen Piraten niederstreckte, doch plötzlich inne
hielt. Er zielte mit der Schusswaffe auf den Piraten, der Elizabeth gepackt
hatte, und hielt sein Schwert in die Richtung des anderen Piraten, der mit
durch die Tür gekommen war. Der schwarzhaarige Pirat drückte Will seinen
Pistolenlauf in den Rücken. Und der Blonde zielte auf ihren Geliebten von der
Seite aus.
„Freundchen, so geht das nicht", zischte er. Sein Goldzahn blitzte im Schein
der schwachen Lichtes auf.
Elizabeth zitterte. Sie wollte lieber nicht wissen, warum man sie beide als
´Beute` haben wollte, sie musste zu sehr an Barbossa und seine Opferrituale
denken. Aber das war doch alles vorbei, hatte sie angenommen?
„Lasst sie gehen", sagte Will mit gepresster Stimme. Sein Ärmel war
blutdurchtränkt und auch an der Brust musste er verletzt sein, aber er schien
es nicht zu merken.
„Hmm", überlegte der Aschblonde, und sagte dann kurz und knapp: „Nö."
Der Pirat, der Elizabeth eisern im Griff hatte, hielt plötzlich feuchte Tücher
in der Hand.
Er näherte sich Elizabeth und drückte es ihr gewaltsam gegen Mund und Nase. Ihr
Schrei wurde erstickt. Sie sah ihn mit weitaufgerissenen Augen an und atmete
den scharfen Geruch ein, welcher vom Tuch aus kam.
„Nein!", hörte sie Will schreien. Sie sah aus den Augenwinkeln, wie er sich,
trotz der Pistole, die ihm an den Rücken gehalten wurde, zu ihr nach vorne
stürzte, und schoss, merkte gleichzeitig, wie der Pirat seinen Griff lockerte,
und sie losließ – offensichtlich von Will getroffen – alles dunkel wurde, hörte
noch einen zweiten Schuss fallen, fragte sich schockiert, ob Will getroffen
wurde, und wie jemand fluchte.
„Verdammt, Ritzo, wir brauchen die beiden lebend!"
Doch sie nahm bereits alles nur noch verzerrt war. Eiserne Gleichgültigkeit
floss durch ihre Venen, gefolgt von dem unnachgiebigen Bann der Schläfrigkeit.
Dann sank sie zu Boden, Schwärze umgab sie, noch ein kurze Gegenwehr, aber sie
ließ sich dem wohltuenden Nichts entgegen bringen.
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* * * * * * * * * * * * * *
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Zur selben Zeit. Black Pearl.
Jack starrte auf die Kette, die auf dem Deck lag.
Dann bückte er sich und hob es auf. Der Anhänger war aus dreckigem Silber, in
ovaler Form. Darin war in der Mitte ein Auge abgebildet, geschützt aus etwas
wie Glas, in einem strahlendem Blau. Um das Auge herum waren im Silber sehr
kleine Symbole eingraviert worden, die Jack nicht kannte, jedoch fand, dass sie
uralt aussahen.
Mit dem Zeigefinger strich er über den Anhänger.
Und plötzlich spürte er ein Beben. Ein sanftes, aber warnendes Beben, welches
über den Meeresboden ging. Das Wasser erzitterte und auch durch die Black Pearl
lief ein Schaudern, welches das Deck wackelig machte.
Es war nur kurz, ein Augenblick, ein Wimpernschlag in der dunklen Nacht der
Ewigkeit.
Jack hörte von irgendwoher Cottons Papagei ein Lied krächzen. „Yo ho.
Yo ho, Piraten, passt auf. Yo ho... Yo ho."
Flugs war es wieder
ruhig.
Und dann durchbrach eine wispernde, melodische Stimme die Stille. Weder kannte
Jack sie, noch konnte er sie einer Richtung zuordnen. Wie scharfes Messer
schnitt sie die Lautlosigkeit entzwei, ohne Reue und ohne Zögern. Leise und
sanft, aber warnend, ein Hauch von Bitterkeit lag darin, und so überraschend
sie kam, um so hastig verschwand sie wieder ins Reich des Nirgendwo.
Nur ihr Echo blieb in Jacks Kopf zurück, hallend, wie kleine Meereswellen
durchschwappte sie seine Gedanken.
„Die Schatten... die Schatten schlafen nur."
